Lebt man in der Nähe eines orientalischen Bazaars, weiß man, was eine facettenreiche Geräuschkulisse ist. Lebt man dort länger, beginnt man gewissen Geräuschen hinterher zu forschen. Es kam auch schon vor, dass ich zu nächtlichster Stunde aufgestanden bin, um ein bestimmtes Geräusch zuordnen zu können. Einmal war ich mir lange sicher, eine Pappkarton kauende Kuh zu hören, aber jeden Morgen pünktlich um 3 Uhr 30, nein. Es war ein Mann, der, als erster auf der Bildfläche erscheinend, überall weggeworfene Kartons einsammelte und in einem riesigen Sack wegtransportierte. Dann schreit um 5 Uhr, und auch das pünktlich wie die Smartphone-Uhr, eine Frau, die um diese Zeit aus einem Hinterhaus ins Freie geführt wird von einer anderen Frau, die ständig auf sie einredet. Ich denke, es ist die Frau, die dann später so ziemlich den ganzen Tag auf einem Stein sitzt mit verblüffend leeren Augen. Dazwischen muss man sich endlose Hundegebellschlachten vorstellen. Der dann endlich menschenstill gewordene Teil der Nacht gehört den Hunden, die ihre Jagdreviere verteidigen und gerne in Rudeln einen Fremdling jagen. Dann dämmerts, und ein Mann betritt den noch verhältnismäßig passantenfreien Marktplatz. Man hört sein Erscheinen an seinen Worten, bzw einem einzigen Wort, das ist Babu. Baaaaaabbbbuuu!, schreit er von nun an regelmäßig, denn Babu darf ohne Leine herumtoben, solange der Verkehr noch überschaubar ist. Babu ist, das habe ich später draußen gelernt, ein riesiger weißer Kuschelhund, und er und sein Herrchen sind eins. Die sich dort langsam Ansammelnden schreien auch manchmal Baaabuuu, wenn Babu sich zu weit entfernt, denn jeder hat gern was zu tun, eine Aufgabe, in der er behilflich sein kann. Nun haben bereits die meisten Tempel ihre Lautsprecherorgien hinter sich, und man ahnt mit der Zeit, dass es sich hier nicht um aufrecht sitzende Männer mit großer Insichgekehrtheit handelt, sondern um Hände, die auf einen Knopf drücken zur als heilig gepriesenen Zeit,, und die einst für die Ewigkeit gewählte Musik-oder Sprechnummer läuft ab. Interessant auch, dass man manche Geräusche einfach aufhört zu hören. So hört man die tägliche Soundkulisse ja auch nicht jeden Tag, und auch nicht auf diesselbe Weise. Es ist vermutlich das Bewusstgemachte, das dann gespeichert wird und sich beliebig meldet. Ach ja, das Hupen, das fängt auch sehr früh an, gnadenloses Gehupe, denn ohne Hupen kämen hier auf den Straßen sehr viel mehr Menschen ums Leben. Ja, die Motorräder. Da strömen sie alle aus den Häusern und Gassen durch den Bazaar, nur weg von zuhause ins wichtige Irgendwo. Dann laüft das Spiel ab mit seiner aus dem Zusammensein geborenen Geräuschkulisse. Am See, ein paar Meter weiter, immer noch Stille.
Das Bild zeigt ein weggelegtes und dann näher betrachtetes
Pinselabwischtuch.