Man spürt förmlich, wie man sich die Mühe machen muss, wohlwollende und kreative Gedanken aufrecht zu erhalten, so als müsste man sie jetzt dringend trennen vom politischen Weltgeschehen, aber das geht nicht. Denn die digitale Revolution hat es dem/der letzten Schloß-und Hüttenbewohner:innen erklärt, dass das alles eine Einheit bildet, in der jede/r den Beitrag liefert, für den er oder sie sich entschlossen hat. Und so starren unsere ermüdeten Augen auf Strände voller Müll oder wissen, dass zur Zeit eine Expertenkonferenz stattfindet, die sich, immer u.a., dem Weltraumchrott im All widmen will, den die vielen mit technischer Intelligenz begabten Nerds sich ausgegrübelt haben und für ähnliche Chefs wie Elon Musk Ideen ausbrüten, dem die Folgen seines Tuns vollkommen egal sind. Man erwartet es gar nicht von ihm, denn er ist im Blick des sogeanannten Fortschritts ein Menschenwerkvoranbringer und überschreitet mit seinem Asperger Genius genau d i e Grenzen, nach denen keiner mehr überprüfen kann, ob das in irgendeiner Weise für die Menschheit nützlich ist, obwohl sich Nutzen immer verteiden lässt von dem, der ihn hat. Und so arbeite ich munter an meiner eigenen Stocknüchternheit weiter, die ich wegen ihrer Möglichkeit schätze, mein Leben und den Irrsinn weltlicher Turbulenzen in einem Gleichgewicht zu halten. Wenn wir tatsächlich unseres Glückes Schmied sind, dann muss man wohl der Schmiedekunst endgültig Adieu sagen und sich ab und zu mal ausschalten aus den dunklen und schicksalsbeladenen Ebenen der Leidenspyramide, was nicht bedeutet, dass man die Augen vom Leid entfernen kann. Man muss nur lernen, angemessen damit umzugehen. Und muss die Entscheidungen der Anderen aushalten. Zum Beispiel will man, weil so viele Frauen von ihren Männern geschlagen und traumatisiert werden, jetzt mehr Frauenhäuser bauen, das ist eine Zwischenlösung, trifft aber keineswegs das Kernproblem. Vor dem Kernproblem schrickt jede/r gerne zurück und bietet wegen seiner scheinbaren Unlösbarkeit weiterhin die großen Felder des Hoffnungslosen und die Vernichtung oder Einschränkung all der Pläne, an denen auch Gehirne arbeiten, die es sich vorstellen können, dass alles anders sein könnte, als es ist. Aber das geht als Puzzle nicht auf. Um uns herum schweben 130 Millionen Schrottteile, und in ähnlicher Dimension kann man auch das den Tieren zugeführte Leid sehen undsoweiter, bis man merkt, man muss Räume für sich selbst erobern und halten, damit einem die gängige Spielart des Dramas nicht schadet. In der Tat begrenzt es das eigene Tun auf ein Minimum, das allerdings in überraschender Weise seine Kräfte entfalten kann. Nämlich dann, wenn es wieder Zeit ist, die uralten Fragen zu stellen.

Sufi Text

Siehst du
das Schwarz:
das Licht
der göttlichen
Essenz? Das
Lebenswasser
ist in dieser
Finsternis

sein

Als Marcel Reif den inzwischen berühmten Satz seines Vaters sagte, da gab es wellenartige, kollektiv erlebte Unterbewusstseinserschütterungen, und man spürte die tiefe Betroffenheit. Ein Aufruf an das Amt der Bewusstseinserzeugung?, oder eine Erinnerungsmelancholie um das Zerstörte, oder etwas, von dem man dachte, man wäre es bereits, und nun entzieht es sich durch Worte in scheinbar unerreichbare Distanz. Bin ich’s nicht schon, also Mensch, und warum dann noch auf mich zugehen. Man berichtet, dass ein weiteres Auge sich unter bestimmten Gegebenheiten auftun kann und die Fähigkeit offenbart, sich selbst zu betrachten. Obwohl diese Möglichkeit keinem verwehrt wird, wird sie selten in Anspruch genommen, was ihre Existenz nicht infrage stellt. Wenn die Selbtbetrachtung beginnt, merkt man, dass man im Dialog mit sich selbst steht. Immer steht sich etwas anderes gegenüber, Kräfte und Gegenkräfte, was uns mit den Dualitäten vetraut macht, die in der äußeren Welt nicht vereinbar sind und sich auch gerne bekämpfen. Innen gibt es andere Möglichkeiten. Das Auge kann neue Ordnungen herstellen, kann Fragen stellen, kann sie beantworten oder auch nicht. Es ist ja kein Computer, es ist ein Mensch. Sei ein Mensch, sagte der Vater zum Sohn, wohl wissend, was das Unmenschliche antun kann, also auch eine Warnung an ihn. Oder eine Bitte: mach da nicht mit, sei nicht wie die anderen, sei du wenigstens ein Mensch. Da muss man dann im besten Fall sehr tief darüber nachdenken, was ich selbst darunter verstehe, ein Mensch zu sein. Und sind wir schon ausrangiert, oder sind wir noch zu retten. Oder soll es einfach so sein, dass alles mal vorübergehen muss, warum also nicht wir, die wir uns letzendlich dann selbst entlarven als die Vielbegabten, die ihrem eigenen Missbrauch zum Opfer fielen. Wie ein auferlegtes Amt ist das Menschsein, und die Prüfungen sind knallhart. Aber es macht auch Freude, sie zu bestehen, und auch das Scheitern bringt was bei, jede/r lernt ja auf andere Weise. Sei ein Mensch! muntert auf, sich auf den Weg zu sich selbst zu machen, sei es auch noch so mühsam, man hat dann auch weniger Wahl. Dann wählt man das Instrument und bringt langsam aber sicher den Ton hervor, der oder die man ist. Und nimmt den eigenen Platz ein.

Pille

Es ist mal wieder Zeit für die gefürchtete, die immer etwas bittere Pille, die einem auf diesem Planeten zuweilen auf höchster Ebene verabreicht wird, denn sie bringt Realitätserkennung hervor und da weiß man auf einmal wieder: es is, wie es is. So kann Wahrheit auch daherkommen, eben nackt, und darf vielleicht deswegen nicht ausgehen. Nun gut, dann sehen wir da drüben in Amerika jetzt ein paar Dämonen die Weltregierung ergattern, eben wie all die anderen Dämonen, die zur Zeit auf den Thronen sitzen. Und immer schon gesessen haben, oder irgendwann einen weniger dämonischen Kerl abgelöst haben, und wenn das, was der Dämon will nicht geliefert wird, gibt es immer noch die Gewaltanwendung. In den Comics und in Raumschiff Enterprise tauchen sicherlich auch machtlüsterne Dämoninnen auf, klar, auch fiese Mörderinnen gibt’s. Aber oft, viel zu oft, sitzen Frauen ganz einfach dabei oder machen Kaffee für die von sich Trunkenen, sind überhaupt froh, dabei sein zu dürfen, obwohl sie vieles andere auch dürfen außer der Sucht, für das, was man zu sein glaubt, geliebt zu werden. Denn wenn das fehlt, fehlte es ja bereits in der Kindheit, und das wissen wir auch schon alle, wen auch immer ich mit ‚alle‘ meinen könnte. Hätten sich alle Frauen, die für Kamala Harris waren, aufgemacht an die Urnen….aber lassen wir das ‚Hätten‘, denn das ist auch vorbei. Nüchternheit bahnt sich ihren heldenhaften Walk durch die Nebelschwaden. Und immerhin: ich kenne die Ankläger des Sokrates nicht, aber ich weiß von Sokrates und habe seine Rede verstanden. Immer mal wieder taucht ein Sokrates auf aus den Fluten des Seins, und auch Diotimas gibt es immer mal wieder, die den vermeintlichen Alleswissern dann doch noch die Liebe lehren müssen, denn was ist der Mensch ohne Liebe. Und je mehr sie missbraucht wird und entartet, desto leerer und liebloser wird’s wohl werden unter denen, die die Macht ausüben, und denen, die das für Stärke und Schutz halten. Und in jedem Zeitalter war der Preis für Ignoranz und Selbsttäuschung hoch, oft sehr hoch. Mein Blick fällt auf das Smartphone. Ich weiß, da gibt’s kein Zurück. Australien will den Mediengebrauch für Jugendliche unter 16 Jahren eindämmen, man nickt mit dem Kopf, obwohl wir wissen, dass es für irgendeine Art der Rückkehr auch für uns zu spät ist. Die Maschinerie hat die Führung übernommen, wie es einst Fritz Lang schon zeigte, noch bevor es einen Schritt vor dem Abgrund stand, das geheimnisvolle Es, das nicht zum Ich werden kann, und dieses Ich wiederum zum ‚Das bin ich wirklich‘. Wenn der Humor (nicht der Witz und nicht der Spaß) wieder aus den Ecken heraustanzt mit neuen Choreographien aus der namenlosen Schönheit des Weltkerns.

anhäufen

Die erstaunliche Anhäufung von Gräueltaten, mit denen wir durch Zeitung oder Medien in Kontakt kommen, gebiert geradezu die Notwendigkeit, sich ernsthafter damit zu befassen. Meistens ist es wohl so, dass Menschen entweder in der Kindheit schon so geschädigt wurden, dass man sich bei ihren Taten zurückhalten will und muss, damit einen das Mitleid nicht doch noch erwischt. Oder man hat selbst die kleineren und größeren Katastrophen der Jugend einigermaßen gut überlebt und grübelt nun nach, um überhaupt ein eigenes Verständnis davon erlangen zu können, was man sich unter ‚Menschsein‘, beziehungsweise dem Menschenmodell überhaupt vorstellt. Diese zwei Grunderfahrungen allein erzeugen schon Blick und Beurteilung des Weltgeschehens. Wenn ich die Freiheit gar nicht hatte, aus mir selbst heraus eine mir schlüssig erscheinende Betrachtung zu gestalten, in der ich bewusst als Spieler/in vorkomme, oder aber dieses Gefühl gar nicht kenne und ständig nach einer nie erfahrenen Zugehörigkeit lechze und sie mir letztendlich durch Krankheit oder Gewalt erzwinge. Das tabuisierte Thema der Vergewaltigung wurde in Indien in meinem Freundeskreis schon besprochen, aber nur, wenn ich es angesprochen hatte. Eine langjährige Freundin konnte gerade noch ihre beiden Töchter unter dem nackten Vater hervorziehen, beim Brotbacken aufmerksam geworden durch die Kinderschreie. Und dann wohin, wenn es eine Schande ist, zu deiner eigenen Familie zurückzugehen, weil es sich in die Gehirne eingebrannt hat, dass alles nur am Versagen der Frau liegen kann. Mir ist es geglückt, in meiner Jugend nicht vergewaltigt zu werden, obwohl es hier auch eine Dunkelheit gibt per definizione, und manchmal wurde es lebensbedrohlich. Aber was mich beschäftigt ist, dass trotz oder gerade wegen all dem überbordenden Wahnsinn die Himalaya Höhlen gesperrt sind und dass die tausenden von leidenschaftlich absolvierten Schweigestunden nun dazu dienen, dem menschlichen Geheimnis noch tiefer hinterher zu forschen, bis auch d a s sich vermutlich als eine mondäne Sackgasse erweist. Außer dem Tod mit seinen exklusiven Plänen sind ja auch die meisten Fluchtwege verriegelt. Das bringt die große Sache zum Sieden. So viel Weisheit verfügbar, und dann müssen wir zuschauen, dass die Dummheit siegt. Und genau dort sind wir wieder am Weisheitsgrübeln, und wenn es jemals einen Strohhalm gab, dann besser jetzt nicht trinken von der vergifteten Urmilch. Eher auf irgendeine Weise aktiv werden an der Entgiftung.

kontakten

Wir waren in Wuppertal bei der Pina Bausch Inszenierung ‚Kontakthof‘. Es hat auf diese bemerkenswert eigenwillige Weise so ziemlich alles beinhaltet, was halt so zwischen Männern und Frauen läuft, und alle im Saal haben das ihnen Wohlvertraute gesehen und erkannt und ganz hingerissen geklatscht, vor allem die Pina Bausch Fans, die das Erbe der Halbgöttin weiterhin bejubeln, denn es ist ja auch sehr gut. Was es nicht ist, ist zeitgemäß. Vielleicht schlief deswegen mein Nachbar ein und senkte letztendlich seinen Kopf auf die Schulter der hellwachen Freundin. Ich gähnte auch wiederholt, vielleicht der Mangel an Sauerstoff in vollgepackten Häusern. Man fragt sich irgendwann, ob wohl tatsächlich in den letzten Jahren was passiert ist, oder müsste ich Jahrhunderte sagen oder gar Jahrtausende. Wo hat sich dieser offensichtlich schief gelaufene Kontaktfehler denn überhaupt eingeschlichen. Weil die Frau die beneidete Schöpfung, in vielen Kulturen noch hoch geschätzter als Sohn, aus sich herauspressen kann, muss sie von nun an beherrscht werden, damit das vollbrachte Werk nicht zu sehr auffällt. `Your body my choice‘ all the way down? Dann stand irgendwann auf der Bühne eine Frau, mit der Männer alles machen konnten, was ihnen grad so einfiel, bis sie nur noch als leere und traumatisierte Puppe dastand und man schreien wollte: wehre dich endlich!!! Wobei mir eine Überschrift auf der Titelseite der ‚Times of India‘ einfällt, wo stand: ‚Hört endlich auf, euch zu opfern!“ Es war am Frauentag, der auch schon seit Jahren abläuft wie die Sonnenuhr. Nahezu alle Menschen, die Trump für die neue Regierung gewählt hat, sind schon einmal wegen sexueller Übergriffe angeklagt worden. Im Netz tobt ein neuer Ausbruch des Hasses gegen Frauen, oder war es immer derselbe, nur, dass wir es jetzt hören. Es ist schon deswegen beängstigend, weil es nie wirklich oben auf der politischen Agenda steht. Nein, wir müssen uns mit den Kriegsdramen der Männer befassen, mit ihrem Trieb zur Kriegstüchtigkeit, die verheimlicht, dass die Agenten dieses Spiels an Frieden gar nicht wirklich interessiert sind. So ist es doch auch in den Häusern: mit sich selbst frustrierter Mann ohne Ausbildung in Selbsterkenntnis schlägt auf Frau (und oft genug auf Kinder) ein, um sich an seinem Versagen in der Welt zu rächen. Und selbst wenn genug Therapiepätze zur Verfügung stünden, wäre hier kein Wille zu finden, die eigene Krankheit anzuerkennen, damit überhaupt einen schönen und fernen Tages etwas Licht in diese scheinbar undurchdringliche Dunkelheit kommt. Nun ja, was sich auf jeden Fall tut, ist, dass die Frauen durch das viele Walken und Trainieren körperlich stärker werden und häufiger nicht nur paroli, sondern auch fisicamenti bieten können, aber ob das gut geht. Das geht so lange nicht gut, solange das Tabuthema zum Männerscherz führt mit Schenkelklopfen, und solange Frauen weiterhin ihre eigenen Grenzen nicht nur missachten, sondern sie (noch) gar nicht kennen. Und so bin ich an diesem Punkt nur eine, die keine nützlichen Ratschläge hat oder geben möchte, sondern einfach einen Ausdruck sucht für das Unaussprechliche,
Bei aller natürlichen Abneigung gegen permanent negative Berichterstattungen gibt es dann doch diese Momente, wo man zugeben muss: wow!, oder schon au weia?!, jetzt kommt doch berechtigte Unruhe auf, oder schleicht sie sich langsam an, während man selbst noch Entscheidungen treffen möchte, wieweit man die Weltübermüdung zum Anlass nehmen könnte, um der Einsiedelei eine neue Chance zu geben, also mit guten Freunden und prasselndem Feuer und einem Schluck Glühwein am Abend nach getaner Arbeit. Aber wie kann selbst der eingeschränkteste Luxus einem ein gutes Gefühl geben, wenn die tiefschwarze Wolke einer Trumpregierung auf uns alle zurollt, und in dieser Wolke sich auch noch Putin versteckt, der darauf wartet oder wartet er gar nicht mehr, um Trump zu seinem Hampelmann zu machen, und das wird dann der Krieg der Hampelmänner, nicht wahr?, rufe ich uns zu in der machtlosen Zuschauerkulisse, die wir unbewusst doch auf die Listen warten, auf denen unser Land bereitgestellt wird zum Abschießen. Manchmal dient das Finstere als Quelle des Lichten, das muss man noch lernen: wie das geht. Was auffällt ist, dass in den Nachrichten zur Zeit ganz leger davon gesprochen wird, dass man Ausschau hält nach Bunkern. Nach Bunkern!!!??? Nur ein paar Tausende haben jetzt Platz da drin, man hat die früheren Bunker in was anderes verwandelt, wer dachte denn noch, dass sowas noch möglich wäre: Deutschland wieder im Krieg. Und es muss auch nicht dazu kommen, aber erzählt mir doch bitte nicht, dass da vor allem an Wirbelstürme gedacht wird. Es wird daran gedacht, dass man aufgewacht ist zu der Tatsache, dass viele von diesen unheimlichen Herrschern nichts mehr zu verlieren haben als ihre infantilen Phantasien, zum Beispiel Zarewitsch von Russland zu werden. Man nimmt sich rücksichtslos einfach alles, was es so zu grabschen gibt, weil Männerspiele von den meisten Männern verstanden werden, denn die anderen wollen doch auch alles, da kommt es darauf an, wer schneller und gewiefter ist. Und solche gottverdammten Bullshitter wie Trump und Elon Musk und dieser widerliche J.D.Vance können dienliche Figuren sein auf dem Schachbrett. Aber gut, manchmal muss was raus, damit wieder was Neues rein kann. Gute Fahrt!, und einen guten Tag wünsch‘ ich!

Beseitigung (?)

Ich weiß immer noch nicht, wer die Bezeichnungen der Kalendertage bestimmt, aber heute ist jedenfalls, so höre ich, der ‚Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen‘. Seit 1981 also organisiert sich vor allem die Frauenwelt, um die es ja hier geht, und demonstriert gegen männliche Gewalt und thematisiert diese Gräueltaten gegen Mädchen, Prostitierte, kämpft gegen Sextourismus, Beschneidung, Zwangsheirat usw. Inzwischen hört man, dass es immer mehr wird. Kann es wirklich sein, dass es in Mexiko z.B. täglich 10 Femizide sind, da muss man ja aufpassen, dass man sich nicht aus Versehen sagen hört ‚bei uns ist es täglich nur 1 Frau, macht immerhin 365 Morde im Jahr. Mehr Frauenhäuser werden gebaut, Kinder missbrauchende religiöse Oberhäupter wissen jetzt, dass es nicht mehr so einfach ist wie früher. Deswegen gibt es doch das Darknet, damit die Herren sich besser und ungestörter organisieren können. Jetzt würde ich mal gerne nicht hören, dass Frauen doch auch…mitmachen? Be den ersten Zeichen, möchte man rufen: weggehen!!! Aber wie sehen sie aus, die ersten Zeichen? Als Kind bin ich mal unvorschtig über die Straße gerannt, da stand der Mann mener Mutter, also nicht mein Vater, und hat mir seinen Fingernagel ins Ohrläppchen gedrückt. Der war für mich gegessen, ich habe in einer Geheimsprache furchtbare Drohungen erfunden und ausgesprochen, da war die Nähe verscherzt. Ich weiß, das ist so komplex und vielseitig, es nimmt einem den Atem. Ja, die Mütter spielen auch mit, aber beantwortet das die Fragen? Was haben wir denn für Fragen, und um wieviele Antworten wird noch gerungen werden müssen, während der Missbrauch einfach weitergeht. Und diese stille Revolution dagegen braucht unendlich viel Zeit, denn auch die Organisation gegen die jahrtausendelangen sexuellen Entgleisungen der Männer braucht vor allem eine solide finanzielle Unabhängigkeit der Frau, aber auch das ist nur ein Staubfaden im Gewebe des aktuellen Wahnsinns. Es ist so krank, dass ein Geschlecht das andere derart fürchten muss, sodass Männer behaupten, ihre Frauen vor dem gefährlichen Draußen schützen zu müssen, bevor man sie fragt: vor wem denn!!!? Nun, trotz des erotischen Sadismus, dem in manchen Kulturen gefrönt wird wie zum Beispiel mit der männlichen Phantasiegestalt der Geisha, ist das nun verboten worden, aber an die Schamlippen der Mädchen vieler Länder wird immer noch die Rasierklinge angesetzt. Man kennt den ursprünglichen Mechanismus des latent Missbräuchlichen schon auch in seinen allerersten Bestrebungen von sich selbst, wenn man zum Beispiel den eigenen Schmerz gerne in irgendeiner Form an andere weiterreichen möchte, damit man die Bürde besser tragen kann. Die Verharmlosung der Triebimpulse gehört auch zu diesen Spielabarten. Uns allen geht es nicht gut mit dieser Horrorshow, und so kann man auch hier nur im Umfeld der eigenen Lebensbahn wachsam sein auf sich und auf andere. Und scheinbar müssen die Tabuthemen doch an die Wände gestrahlt werden, wenn auch nur als wichtige Bestrebung gegen die Gleichgültigkeit.

Max Picard

Heute bewegt sich der Mensch nicht mehr aktiv zu den Gedanken und zu den Dingen hin, sie werden zu ihm hingesogen, sie stürzen auf ihn, sie umwirbeln ihn, er ist nicht mehr der Mensch, der denkt, sondern nur noch einer, der gedacht wird; nicht mehr gilt: nicht cogito ergo sum, sondern cogitor ergo non sum. Die Erde war damals nicht weniger besetzt als heute, aber sie war vom Schweigen besetzt. Der Mensch konnte nicht alles in ihr ergreifen, das Schweigen hielt es fest. Der Mensch brauchte auch nicht alles zu wissen, das Schweigen wusste es für ihn. Und da der Mensch mit dem Schweigen verbunden war, so wusste er vieles durch das Schweigen.
Es fehlt heute über den Gedanken und Dingen der Himmel des Schweigens, der mit seinem Gewicht die Gedanken und Dinge zurückhält. Da, wo er einst war, ist jetzt ein luftleerer Raum. Die Dinge werden wie hineingesogen in den Raum, wo einst der Himmel des Schweigens war. Die Dinge sind aufgedeckt, nach oben drängend. Immer neue Dinge stoßen nach oben, das ist der wirkliche ‚Aufstand der Massen‘, diese Rebellion der Gedanken und Dinge, die nicht mehr vom Schweigen gehalten werden.

Schwerpunkt

Taken out of context
Das, was bei den Halbgöttern stattfindet, das findet auch bei den Göttern statt, und das wiederum findet auch bei den Menschen statt. Oder es findet nur bei den Menschen statt, die dann wollen, dass es woanders auch stattfindet, damit uns die Bürde der Grausamkeit abgenommen wird, weshalb die heiligen Altäre überall immer noch so gut besucht sind. Irgendwer muss doch schuld sein an dem Dilemma!, einfach so festzusitzen in der Haut. Und wenn die Häutung sich schwerer herausstellt, als man gewillt ist, das immer und immer wieder zu versuchen, dann bleibt man woh lieber in ihr stecken und kann den Genuss nicht erleben von diesem sanften Weggleiten des Vergangenen, diesem schweren Samtmantel der Erinnerungen, der in jeder kleinsten Falte ein Aufenthaltsdepot eingerichtet hat und die, also die Erinnerungen, einen ihrer Natur gemäß daran hindern, dem direkten, lebendigen Bild ins Auge zu schauen. Schwer genug, daraus das Kunstwerk zu machen, in dem man sich selbst so frei wie möglich bewegen lernt und das dann auch kann. Klar, dann muss ja ich selbst zur Stelle sein und auf d a s Antwort geben, was als Frage in mir selbst auftaucht. Whooosh!, mit dem Zauberstab alle himmlischen Scharen aus dem Labyrinth entlassen, den flüssigen Spiegel hinterher gefeuert, sich selbst auch entlassen aus dem Betäubungsnebel, und gut, nun kommt es drauf an. Kann ich erlauschen lernen, was angesagt ist, oder muss nur die Ermüdung zugelassen werden über die Ödnis menschlicher Handlungsweisen. Wenn es Zeiten gibt, wo die poetischen Anregungen fehl am Platze erscheinen, wo die Stimme versagt und die Verstimmung Raum einnimmt. Bis das alles geklärt ist, zumindest für einen selbst, im Selbstgespräch also, muss man Geduld haben, bis das Lot sich wieder am Schwerpunkt orientiert und einpendelt.

überraschen

Die Verschiebung der Weltordnung
Es ist mir dann gelungen, meine suchtähnliche Anhaftung an die Zeugenschaft des Untergangs der Vereinigten Staaten von Amerika etwas einzudämmen. Trotzdem muss ich am Ball bleiben, merke ich, denn es gibt Überraschungen. Es rumort in Amerika, es rumort in Deutschland, und in vielen anderen Ländern rumort es ebenso ganz außerordentlich, also jenseits einer nachvollziehbaren Ordnung. Deswegen sind in dieser Phase Rückzugsimpulse zwar verständlich, aber es braucht auch Stimmen, die sich nicht den Diktaten Einzelner beugen. Deswegen hat die ganze politische Entwicklung direkt etwas mit den Zuständen in den sogenannten Privathäusern zu tun, wo das Unüberschaubare seine schleierhaften Formen annimmt. Selbst in den finstersten Gehirnen regt sich noch ein Funke Verstand darüber, dass es unklug ist, Verbrecher an der Spitze der ernsthaften politischen Entscheidungen mitreden zu lassen. Außer diese Fähigkeit zum Verbrechen ist ganz spezifisch erwünscht. Oder die Charaktereigenschaften der Gewählten sind so ähnlich, dass eine persönliche Infragestellung gar nicht in den Sinn kommt. Interessant sind jetzt nur noch einzelne Stimmen, der eine oder andere Komödiant, der (noch) keine Angst hat, demnächst für seine Redefreihaft verhaftet zu werden. Klar, viele dachten auch, es würde ihnen erspart bleiben, deportiert zu werden, wenn sie den Mann der Stunde wählen, obwohl über den Charakter dieses ‚Protectors‘ nichts mehr geheim blieb. Und so muss man es lassen und es lässt einen los, jaja, mit ein bisschen Übung und Wachsamkeit. Man hätte gerne einen Aufschwung des planetarischen Bewusstseins erlebt, sowas gibt es ja immer mal wieder, und vielleicht ist es ja einer, dieser Moment, in dem wir selbst leben. Man kann ja nicht leugnen, dass es anscheinend zuerst mal in den Keller muss, also in den Kohlenkeller, bevor es in irgendeiner Form irgendwann mal wieder zum Vorschein kommt. Derweil bohren sich übermenschlich begabte Algorithmen ein in die Synapsen der Erdlinge. Wo Unruhe herrscht, entstehen neue Wege. Und dann gibt es natürlich die Glückskekse. Das sind die, die zum Beispiel, also wirklich nur als Beispiel, ab und zu mal ins All starren und froh sind, dass sie an dieser irren Story ein paar Jährchen teilnehmen können.

Gelöst und getauft in den Wassern der Mythen,
nahe am Strom unserer Schicksalsadern, hüten
wir Herden und Meerestiefen, lenken wir Willen,
fühlen den Samt an den Rändern des Tuns, wissen
um gewaltige Stillhaltezeiten, auf denen friedliche
Augen ruhen. Wenn ich betrachte, wer wir geworden
sind im Gefüge des Erscheinens, wiege ich Zahlen,
da wir so wenige sind. Wiege das Gold, das entstand
aus dem Tanz, aus der Lichtung der Felder, aus der
Weisheit des musikalischen Tons. Der Nektar der Liebe
hat uns gebannt mit zahmen Vögeln auf der Hand,
mit flugfreiem Atem. Ja, Atem! Ankunft am Fuße der
Berge, wo die Wachsamen wohnen – sieh, überall
Aufbruch, ein Bündeln und Weben, eine Ahnung von
neuen Gestaden. Als wir uns näher kamen, mit allen
Kräften entfacht, legten wir unsere Hand auf die
Schultern der Anderen und sagten zueinander:
Das Geheimnis liegt offen, es steht gemeißelt in
Stein. Wir leiten durch unser eigenes Leben und
Lieben die Zeit des Geliebtseins ein.

Das ist in der Tat eine wunderbare Anregung (von Calvino), dass man in der Hölle d a s suchen und finden kann und soll, was n i c h t Hölle ist, und dem Raum und Dauer geben. Doch dafür muss man erst einmal das Höllische an diesem Spiel akzeptieren, bevor man für die Gegenmedizin gereift ist. Was heißt ‚Medizin‘, denn das große Ganze kann ja von niemandem als Krankheit konzipiert worden sein außer von uns Menschen. Und es kann sich, bei aller poetischen oder wissenschaftlichen Hochkultur noch herausstellen, dass da doch etwas Unheilbares vor sich geht, das keine Türschwelle verschonen wird. Da sitzt der imbecile Terrorist in Amerika und praktiziert Vollmacht über sehr viele Gebiete, die niemals in seine Hände geraten dürften, aber es geschieht trotzdem. Ich höre, dass viele im Volk schon bereuen, ihn gewählt zu haben, aber schon ist das Chaos perfekt. Offensichtlich braucht es das Chaos, um irgendwann wieder eine Ordnung zu finden, die akzeptabel ist, wenn es sie denn gibt. Müde (meist weibliche) Augenpaare starren auf diabolische Männerbünde, die sich im selbsternannten Alphatier Gremium pudelwohl fühlen. Die Vergewaltiger von Gisèle Pelicot hat man lachend beim Kaffeetrinken gesehen. Schenkelklopfen über die ‚Kavaliersdelikte‘. In diesen Gehirnen passiert nichts, da ist nur Hölle. Was ist Hölle. Natürlich gibt es das Gute und das Schöne, es braucht wieder Schutzräume. Stabilität in und Freude an der Einsamkeit Kluge Freunde. Das bewusste Hervortreten aus der Finsternis. Den Mut, sich an das Maß zu halten, das man für das vernünftige hält. Sich rüsten für gewagte Navigationen durchs gänzich Ungewisse. Oder sucht sich das Script immer die neuen Besetzungen im selben Ablauf des Dramas, und wir brauchen nach jedem Entsetzen einen Schluck Comedy. Keine Zeit für fertige Antworten! Schiff ahoi!
Natürlich ist es ein Privileg, wenn man morgens im November nicht irgendwo hin muss, wo man angestellt ist und von Glück sagen kann, wenn einem die Arbeit nicht nur gefällt, sondern auch gut tut. Aber wie Ferienaufenthalte oder Rentner:innenberichte zeigen, ist es gar nicht so einfach, einen freien Tag mit Inhalt anzureichern, der tatsächlich die Schatzkiste des lebendig Erlebten bündelt und zu neuen Kraftzentren führt. Das kann allerdings nur passieren, wenn ich mich geübt habe in selbstbestimmtem Denken und Handeln, und somit geübt in der Frage, wer mir da im Spiegel entgegen schaut, und ob ich diese Fassade schon durchdrungen habe, die Maske gelüpft und das, was ich vorfinde, beim Namen genannt. Sodass ich eventuell darüber Aussage machen kann, damit andere Menschen mich nicht umrätseln müssen, oder mehr oder weniger aus mir machen wollen, weil ich die Information nicht liefern kann. Ich meine jetzt die bewegliche, sich stets selbst justierende Information, die einer Quelle verantwortlich ist, also einem Ort, der der Wahr-Nehmung meines persönlichen Seins entspricht. Die Existenz aller Wahrnehmungsmöglichkeiten ist unbestritten, und so ist und bleibt vermutlich einer der wahren Sätze, dass ich existiere, weil das unleugbar ist. Alles Weitere ist schon Schöpfung, Poesie oder Prosa, auf jeden Fall aber Erzählung. Gleichzeitig sind die Erzählungen aber auch Richtlinien, und kein Mensch kann der Handhabung seines mitgegebenen Gepäcks entgehen, außer er oder sie gibt ab an andere, die sich damit dann egene Welten erfinden und bauen. Und dann das (gewählte) Alleinsein mit sich über die Stunden hinweg, eben in der schönen Deutung des Wortes, dass ich hier das gute Schicksal erlebe, mit mir in Gegenwart des Alls zu sein, mit unendlichem Raum zur Verfügung, in dem ich den Künsten des Daseins nachforschen kann: sitzen stehen liegen gehen essen trinken malen schreiben denken – du meine Güte, das Denken! Kann denken, kann mich selbst erkennen, das Innere beleuchten, schauen, was da so alles los ist in mir, und auch draußen, klar, aber vor allem drinnen. Dass es dem ähnelt, was ich mir vorstellen kann vom Menschenleben. Die Praxis der Fähigkeit zum friedlichen Miteinander. Kurz: zu lieben.
Es ist ja keine neue Nachricht, dass das Schlaraffenland, wo Milch und Honig von den Bäumen tropfen und fast jeder fast alles haben kann, was er oder sie oder die Kinder brauchen, dass diese Schlarafferei einmal würde sich stark verändern müssen, bzw. der Weisheit des „This, too, shall pass‘ unterliegen. Die Nutznieser:innen sich Gedanken werden machen müssen über die großen und die kleineren Zusammenhänge, und nicht erschrecken über die Resultate dieser nimmer endenden Zusammenhänge, oder doch erschrecken? Ja, es ist schon der dritte Winter für die Ukraine, und nun dürfen sie hinüberschießen ins Feindesland, und das wird weitere Beunruhigung hervorrufen. Drüben, in den sogenannten Vereinigten Staaten, wird auf allen Kanälen um ein unheimliches Puzzle herumgegrübelt, und drunter und drüber geknobelt, wie es sein kann, was offensichtlich ist, und nun Wege gefunden werden müssen, die man nie bedachte. Drei Dämonen kommen gut ausgerüstet und bieten Galactus ihre Dienste an, der sie abschätzend betrachtet und als Meisterkriecher erkennt. Oder es wird klar, dass es Galaktus in Wirklichkeit gar nicht gibt, was hoffen oder besser offen lässt, was drei Alphanarzissten mitinander anfangen oder beenden werden. Wir wissen es nicht, und dieses Nichtwissen hat auch etwas Befreienden, denn die Zeit ist kostbar und kann noch für anderes und weiteres genutzt werden. Oder von der Nutzung oder dem Genutzten oder dem Abgenutzten undsoweiter etwas Abstand nehmen und sich radikal für das Lebendige entscheiden, indem das, was da ist, in den Blick genommen werden kann. Dem eigenen Maßstab kann, sobald er errichtet ist immer geantwortet werden. Alles in Maßen.
Mir wurde klar, dass gerade das absurdeste Theater, dass die politische Weltbühne zu bieten hat, eine große Faszination auslöst, denn hier werden Gesetze aus den Angeln gehoben, was oft missverstanden wird als Zeichen für erwünschte Resultate. Aber man darf sich auch als entfernte Beobachterin nicht fangen lassen, so, als wäre einem jeden Morgen zur selben Stund‘ ein weiteres Stück der Serie geboten, um das Suchtpotential in Gang zu halten. Ich trainiere mich zum Beispiel, bestimmte Nachrichten nur einmal zu hören und nicht noch bei drei Panels, nur weil etwas nicht zu fassen ist. Es i s t nicht zum Fassen. Und genau d a s ist erwünscht, denn wenn ganz viele etwas nicht fassen können, ergibt sich die gewünschte Verwirrung, und die neue Ordnung bzw. das unvermeidbare Chaos kann eingeführt werden. Für mich liegt die Lösung nicht darin, einen Diätplan mit meinem Smartphone auszuarbeiten, sondern es muss radikaler sein. Zumindest für den Übergang ins Amphitheater, wo die Dinge gelassener ablaufen und man sich mit der nötigen Wachheit den Leidenschaften der Menschheit widmen kann – ihren Komödien und ihren Tragödien. Damit man rechtzeitig mit den Komplexitäten des Menschseins konfrontiert wird, die günstigerweise Früchte tragen, sodass man handlungsfähig bleibt, wenn die griechische Tragödie an die Haustür kommt.

gruseln

Gruseln kann vor allem im Kindesalter etwas aufregendes oder anregendes haben, aber nicht so im weiteren Verlauf, wenn es einen dann schüttelt und rüttelt und wenn die als stabil vermutete Grundsicherung, was Werte und Vernunft betrifft, zu bröckeln beginnt. Und so bewege ich mich noch immer an der Schnittstelle zwischen Philosophie und Politik, weil wir von der Zuschauertribüne aus sehen und bezeugen konnten, dass genau an dieser Stelle das noch Menschliche auf das menschlich Entwertete trifft. Trump ist ja nur eine Marionette in diesem Gespensterkabinett, eben damit wir sehen, dass unvorstellbares Grauen sich vorwärtswälzt und einen selbst, noch weit entfernt vom Tatort, grübeln lässt, was zu denken und zu tun ist in dieser rabenschwarzen Stunde. Trump hat öffentlich an Hitler bewundert, wie ergeben sie ihm alle waren, und das möchte er auch. Er provoziert mit ungeheuren Herausforderungen, um zu wissen, wer unter allen Umständen noch mitspielt mit ihm, denn die braucht er. Und für einen unerhörten Moment lang ist es ihm gelungen, der Welt zu zeigen, dass einer wie er absolute Macht besitzt, um weiterhin tun und lassen zu können, was er möchte. Da kommen einem die Knaben im Bundestag doch noch fast harmlos vor. Und klar würden wir, das undefinierte Wir, dem philosophierenden Robert Habeck gerne mitteilen, wie gerne wir ihm die Chance zum Kanzlersein anbieten würden, aber wir sind nicht naiv. Selbst Friedrich Merz hat hier nur die übliche toxische Männlichkeit, die manche Positionen scheinbar fordern, aber man fürchtet nicht das radikale Aussetzen jeglicher Nachvollziehbarkeit oder eine herandämmernde Demenz im Zeichen des Wahnsinns. Oder was einem noch so alles einfallen könnte, lässt man den Dämonen in sich selbst freien Lauf. Wer hatte es nicht neulich noch als erlösende Möglichkeit für das Weltgefüge erwogen, wenn einer der potentiellen Mörder ihn, also Trump, tatsächlich erwischt hätte, obwohl aus der Geheimagentenküche schon verlautet wurde, alles wäre gefaked gewesen, um einen geretteten Halbgott aus ihm zu machen. Das Beunruhigende ist, dass es doch sehr an die Hitlerzeit erinnert, wo der immer schwärzer werdende Schlund kein Ende zu nehmen schien, bis seine Verbrechen den Feigling in den Selbstmord trieben, den Mörderkopf auf den Schoß einer Frau abgelegt. Nun habe ich keinerlei Ehrgeiz, eine Schauermärchenerzählerin zu werden, merke aber, dass ich noch in Schockverarbeitung bin. Es ist nicht Trump, der beunruhigt, sondern es ist die Masse der Menschen, die ihn gewählt hat. Man ertappt sich beim Löcherbohren in die unendliche Leere, die wie der Abgrund ein Ort ist, den man auch wieder verlassen kann.
Im sogenannten reichsten Land der Erde hat nun ein clowneskes Trio so viel Macht in den Händen, dass man zwischendrin mal einen tüchtigen Lachanfall hervorbringen kann, oder hört es sich eher an wie ein Keuchhusten. Und doch übt vermutlich gerade die Zirkusperformance solch eine Verwunderung aus, weil die dort im Aktionsfeld alle was machen, was man selbst nicht kann oder verstehen kann, sodass die Distanz vorprogrammiert ist. Hier kann man sich dann in die geistig konstruierte Lieblingsarena setzen, wo man gleichzeitig zuschauen und alleine reflektieren kann. Ich meine, wir bekommen nicht nur in Amerika das Unvorstellbare geboten, sondern auch hier im Bundestag geht es hoch her, oder geht es eher niedrig her. Staunt man? Hätte man es wissen sollen? Und genau w a s hätte man wissen sollen. Auch das Hätten hat nun sein Ende gefunden. Und was hilft es zu hoffen, dass z.B. Friedrich Merz uns erspart bleibt, denn wer ist ‚uns‘ , denen er erspart bleiben soll. Und Hoffen lag mir eh nie, eher schon die leichtfüßige Dokumentation eines Lebensverlaufes, in dessen Spuren man sich für eine Weile aufhält, um dann den Weiterlebenden alles Gute zu wünschen für ihre Abenteuer. Denn das bleibt es ja: ein Abenteuer. Niemandem wurde versprochen, dass wir mal alle vorhandenen Früchte auf einem Kleinmarkt wiederfinden würden. Aber es war dennoch die Zeit der großen Wunder. (Von Wunde zu Wunder und wieder zurück). Eine Handyfirma in Indien (Jio) verteilte Millionen von freien Smartphones, damit wirklich jede/r an diesem Suchtprogramm beteiligt sein konnte, und siehe da, es funktionierte auf der ganzen Welt. Wenn aber 90% der Weltbevölkerung einen Großteil ihrer Zeit die Welt über eine Glasscheibe wahrnimmt, kann es der Welt an sich nicht so gut gehen. Und so ist es ja auch: es geht der Welt nicht gut, und trotzdem, oder gerade deswegen, bleibt uns nichts anderes übrig, als aufzustehen vom philosophisch verwundeten Knie und weiterhin zu sein, wer man ist, denn darin liegt ja auch eine verlässliche Reifung.
Stimmt, die Hölle muss nicht erst kommen, sondern wir leben schon drin. Selbst wenn man das unverschämte Glück hatte und immer noch hat,, einigermaßen unbeschadet durchzukommen, hat man von der Höllenqualität der menschlichen Spezies genug gesehen und gehört, um zu wissen, dass es hier gefährlich sein kann uns auch ist. Deswegen hat Italo Calvino beobachtet, dass es zwei Arten gibt, in dieser Hölle zu leben, indem ich entweder so tue, als seien Hass und Zerstörung und das Misshandeln und Missbrauchen und Töten (z.B.) von Kindern und Frauen völlig normal, und ist halt so, ich passe mich an und werde ‚ein Teil von ihr‘. Die zweite Variante, sagt Calvino, ist riskant und verlangt ständige Aufmerksamkeit und Lernbereitschaft‘, indem wir erkennen, was in der Hölle nicht Hölle ist, und d e m Dauer und Raum geben. Ja, ich benutze seine Worte, weil ich finde, man kann es gar nicht besser sagen. In Indien wird vor allem das schwarze Zeitalter, also das Zeitalter der Ignoranz, als Hölle beschrieben, in der vor allem Dämonen ihr Unwesen treiben. Vom heutigen Bildungsstandpunkt aus kann man sich gar nicht mehr vorstellen, dass der Planet einmal weniger Höllenqualen für seine Bewohner:innen zu bieten hatte, denn es scheint doch eher so zu sein, dass man sich, will man ‚Mensch‘ beziehungsweise ‚menschlich‘ werden, sich aus den eigenen Höllenanteilen herausackern muss, wofür anscheinend immer sehr wenig Menschen Raum und Zeit haben. Es braucht Kraft, unabhängig zu werden von den oberflächlichen Beurteilungen anderer, dann aber auch das Auge auf sich selbst lenken zu können, um Klarheit zu erlangen, wie ich meine eigenen Kräfte einzusetzen gedenke, und in welche Richtung ich sie letztendlich lenke. Wenn ich meine eigenen Dämonen mir gegenüber setzen kann, ist schon viel gewonnen und kann dazu führen, dass ich aus dem Netz der Scheinheiligkeit falle. Man muss herausfinden, was man selbst als ‚höllisch‘ betrachtet. Drei von fünf Kindern weltweit erfährt häusliche Gewalt, lese ich heute früh aus einer neuen Studie. Diese erwachsenen Kinder laufen da draußen herum und haben nicht erfahren, was es braucht, um ein ‚gutes‘ Leben zu leben. Man erfährt eine Verstummung, bevor man weiß, dass man trotzdem weitermachen muss. Gerade jetzt ist es wichtiger denn je, dass man einerseits weiß, was man selbst für ‚Hölle‘ hällt, und andrerseits ‚dem, was nicht Hölle ist, Raum gibt. Und Dauer.

Mit Dank an Calvino
Dieses durch einen Schock Auf-sich-selbst-Zurückgeworfensein wird zweifelsohne dadurch begünstigt, wenn man das Glück hat, dort, wo man hingeschmettert wurde, sich selbst wiederzufinden. Also wenn schon eine gewisse Stabilität vorhanden war, bevor der Schock kam. Man hat ja an diesem Beispiel, dem amerikanischen, gesehen, dass die Schockwellen weit über Landesinteressen -und grenzen hinausgingen. Für einen kurzen Moment, der auch für künstliche Intelligenz nicht erfassbar war, hat sich das ganze Gefüge in zwei Lager gespalten. Ein Mann, dem jede Vorstellung von gutem Charakter abhanden gekommen ist, hat den Joker gezogen und hält nun sehr viel Macht in den Händen. Nur äußere Weltmacht natürlich und Geldmacht usw, wen interessiert’s noch. Oder man sieht ihn als den selbsternannten Joker, sich selbst ernannt zu allen möglichen grotesken Späßen. Aber auch ich muss ihn lassen, denn von da, wo das Irrlicht gerade als von Gott höchstpersönlich Begnadigtem seine Strippen zieht, geht ein unheiliger Sog aus, von dem man sich lösen muss. Es rumort ja auch in diesem Land, und alle sind sehr beschäftigt. Und man selbst, denkt man so vor sich hin, ist doch (danach) auch noch diesselbe. Aber ist sie wirklich noch diesselbe. Ist es nicht viel eher so, dass die Welt aussieht wie vorher, sie selbst aber findet sich verändert vor. Man weiß die Dinge ja oft über lange Zeiten hinweg, und auf einmal versteht man sie, dann erst kennt man den Unterschied. Wenn man froh darüber ist, keine Wahl mehr zu haben, ich meine jetzt in gutem, reflektiertem Sinne. Und deswegen wurde in Wirklichkeit gar nichts verschwendet, es verschwindet nicht, es lagert im Irgendwo und ist abrufbar, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Selbst der Satz ‚der Schein trügt‘ kann, obwohl er so klar ist, vielfach verstanden und missverstanden werden. Wir ringen um Klarheit.
Wie hieß doch dieser berühmte Fluch…’Möget ihr in interessanten Zeiten leben.‘ Und ja, das stimmt, Zeiten können sehr interessant sein, man muss auf der Hut bleiben und häufig schwerwiegende Entscheidungen treffen. Wenn man die Show der ganzen Gaukelei erfasst, geht es einem nicht besser, denn der gute Rat war doch, sich immer an die Besten zu halten. Aber wer zum Teufel sind die Besten, und wer ist überhaupt zuständig für bestimmte Fragen, die oft ohne Antworten bleiben müssen. Und manchmal hört auch ein bestimmtes Interesse auf einmal schlagartig auf, denn das Spiel geht seinen eigenen Weg, und dann kann es passieren, oder passiert gerade in der Weltpolitok, dass ein großer Graben sich auftut und man anerkennen muss, dass Trennung als notwendend einzusetzendes Werkzeug, unentbehrlich ist. Es gibt Trennungen, die im Danach weiterhin Verbindung aufnehmen können, und es gibt Trennungen, die unaufhaltsam und absolut sind. Zwei Dampfer, die eben noch im Hafen nebeneinander lagen, fahren in entgegengesetzte Richtungen hinaus. Ja, ich reibe mir auch immer noch die Augen, der Umgang mit dem schwer zu Fassenden, die klebrigen Flügel der Täuschung, oder ist es die Enttäuschung über die 60% der Weltbevölkerung, die scheinbar immer nach dem Menschenweltretter lechzen und natürlich nach Führung. Die schwarzen Fahnen flackern am Raumschiff. Der Silver Surfer, der die Welt letztendlich auch nicht retten konnte (soviel ich weiß), wird von Galactus vom Schachbrett genommen. Auf der anderen Seite des Gletschers bewegen sich die Überlebenden. Diaioge werden geführt und Humor wird geschätzt. Der Gedanke ‚Wir werden sehen‘ nimmt neue Deutung an.

Italo Calvino


  

„Die Hölle der Lebenden ist nicht etwas, das erst noch kommen wird. Wenn es eine gäbe, ist es die, die schon da ist, die Hölle, in der wir jeden Tag leben, die wir durch unser Zusammensein bilden. Es gibt zwei Arten, nicht unter ihr zu leiden. Die erste fällt vielen leicht: die Hölle zu akzeptieren und so sehr Teil von ihr zu werden, dass man sie nicht mehr sieht. Die zweite ist riskant und verlangt ständige Aufmerksamkeit und Lernbereitschaft: zu suchen und erkennen zu lernen, wer und was inmitten der Hölle nicht Hölle ist, und ihm Dauer und Raum zu geben.“

Es gibt ja diese ungeheuren Turbulenzen des Denkens, wo erst einmal das Aufgewühltsein zu einer neuen Ordnung finden muss, bevor das immer schöpferische Potential nach neuen Wegen sucht und sie auch findet. Nun, neu kann man sie auch nicht immer nennen, manche sind uralt, werden vergessen, tauchen unversehens wieder auf. Manchmal ballt sich das Ganze zusammen und steuert auf einen Kipppunkt hin und kippt tatsächlich, und hat viele, schwer abwägbare Folgen. Auf jeden Fall rüttelt es auf und ist musikalish begleitet vom Gongschlag. Und dann: man will man, bei aller bereitwilligen Informationssucht, dann doch nicht in den Sog hineingezogen werden, wo die Gepenster hausen und wo Siegesfahnen wehen. Es geht nichts verloren, und so manche Kräfte entwickeln sich nur in der Stille. Wenn Zeit und Raum ist für da Wesentliche. Wenn mir klar wird, für was ich hier stehe in diesem Spiel, und dass ich meinen Einsatz gebe, wo ich kann und für was ich geeignet bin. Tun, was man kann, und d a s noch verfeinern. Manchmal geht es um alles oder nichts, und dann wiederum geht es um eine gute Verdauung. Man möchte leben, so gut man es kann. Dieses Können muss ich mir auch zutrauen. Und dann gibt es auch viele Wege, alles, was mir wirklich am Herzen liegt, umzusetzen. Manchmal braucht man Geduld. Man dachte, es war schon Akt V, aber es war erst Akt IV, das bringt Zeit für Erweiterung und Praxis. Immer noch Praxis oder Dabeisein? Das alles ist Sprache für die Sprachlosigkeit, heraus aus den dunklen Gewässern zog mich das Mühlenrad, und fühle daher eine gewisse Verantwortung, oder vielleicht ist es nur Dankbarkeit, ehrenamtlich, sozusagen, meinen Beitrag also zu geben, so gut ich kann.
Ja, der Schock saß auf eine vielschichtige Weise sehr tief und zeigte Neigung, sich ungünstig aufs Gemüt auszuwirken, denn es rumpelte und pumpelte und trumpelte inmitten des Ansturms von Machtlosigkeit in einem herum, und ringsum im Gewölbe vernichteter Meinungen die schwarzen Schattenflügel scheinbar um Fassung ringend, aber alles so irre und wirr. Die sogenannte Weltordnung vom Auge des Wirbelsturms verschluckt – und was wird bleiben, wenn das Ganze wieder aus dem Wurmloch herauskommt, und wird es erkennbar sein? So und vieles mehr schleppte sich bis zum Abend hin, dem 6. November, oder war es schon am 5.November, als der Schock den Nerv der Zeit traf. Man war wegen der trügerischen Sicherheit, die nun nur noch Staub war, nicht so gut vorbereitet, und lernte spontan die Lektion, sich dem Ungewissen gegenüber zu finden, mit dem man in dieser Form nicht gerechnet hatte. Und dann die ganz speziellen Details, als zum Beispiel die Frage, ob Amerika, das immer noch scheinbar mächtigste Land der Erde, reif sei für die Frage, ob eine Frau an der Spitze wohl d a s können kann, was ein Mann in Wirklichkeit gar nicht können muss, das zeigt das Beispiel. Dann kam noch am selben Abend der Zusammenbruch der Ampel dazu. Da fegte der kalte Wind durch die Schlaraffenländer, und die reißenden Ströme vernichteten die Spuren. HUHuuu! Gespenster bewegen sich durch künstliche Intelligenzen. Oder doch nicht? Vielleicht war es die Tiefe des Schocks, die ein Aufsteigen aus den Gruften der Menschenverzweiflung begünstigte, denn irgendwann ist Schluss mit Gruftenstolpern. Und auf einmal steht man wieder an der Schaltzentrale und überlässt der Eingebung das Steuer. Es geht voran und voraus, und mit weiteren Überraschungen ist zu rechnen. Das ist ja das Bemerkenswerte an diesem Spiel.

freuen

Freuen, dass ich geboren bin
und heut‘ Geburtstag hab‘.
Viel Glück und viel Segen
wünsch‘ ich mir’auf all meinen
Wegen. Gesundheit und
Wohlstand sollen auch mit
dabei sein.

vorerst

Sich fassungslos an den Kopf fassen
Dieses Bild oben entstand auf meinem Schmierzettel, wo ich die Farben ausprobiere oder abwische. Nun passt es ganz gut zur Stimmung, die sich offensichtlich nicht in allen, aber in einigen, ausbreitet. In der Nacht habe ich zweimal beim Aufwachen kurz hineingehört in die Prognosen, immer war es unvorhersagbar. Ich merke, wie sehr mich der Satz ‚Die Hoffnung stirbt am letzten‘ immer genervt hat, und jetzt will sie nicht sterben, so, als hätte ich vergessen, dass ein Strohhalm kein sicherer Anker ist. Die Angelegenheit ist ja in allerletzter Konsequenz nicht nur politisch, sondern…und wie soll das andere Wort denn heißen…’menschlich‘?…’philosophisch’…oder ganz einfach wortlosich? Denn was sehen wir da, was nicht zu fassen ist!? Die große Chance, durch eine weibliche Kraft das ganze Spiel auf Vorderfrau zu bringen, nicht nur durch erwartete Leistungen, sondern: das Volk hat die neue Möglichkeit gewählt, und nicht die unerträgliche Zumutung eines Menschen, den man zutiefst verabscheut, so ist es doch. Und dass das nicht mal für Latinos und Schwarze eine Abschreckung ist, sondern sie wählen ihn, ja, das kann man, ich kann es nicht, fassen. Dabei muss es nun bleiben vorerst, denn noch weiß ich nicht, ob tatsächlich schon alles verloren ist. Und bevor man angeregt wird, den Gewinn im Verlust zu kontemplieren. Und ob es überhaupt einen geben kann. Und ob man ihn wollen muss, den Gewinn im Verlust. Denn vom Bezeugen des lebendigen Scriptes kann einen (vorerst) nichts abhalten. Manchmal war man einfach viel mit dem Draußen beschäftigt. Dann wird man auf einmal auf sich zurückgeworfen. Auch nicht schlecht, wie gesagt: vorerst.
Ich finde es in so ziemlich jeder Lebenssituation angebracht, politisch informiert zu sein, sozusagen als Zutat zur eigenen Verarbeitung, die u.a. auch bei der volksinformierenden ‚Tagesschau‘ anschließend wünschenswert ist oder wäre. Man weiß ja gar nicht, was Menschen zuhause so alles sagen oder nicht sagen, weswegen ich ja so überrascht war, eine Trumpanhängerin hinter einer Ladentheke vorzufinden. Es ist auch so ein bisschen erschreckend, über mich selbst zu erfahren, dass ich tatsächlich von einem Menschen, der Trump sehr viel besser findet als Kamala Harris, erst einmal Distanz brauche, da hier etwas vorgefallen ist, was außerhalb meiner Nachvollziehungsmöglichkeit liegt. Eine Frau, die Trump wählt oder in irgendeiner Weise akzeptabel findet, ist für mich nicht nachvollziehbar. Bevor sich der nahezu unüberwindbare Abgrund auftut, der ja ebenfalls spaltet, kann man, wenn das möglich ist, einen Rückzug programmieren. Ich stehe ja nicht unter Zwang, mit Menschen zu kommunizieren, die mir nicht guttun, wobei jetzt die Frage berechtigt ist, ob es akzptabel ist, sich wegen einer politischen Einstellung von einem Menschen zu distanzieren. Meine Antwort ist ja, aber nur, wenn es, wie in diesem Falle, um jemanden wie Trump geht. Dieser Mann redet seit Jahren abfällig über Frauen, also wirklich auf dem niedersten Level, und es ist kaum möglich, dass Frauen es überhört haben. Ich muss also davon ausgehen, dass Bewunder:innen von Trump sich genau d i e Ablehnung wünschen, die sie bereits gewohnt sind, und hier wird sie gefeiert, die bösartige Pointe über das, was Frauen angeblich sind. Es gibt Frauen, die es berechtigt finden, dass ihre Männer sie schlagen, denn ihr Selbstwert ist auf Zero gedrückt worden, und das oft seit der Kindheit. Und weil ich dann an diesem Punkt spüre, wie fast widerwillig ein Mitleid sich regt, lehne ich das Mitleid ab, weil ich die Hintergründe, die Geschichten dann doch lieber von Therapeut:innen bearbeitet sehe, wo immerhin heilende Richtungen auftauchen können, wenn das psychische Experiment erfolgreich ist. Und trotzdem verblüfft es weiterhin, dass Augen, die so viel können, hinausschauen auf den Weltstrudel oder die Perfektion der Dramatik, und alle sehen etwas anderes. Weil wir nur die eigene Rolle gut spielen können, und was sie beinhaltet, und wie es uns gelngt, aus diesem Inhalt das für uns Beste zu machen. In dieser Hinsicht bleibt einem nichts anderes übrig, als auf die radikalste Möglichkeit dieses Spiels zuzugehen: sich selbst. (Und von dort aus immer wieder neu schauen).

es kommt

Eine taiwanesische Frau wurde neulich etwas in bezug auf die chinesische Bedrohung gefragt und antwortete ‚Was kommt, kommt. Warum sich Sorgen machen?‘ Das könnte man in alle Weltsprachen leicht übersetzen, und es würde von vielen verstanden werden. ‚Jo aata hai, aata hai‘ auf Hindi, oder in jedem Dialekt ’sich keen Kopp machen, es kütt, wie’s kütt. Aber natürlich ist das leicht gesagt, denn auch mein Kopf ist nicht ganz frei vom möglichen Resultat der amerikanischen Wahl, auch wenn Kamala Harris, und das wird sie, die Wahl gewinnt. Schon jetzt krächzt und ächzt die festgefahrene Uhr, oder war es gar nicht die Uhr, sondern das Geschlecht, oder gar das Gemächt, oder beides, das ächzende Gemächt, das sich festzuhalten versucht an den Angeln, und dort dann herumrangelt und gar nicht merkt, dass es aus der selbstgebastelten Falle herausgefallen ist, und da bröckelt der Halt, es wird kalt, oder wird es erst richtig heiß, wenn man weiß, dass es eine Frau geschafft haben soll, und das auch noch aus ganz offensichtlichen Gründen, der politischen Zukunft des Spitzennarzissten ein Ende zu bereiten. Die unterschwellige Unruhe schwappt auf die Polizisten über, auf allen Ebenen wird aufgerüstet für die Eventualitäten, die noch keine eindeutig klare Spur zeigen. Interessant, dass die politische Atmosphäre gleichzeitig in Amerika und Deutschland blubbert, und auch hier wird geächzt. Eine neue Weltordnung, langer Samtmantel mit Gestirndesign, steht gelassen vor dem Tor und wartet auf Einlass. Sie tritt erst ein, wenn die Bühne klargefegt ist vom Davorigen, das verlangt ein neuer Anfang, wenn es sowas überhaupt gibt, einen neuen Anfang. Noch habe ich keine/n getroffen, der sein oder ihr Gepäck einfach hinter sich lassen konnte. Selbst Marina Abramovic ließ sich erweichen, über ihre Vergangenheit zu reden, obwohl sie den Aufenthalt im Nu bevorzugt. Die Frage, wann man aufhören könnte, menschlich zu wirken, ist noch gar nicht beantwortet, weil (u.a.) gerade das Zerbrechen der künstlichen Fassade zur Menschlichkeit führt, und zur Kunst. Was die wartende Weltordnung betrifft, so wünsche ich mir ganz persönlisch einen grandiosen Akt der Illusionstötung. Der Impuls kommt, wer weiß, all is possible, vielleicht gar aus den Küchenzeilen, in denen vor allem Frauen vor sich hinbrüten. Das eigene Denken ist dort zwar eher unbekannt, aber um das Zünglein an der Waage zu sein, braucht es manchmal nur einen Moment der Entschlossenheit. Und klaro: was kommt, kommt. Ma che differenza!!!

Allerheilgen/Diwali

Im Rahmen eines möglichen ko(s)mischen Humors finde ich es erheiternd, dass neulich die oberste deutsche Polit Liga nach Neu Delhi geflogen ist, um dort das Interesse an der cleveren IT und KI bzw. AI Jugend kundzutun, also möglichst was tun gegen die bedrohliche Expert:innenarmut mit diesen noch einigermaßen unverbrauchten Gehirnen, die es gewohnt sind, Götter und Göttinnen zu beherbergen, und man sieht an den Videos, wie schön sie das zusammenbringen. Heute wird in Indien Diwali gefeiert, das wichtigste Fest, das einige Ähnlichkeiten mit Weihnachten hat, was die Lichterorgien betrifft. Je weniger die heilige Substanz vorhanden ist, desto perfekter die Lichter. Es geht viel um neue Kleidung und um Essen, und je reicher die einen werden, desto schmerzhafter die Einschränkungen für die Ärmeren und dann die ganz Armen. So läuft anscheinend das Spiel, zum Glück mit vielen Nuancen und Zwischentönen. Und bei uns ist Allerheiligen, und wie prächtig passt das doch zu den auf ihren Tragtieren herumfliegenden Göttinnen, vielleicht sind die ja auch irgendwie verwandt oder haben einander beäugt und sich angepasst an die Gesetze der Traumsphäre. Auf jeden Fall geht es an Diwali vor allem um Laxmi, aus deren Bilderhänden die Goldmünzen kullern, oder waren es mal Lichtpunkte? Die Heiligenschar auf der westlichen Seite scheint mir sehr männlich besetzt, aber es fällt mir grad keiner ein, ah doch, die heilige Ursula zum Beispiel. Es interessiert einen ja doch ein bisschen, wie das Heiligsein zustande kommt oder kam, also nicht auf Eulen reitend, sondern hier unten im schnöden Ozean der Illusionen. Und sieh an, ich schaue nach, und das sogenannte Hochfest gedenkt aller Heiligen, der bekannten und der unbekannten. Die Unbekannten würden mich echt interessieren, dann könnte man mal vorbeischauen, um zu wissen, wie sie so sind. Ach so, auch Märtyrer. Ob Nawalny dazugehört? Denn das weiß doch jede/r, dass früh stirbt, wen die Götter lieben. Oder lieber doch nicht? Sonst wurden da bei Wikipedia keine Namen genannt, weil man auch selbst wen wählen kann. In Indien laufen die sogeannten oder selbsternannten Heiligen noch öffentlich herum oder sitzen auf hohen Sitzen und lassen sich’s gutgehen. Wie sehen sie eigentlich aus, oder will man darüber überhaupt nachdenken?

Luxus

Dann gibt es bestimmte Hefte, die bei einem herumliegen, weil man unbedingt noch einen Artikel darin lesen möchte, und dieses Möchten kann sich jahrelang hinziehen. Man gewöhnt sich an den Blick auf das Heft (oder den losen Artikel) und langsam reiht sich das Ungelesene ein in seine eigene Rubrik. Dann kann allerdings der Tag kommen, wo man es merkt. So nehme ich (gestern) ein mir wohlbekanntes Literaturheft aus dem Jahre 2013 zur Hand und mir wird klar, dass es vor allem der Titel war, der zum Behalten des Heftes geführt hat. Hier sind sie, die drei herrlichen Worte: ‚Luxus des Denkens‘. Da erwärmt sich das Strömende in den Synapsen, es erfreut sich lebendige Einsamkeit an sich selbst, da formt sich herzergreifende Bereitschaft des Willens, und es wächst die tiefe Dankbarkeit des Denkgeschenkes, hallo, hallo! Hier ist Luxus des Denkens, das jedem erlaubt ist, obwohl es, wie alles andere, Bedingungen hat. Und es gibt Beispiele wie Nelson Mandela, der nach 27 Jahren unschuldiger Gefängnishaft den Bau verließ als ein ungebrochener Mann, das kann nur Denken. Nein, nicht nur, es muss Nahrung geben, von der man nicht erkrankt oder gar stirbt, wie Nawalny, der allerdings gewusst haben musste, dass er den Gulag nicht überlebt. Aber es hat doch eine gewisse Tragik, dass Menschen eben diesen vorhandenen Luxus des Denkens viel zu wenig in Anspruch nehmen. Es ist nicht, weil sie nicht können, sondern wer zur Quelle des Denkens durchkommen will, muss sich dort hinbewegen, und steinig und schwer und vor allem gefährlich kann dieser Weg sein, und er ist es immer noch. In den östlichen Schulen wird vom Denken oft abgeraten, weil man den ‚Lernenden‘ nicht zutraut, die angebotene und meist tief in der Tradition steckende Ideologie nicht zu verstehen. Und so kommt viel Gehirngewaschenes dabei heraus, wenn man der Illusion verfällt zu glauben, dass man Gehörtes automatisch dadurch weiß, ohne es selbst zu durchdenken. Es braucht viel Mühe, eigenes Denken zu entwickeln, und die Gefahr begleitet einen auf jeder Ebene. Bis es offener und sicherer ist und Freunde gewonnen wurden, die einen noch rechtzeitig zurechtbiegen können, wenn die Fußspitze den Abgrund berührt. Wenn die Sicht klarer wird, der Atem ergiebiger, das Lachen leichter und tiefer zugleich. Wenn Reichtums, der nicht an Materie gebunden ist, sich durchsetzt als Glücksgefühl, dann ahnt man, was Luxus auch sein kann. Was sind schon elf Jahre, um diese drei Worte zu spüren.
Die Putzhilfe schüttelt energisch mit dem Kopf und tut kund, dass sie nicht an Harris‘ Sieg glaubt. Ich widerspreche nur deshalb, weil ich mich bis zur Wahl nicht einreihen möchte in das Negativ-Programm. Es ist ungeheuerlich genug, dass zwei solche Köpfe wie die von Harris und Trump überhaupt ein Kopf-an-Kopf Rennen liefern müssen. Ganz so, als würde man zwanghaft hinschauen müssen, nur um der Vernunft beraubt zu werden. Eigentlich hatte ich mich schon in Richtung Gelassenheit gelenkt mit dem ‚was soll’s, wenn es tatsächlich geschieht‘, aber bis dahin bäumt es sich doch zuweilen auf, das arme Gehirn muss die unausgestoßenen Schreie regulieren, also Schreie der Empörung, wie das sein kann: Ein Kopf-an-Kopf Rennen zwischen Kamala Harris und Donald Trump! Ja ist das nicht genug, was der Kerl gesagt und getan und gelogen und verleumdet hat, und trotzdem jubelt das halbe Land ihm zu, vermutlich wegen inneren Ähnlichkeiten, auf denen eine Mütze sitzt mit der Aufschrift ‚Make America great again‘. Und was hat er die letzten Jahre alles für Denkanstöße gegeben: man durfte intensiv über Dummheit, Feindseligkeit, Geschmacklosigkeit undsoweiter nachgrübeln, und wo in dem ganzen Elend die Grenzen zu setzen wären. Nun ist das unseriöse Spiel um den zunehmend dementen Hauptdarsteller aus dem Ruder gelaufen, und obwohl die Trumper dachten, sie erleben etwas ganz Herausragendes, ist genau d a s auf eine neue Ebene gerutscht und hat dort, ausgerechnet im Madison Square Garden, seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Hier konnte die Welt zuschauen, wie sehr viele Menschen in einer riesigen Blase saßen und sich selbst für einen grandiosen Comedy Erfolg hielten, während sich lautlos ein Kipppunkt näherte und sich eben in genau diesen Schreien äußerte, die man selbst gerne zurückhält. Aber vielleicht ist das gar nicht immer so gesund, das Zurückhalten. Wir stehen an der Schwelle einer neuen Weltordnung, kein Zweifel, und die düsteren Marionettenspieler haben schon längst ihre Maschinerien in Gang gesetzt, damit genau der Dummkopf gewinnt, den sie manipulieren können, zum Beispiel als ein weiteres Brics Mitglied, mit dem der Westen durch sich selbst in die Kniee gezwungen werden kann. Auch wenn Deutschland, das gerade ringsum schwächelt, sich nicht erholt vom Schwächeanfall, dann…ja eben: was dann. Das Schlaraffenland hat bereits seine Tore geschlossen, obwohl, wie ich höre, die Jugend frohgemut nach vorne blickt, denn auch d a s ist wahr: ganz neue Welten öffnen sich, und die Nachtphase geht irgendwann vorüber, und bald kann vielleicht jede/r so alt werden wie es die Medizin erlaubt, und dann hinkt’s mit dem Sterbenkönnen vermutlich hinterher.

radikal

Dass wir in extrem verdichteten und irrwitzigen Zeiten leben ist kein Geheimnis (mehr). Man ist bestrebt, seinen eigenen Senf, hier Senf als überflüssige Meinungskundgebung, in Zaum zu halten, wohl wissend, dass die bereitwillige Darbietung von ‚Mein-ungerei‘ d a ihre Bedeutungslosigkeit erreicht, wo nur noch überall und zu jeder Zeit weltweit über absolut alles was gemeint wird, wodurch sich die potentiell vorhandenen Tiefen in immer seichtere Gewässer flüchten oder gar nicht mehr wahrgenommen werden, auch wenn es nur aus Zeitmangel geschieht. Zeitmangel war schon immer eine hervorragende Ausrede für das, was eigentlich bewältigt und gedacht werden müsste, aber eine andere Art von Mühe und Bereitschaf bzw. Einstellungt braucht. Ich vermute mal, dass wir alle irgendwo Zettel herumliegen haben, auf denen weise Sätze aufgehoben wurden, deren schlichte Essenz ausreichen würde, das ganze Leben entweder zu verändern oder zu bereichern, hätte man sich um ihre Tiefe weiterhin bemüht. Aber noch vorteilhafter ist natürlich die eigene, mit inneren Überlegungen angefüllte Schatztruhe, immer bereit, neue Anstöße zu geben, wenn schwierige Kreuzungen auftauchen, die ohne Aufmerksamkeit und einer hohen Konzentratonsbereitschaft nicht zu bewältigen sind, da sie uns wesentliche Entscheidungen abringen. Wir Menschen, auch wenn wir bis zum Hals von einem ewigen Außen durchprogrammiert sind, laufen dennoch als Originale durch die Gegend, und es ist und bleibt unsere höchstpersönliche Verantwortung, w e r da durch die Gegend läuft, also als wer in welcher Gechichte. Auch die gründliche Durchforstung meiner Geschichte kann zwar in Bezug auf frühe Störungen und wahrscheinliche Kindkatastrophen eine Heilung einleiten oder aber einen Prozess auslösen, aber dann ist ja erst mal Schluss mit der Geschichtsverbündelung. Löst man sich davon, was empfehlenswert ist, wird man gerne als radikal gesehen, und natürlich kommt es darauf an, was man unter ‚radikal‘ versteht. Sobald das Lebensblasenkonstrukt, bei Zerrissenheit reparierbar wie ein Spinnennetz, tatsächlich durchbrochen wird, erscheint einem erst einmal alles als radikal, die Wissenschaft, die Technik, die Kunst, die Dummheit, die Abhängigkeit undsoweiter. Der Dschungel des Daseins formiert sich zu einem komplexen Labyrinth, das sich selbst gleichermaßen in Sinn und Widersinn (und Unsinn) ausgetüftelt hat und nun zum Ausprobieren bereitsteht. Findet man wie zufällig den Glückskeks an unvermuteter Stelle, breitet sich unter günstigen Umständen im Innern ein feines, humorvolles Lächeln aus, auch d a s radikal in der Macht seiner authentischen und arglosen Wirksamkeit.
Niemand kann einem verbieten oder vorschreiben, wie man sich selbst sieht, aber unbedingt muss immer wieder mal abgecheckt werden, inwiefern sich dieses Bild, diese Idee von sich, einfügen lässt in ein überschaubares Etwas, das mit dem Weltstrom korrespondiert. Als mir die indische Bevölkerung des Dorfes, in dem ich dann die Hälfte meines Lebens verbrachte, den Namen ‚Kalima‘ schenkte, war es nicht, weil ich mich in dem ziemlich brissanten Rollenspiel bewähren wollte, sondern es war einerseits eine sofortige Akzeptanz und Verbundenheit mit dem Namenstitel, aber dann doch ein langer Prozess, in dem sich bestimmte Kräfte entfalten konnten, die ohne den Namen und den dazugehörigen Rahmen nicht hätten herausgekitzelt werden können aus dem Fundus der Möglichkeiten, die einem als Mensch in die sogenannte Wiege gelegt werden. Auch ein geschenkter Name kann mit einem verschmelzen wie ein gut sitzendes Kleid. Es soll Aboriginis möglich gewesen sein, je nach Bewusstseinserweiterung ihre Namen selbst zu ändern, das hat mir eingeleuchtet. Zum Zeitpunkt meiner Namensänderung habe ich auch meinen ursprünglichen Namen nicht abgelehnt, aber der neue war eine viel größere Herausforderung, die nicht darin lag, sich dem Titel anzupassen, sondern weiterhin sich, also mich selbst zu sein. Und so konnte ich mir genau wegen dieses Namens eine weit größere Reichweite bewohnen, denn er beinhaltete unter anderem, die bestehenden Konventionen infrage zu stellen, wenn die Notwendigkeit dafür sich zeigte. Die meisten Inder lebten bis vor Kurzem in einer außerordentlich gut funktionierenden mystischen Welt, in der alles gleichzeitig spürbar verbunden war und vollkommen voneinander getrennt. Von dem Geheimnis des Lebendigen durchdrungene Gister hatten das Sein minutiös erforscht und der Bevölkerung zugängig gemacht, und es gab viele Ebenen des Verstehens davon, von der Praxis radikaler Abstraktion bis hinein in den Haustempel, wo sich die Götter in unzähligen Variationen tummelten. Und genau diese phantastische Ordnung, die das totale Chaos durchdringt, ist die Voraussetzung für ihre Fähigkeit, mit Technik umzugehen. Nun, wir befinden uns im letzten Atemzug der Religionen, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht. Aber die albernen Rollenspiele sind viel zu transparent geworden, und niemand würde Kim Jong-un außerhalb der nordkoreanischen Gehirnwäsche einen Gott nennen. Oder Trump, der auf einer Rally das Ave Maria spielen ließ in der vollen Entfaltung des narzisstischen Rausches. Und nun flog eine Delegation hoher Politiker ins einst heilige Land Indien , um dort die klugen Köpfe nach Deutschland einzuladen, und wer weiß?, vielleicht entsteht wieder die indogermanische Route, diesmal mit umgekehrten Vorzeichen, die tiefgründiger nicht sein könnten.

Karl Jaspers

Die erste Denkweise ist die gegenständlich forschende. Sie scheint Wege zu öffnen, um mit dem Bescheidwissen planmäßig etwas einzurichten, was erwünscht ist. Die zweite Denkweise ist die philosophisch erhellende. Es wird eigentlich nichts erkannt, sondern im Falle des Gelingens wird in uns etwas klarer und selbstgewisser. Die Gedanken zeigen keine technisch verfügbaren Mittel, sondern erwecken und befestigen unser Wirklichkeitsbewusstsein im Unverfügbaren.
Diese beiden Denkweisen gehören zu aller philosophischen Einsicht: Wir denken gegenständlich, und es öffnet sich die Welt endlicher Dinge; wir denken durch das Gegenständliche in das Umgreifende, und es geschieht im Verschwinden des Gegenständlichen die Erfüllung vom Sein selbst.
Dieses denkende Erhellen der Philosophie ist unerläßlich. Mit bloß rationaler Diskussion zerstreuen wir uns in die Endlosigkeit des Endlichen. Mit philosophischem Denken gewinnen wir die Weite des Raums und den Boden zugleich im Unendlichen. Aber es vollzieht sich im Bewusstsein, nicht im Wissen. Es ändert mich selbst, aber nicht meinen Besitz an Kenntnissen. Es kann uns heller und gegründeter werden lassen, ruhiger in der unaufhebbaren Unruhe. Es kann uns ermutigen. Wir werden gewisser, während die Sicherheit des Erkannten ausbleibt.

Es handelt sich um etwas ganz Einfaches und doch unendlich Schwieriges: um die Befreiung aus der Verstandesbefangenheit, ohne den Verstand zu verlieren. Eine Umwendung, in der unser Wesen erst zu sich kommt, nicht durch Preisgabe des Denkens, sondern durch gesteigertes Denken.

glauben (?)

Damals, als ich nach Indien kam, war ich sofort ergriffen von der vielfältigen Glaubensintensität, die scheinbar jedem das Seine ließ, solange es um Gott oder Götter oder einzuhaltende Rituale oder Reinkarnationsgewissheiten ging. Denn hier war ein durch und durch sich selbst ordnendes Chaos zu finden, das wirklich alles für möglich hielt, und nicht nur das, sondern es auch auf verblüffende Art und Weise ins Leben brachte, sodass klar war, dass tatsächlich jede/r ein Recht auf eigenes Karma und die dazugehörigen Göttergehilfen hatte. Man war also im kosmischen Sinne völlig abgesichert. Ich selbst, zu jener Zeit höchst motiviert, das große Geheimnis um die göttliche Vorherrschaft zu knacken, konnte mich tatsächlich oder gerade wegen diesem Interesse, mühelos einreihen in diese durch göttliche Gesetze durchdrungenen Welt, die mich sogar noch schützte, als ich einigermaßen wohlbehalten pass- und visalos wurde, weil auch die derzeit harmloseren Polizisten machtlos waren gegen die Realität, in der ich mich bewegte. Und ich muss sagen, dass ich die Erfahrungen, die ich auf dieser Ebene machte, keineswegs missen möchte. Aber heutzutage verwundert es mich doch, dass ich all das zweifellos Erlebte für Wissen, und auf keinen Fall für Glauben hielt. Dass sich dieser Glaube, also das Vertrauen in die Abwesenheit des Beweisbaren, derart aufgelöst hat, verbindet sich für mich u.a. mit einer sich auf dem Plneten zeitgemäß entwickelten Intelligenz, deren Angebot man kaum mehr ausweichen kann, was nicht heißt, dass man automatisch Zugriff hat auf sie. Dass ich mich nicht als Atheistin bezeichnen würde liegt daran, dass ich die nackte Realität des lebendigen Erlebens auch ohne, oder vor allem ohne Gott, wunderbar und wundersam genug finde, ohne sie von irgendwelchen Gehirnlenkern erklärt bekommen haben muss. Sondern ich traue es mir zu, ein lebendigerTeil dieses Prozesses zu sein, hochzufrieden mit gewissen technichen Entwicklungen und der Möglichkeit, Sein als solches selbst zu erforschen, auch wenn diese Forschung immer wieder nachjustiert werden muss. Um nicht wahsinnig zu werden, muss man wohl gleichermaßen in Hölle und Himmel persönliche Erfahrungen machen. Dann weiß man mehr über sich und kann dem Bedürfnis nach, na, wie soll ich das nennen, vielleicht ‚kreative Nüchternheit‘, dem Bedürfnis nach ihr also Raum geben.