Kaifi Azmi

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BRICH DAS BAND DER SITTE

FLIEHE VOM GEFÄNGNIS

DER TRADITIONEN

ERFREUE DICH NICHT

AN DEINER EIGENEN SCHWÄCHE

FLIEHE DIESE SCHEINBARE

EMPFINDLICHKEIT

VON DIESEN SELBSTBESCHWÖRENDEN

GELÜBDEN HALTE DICH FERN

– AUCH SIE SIND ANBINDUNG –

VON DER ANBINDUNG DER LIEBE FLIEHE

NICHT NUR DER DORN, AUCH

DIE BLUME VERWEICHLICHT!

 

ERHEBE DICH, MEINE LIEBE!

DU MUSST MIT MIR GEHEN!

 

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Kaifi Azmi ist bzw war ein indischer Poet, der in Urdu geschrieben hat. Ach wüsste man, vor allem bei der letzten Zeile, was er wirklich gesagt hat in seiner Sprache…oder befand er es einfach als rechtmäßig, seiner Liebe zu befehlen, mit ihm zu kommen…?

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Stellung

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Die Forschung nach den Grenzen der Materie
gehört der Wissenschaft der Erde an.
Die Wissenschaft der Stille jedoch gehört den
Eingeweihten einer hohen Kunst: der Kunst,
ein Ziel zu haben in der Welt des Schweigens.
Und wahrlich, die Poeten
werden das letzte Wort ergreifen und
werden lächelnd und mit Liebe auf dem
Staubfeld der Atome stehen, und werden sich
erinnern an die Ewigkeit der Jahre.
Wir kehren jeden Morgen wieder
aus der Stille, und unser Wesen gleitet
durch das Unbegrenzte, denn die Erfahrung
der Wirklichkeit ist jenseits allen Zweifels.
In den Gesängen von Silenus
steht geschrieben: die Schwäne werden
wiederkehren zu ihrer Zeit zu bannen die
Verwirrung, die entstand am
Firmament der Vögel. Denn es ist Zeit!
Zeit zu erwachen. Und Wachsamkeit sei nun
ein ständiger Begleiter des unbeirrten Auges.
Es nehmen die Agenten des Spiels
die Stellung ein.

Frau Merkel

Bild für das Nachrichtenergebnis

Nachdem auch ich Frau Merkel gestern bei ihrer Sommer-Pressekonferenz gehört habe, danach im Radio noch einige Kommentare dazu, hatte ich heute früh den Impuls, auch mal was zu meinem Eindruck zu sagen, den ich seit einigen Jahren bis heute von Angela Merkel habe, und melde mich gerne als politisch ungeschulte Bürgerin, was ja nicht unbedingt von eigenem oder auch intelligentem Denken und Wahrnehmen abhalten muss. Frau Merkel ist wirklich sehr kompetent, ein Land gut zu führen mit allen wesentlichen Eigenschaften, die gute Führung erst möglich macht wie menschliche und intellektuelle Intelligenz, Humor, hohe Diplomatie, bei deren Ausübung das sogenannte Volk ja selten dabei ist. Überhaupt ist man selten dabei, wenn und wo man Frau Merkel erleben könnte, wenn man wissen wollte, wer sie „wirklich“ ist, und da, vermute ich mal, würde man in ihrer Umgebung sicherlich eine große Ernsthaftigkeit finden und wohl auch ein berechtigtes Vertrauen in die Entscheidungen dieser Frau, die letztendlich, wie sie gestern sagte, eben nur auf ihren Schultern lasten. Dass sie es dann bei einer so wichtigen Konferenz auch noch leistet, einen besonnenen Eindruck zu machen und das Schlimmste der gierigen Nachfragen zu vermeiden versteht, hat mir wiederum Achtung für sie abgerungen. Man bekommt doch den Eindruck, als hätten sich alle Arten von BerichterstatterInnen verschworen, sie auf jeden Fall so viel wie möglich zu kritisieren, obwohl man in den deutschen Haushalten ziemlich wenig Fehlendes zu beklagen hat. Man konnte Frau Merkel auch oft im Kreise mächtiger Männer bewundern und zum Beispiel denken, wie mächtig doch Intelligenz und die im politischen Leben eher unübliche Uneitelkeit zusammen wirken, denn sicherlich spüren wir doch auch die Wirkungen ihres erstaunlichen Talentes als Diplomatin. Ich sage nicht, dass Frau Merkel nicht kritisiert werden sollte, gute und angebrachte Kritik weiß jeder kluge Mensch zu schätzen, aber ich wünschte mir doch etwas mehr Wertschätzung für ihre außerordentlich kluge und bedachte Lenkung dieses Landes, für die ich ihr ganz eindeutig dankbar bin. Und../Oder gibt es vielleicht doch so etwas wie einen Kollektivstachel, der ausgefahren wird, wenn mal wirklich Eine/r ihre/seine Sache richtig gut macht!?

Es lege jede/r, der sich berufen fühlt, einen umwerfend einleuchtenden und stabilen 9-Punkte Plan

vor, mit dem die Bevölkerung hochzufrieden ist und zusammen sinnvoll in einen Jubel ausbrechen kann:

Freude, schöner Menschenfunke!“ Und wenn sich alle so einig sind, dass Frau Merkel zu wenig „Gefühl“

zeigt, dann auch hier bitte: vormachen, damit man weiß, was sich unser Volk darunter vorstellt.

lautlos

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Das kommt doch von selbst,
das öffnet sich – hängt von nichts ab,
geht nirgendwo hin, hat kein Wohnzelt,
schläft unter Himmeln, erfährt
eigene Gedanken, lehnt sich an
Leergut. Ab und an verzögert sich
Tinte im Fluss, nähert mich einer
Möglichkeit des Verzeihens. Buchstaben
erzeugen Herzformen, Metalle lassen
Spuren zurück. Da singe ich im Weltfeld,
im Wind, da sind wir als das Viel-Ich
gebunden in einem Verhaltensverfahren
ohne Namensschild, wollen raus
zu den Blumen, auch die haben Namen.
Öffnungen sind in der Erde vorhanden,
lautlos. Schließt auf ihre vorhandenen
Fluchten, geht durch die Furchen, die
furchtlosen Schluchten, nehmt ihre
Früchte, damit keiner uns drängt. Wir,
die wir Ich sind und Du, schauen uns selbst
an, Töchter und Söhne, wir sind entlassen
aus dem Rad der Verdrehungssuchten.
Da konnte ich wahrnehmen diese
Flammenherrschaft über das, was ich
wirklich bin. Nun weicht doch, ihr Silben,
macht Platz für die hellen Gänge, zeigt
her eure Füße, bringt Essenz zu dem Stein.
Entzündet das Licht an der Asche!

schön&gut

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Aus Lücken und aus
Ritzen schaut es
hervor, das Schöne und das Gute.
Es baut sich Bahnen, Höhlen, Highways
und Unterirdisches, damit
sein Wesen sich bewegen kann: mittendurch,
an ausgefeilten Randverengungen entlang
leuchtet es scheu hervor und mächtig
herrscht es an den Winkeln eines Mundes,
bevor es weiterzieht ins Immerdagewesene.
Als wär‘ ein seltener Trunk erfunden worden,
den wir trinken, wenn wir
ernüchtert werden beim Erwachen
eines Traumes in dem Raum des
Traumes. Auf einmal hier:
Das Schöne und das Gute,
im Offensichtlichen verborgen,
wo es lebt.

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Das Bild ist eine Seite aus meinem Notizbuch…Es geht einfach nichts über gutes Papier und leere Seiten, die man mit dem eigenen Unterhaltungsprogramm füllen kann, auch wenn man die Maschinen in gutem Maß integriert hat. Dann die eigene Handschrift, die sich vor meinen Augen kreativ entfalten kann und etwas von mir aussagt bzw mir etwas mitteilt über mich. Und das Notizbuch! Jede Seite sieht anders aus, mühelos kann gepinselt, geschrieben, gekritzelt werden. Der Anblick ist immer auch nach Jahren noch erfreulich und anregend. Gut! Das wird nur Resonanz finden bei denen, die das kennen: den Geruch des Papiers!, das Gefühl des (geliebten) Stiftes in den Fingern! Manchmal ist Handschrift ja auch nicht leicht lesbar und man muss entscheiden, ob man die Hieroglyphen entziffern möchte. Was meine Seite oben betrifft, so entstand da neulich diese Blume mit dem hingekritzelten Text:“Die goldene Blume! Natürlich gib es sie! Lasst euch solche Dinge von den (sog,) Erwachsenen nicht ausreden, liebe Kinder!!! Was wissen die schon von den Geheimnissen des Lebens!“

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hier

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Ich habe mit dem Herzen einen Ort,
meinen Ort, erobert, gewonnen habe
ich das Umfeld, fruchtbar gemacht
das Feld. Ein Fluss durchströmt
meiner Adern Ich bis ins feinste Rieseln
von Sand. Ich habe ein eigenes Gesicht,
von innen gebiert sich die Form.
Ich fließe entlang mit den Wesen,
versehrt, doch nicht verbannt. Ich gehe
ewig dahin, selbst wenn es nur jetzt ist,
durchblutet ist meine Schöpfungskraft.
Leicht macht, was geliebt wird.
Hier, nimm diese Hand,
die mein war.

Tag

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Ich grüße dich, du Tag! Ich bin bereit.
Enthülle deine Ordnung, damit ich das,
was durch mein Sehen, Hören und Gehen
in dir verständlich wird, durch mich auch
weiter tragen kann. Gegrüßt seien an
diesem Morgen die Wesen, mit denen ich
tief verbunden bin, denn sie sind Antwort
auf mein Sein wie ich auf ihres. Ich nehme
Schutz in deinen weiten Räumen, Schutz
vor der engen Gangart dieser Zeit. Lass
mich nicht ohne Liebe dich durchwandern,
als wärest du nicht alles, was ich habe. Als
würde die Quelle aller Menschenweisheit
nicht einfach offen in dir ruhen. Denn deine
Ewigkeiten sind in mir lebendig wie dein Nu.
Ich bin bereit, durch deine Angebote und
durch deine Prüfungen zu gehen. Auf jeden
Fall mein Bestes geben. Liegt denn das Maß
des Menschen nicht in dem Gelingen
von einem Tag?

Nussknacker

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ES WAR EINMAL EIN NUSSKNACKER,
DER LEBTE IN EINEM BAUM.
UND ALS DIE NUSS DEN KOPF
ERREICHTE, SIEH DA:
DA WAR’S EIN LUFTRAUM.

DIE LIPPEN SANGEN ELLENLANG.
ES WAR WIE IM LIBELLENDRANG.
DIE SÜCHTIGEN ERSCHRAKEN.
ES SCHLUG DIE ZEIT AM ACHSEN-
PUNKT. DA ENDETEN DIE FRAGEN.

DIE ELEMENTE FROH GESTIMMT
IM BÜRDELOSEN GLÜCK
IN DIE ABSTRAKTE EINGERÜCKT.
DAS OPFER UND DER OPFERNDE
EIN LÜCKENHAFTES STÜCK.

ZEIT ÜBERQUERT DEN WIDERSTAND.
AM TREFFPUNKT FINDEN TREFFEN STATT.
DER LANGE TAG FÄNGT AN.

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Wenn ich diesen Text von mir, den es schon eine Weile gibt, selber noch einmal lese, weiß ich, dass er auf den ersten Blick absurd klingen mag. Poesie, oder wie ich sie verstehe, verpflichtet sich insofern dem Wunder der Worte, dass sie ua als Träger von Substanz oder Humor oder Tiefe usw dienen können, und sind immer Hinweise auf etwas Verborgenes, nämlich die Quelle, aus der das Gesagte gekommen ist. So können auch durch Gesagtes und auch so Gemeintes eingefahrene Spuren kurz verlassen werden und neue Sicht auf die Dinge wahrgenommen. Mir liegt daran, dass in diesem Zusammenspiel zwischen Form und Inhalt tatsächlich etwas Verborgenes ist, das durchaus zu finden ist und Berührung erzeugen kann.

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Hilde Domin: ‚Abel steh auf‘

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Abel steh auf
es muss neu gespielt werden
täglich muss es neu gespielt werden
täglich muss die Antwort noch vor uns sein
die Antwort muss ja sein können
wenn du nicht aufstehst Abel
wie soll die Antwort
diese einzig wichtige Antwort
sich je verändern
wir können alle Kirchen schließen
und alle Gesetzbücher abschaffen
in allen Sprachen der Erde
wenn du nur aufstehst
und es rückgängig machst
die erste falsche Antwort
auf die einzige Frage
auf die es ankommt
steh auf
damit Kain sagt
damit er es sagen kann
ich bin dein Hüter
Bruder
wie sollte ich nicht dein Hüter sein

Täglich steh auf
damit wir es vor uns haben
dieses Ja ich bin hier
ich
dein Bruder

Damit die Kinder Abels
sich nicht mehr fürchten
weil Kain nicht Kain wird
Ich schreibe dies
ich ein Kind Abels
und fürchte mich täglich
vor der Antwort
die Luft in meiner Lunge wird weniger
wie ich auf die Antwort warte

Abel steh auf
damit es anders anfängt
zwischen uns allen

Die Feuer die brennen
das Feuer das brennt auf der Erde
soll das Feuer von Abel sein

Und am Schwanz der Raketen
sollen die Feuer von Abel sein

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Dieses Gedicht von Hilde Domin ist vor ein paar Tagen zu mir gekommen, als ich mich selbst mit der Frage „Wie war das eigentlich mit Kain und Abel und dem ersten Mord nach dem Ausschluss vom Paradies?“ beschäftigt habe. Wie aktuell und verbunden mit dem Weltgeschehen poetische Texte doch sein können!, und auch wenn die Reflektionen nicht gleich hilfreich sind, sind sie doch anregend, um auf tieferen Ebenen über die laufenden Geschehnisse nachzudenken. Mir selbst erschließen sich noch nicht die beiden letzten Zeilen des Textes…was meint sie mit „am Schwanz der Raketen sollen die Feuer von Abel sein?“

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Mächte

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Die Drohungen weltlicher Mächte
und ihr Spiel zwischen Grauen und
Maus dringen auch in den Raum
der Stille. Der Wille erzeugt tief im
Inneren Vertrauen in das Bauwerk der
eigenen Stimme. Schwermut des Ewigen
auf der unsterblichen Erde. Und nun,
schwereloser, immer noch Hiersein,
durch den Tunnel hindurch und wieder zu
Bewusstsein kommend auf einer Lande-Station.
Treppen in die Felder der großen Fülle, hohes
Zuschauertum. Alles auf einfache Weise meistern,
Teilnehmer am automatischen Tun. Ruhe lernen
und lehren. Wahrnehmung leuchtender Angebote
in der Karriere nach oben über das Sehen des Ziels.
Urstille der noch nicht umgesetzten Idee, eingerahmt
in das präziseste Fühlen, das noch erträglich ist ohne
Leid. Beflügelte Einsamkeit ohne Menschengefallen.

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Das Bild ist einer dieser Lieblingspapierfetzen, die einen einfach nicht verlassen, weil man sie so gerne wiederfindet und immer wieder neue Freude daran hat. Auch der Text ist in einem anderen Kontext entstanden, aber immer noch schauen wir dem Grauen-und Mausspiel zu.
Das Bild kämpft vielleicht auf seine Weise um den Raum des Humors, der ohne Liebe nicht überleben kann.

Der Text unter dem Bild heißt übrigens: „Frauen des Siebengestirns verstecken sich vor einem Mann vom Orion.“

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nur

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Fühlt ihr die Tiefe der Stille?

Das Nahsein am Nabel der Weltenschnur.

Hochgeatmet an den Kelch der Blüten,

das Echo des nach innen gerichteten Raumes:

weit. Heute ging ich hinaus, um mein Glück zu

feiern, inmitten des neuen Projektes:

die Wunder des Tages, die in die Null führen

und von dort wieder aufstehen als Eins, und

eins und eins und eins macht das Sternenheer.

Wenn wir unsere eigene Geschichte annehmen

(das armselige Kind), fürchten wir uns nicht mehr.

 

 

Zusammenspiel der Gegensätze

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Gegrüßt sei der ewige Widerspruch,
der lebendige Widerspruch.
Gegrüßt sei das unsterbliche Ja, denn
es trägt in sich das befreiende Nein.

Ja, wir wohnen im Gegen-Satz, und
unsere Werke leben fern von uns in
ihren Gärten. Wir alle wollen uns
selbst sein, und sind doch nur der
Spiegel eines Anderen, der in uns lebt
als wir, die Wahl also schwer fällt
zwischen dem, was uns am Boden hält,
und dem, was uns erhebt.

Man weiß nicht, ob der Körper das
Gefängnis des Geistes ist oder der
Geist eine Last für den Körper.

Wir wohnen im Zwiespalt, in scheinbar
unversöhnlichen Kluften, und kennen
das Nichterträgliche ungenügender Liebe
noch nicht, noch nicht genug.

Wir sind vertauschbar ohne ersichtlichen
Grund, und träumen heimlich nachts mit
offenen Augen von der bewegten Stille, die
unsere Sehnsuchtsgesten  ins Unzertrennliche
führt und in die formvollendete Zwanglosigkeit.

Schwarz ist hier ein hilfreiches Wesen, das uns liebt
mit seiner unauflösbaren Fremdheit. Wir können
sie ertragen, die Hochspannung ungeborener
Möglichkeiten im eigenen, inneren Raum, in dem
Ende liegen und Anfang zugleich.

Wir leben im Weiß, im Marmor, in der Perle.
Ein Weiß, in dem alle materiellen Eigenschaften
und Substanzen verschwunden sind. Wir leben
im Weiß, in der sichtbaren Abwesenheit aller
Farbe, und gleichzeitig in der Summe des Farbigen.

Ja, wir stehen mittendrin in der Zweiheit und
ergänzen uns selbst, indem wir das Unvereinbare
verbinden, das Lautlose hörbar machen und das
Hörbare lautlos. Und es zulassen, dass in manchen
Ländern der Mond weiblich ist und die Sonne männlich_
und umgekehrt Das extrem Weibliche i s t das
extrem Männliche.

Wir fühlen uns zögernd durch das Verhältnis der
Gegensätze zu einander, und nähern uns einer Ahnung
davon, wie es sein kann, wenn das Ich sich ergibt und
der Geist nur e i  n  e  n Ort hat zum Aufenthalt

Es ist uns ermöglicht worden, die Spannung der Pole
zu erfassen und  aufzufangen in einem einzigen Ton.
Wir sehen Lichtstrahlen, die abhängig sind von einem
Hauch von Materie, um sichtbar zu werden im Raum.

Wir haben Angst vor fremder Finsternis, die in uns
lauert als das eigene Selbst. Ach, zwischen dir und mir
steht dieser Widerspruch: das Unmögliche, das nach
dem Möglichen sucht, ohne das es nicht sein kann.

Wir wohnen in der Wechselhaftigkeit von Ja und Nein,
und haben nichts als diesen einen Punkt, an dem wir
uns begegnen, Juli 2016, virtueller Raum des Geschehens,
mitteleuropäische Zeit.

Freispruch

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Da hat jemand was in die Welt gesetzt,
ich habe es gesehen, als ich  vorüberfuhr.
Eine ganz wichtige Information auf den
Seiten der Kultur: Medea ist freisgesprochen!
Da war ich erleichtert. Freispruch für Medea!
Doch von wem, ja, fragte ich mich mitten im
Erleichtertsein, und von was!? Und ist Jason
auch freigesprochen, oder nur sie? Ja, Jason!
Hat er bereut und die schmachvolle Tat
zugegeben? Oder war er am Ende genauso
ohnmächtig mit seinem Erbteil verhaftet wie
sie mit ihrer eigenen Sicht? Oder war da immer
nur das, was da wirklich geschah, da keiner
so nah war wie sie, die tatsächlich Beteiligten
da. Geschah denn letztendlich nur das, was
sein musste, weil es ganz einfach so war!?
Mir scheint der Freispruch wunderbar.
In meinem Fall kann ich nur sagen:
Ja! ich akzeptiere!

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Ich habe tatsächlich einmal im Vorüberfahren diesen Satz gelesen: Medea ist freigesprochen! Vermutlich war es in Kontext von einem Kulturprogramm, ich weiß es nicht. Medea, die Mörderin ihrer Kinder! Kain und Abel! Wie weit kann und muss Einfluss genommen werden auf das Schicksal eines Menschen. Auch Gott hat in den Köpfen der Menschen schon so vieles gesagt. Zu manchen sagt er angeblich: tötet sie! Die Andersdenkenden, die Nicht-Richtigen. Wie kann man ihm trauen, dass er Gerechtigkeit walten lässt? Wir können auch nachfragen: „Kain, wo ist dein Bruder Abel!?“ Gerade höre ich, dass ein 17-Jähriger in einem Zug nach Würzburg wahllos auf Menschen eingestochen hat mit einem Messer. Was muss da in seinem Schicksal schon alles passiert sein in dieser kurzen Zeit, und doch konnte und kann ich ihn nicht in Schutz nehmen. Wenn jemand vernichtend unterwegs ist, kann man ihn nicht in Schutz nehmen …der Geist navigiert  im Ungewissen……

Ich sehe gerade, dass ich in einem Satz des ersten Textes 4x“da“ habe, und keines kann ich herauslassen – vorerst.

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Mutter-Sprache

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Meine Sprache ist aus der  Asche
entstanden, aus dunklen Korridoren
des Seins, aus der sprachlosen Sphäre
des Katastrophalen. Meine Sprache ist
Aufstieg aus dem Unmenschlichsein,
aus dem verbunkerten Eintritt.
Entvatert die genetische Ausrichtung,
die Mutter erschrocken von blockiertem
Zugang zum Lebenswerten. Da kam
meine Sprache, ein Phönix,
heller Vogel der Entwurzelten,
und war mir der Ort und das Wesen.
Nein! Ich leugne weder,
noch bin ich mein Land.
Ich bin meines Menschseins Sprache
und Ausdruck, ein Baum mit
freigelegten Wurzeln, die hinausragen
in die Fülle des Daseins.

Paul Klee/Walter Benjamin

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Über dieses Aquarell, das Paul Klee
1920 gemalt hat, schrieb der Philosoph
Walter Benjamin 1940:

„Es gibt ein Bild von Klee, das ‚Angelus Novus‘
heißt. Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht,
als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen,
worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein
Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt.
Der Engel der Geschichte muss so aussehen. Er hat
das Antlitz der Vergangenheit zugewendet. Wo eine
Kette von Begebenheiten vor uns erscheint, da sieht
er eine einzige Katastrophe, die unablässig Trümmer
auf Trümmer häuft und sie ihm vor die Füße
schleudert. Er möchte wohl verweilen, die Toten
wecken und das Zerschlagene zusammenfügen. Aber
ein Sturm weht vom Paradies her, der sich in seinen
Flügeln verfangen hat und so stark ist, dass der
Engel sie nicht mehr schließen kann. Dieser Sturm
treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den
Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm
zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt
nennen, ist dieser Sturm.

 

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Ich kenne diesen Text schon eine ganze Weile und war immer mal wieder davon sehr berührt. Jetzt lese ich in einem kleinen, sehr schönen
Buch (bei Dumont) „Die Engel von Paul Klee“ die Geschichte zu diesem Bild, die ich leider hier nicht ganz wiedergeben kann. Klee hat das Bild wohl „Angelus Novus“ genannt, weil er Engel mehr als Zeitgenossen gesehen hat und nicht als Wesen der Vergangenheit. Benjamin hat das Bild gekauft, begleitet von dem Religionshistoriker Gershom Sholem. Vor der Flucht nach Spanien schneidet er das Bild, sein wichtigster Besitz, aus dem Rahmen und legt es in einen Koffer, den er bei Georges Bataille unterstellt. Benjamin stirbt auf der Flucht. Nach seinem Tod geht das Bild in den Besitz des Philosophen Theodor W. Adorno, der es dann Gershom Sholem vererbt. Was für wunderbare Geschichten es doch gibt auf dieser Erde!

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es war einmal

20160715_111605*

Wie wir ja wissen, gibt es im Spiel auch
schreckliche Engel. Aber neben dem Narr,
der ja auch schrecklich ist, ist auch die
Märchenfee unheimlich und schrecklich.
Märchen sind furchtbare Tore, die schneiden
durch Zeit und Raum und Welten wie das Haar,
das die Butter zerteilt. Links und rechts
fallen Sterne in ein immer weiter sich dehnendes
All, aus dem die Stimme selbst ohne jedwedes
Echo tönt und hinflutet über sich aufrichtende
Haarwurzeln, und in unbeirrbaren Silben
spricht, die tief im Schutz der Sphinxen gelagert
waren:

Es war e i n m a l
Es w a r einmal
E s war einmal

Und w e n n es nicht gestorben ist
Und wenn es nicht g e s t o r b e n ist
Und wenn es nicht gestorben i  s  t

D a n n lebt es noch heute
Dann l e b t es noch heute
Dann lebt es noch h e u t e.

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*Das Objekt ist von Ursula Güdelhöfer

Weltformel

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DIE GROSSE WELTFORMEL

WURDE IN DIE HALLE GEBRACHT.

WIR STANDEN UND BETRACHTETEN DAS DING,

DAS WUNDER VOLLBRINGEN SOLLTE.

WIR STARRTEN DARAUF.

WIR ERSTARRTEN.

IRGEND ETWAS GING VORÜBER.

DANN WAR AUCH DAS NICHT MEHR DA.

DER LETZTE HUNGER ERLOSCHEN.

ICH SELBST GING AUS DEM TOR

UND SCHÜTTELTE DIE MÄHNE

UND LAUSCHTE DEM:

WILLKOMMEN

DU

LICHT

WILLKOMMEN!

 

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Eigentlich wollte ich darauf achten, dass meine Bilder nicht wirklich mit den Texten korrespondieren (müssen), eher etwas Eigenes für sich bilden, was sie auch meistens tun. Aber es ist ja auch nichts gegen Verbindungen einzuwenden, da ja jede/r seine eigenen permanent herstellt. So dient das Yantra ebenso wie der Mensch als eine Formel oder eine Tür, durch die man nur eintreten kann, wenn man sich den  adäquaten Zugang ermöglicht durch Interesse, hintergründiges Befragen etc…oder aber, wenn man, wie hier im Text, einfach eine klare Entscheidung trifft.

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nur sie

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Ganz sich selbst ist nur die Liebe.
Daher auch nur sie: selbstlos. Nur sie
ruhend im Widerspruch als ein Quell,
nur sie ohne die Not des Warum.
Nur sie losgelöst von uns allen auf
ihrer einsamen Bahn, in ihrem
ureigenen Wesen geborgen, im
eigenen Rhythmus befreit durch
ihren öffentlichen Geheimaufenthalt.
Die ewige Herrscherin ihrer Zeit,
ist nur sie nicht zu finden in Kriegen
und nicht im Haben und Wollen. Nur
sie ist immer bereit zu sein. Nur sie
hält stand, wenn ich das Wunscherzeugte
befrage. Nur sie lässt mich wissen um
das fruchtbare Einsamsein. Komm,
sagt sie, in das Land, in dem ich lebe.

 

 

Zuhörertum

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Ich höre so zu. Ganz zuhören. Ganz und gar
zuhören. Es regnet, oder ist es ein Wasserfall
an einem Höhleneingang? Riesel-riesel, sagt
der Kiesel, denn ich höre zu. Wer bist du
dort drüben, mein Mir-Gegenüber? Doch kein
japanischer Fisch im Aquarium? Achtung!
Achtung! Oh, oh. Ich habe (schon wieder) den
Fremdtext verpasst. Ich bin hörwilliger Gast
im Leistungsprogramm des Lauschens. Ein
jeder höre, was er kann, und wenn es etwas
gibt, was mir niemand nimmt, dann ist es das
Zuhören. Liebe, liebe ZuhörerInnen! Endlich
sind wir unter uns. Wir kennen das Leid der
Ohren! Wir werden nicht geschont, nicht
belohnt! Wir wissen, was wir können, wir
sind noch von ganz oben. Doch wir werden
vertrieben aus unseren Gebieten. Uns bleibt
der Weg in den noch tiefer liegenden Hörgang,
vorbei am Rasseln der Säbel.

fremd

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(ein Stein)

 

Ein Fremdling wollte sich selbst begegnen und
fragte sich wie. Da erschuf er einen Ort, wo nur
er war. Doch obwohl er dort nur mit sich selbst
wohnte, wusste er nicht, wen er als sich selbst
mitgebracht hatte. Er blieb lange, sehr lange,
und Haar und Bart wurden weiß. Seht!, sagten
die Anderen, da ist einer, der sucht nach sich
selbst, und bauten ihm ein Denkmal, an dem sie
sich aufrichten konnten.

 

unterwegs

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Hier bin ich nicht anders als

du, nicht hier!

Im Flug auch ich systematisch.

Hier ist gelernt worden,

was es zu lernen gibt, gelebt

will es noch werden.

Ich bin nicht anders als du,

nicht hier! Im einzigen Nu,

den es gibt. Ich lege mein

Tuch um die Schultern

und bin auf dem Weg zu dir.

 

Weh unser guter Kaspar ist tot – Hans Arp

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weh unser guter kaspar ist tot.
wer verbirgt nun die brennende
fahne im wolkenzopf und schlägt
täglich ein schwarzes schnippchen.
wer dreht nun die kaffeemühle im
urfass.
wer lockt nun das idyllische reh aus
der versteinerten tüte.
wer schneuzt nun die parapluies
windeuter bienenväter ozonspindeln
und entgrätet die pyramiden.
weh weh weh unser guter kaspar ist
tot. der kaspar ist tot.
die heufische klappern herzzerreissend
vor leid in den glockenscheunen
wenn man seinen vornamen ausspricht.
darum seufze ich weiter seinen
familiennamen kaspar kaspar kaspar.
warum hast du uns verlassen. in
welche gestalt ist nun deine schöne
grosse seele gewandert. bist du ein
stern geworden oder eine kette aus
wasser an einem heissen wirbelwind
oder ein euter aus schwarzem licht oder
ein durchsichtiger ziegel an der stöhnenden
trommel des felsigen wesens.
jetzt vertrocknen unsere scheitel
und sohlen und die feen liegen halbverkohlt
auf dem scheiterhaufen.
jetzt donnert hinter der sonne  die
schwarze kegelbahn und keiner zieht
mehr die kompasse und die räder der
schiebkarren auf.
wer ist nun mit der phosphoreszierenden
ratte am einsamen barfüssigen
tisch.
wer verjagt nun den schirokkoteufel
wenn er die pferde verführen will.
wer erklärt uns die monogramme in
den sternen.
seine büste wird die kamine aller
wahrhaft edlen menschen zieren doch
das ist kein trost und schnupftabak
für einen totenkopf.

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Dieses Gedicht von Hans Arp habe ich einmal in einer Ausgabe der Kunstzeitschrift „du“ aus den achziger Jahren entdeckt und (leider) herausgenommen, sodass ich keine genaueren Angaben machen kann über das  Jahr und die Nummer. Es lag mir sofort am Herzen. Was ist das, was einem am Herzen liegt!? Man kann es schon mit Worten beschreiben, aber das muss ja nicht immer sein, wenn schon wie hier so ein schöner und poetischer Raum erschaffen wurde, der einen bereichert an Vorstellungen…..

Das Bild habe ich auf der Marmorplatte auf meinem Schreibtisch in den Farbklecksen dort entdeckt und herausgeholt mit ein paar Linien……..

frei

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Sie kürzte die Flut

der Gedanken, nahm

sich am Riemen, schnürte

ihr sorgfältiges Bündel,

holte Weizen und Reisig

in den Hohlraum des

virtuellen Entsagens,

drückte auf die fügsame

Maus den lautlosen Finger,

fand eine Spur beim

Betreten des Unverbotenen.

Da war sie in einer Freiheit,

die trug sie ungebrochen hinein

in den schützenden Empfang.

Es eröffnete sich ihr die

Schönheit des Klagegesangs.

(Mein) Blog

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Das Photo habe ich gerade gemacht; es zeigt eine Seite meines Notizbuches, etwas von meinem Lieblingsstift, ohne den ich ungern, sehr ungern schreibe.Wie man sieht, wird er bereits von einem Band zusammengehalten, was nur die Stabilität fördert; ansonsten dürfen Andere nicht mit ihm schreiben, damit sie nicht zu Schaden kommen, denn wenn was damit passiert, kann man meine eher ungünstig gelagerten „Kali“-Aspekte an mir beobachten. Ein persönlicher Blog-Eintrag also heute, vielleicht auch ein bisschen zur Geschichte meines Blogs, der jetzt genau einen Monat alt ist. Ich hatte schon einmal eine Blog-Adresse installieren lassen, wurde aber sehr schnell blockiert, da der kreative Fluss, in dem man sich gerne bewegt mit dem eigenen Wesen,  nicht zustande kam. Das war diesmal anders. So gab es bereits die „Yoganauten“-Adresse, denn ich war Teil einer Performance-Gruppe mit drei weiteren Künstlerinnen, wir waren bekannt und unsere Kunst geschätzt als „Yoganauten“, da unsere Ausrichtung war,  lebende Bilder zu finden für innere Zustände, sahen es aber auch als eine Art Labor, in dem innere Vorgänge erforscht und die Erkenntnisse sichtbar gemacht werden konnten. Das Wort „Yoganauten“ war meine Wortfindung, und es schien ein sehr geglücktes Wort, da wir auch jahrelang gemeinsam durch meditative Räume navigiert sind und es wesentlich fanden, unser Leben von diesem inneren Raum und seinen Gesetzmäßigkeiten aus in Verbindung mit der Welt zu bringen…ja, genau…in den Ausdruck bringen, „in die Sprache bringen – in die Welt bringen“ (Sloterdijk) Wir haben in diesen Jahren gute, lebendige Bilder in die Welt gebracht, sind ausgezeichnet worden, haben dann nach einer Performance für Amnesty International („antastbar“) empfunden, dass es Zeit ist für Anderes. Das Wort „Yoganauten“ ist nun zu mir zurückgekehrt, und ich fühle mich in der Yoganautik als poetische Navigatorin ganz wohl. Obwohl ich  davon überzeugt bin, dass das extrem Männliche das extrem Weibliche ist, fehlt mir doch immer wieder mal die ganz und gar authentische weibliche Stimme, denn wir hören immer noch nicht genug den Ton, vielleicht auch die Vielfalt der Stimmen weiblicher Kraft, ihren Humor, ihre Weisheit, ihre Eigenheit. Dazu will ich gerne meinen Beitrag leisten.
Es ist nun genau einen Monat her, dass ich dieses Fenster nach „draußen“ geöffnet habe, gehe sehr sachte damit um, schaue, wie ich es gestalten möchte, lechze nicht nach schneller Verbreitung, höre auf Feedbacks von Freunden, die mir wichtig sind. Zu meinem Erstaunen werden meine Texte ab und zu mal als „abstrakt“  empfunden, wobei das schwierige Wort für mich durchaus positiv ist, aber  weder die Bedeutung „fremdartig“ oder „schwer verständlich“ hat, sondern eher eine Ebene anzeigt wie die abstrakte Kunst es vorstellt,  ua als eine Tür in das Dahinter, wo sich Substanz und Essenz in einer bestimmten Form zeigen können….

Im Moment ist es so, dass ich entschieden habe, meine Texte für sich sprechen zu lassen. Sie kommen aus verschiedenen Zeiten, manchmal auch vom Jetzt, und wenn ich eine Wahl treffe am Morgen, ist es konzentriert, aber auch „leichtfüßig“ und mich erfreut es, manche der Texte wieder zu finden oder ihnen neu zu begegnen. Was die „Anderen“ im sogenannten Draußen betrifft, so denke ich, dass alle, die die Adresse haben, ab und zu gerne mal reinschauen können, vielleicht findet sich ja das Eine oder das Andere, das anspricht oder eine Resonanz erzeugt…..

Es ist Sommerzeit und die Ferien beginnen…..auch ich werde den täglichen Beitrag etwas anders gestalten, mal sehen…..vielleicht werde ich meine etwas humorvollere Seite mal zum Zug kommen lassen, bei der auch die Not und der latent unbesiegbare Wunsch, verstanden zu werden, etwas aufgelockert werden können.

Was das gestrige Fußballspiel betrifft, so nehme ich durchaus Teil an der nationalen Kollektivdepression….(ausgerechnet Schweinsteiger!!!!!!), aber gut…..die Unausweichlichkeit des Schicksals im zeitlosen Helden-Epos….das muss auch immer wieder mal geleistet werden, und Jogi Loew wie so oft mit gutem Beispiel voran!

Ich wünsche allerseits einen guten und ungestörten Aufenthalt in den Freiräumen!

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sprich

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Ich möchte dich,

göttliche Quelle,

unwiderstehlich

finden in Liebe.

Darin versunken,

(warum auch immer

verständlich werden

für Menschen) und frei

von Verlangen nach ihnen.

Bereit, auf Wiesen zu stehen,

erstarrt im abstrakten Sein,

sprich:

Trunkene Kunst: Liebe.

Trunkene Wissenschaft: Dasein.

Nur erreichbar

durch Licht:

Großes Tor!

Stunde der Wahrheit

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Die Stunde der Wahrheit

ist einfach gekommen.

Die Stunde der Wahrheit,

klar wie ein Kirschbaum.

Ein Alptraum für die Gerüchtemacher.

Da gibt’s kein Aldi für Denkende in

dieser Ankunft von ihr, kein modisches

Maß mehr verfügbar für den Raum

zwischen Zeit und Raum. Also doch!

Wieder ein Ausnahmezustand! Und das

mitten im demokratischen Wir!

Die Stunde der Wahrheit kam herein

ohne Fax, lautlos und offensichtlich.

Da richtet sich das müde Weltenauge auf

und sagt:“Ach, das ist nicht so wichtig!“

Da bricht die Flut herein und die inneren

Wälder brennen!  Die Stunde der Wahrheit

wohnt am Kern, und man kann sie erkennen.

 

Wobei wir einfach nicht vergessen

dürfen, dass jede Wahrheit nur eine

vorletzte ist, verankert in der Freiheit,

und völlig bestimmt vom Jetzt.

 

******************************************************************************************************************************** Das Photo von der Kaffeetasse ist ein Emoji. Das hätte noch vor kurzem mal jemand oder ich selbst vermuten sollen, dass ich mir einmal kindliche Freude an Emojis ermögliche, nein, eben: das hätte ich nicht für möglich gehalten, und doch ist es geschehen. Ich kann mich schon mit Emojis unterhalten, gar nicht so untief, die vielen Möglichkeiten, Emotionen in Bewegung zu bringen und sie mit freundlichen Fahrmitteln leichtfüßig zu transportieren. Auch in  Verbindung mit dem Text, die ich bei aller intendierten Arglosigkeit dann doch herstelle, kann man zB auch in die Tasse alles Mögliche an Zusammenhang hineindeuten (wenn man möchte).

pssst!

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Nun war es nicht unbedingt einfacher,

die eigenen Begrenzungen zu bemerken

als nicht, und konnte nicht irgendwo

halten  und sich stehen lassen und

sagen: ‚Wer braucht schon dich!‘

Egal, wie viel man gelogen, betrogen,

falsch Zeugnis geredet wider seinen

Nächsten und oft im falschen Schein

gebadet hatte, man musste sich

aufraffen vom verwundeten Würdeknie

und weitermachen. Die Ekstase

grenzenloser Möglichkeiten verlöschte

unbeirrt. Am verborgenen Feuer

reichte sie das geheime Buch weiter.

 

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Selbsterkenntnis, sofern erwünscht, kann durchaus unterhaltend sein. Was die Unterhaltung meist vermiest, sind die Musterformationen, die sich klammheimlich an unsere Pupillen heften und den Blick nicht nur einengen, sondern auch verschleiern, sodass das Betrachtete sich unter diesem Blick verwandelt, und man die Dinge mit scheinbar traumwandlerischer  Sicherheit den Gegebenheiten anpasst. Dabei haftet das Ganze nahezu immer, vor allem bei Störungen, an einem bestimmten Gefühl, das in den Abgründen der Kindheit gelagert ist und wahrgenommen werden möchte. Niemand weiß wirklich, warum ausgerechnet der Mensch sich so anstrengen muss, das zu werden, was er ist. Auf einer bestimmten Ebene gibt es sogar die totale Freiheit im Sinne, dass ich zwar tun muss, was ich nicht lassen kann, aber wenn ich mich nicht um die Wirkungen bereitwillig und wachsam kümmere, kann der Schaden sehr groß sein. Selbsterkenntnis bedeutet z.Zt. für mich vor allem, darauf zu achten, dass so wenig Schaden wie möglich entsteht. Das Erkennen der eigenen Taten und die daraus resultierende Betroffenheit führen zurück in die Wachheit.

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Ja

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Ich kenne sehr wohl, sprach sie,
den Schmerz der Kamele,
den furchtbaren Brand auf dem Fell.
Muss ich doch jetzt aus der
Schlangenhaut fahren mit dem
letzten, tiefdunklen Blick
starr gerichtet auf das erdbraune
Pferd der Welt.
Wo, sprach sie, frage ich Euch,
ist das Ende des Fleisches, und ist
auch der Anfang zu sehen?
Wie kommt der Geist, der nur
in Freiheit leben kann und muss,
hinein in eine Trägermasse?
Wo wird er durch die Masse selbst
gezwungen, den öden Ort zu meiden,
dem er nachgestellt? Bis er die
förmlichen Lizenzen neu erworben hat,
d.h. er selbst von innen her gesehen;
wie es mit Dingen um ihn steht.
Die Wurzeln unserer Stämme wachsen
zeitlos weiter, als wäre nie auf Erden
irgendwas geschehen. Und doch geht
die Geschichte weiter. Ja. Ja, wir
werden sehen. Trotz Pflastersteinen,
trotz Krähen, mitten in der
aufgerissenen Wunde aus Teer:
Ein Meer aus leuchtenden Sternen.

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Ich stelle fest, dass meine Texte öfters mal Schwangerschaftsausbuchtungen haben, das gestaltet sich irgendwie selbst und weist auf nichts weiteres hin als die Form. Es ist auch nicht ersichtlich, wie die Geburt und ihre Umstände verlaufen sind….

Obwohl es für den Text von keinerlei Bedeuuing ist, fand ich auch angenehm, dass ich mich zurück besinnen konnte auf die vielen Tage, die ich einmal mit einem Kamel und seinem züchtigenden Herrn unterwegs war und durchaus den Schmerz des Tieres erfahren konnte.

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Al-Halladsch

Lampion-Blume (13)

Die Ruhe und dann Schweigen, und dann
Stummheit, und Wissen, und dann Finden,
dann Begraben, und Erde, darauf Feuer,
dann ein Leuchten, und Kälte, dann ein Schatten,
und dann Sonne, und Felsgrund, und dann Flachland,
und dann Wüste, und Fluss, und dann ein Meer,
und dann Vertrocknen, und Rausch, und dann
Ernücht’rung, und dann Sehnsucht,
und Nähe, und dann Treffen, dann Vertrautheit,
Bedrängnis, dann Befreiung, dann Vernichtung,
und Trennung, dann Vereinung, dann Verlöschen,
Ergreifen, dann ein Rückstoß, dann Entrückung,
Beschreibung, dann Enthüllung, dann Bekleidung.

Nur Worte für die Menschen, die das Diesseits
gleichsetzen mit wertlosen Kupfermünzen,
und Stimmen hinter einer Tür; denn Worte
der Menschen sind, wenn man sich nähert, Murmeln.
Das Letzte doch, dess‘ sich ein Mensch erinnert,
wenn er das Ziel erreicht, ist „Ich“, „mein Glückslos.“

Denn die Geschöpfe sind der Wünsche Diener
und Gottes Wirklichkeit ist „Heiligkeit“.

 

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Ich liebe diesen Text und die Anekdoten  des „Sufi-Heiligen“ seit Jahren, habe ihn auswendig gelernt und einmal bei einer Performance auch unbedingt sprechen wollen und gesprochen, und immer bin ich in Versuchung geraten, die letzten Zeilen  wegzulassen oder sie zu verändern, weil sie der jeweiligen Mystik so sehr entsprechen, und ich aus der persönlichen Gottesbeziehung herausgewandert bin…doch was soll ich machen?
Ich liebe den Text und kann doch dem Dichter das Tor nicht verwehren, ohne das der Ball keine Bedeutung hätte.Das Buch, dem ich den Text entnommen habe, heißt
„O Leute, rettet mich vor Gott“,
erschienen in der Herder Bücherei.

Licht-Blick

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In der Nähe

des Glücks

ein kleiner

Goldstrahl

im lässigen

Gewebe

des Nichts.

Und an dich,

hohes

Abstraktum,

Nähe des

Glücks.

erinnere

ich mich.

 

 

 

Kind

20160629_164500*s.u.

Atemberaubend fürwahr
ist der Schrei, der das
Gehirn durchdringt,
und dort, im Verborgenen
der Windungen Dichte um
Dichte durchzittert und
vorstößt ins Kinderzimmer,
wo das Kind liegt und
hinausschaut aufs
antwortlose Nichts,
bevölkert vom Toben
des Menschseins und
seiner zerstörenden
Wirkung. Wenig später
läuft es herum und sucht
nach den Worten, die keiner
gesagt hat und findet sie nicht,
denn sie sind verschwunden
im Unerhörten. Dann wächst es
und spricht und gehört nun zu
sich und schaut durch Fenster
auf Leben – und nimmt vom
Außen, was innen erlischt –
und kann das Eigene nach draußen
nicht geben. Dann wird es gefragt,
was es werden will, und muss sich
entscheiden – sucht im Meer seines
Ohres nach einer Antwort, die dem
Innen entspricht – und wählt das
offene oder das geschlossene Tor.
Will ich es immer noch Gnade nennen,
wenn das Kind dann noch Zugriff hat
auf das Feld einer inneren Stimme,
denn sicher, es ruft sich selbst und
wird auch gerufen, die versunkene
Welt aus den klagenden Mustern zu
formen, und setzt den Schrei der
Verstummten um in fassbare
Wirklichkeit. Gibt Antwort auf die
Fragen des Schicksals, Antwort auf
des Raunens stummes Geheimnis,
Antwort auf Raum in mir selbst und
den Anderen.

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Was das Bild betrifft, so bin ich ziemlich sicher, dass es von David Lynch ist, habe auch versucht, es zu klären, wollte es aber auch unbedingt zu diesem Text, der auch ziemlich düster ist. Beide berühren mich an einem bestimmten Punkt, wo ich vielleicht etwas von dem, was bei mir selbst im Wortlosen lebte, nun in diese Worte umsetzen konnte. Immer mal wieder sehe ich kleine Kinder, höre ich von Kindern, fühle ich mit Kindern mit, wie sie so ausgesetzt sind in ihrer vollkommenen Zartheit und Freiheit, die nur  im Schutz von Erwachsenen erblühen kann in ein eigenes, selbstbestimmtes Leben, und ich bin fassungslos zu wissen, wie vielen es so früh schon verwehrt ist. Das hat mir in meinem gestrigen Beitrag an der Zeichnung des Mädchens gefallen, und ja! fürchtet die Zeit, sagt sie uns bzw mir, damit wir uns nicht daran gewöhnen, dass Kinder scharenweise im Meer ertrinken und millionenfach auf der Flucht sind, und es nicht genügend Hinweise und Zeichen gibt auf tief erschrockene Herzen.

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