dunkelhell

Gestern fiel mir diese Figur auf dem Bild ein, die oben auf dem Haus auf einer kleinen extra Terrasse angebracht wurde. Man hatte sie bei den Bauarbeiten entdeckt und zusammengesetzt. Da ich sie spät am Abend photographiert habe, fiel mir dieses Wort „dunkelhell“ ein, das irgendwie zu meiner momentanen Weltwahrnehmung passt, da ich denke, es wird bis auf weiteres dunkelhell bleiben im Gemüt, da es keinerlei Anzeichen dafür gibt, dass die allgemeine Lage sich durch kollektive Einsicht aufhellen wird. Nun kann man wirklich an jedem Tisch besorgt mit Anderen die Stirn runzeln, denn jede/r ist direkt betroffen. So habe ich mit Freude wieder die offenen Läden im Dorf gesehen, in denen die Verkäufer im Schneidersitz den Tag verbringen und ihre Waren aushändigen. Aber der Verkehr vor ihrer Nase ist ohrenbetäubend, und viele sitzen direkt auf der Ebene der Abgase. Man kann die Krankheiten sich förmlich einschleichen sehen. Als ich aus der Tür kam, habe ich Mohan gesehen, einen alten Freund, mit dem ich mich einst für das Leben der Kühe eingesetzt habe, als die Maul-und Klauenseuche ausgebrochen war und niemand mehr interessiert war an sterbenden, nicht mehr so heiligen Kühen. Er erzählte mir, dass allein in diesem Jahr 14 meist junge Menschen an Herzinfarkt gestorben sind. So auch seine Tante, 45 Jahre alt. Er war vor allem besorgt um seinen Onkel, der nun allein lebt. Wer würde ihm, fragte er tief bedrückt, nun seine Medizin reichen!? Wahrscheinlich wusste er gar nicht, wo sie steht. Mir war letztes Jahr schon aufgefallen, dass der Herzinfarkt umgeht. Und wer will schon Klagen über die innere Trübnis hören, wenn alle gleichermaßen voll davon sind. Das gibt zu denken. Wie sie einst das „Mè“ abgelehnt haben, das Ich, und von sich als „Ham“ sprachen, als „Wir“. Keine schlechte Idee war das, das Ich in das Wir einzubinden, so wie man das mit dem Einsamen im Gemeinsamen auf Deutsch machen kann. Durch den Gesellschaftsruck ins mehr und mehr Habenwollen hinein ist nun das Ich an die vorderste Front gerückt. Man wünscht es den Indern nach tausenden von Jahren kollektiver Gutseinsbürde durchaus, mal selbst was zu kaufen und zu denken, aber gerade da fehlte eben die hohe Schulung, die reflektieren kann, was mit der erworbenen Freiheit nun wirklich zu tun ist? Auch freue ich mich für die Millionen von jungen Frauen, dass sie nun teure Smartphones haben und unendlich viele Selfies mit geschürzten Lippen und aufgerissenen Augen auf Instagram posten können. Und ja, das ist nicht alles, was sie tun und können, aber die Beschäftigung mit dem eigenen Abbild ist doch sehr vorherrschend, und dann müssen sie doch noch einen von der Familie gewählten oder akzeptierten Mann heiraten, dessen Blick auf das weibliche Wesen meist noch in den finsteren Korridoren der Urpsyche schlummert. Dieser Erfüllungszwang von allem, was von der Familie gewünscht wird, hat auch nichts mit einer freien Herzensgabe zu tun. Wenn ich diese Beobachtungen hier mache, weiß ich, dass der Geist davon überall umgeht. Ich bin heute früh noch einmal „drin“ geblieben, vielleicht weil ich noch nicht weiß, mit was ich hinausgehen will. Das „Helldunkel“ gefällt mir, weil ich das Helle vom Dunklen nicht wirklich trennen will, es ist ja genug Raum da für beides: das Dunkelhell und die Trauerfreude, das Untenoben usw. Das menschliche Herz kann das. Nur die Liebe macht hier wieder die Ausnahme. Sie lässt sich nicht zusammenfügen mit etwas anderem, weil sie es dann nicht mehr ist. Konsequent, wie sie ist. Radikal.

näher

Die Objekte auf den Bildern sind zwei Schälchen aus den Blättern des Sal-Baumes. Seit Jahren bin ich fasziniert von dieser Kunst, denn auch die winzigen Stäbchen, die die Blätter zusammenhalten, sind von diesem Baum. Alle Haushalte haben einige Stapel davon, es gibt große Teller und diese Schalen, die man benutzt, wenn sehr viele Menschen zusammenkommen, denn sie sind auflösbar und schaden den Tieren nicht. Jedes einzelne Teil ist ein wahres Kunstwerk. Ich habe mich dann gefragt, ob sich in meinen Augen etwas Melancholie einschleicht, ein Hinterherwehmuten von vielem Schönem, das nicht mehr genug erstanden wird, um dazubleiben. Man kann auch durchaus Verständnis entwickeln für manches, das hinterherkommt, zum Beispiel Porzellan, das nun beliebt ist und einen gewissen Reichtum verbreitet. Ich fand ja so eine uralte indische Idee damals gut, nämlich dass es als nobel galt, seinen Reichtum nicht zur Schau zu stellen. Der Reiche trägt sozusagen dasselbe wie der Arme, nur aus feinerem Tuch. Nein, keine Wehmut. Ich könnte mir die beiden Enden dieser indischen Geschichte ganz gut in Berührung vorstellen, in Kontakt miteinander, mit bestem Rat zur Seite und doch frei in der Sicht. Es ist wie in den modernen Großfamilien, wenn die Großmutter outgesourced wird, und auf einmal fehlt die Weisheit des Lebendigen und jemand, der sein Ich nicht mehr beweisen muss. Aber wenn man die Welt und ihre BewohnerInnen weiterhin wertschätzen will für all das Großartige, was sie auch ständig vollbringen, Amnesty International zum Beispiel und Greenpeace und Medica Mondiale, alle Achtung, Namaste, dann muss man geistig frisch und frei bleiben, damit die neuen Formen einen nicht beirren oder irreführen, immer gemäß ihres Gehaltes. Und so manche Kunst, die man auf einmal irgendwo sieht und die einem zeigt, wie ein Anderer oder eine Andere etwas Tiefes von sich zeigt! Die Lebendigen, die es zum Kern des Seins hinbewegt, wo auch immer sie sein mögen. Ich befinde mich also im Haus meiner Freunde und gehe nur sehr sparsam aus, bis ich mich ganz anwesend fühle. Ich konnte nie sofort umhergehen am nächsten Tag der Ankunft. Ich bin so tief zuhause in beiden Kulturen, sodass ich die inneren Bewegungen brauche, um Abschied zu nehmen von Geliebtem, das nun subtilere Wege geht. Dann das Ankommen in der Anderswelt, und das Hineinhorchen in die Sprache, ihre Stimmen, ihre Art zu reden und miteinander umzugehen. Ich schaue vom Fenster aus auf den See und sehe…erst  wenn ich dort sitzen werde mit meinem Notizbuch, wird er mir näher kommen. Heute noch hier drinnen in der Burg, die Arbeit in den Blick nehmend.

Wunder

Da ich unbedingt etwas photographieren wollte, denn mein Zugang zum Internet wollte sich nicht kristallisieren, bzw der Vorgang die Geduld erforderte, die mir hier fehlte, schaute ich um mich auf der Suche nach etwas Ansprechendem, und letztendlich stieß mein Auge auf die Feder, die Pfauenfeder. Eine wahre Herausforderung, die hervorströmenden Assoziationen gleich mitzunehmen, denn da ist er ja wieder: Krishna, der Gott der Liebe, der die Feder auf der Stirn trägt, die ihm niemand mehr nehmen kann. Ich habe auch als Neuheit in der Feder den Pfeil, den Richtungsweiser in die Zukunft gesehen, ja!, wir sind wieder in Indien, da deutet man sich gesund, die unmäßige Freiheit der Deutung genießen, dann auch wieder lassen können. Und die Wunder natürlich, man kann sich auf sie verlassen, denn sie kommen bestimmt. Man kann auch, wie ich diesmal, mit dem stocknüchternen Blick antreten, und wenn man dann noch ein wenig kränkelt,  kann es passieren, dass man nur noch die Schatten sieht. Doch kam ich auch noch in den Genuss der Stocknüchternheit, bis eben die Wunder sich melden. Heute früh bin ich mit dem Hausherrn, einem alten, ehrwürdigen Brahmanen der alten Sorte, in das Haus gewandert, wo ich wohnen werde. Oho!, auf Berge von zu bewältigendem Staub gefasst, oh nein, er hatte putzen lassen, und alles war wieder mal anders, als man denkt, was nicht grundsätzlich etwas über das Denken aussagt. Dann wurde ich informiert über ein neues, technisches Digital-Wunder, „Jio“ genannt. Diejenigen, die meine Samstage in der sinnfreien Beschäftigung mit Produkterzeugungen unter „Goldtrog e.V.“ noch erinnern, können verstehen, dass hier ein Neidlein angebracht ist: Jio ist ein Internetanbieter, der alle großen Firmen wie Vodafone usw geplättet hat mit einer kleinen Maschine (für 1.600 Rupien = 21 Euro), einer hervorragenden Verbindung und 4 Monate freies Welan!!!! Als ehemalige Goldtroglerin weiß ich natürlich, dass da irgendwo ein Riesenbetrug sich entfalten wird nach dem Motto „Erst alle fangen, dann abzocken“, aber es funktioniert. Alle kaufen Jio. In Indien bedeutet eine gelungene Marktlücke den mühelosen Weg zum Millionär. Gut, der einzige Nachteil war, dass es nur für Inder ist. Ich musste etwas arbeiten und Geduld aktivieren, und habe nun das kleine Ding. Das macht mich schon ziemlich froh, da ich nun wieder das Logbuch eröffnen und die anstehenden Wanderungen mitteilen kann. Ausserdem bin ich Herrin im vorübergehend eigenen Haus und kann nach Belieben schalten und walten. Ich merke, dass ein paar einfache Grundeinrichtungen nötig sind, um meinen Blick aus einem ruhigen Inneren heraus wieder mit Freude und Humor auf die Welt zu lenken, denn ich strebe eine unsterbliche Liebe an zu dieser Welt und ihrem Gehalt, denn wo soll man sonst herumwandern und auf Menschen und Dinge treffen, die von Weiterem zeugen, als man selbst ist. Daher der Pfeil in der Feder.

 

dicht

Das Bild stammt noch aus Delhi und den Tagen ohne jeglichen Zugang zum Netz, da John vergessen hatte, die Rechnung zu begleichen. Zum Glück schien durch den gelblichen Dunst der berüchtigten Stadt noch etwas die Sonne, und ich konnte zum Stift greifen und mich an meiner Handschrift erfreuen, da nichts weiter zu tun war  Auch wollte ich mich in Gesprächen nicht darüber streiten, ob stundenlanges Fernsehen den tiefen Kern unseres Wesens berührt oder nicht, dachte aber darüber nach, wie sich etwas innerlich verschiebt in der Wahrnehmung von Indien durch uns, die wir so lange schon hier sind und uns zuhause fühlen im wilden Treiben und auch in dieser exquisiten Ordnung, deren Grundgedanken und Praktiken wir noch erleben durften. Aber die Zeichen der Zeit sind nicht mehr zu übersehen, von wegen Abgaskontrolle zB, und dieser gelenkte Kollektivtrieb zum Materiellen hin, zum Mehr, zum Alles-haben-und-sein-wollen. Ja, natürlich ist das überall zu beobachten, aber hier tut es irgendwie mehr weh. Unterwegs mit dem Auto von Delhi wurde ich mir meiner Augen bewusst, wie sie nach etwas suchten, was nicht von Staub und  seltsam Neuem überdeckt war, alle paar Meter ein neues Hotel und Restaurant, und unterwürfige Menschen, die einem die Autotür öffnen und hereinbitten. Drinnen schlechter indischer Tee. Wenn man sich zu sehr an die Geschmäcker der Welt anpasst, was soll dabei herauskommen? Und jeder auf der Reise weiß auch, dass man irgendwo abbiegen muss, um etwas anderes zu sehen als die Highway. Gut. Jetzt bin ich bei Freunden angekommen und ziehe morgen weiter in das Haus, in dem ich wohnen werde. Ich freue mich darauf, wieder täglich an meinem Blog zu sitzen und zu sehen, was aus mir wird und wie ich den Aufenthalt im Nu diesmal erlebe. Noch fühlt es sich „dicht“ an im Inneren. Irgendwas in mir starrt auf die Weltformel. Vielleicht erlischt in mir noch ein letzter Hunger (nach einer zweiten Heimat?), und da ich weiß, wie mein eigenes Gedicht (Die Weltformel) verläuft, weiß ich auch, dass es ein Tor gibt, wo man hinaustreten kann ins Licht.

 

 

Delhi

 

Tatsächlich werde ich tagelang kein Welan haben, und bin nun kurz connected mit dem Smartphone
von Johns Managerin. Macht schon was, wenn man auf einmal den Zugang zum Gerät nicht mehr hat.
Eine kleine Stichprobe. Bild gibt’s auch noch keins. Interessant. Bis bald dann.

 

w/o

 

 

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Transfer

Da sich letzten Samstag „Goldtrog e.V.“ in die dunklen Korridore des Erfundenen abseilte, weil die Gefahr zu groß wurde, dass aus der lockeren  Hineinversenkung in die spielerischen Möglichkeiten kreativer Gestaltung mit dem Schwerpunkt einer tänzerischen Nähe zum Realen, dass eben daraus ein zu tiefes Verstehen erwächst von den Vorgängen, wie man das Habenwollen steigern und dadurch wohlhabend werden kann. Da verliert das Absurde seinen  guten Ton. Für mich war das spannend zu erleben, wie unendlich die Möglichkeiten kreativer Prozesse sind, auch wenn sie unserem eigenen System gar nicht mehr entsprechen, sondern es dann nur noch um Profit geht. Ich meine, wenn man sich das vorstellen kann, ist es Zeit für das Verschwindibus-Mantra. Da der Samstag aber nun frei ist, nehme ich den Raum, um mich zu verabschieden hier auf der westlichen Seite. Morgen ist mein Flug, dann fangen die Transformationsprozesse an. Gibt es gutes Welan, bleibt die Verbindung erhalten, letztes Jahr war es einfach. Während die Menschen im Smog versinken, werden die technischen Verbindungen immer besser. Ich bleibe auf jeden Fall dran und bedanke mich bei allen Hereinschauern und Hereinschauerinnen. Das Bild oben habe ich im März vor meinem Abflug bei John in Delhi im Atelier gemacht, es ist eines seiner Designs. Da ich dorthin morgen wieder fliege, dient es hier als das Transfer-Objekt.

lösen

Auch wenn man eine bestimmte Reise unzählig viele Mal macht, kann man sich nicht daran gewöhnen. Die Zeiten ändern sich, die Züge ändern sich, die Menschen ändern sich, alles ändert sich, es sieht nur manchmal noch ähnlich aus. Manches wird weniger, vieles wird mehr. Es hilft schon, wenn man sich innerhalb des ganzen Fremden gut bewegen kann. Vertraut ist ja oft, an was man sich gewöhnt hat. Die Rikshas, die Gewänder, die Farben, dieses Umgebensein von vielen Menschen, diese Freundlichkeit, mit der man sie mühelos erreichen kann. Die Sprache zumindest etwas sprechen, das hilft. Am Fremden kann man sich wirklich erfreuen, denn man lernt, wenn auch mit Mühe und Zeit, dass hinter den vielen Schleiern und Geboten, die von den Kulturen ausgehen, immer wieder Menschen zu finden sind, mit denen direkte Verbindung und Verständigung möglich ist. Es gibt diesen Ton der Zugehörigkeit unter Wesen, eine Offenheit, sich zu begegnen, und dann die Freude, wenn sich die Unterscheidungen noch zeigen können, aber nicht mehr wirklich zu Trennungen führen. Vor der Reise aber kommt der Abschied von dem, was man auch geliebt hat. Die guten Stunden zusammen, das Zusammenraufen, das Zusammenspiel. Die Bereitschaft zum Gelingen, all included, vom Feuerlöscher bis zum Haustier. Das ist nicht so einfach, das zurückzulassen, es hat eine Schönheit und Schwere, als wüsste man auf einmal gar nicht mehr, warum man geht. Man geht, um mit neuen Eindrücken zurückzukehren, oder von was auch immer man da macht, was auch dazugehört: der Abschied, die Trauer, und die Liebe. Noch ist ja Zeit. Jetzt kommt das Packen. Ich habe die einstige Idee, eine Zen Meisterin im Packen zu werden, schon lange aufgegeben. Ich verstehe auch bis heute nicht, warum die paar kleinen Items, die ich da ansammle, am Schluss so schwer sind. Bei einem dieser Flüge fiel mir auf, dass die Porter aussterben. Wie über Nacht hatten alle Gepäckstücke auf einmal Rollen. Ich war scheinbar die Letzte, deren Widerstand gegen Rollen sich auflöste. Es war ein Geburtstagsgeschenk: eine Tasche mit Rollen. Ich war wohl noch in dem Indien gefangen, in dem wir ein Bündel auf dem Kopf trugen. Ich selbst hatte damals noch einen chinesischen Seidenteppich und eine Messingschale, die ersten und letzten Symbole meiner Karriere als Sadhni (weibliche Form von Sadhu). Dazu gehörte das ticketlose Sitzen oben auf den Zügen, angebunden mit dem üblichen Schal an eine große Schraube. Das Warten auf die verspäteten Züge dauerte Stunden. Man hatte Zeit, alles zu sehen und mit Leuten zu reden. Jetzt gehe ich gezielt von Ort zu Ort, wo die Vertrauten wohnen. Ich reise nicht mehr. Ich habe zu tun.

 

donnern

Bildergebnis für Zeus
Beim Zeus! Der letzte Donnerstag, wo er als vergessener Gott donnern kann, bevor ich in der kommenden indischen Woche schon wieder auf so eine Benennung stoße, „Guruvar“, Donnerstag auf Hindi, dem männlichen Oberhaupt generell gewidmet. Tag des Gurus. Mal umschauen. Die großartig formulierende Christina Thürmer-Rohr hat u.a. die schlichte Aussage gemacht, dass, wo immer ein Mann auftaucht, die Aufmerksamkeit der Frauen sich mehr oder weniger subtil auf ihn richtet. Wahrscheinlich ist es interessant, von einer anderen Spezie wahrgenommen zu werden, die schwer zu ergründen ist aus dem eigenen Erfahrungsbereich heraus. Allerdings zeigt es sich, dass mit Einstellung und Haltung und dem notwendigen Interesse ein ausgeglichenes Verhalten zwischen den Geschlechtern durchaus möglich ist, wenn auch selten wirklich zu sehen. Auch verhalten sich Menschen im öffentlichen Raum selten so wie in ihren eigenen Wänden, sodass die eigene Wand zu den wirklich spannenden Themen dieser Zeit gehört. Wo können die  Wurzeln der Dinge besser belichtet werden als da, wo sich Menschen am besten kennen. Da kommt es natürlich darauf an, ob man eine kluge Wahl getroffen hat, oder überhaupt eine treffen konnte. Da, wo man konnte, sieht es auch oft nicht so aus, als wäre der angemessene Dialog würdevoll in Gang gekommen. Was heißt würdevoll. Vielleicht eher, dass man überhaupt wissen möchte, wer da vor einem sitzt, das dauert ja lange, bis man begreift, und geht nur über den Prozentsatz der Selbsterkenntnis, zu der man in der Lage war oder ist. Dass Coaches und Lehrer und Gurus etc. wohl oder übel sich auch im Zuhören schulen müssen, ist immerhin mit Publikum zu leisten. Und dann? Als ich mal beim Arzt war und im Wartezimmer ein Buch von Osho in die Hand nahm, stand da von ihm die Aussage, dass er am liebsten allein ist, denn er hat gemerkt, dass selbst ein Mensch, den er mag, ihn beim Hereinkommen stört. Es sind oft die von Menschen Gestörten, für die eine Distanz zu den Menschen von einer Bühne oder einem Sessel aus geeignet scheint, das bei ihm selbst Unüberprüfbare draußen als Lehre zu vermitteln. Lange Zeit können die Dinge auch gut gehen, bevor jemand merkt, dass sie bereits entglitten sind. Asaram Babu, ein berühmter und jetzt berüchtigter Guru mit Millionen von Anhängern, der zur Zeit  im Knast sitzt wegen Kindesverführung, konnte nach seiner Predigt mit einer Taschenlampe auf die Kinder zeigen, die er vernaschen wollte, und zu denen man auf dem Weg zu ihm sagte, er sei ein Gott und alles, was der Baba täte, sei gut. Seine Anhänger glauben, man tue ihm Unrecht. Klar, sie sind auch zum selbstständigen Denken nicht ermutigt worden, sondern zur Hingabe und zum Gehorsam. Das ist auch so eine dumme Idee, weit verbreitet, dass vor allem wir hier im Westen zu viel denken, so als käme es nicht auf die Qualität des Denkens an, die selbst entscheiden kann, wann genug ist und wann nicht. Klar, wenn ich nicht klar denken kann, dann wird das alles sehr verwirrend. An irgend einem Punkt muss ich mir das, was ich gelernt habe, zutrauen. Das ist auch nur der Stoff, mit dem ich baue. Beim Zeus! Wer soll mich abhalten!?

smog

So,wie Silvia Bovenschen das sehr schön in einem ihrer Bücher beschrieben hat (das einzige, das ich gelesen habe), so lässt sich das Verrinnen der Zeit u.a. daran erkennen, was im eigenen Leben schon alles verschwunden ist, was man für ewig hielt. So war auch für mich  z.B. das „ex oriente lux“, das Licht kommt aus den Osten, eine schwer von uns Travellern widerrufbare Tatsache, haben wir doch im Licht der indischen Kultur ausgiebig gebadet, ja, mit all der Zwiebelturm-Romantik, aber auch die Aufnahme und Nähe eines Wissens, das es immerhin sehr lange geschafft hat, fast bis in den heutigen Tag hinein, die Bevölkerung von sich so zu überzeugen, dass der Zugzwang, ein guter Mensch sein zu wollen, in jeder Hütte spürbar war. Wie es wirklich kam, dass alles auf einmal zusammenbrach, oder wo sich vorher die Zeichen mehrten, kann man dann nur vermuten oder researchen, man wird es genauso wenig wissen, wie man weiß, was in den Köpfen vor sich ging, bevor Hitler an die Macht kam. Da in Indien die Götter die Macht haben, zögert sich das ganze, monumentale Erwachen etwas hinaus. Wie? Vergewaltigung, Kinderehe, Raubgier, Kondome, Abtreibung der weiblichen Ankömmlinge, das ist schon viel. Und Smog natürlich in tödlicher Dosis. Wird das zu bremsen sein? Die Götter und Helden haben ja auch immer mächtig Probleme, aber ihre Lösungen sind nicht immer anwendbar. Der Schöpfer wirkt etwas disqualifiziert, denn wenn er keine Macht hat, was zu ändern, kann man immer nur sagen, er will es so. Er will Smog, damit die Kinder sich mal richtig durchhusten, bevor sie sterben. Klar, das ist Menschenwerk, was soll er tun, er ist machtlos. So geknechtet der Mensch manchmal in den Religionen dargestellt wird, so frei ist er doch, hinter sich zu lassen, was ihn nicht mehr anspricht. Dann beginnen die großen Klagen. Das Gemüse ist vergiftet, die Butter geschmacklos, die Milch gepanscht. Vor Jahren habe ich mal erlebt, dass ein Milchmann heftig angegriffen wurde von einer Meute, weil er die Milch etwas versetzt hatte mit Wasser. Jetzt ist man schon froh, wenn man halb/halb bekommt. In den Häusern haben die Gespräche aufgehört wegen der ständig aktivierten Flatscreens und dem ganzen digitalen Wahnsinn, der sich breitmacht wie jemand, den man nicht mehr kritisieren darf undsoweiter. Ja, vieles ist nicht mehr spürbar, woher auch. Wenn die Habgier ausbricht, zerfällt das gemeinsame Feld. Gut, es war in Indien auch Zeit, denn auch spürbar ist die Suche nach neuen Wegen, um dem persönlichen Erleben Rechnung zu tragen. Es ist teuer und auch ziemlich ungesund, was wiederum anderes Denken hervorbringt. Und Heilige, die Bio anbauen. Achach, der Mensch ist ein Zauberwesen. Es bekommt ihm, wenn er liebt. Liebe soll ansteckend sein. Man stecke sich an mit dem Virus und beobachte das Lächeln, das aus der Tiefe sich meldet.

dunstig

Eigentlich finde ich es ganz praktisch, mich während des Schminkprozesses am Morgen durch die fünf Minuten Nachrichten informieren zu lassen, die einen flüchten Eindruck des momentanen Weltgeschehens (als politischen Vorgang) ermöglichen. Aber das wirkt ja nicht immer so flüchtig. Zur Abwechslung kamen mir heute doch tatsächlich die Tränen, als ich mir automatisch beim Hören vorstellte, wie jetzt bei dem neuen Erdbeben im Irak und Iran Hunderte von Menschen nicht nur weggepustet wurden und Tausende verletzt, sondern die Überlebenden bei klirrender Kälte ohne Dach um Feuer herum sitzen und langsam ahnen, was ihnen bevorsteht, und dass sie mit ihrer Not allein sein werden, denn das nächste Unglück kommt bestimmt, das die Aufmerksamkeit von ihnen lenkt auf ein anderes Gebiet, ein anderes Volk. Diskussionen und Erkenntnisse über die großen Zusammenhänge kommen in Schwung, aber es lauert in den Menschen eine Unbelehrbarkeit, die schwer zu fassen ist, obwohl sie überall zur Sprache kommt. Den Anfängen ist nicht mehr zu wehren, denn wo liegen die Anfänge. In diesem Akt tanzt der Überlebenswille mit der Todessehnsucht, auch ein Trieb, der sich durchsetzen kann. Es ist der Nach-mir-die -Sintflut-Trieb. In der nächsten Nachricht war ich dann selbst betroffen. Gerade aus einem tagelangen Befreiungskampf der Bronchien aufsteigend und hoffend, dass mir am kommenden Sonntag der anstrengende Nachtflug nach Neu Delhi gut gelingt, höre ich nun, dass da, wo ich hinfliege und lande, die Krankenhäuser überfüllt sind mit Bronchitis Erkrankten, die Schulen geschlossen, und wer nicht unbedingt raus muss, drin bleibt. Ich kenne die Delhi Sonne, die wie ein zur falschen Zeit downgeloadeder Mond aussieht oder wie ein orangenes Lampion in einer dichten Milchsuppe. Die Lungen der Kinder sind schon alle geschädigt, sagt die Sprecherin. Kein aufkommender Plan hat auch nur das Geringste bewirkt. Ich werde auch bis zu meiner letzten Minute dafür sein, dass der Mensch zu den einleuchtenden,  lebensspenden Schöpfungsprozessen in jeder Hinsicht Zugang haben soll, und wir haben Zugang dazu, aber es ist auch sichtbar, dass ein Strang in den Tod zieht. Wenn das Wissen sich zurückzieht, bleiben die Erklärungen, losgelöst von ihrer Quelle. Man schaut in die Sonne und erkennt sie nicht mehr, weil man den Zusammenhang nicht mehr kennt zwischen dem eigenen Tun und seiner Wirkung. Dann sieht man es auch in den Sondierungsgesprächen. Klar, das erkannte Ausmaß verlangt nach extremen Entscheidungen, wenn es denn letztendlich um das Wohl der Menschen auf Erden gehen soll. Geht es um das Wohl der Menschen auf diesem Planeten? Oder ist es Zeit, dass er von sich selbst abgeseilt wird? Vielleicht ja auch von der Gletscherspitze zum Erdklumpen.

Fenster

Immer mal wieder in verschiedenen Kontexten fällt mir der Satz von Graf Kayserling ein, den er in seinem Buch über die europäischen Völker geschrieben hat, und zwar, dass der Deutsche eine Monade (also eine Einheit nach Leibniz) ohne Fenster sei. Nun ist das Buch, wenn ich mich recht erinnere, in den zwanziger Jahren herausgekommen und es sprengt geradezu die Vorstellung, was sich seitdem alles verändert hat, sodass man in vieler Hinsicht von derselben Welt nicht mehr sprechen kann. Kayserling vergleicht in seinem Aufsatz die Deutschen mit den Indern in dem Sinn, dass sie im Denken verankert sind und entsprechende Strukturen und Systeme hervorbringen wie z.B. das Kastensystem, das hier in Deutschland zwar nicht festgelegt, aber deutlich sichtbar ist. Vielleicht kommt es hier auch zu Unterschieden in der Seinsqualität. Gehe ich, wie in Indien, von einem großen, (kosmischen) Seins-Raum aus und komme dann zu den Strukturen, die dem kulturellen Ordnungswillen entsprechen, dann ist das anders, als wenn die persönliche Seinswelt aus meiner Monade besteht und ich davon ausgehe, dass das, was ich wahrnehme, generell so ist. Differenzierungen erfordern unglaublich viel Mühe, man muss dazu bereit sein. Auch will zB jemand, der sonntags glücklich zum Tatort-Club geht und sich auf die nächste Show freut, sicher nicht analysiert haben, wie schädlich so ein krimineller Blödsinn unter Umständen für die Psyche der sich damit Unterhaltenden sein kann, aber natürlich nicht muss. Egal aus welcher Richtung, immer wieder kehrt man zurück zum Blick, den man auf alle Dinge wirft und mit dem man nicht nur sich selbst, sondern alles Betrachtete verändert. Für diesen Blick die volle Verantwortung zu übernehmen, halte ich für ein hohes Gut. Es heißt ja, sich dem eigenen Handeln und der eigenen Wirkung bewusst zu werden und genau da, wo man die einzige Möglichkeit einer Veränderung hat, sich auch wirklich um sie zu kümmern. Das Bewusstsein, das sich selbst wie ein Auge bewegen kann, sieht, wenn es will und geschult wird, lernt sehen, wer und wie man ist, und kann sich auch überraschen lassen, nicht nur erschüttern, von den nackten Tatsachen, die sich in der Psyche bewegen, als könnte es nicht anders sein. Bevor ein Licht drauf fällt. Eine Art Leuchte, die man einschalten kann, wenn man es wirklich wissen will. Dann macht auch die deutsche Monade vermutlich ihre Fenster auf und lässt Luft (und Liebe) in die Sphäre strömen, und da, wo es gelingt, wird es gut unter Menschen. Ich erinnere mich auch, wie begeister ich war, als ich zum ersten Mal hörte, dass der Diamant eine geschliffene Kohle ist. Überall Eintritt zum Welten-Theater. Vielleicht wird es im dritten Akt auch so ernst, dass man die Spielfreude verlieren könnte. Oder es dazu kommt, dass man sich selbst als Kraft wahrnimmt, die förderlich und gemäß der Möglichkeiten auf den natürlichen Strom des Geschehens einwirken kann, ohne seine inhärenten Gesetze zu verletzen, und ohne den Verlust der Spielfreude beklagen zu müssen.

Sufi Text

Ähnliches Foto

Siehst du das Schwarz:

Das Licht der göttlichen Essenz?

Das Lebenswasser

ist in dieser Finsternis.

leider

Wir haben gleich einen Sänger mitgebracht, der der die traurige Mähr verkünden wird: Goldtrog e.V. unlimited muss abtauchen. Sie werden Verständnis dafür haben. Panama war schon anstrengend, aber Paradise ist noch anstrengender. Auch in dieser Branche gibt es Helden und geheime Orte. Das Scheffeln ist für die Fachkräfte die Leidenschaft zwischen Gold und Trog. Selbst der Schweinetrog, wenn gesäubert, kann, mit Gold gefüllt, zum Leuchten kommen Wenn einmal Gefahr droht und Lücken entstanden sind, dann hat man noch Höhlengänge.  Einer davon ist das Duckmäusertum, einerseits dem Großen Dagobert Duck gewidmet, andrerseits die Fähigkeit meinend, sich im Darknet mausmäßig aufzuhalten. Von Dagobert stammt auch das lustvolle Abtauchen in die Scheinewelt, wo man weiß, was einem gehört, so viel davon, und nur für sich allein. Gut, wir haben hervorragende Produkte auf den Weltmarkt einschleusen lassen, da wundert es nicht, wenn  Scheinepossessoren verfolgt werden, überall ist doch Neid und Habgier. Doch was Sie betrifft, verehrte Kunden-und Kundinnen, so stehen Ihnen natürlich alle Goldtrog Produkte, die wir ab dem 26.8.2017 jeden Samstag in  die Welt gebracht haben, weiterhin zur Verfügung unter Goldtrog@Darkroom.org. Auch unser Lebensmotto wird sich weiterhin im Netz durchsetzen: „Jedem sein eigener Trog“. Wir danken für Ihr Interesse und melden uns zurück, wenn neue Ländereien für Unterbringungen gefunden sind.

(Ha! Geniale Idee! Von einem Steinmetz Goldtröge anfertigen lassen…pssst!)

Hashtag

Was ich von dem hashtag „Me, too“ halte, wurde ich gefragt, und ich weiß natürlich davon und um was es geht, aber weder lese ich die Beiträge, noch habe ich zum Thema eine Haltung, die mir klar genug vorkommt, um sie auszudrücken. Klar finde ich es gut, dass Frauen, hier in geradezu politischer Formation, aussagen können über das ganz und gar Ungeklärte, das mit ihnen geschehen ist, und für das es nun, in neuen Kontexten, Lösungen braucht. Nun hat man nicht nur lange Zeiten zuschauen dürfen, wie der Mann, aus einer selbstgestylten Machtstellung heraus und körperlich oft wesentlich muskulöser als die Frau,  es also für normal hielt und in vielen Kulturen immer noch hält, dass die Frau ihm automatisch verpflichtet ist für sein körperliches Wohlergehen wie z.B.  die Herbeibringung der Schlappen oder die Entspannung oder Förderung sexueller Triebe, wenn er sie braucht. Man muss auch nicht immer zu den Geschädigten gehören, um mal wirklich empört zu werden. Empört,  „indignant“ im Englischen, wo das Wort ausdrückt, dass es hier um eine Verletzung der Würde geht. Dass jede als übergriffig empfundene Handlung ein Missbrauch ist, ist auch klar. Und wer wäre nicht schon mal durch die Missachtung oder Falschlesung persönlicher Signale in seiner oder ihrer Würde gekränkt worden. Manche sorgen sich ja auch um den Verlust eines erotischen Freiraums, in dem gerade die auf geheimnisvolle Weise erspürten Signale zum Genuss eines Beisammenseins führen können, aber nicht müssen. Und dann, wenn man woanders weiterdenkt, sieht man eigentlich an jeder Ecke nicht nur Widersprüche, sondern enorme Komplexitäten, die eigentlich nur die erste und letzte Konsequenz des Denkens zulassen, nämlich, dass ich auch hier für mich selbst klären muss, wie ich den Dingen begegne, die nicht für mich sind. Das Verheerende an diesem Thema ist auch, dass sich Menschen überhaupt nicht bewusst darüber sind, was sie in anderen Leben anrichten. Das kennen wir doch selbst von den falschen Tönen, die aus unserem Mund kommen konnten und ihre zerstörerische Wirkung entfalten. Und die Körper selbst werden so vielschichtig als Signale eingesetzt, dass Missverständnisse und Misshaltungen geradezu vorprogrammiert sind. Und gleich sind wir wieder im internationalen Zuchtprogramm, innerhalb dessen sich Männer berechtigt fühlen, die Seinsweise der Frauen anzuprangern, so als dürfte sie nicht für sich selbst so aussehen, wie sie möchte, ohne den Zuchtbullen aus ihm herauszulocken. Dann gibt es die vielen Männer, die nicht so sind, gesegnet seid ihr, macht den Mund auf. Aber natürlich sucht man auch als Frau nach den Frauen, die sichtbar machen können, welche Optionen sich im Freiraum des Geistes zeigen, die von der männlichen Weltgestaltung nicht mehr abhängig sind. Und Gleichberechtigung kann auch nicht wirklich gegeben werden. Man muss darüber nachdenken und verstehen, was es für einen ist. Wer soll berechtigen, was und wer ich bin? Und noch hat keiner dem Anderen die Erwachungsspritze setzen können. Da die schlimmen Dinge noch immer geschehen, muss ich mich als Planeteneinheimische auch um Vorbeugungen kümmern. Klare Signale erlernen. Jetzt , wo die Dinge ans Tageslicht kommen, kann man sich auf die eigene Lage beziehen. Entscheidungen treffen. Verantwortung übernehmen für das eigene Bewusstsein und ein tieferes Erwachen, ja, der eigenen subtilen Wahrnehmung gegenüber dem, was mir nicht guttut. Wollen und auch können.

 

einfacher

Worte und Bilder regen gleichermaßen dazu an, eigene Befindlichkeiten wahrzunehmen, und es bleibt stets offen, wieweit der Zustand des/der Schaffenden auch mit der Wahrnehmung Anderer korrespondieren kann, aber nicht muss. Kunst löst die Partikel noch einmal heraus aus der Indifferenz des kosmischen Mutterleibes und schildert auf immer neue Weise die altvertrauten Zustände des Menschseins. Das Verwundet-und das Verwundertsein, die berauschten Augen auf dem golden durchleuchteten Herbstwald, und dann mit November der Einbruch der Kälte, das Niesen und das Husten und die oft bedrohliche Nähe der Entzündungen, aber auch die Öffnung der poetischen Archive mit den schaurigen Novembergesängen der Dichter und Dichterinnen, gebannt von der Düsternis stillgelegter Geheimnisse, und doch bemüht um die Überlebenskräfte, die die Erotik des Todes in das Licht des Lebendigen zurückführen. So zart und angreifbar ist die fleischliche Hülle des Menschen. Man fragt sich, wo die Achtung vor diesem so wundersamen Wesen verloren gegangen ist, so als müsste einen noch oder doch der Schlag treffen, bevor ein Erwachen möglich ist. Natürlich gibt es statt sinnlosen Träumereien immer auch praktische Möglichkeiten. Der Satz (aus dem Sanskrit) „befreit von den Ketten der Hoffnung“ kam mir noch einmal in den Sinn. Jetzt habe ich nicht den Verlust der Hoffnung gesehen, der einen ja enttäuscht zurücklassen könnte, sondern die Möglichkeit einer enormen Befreiung ist mir bewusst geworden. Was hängt nicht alles an den Hoffnungen! Die Wünsche, die Erwartungen, die Aktivierung der Kontrollsysteme, die vorprogrammierten Enttäuschungen, der Schock nackter Fakten! Der/die von der Hoffnung Befreite ist auch durchaus kein hoffnungsloser Fall, sondern der Strang der Vernetzung kehrt zu einem zurück und entfaltet Energie für weitere Vorgänge. Vielleicht ist es derselbe Moment, wo man, nicht aus bürgerlichen Verhaltensprogrammen, sondern aus der eigenen Tiefe heraus die Notwendigkeit versteht, andere Menschen (und sich selbst) genau so zu akzeptieren, wie sie sind/man ist. Der Härtefall Trump hat die Völker der Erde belehrt, dass man jede Erwartung fahren lassen muss, denn für Donald Trump und seinesgleichen wäre ein Erwachungsmoment tödlich. Unermüdlich, wie der Geist nun einmal ist, ergeben sich aber immer neue Wege, die dem immensen Prozess auch förderlich sind. Man muss auf der Hut sein in angemessener Haltung. Das Sein birgt allen Reichtum, der gehört ja nicht irgend einem, sondern jedem, der interessiert ist am Zugang. Da ist keiner, der an der Tür steht und die Eintretenden überprüft. Vielleicht ist es die einzige Stelle, wo man nur sich selbst einlassen kann. Komplex ist es nur am Tellerrand und um den Rand herum. Dann aber wird es einfacher.

enden und anfangen

Immer wieder mal muss man auch die Phänomene wahrnehmen, die sich während der eigenen Lebenszeit entfalten und die man sich vorher nie hätte vorstellen können. Es ist gleichermaßen müßig zu sagen, alles war schon immer so, obwohl es auf einiges zutrifft, als so sicher zu sein, dass diese Zeit eine ganz, ganz besondere Zeit ist, obwohl ich das häufig auch so sehe. Deswegen pendelt das Bewusstsein  oft zwischen dem, was man mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit prophezeien kann, und der völligen Ungewissheit, was nun wirklich eintreten wird, da man das menschliche Verhalten offensichtlich nicht wirklich kalkulieren kann. Dann wird klar, dass es mancherlei zu entscheiden gibt durch uns Einzelne, wo wir uns bemüßigt fühlen, einen klaren Blick zu entwickeln. Will ich beim Bewertungszwang dabei sein oder mir weiterhin vorschlagen lassen, welche Bücher ich auch noch lesen könnte außer dem einen, das ich bestelle. Kollektive Verunsicherungen erzeugen nutzbare Wankelmütigkeiten, die durch einen kleinen Stoß in eine Richtung getrieben werden können, die einem vielleicht ganz persönlich vorkommen. Ja, jede/r sieht „es“ anders, aber an der Sicht arbeiten ja alle Leute, die etwas produzieren, denn sie wollen es loswerden und Profit damit machen. Es ist wirklich ein Teufelskreis, aber es gibt für alle Menschen einen optimalen Exit, der führt zu einem selbst zurück. Ein gewisses Schaudern führt zu befreiendem Lachen: wir sehen vor allem, wer wir sind. Wenn ich meine ureigene Sicht nicht als meine wahrnehme, kann ich mich gar nicht erkennen, denn in diesem illusionären Spiel erschaffe ich ja gerade alle die Verbindungen, die mir selbst schlüssig und sinnvoll erscheinen und präsentiere sie als mein Weltbild. Auch gibt es unterschiedliche Wahrheitsgehalte, mit denen Gleichgesinnte sich komfortabel fühlen, und eine Strecke lang wird es komplex, bis man sich herausschält aus den Komplexitäten des Vorgegebenen. Man stellt sich ein paar wesentliche und interessante Fragen und beantwortet sie sich ernsthaft. Was habe ich von der Performance verstanden, die ich gestern abend zusammen mit Freunden gesehen habe. Ohne den Text im Programmheft zu lesen, war es unterhaltend, das eigene Verständnis des Wahrgenommenen zuerst einzuschalten. Es war klar, dass es um das Ende ging, das Ende der Zeit und der Welt, aber auch um einen Anfang, der immer möglich ist. Die Freiheit der Sicht wurde durch die Exzellenz der Künstler erschaffen, durch die man das Ganze auf sich wirken lassen könnte, ohne in voreilige Beurteilungen zu verfallen. Gute Kunst, die die Umsetzung eigener Ideen anbietet, aber kein Denken aufzwingt. Wenn man sich einlassen kann.
Die Performance war gestern im Stadtgarten: „This is not a Swan Song“.

7.11.2017

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Pünktlich zum Datum kam der Frost und man kann froh sein, dass lebendige Lichter brennen und die Liebe aufgehoben ist vom Staub ihrer Knechtschaft, und das Herz in sich ruht ohne Fremdheit. Erstaunlicherweise ist der Himmel offen und blau, und ich fühle mich aufgehoben in einer Art kunstvollem und nüchternem Paradies, wo Wesen und Dinge sein können, was sie sind. Manchmal schaut man zurück und denkt, man hat sich tapfer durchgeschlagen und überhaupt: man lebt! Ich lebe. Ich habe nicht nur überlebt, sondern mit den Anderen ein gutes Leben erschaffen, das strahlt auf eigene Weise hinaus in die Welt. Dann muss man sich nicht mehr so sorgen, wenn einem das Scheitern bekannt ist und das Gelingen auch. Der Morgen der wenigen Worte.
Das Bild zeigt die SchauspielerInnen des Living Theater

bedenken

 

Durch ein Interview mit einem buddhistischen Mönch („Zeit“) wurde ich auf das Wort „altruistisch“ aufmerksam gemacht, so nüchtern und doch geschwängert mit menschlichen Vorstellungen, was das bedeuten könnte, uneigennützig  und selbstlos zu sein und zu handeln. Auf jeden Fall steht der Altruismus dem Narzissmus direkt gegenüber, von dem wir politisch mit einigen Kostproben unterhalten wurden, die nur ahnen lassen, wie weit verbreitet das Eigennützige wirklich ist. Auch erschrickt es nicht viele, denn wir sind es gewohnt und unterstützen es oft selbst, dass jede/r die eigenen Wünsche fast unbegrenzt umsetzen kann, wenn die notwendigen Münzen vorhanden sind. Auch scheinen wir Menschen trotz allen Wissens nicht gereift genug, um zu erkennen, dass wir an einer möglichen Wende des existentiell gefährdeten Menschseins direkt beteiligt sind, auch wenn wir nie genau wissen können, was Menschen denken, wenn sie bei sich sind. Und wer ist bei sich? Und nur Beisichsein reicht ja auch nicht, auch wenn es schon mal ein guter Ort ist. Aber das Gute am Einsamen, wo ich mit mir allein bin, ist, dass es im Gemeinsamen geborgen liegt, es ist quasi untrennbar und hat dennoch beides ein Eigenleben. Der Mönch sagte noch, dass das, was wir nicht für andere tun, es nicht wert ist, getan zu werden, und diese Art von Absolutheit hat mir dann etwas den Geschmack verdorben. Aber ja, eine Wende hin zu „freiwilliger Schlichtheit“, das macht Sinn, tief menschlichen Sinn, und wer kann, der soll diese Richtung durchaus wählen. Es ist schwer genug dieser Tage, und dann im Westen, sich so etwas einmal vorzustellen. Was ist schlicht, und warum scheint es so dringlich und gehört in dieser Zeit, in der wir grad leben, zu den Möglichkeiten bzw. Not-Wendigkeiten eines Erwachens, das nur durch die Entschlossenheit Einzelner auf der Erde erlebt werden kann. Es gibt viele verschiedene Zugänge: der Schreck kann einem in die Glieder fahren, oder man fasst sich ans Herz, weil man die Zartheit der Wesen erkennt, nämlich, dass sie einst vertrauensvoll auf jemanden geschaut haben müssen, bevor sie ein paar Jährchen später über zwanzig Menschen erschießen, die vermutlich von dem Schützen nichts wussten. Selbst wenn es in besagter Gemeinde vielleicht gar nicht so lieb zuging, wie alle behaupten, kann so etwas doch nie verständlich werden. Altruistisch. Eine Weltmacht, in der jeder Bürger zuhause Waffen haben kann und hat. Wie ist so was möglich. Eigentlich stelle ich mir einen Altruisten oder eine Altruistin so vor, dass sie alle Ketten der Hoffnung haben dahinsausen lassen darüber, dass der Mensch sich noch viel bessere, aber dann ist man ja immer noch auf sich selbst zurückgeworfen. Was für ein Mensch möchte man denn selber gerne sein, und gelingt einem dieses gefährliche und herausfordernde Abenteuer. Und ist man von Freunden umgeben, die einen an den Mast binden, wenn die Sirenen singen, weil sie gelernt haben, Entscheidungen zu fällen, die dem Menschlichen zuträglich sind. Wie dem auch sei: die Kraft des Uneigennützen zu bedenken, ist sicherlich kein Fehler. Noch ist das Feld weit offen.

Ingeborg Bachmann

Was wahr ist

Was wahr ist, streut nicht Sand in deine Augen,
was wahr ist, bitten Schlaf und Tod dir ab
als eingefleischt, von jedem Schmerz beraten,
was wahr ist, rückt den Stein von deinem Grab.

Was wahr ist, so entsunken, so verwaschen
in Keim und Blatt, im faulen Zungenbett
ein Jahr und noch ein Jahr und alle Jahre –
was wahr ist, schafft nicht Zeit, es macht sie wett.

Was wahr ist, zieht der Erde einen Scheitel,
kämmt Traum und Kranz und die Bestellung aus,
es schwillt sein Kamm und voll gereiften Früchten
schlägt es in dich und trinkt dich gänzlich aus.

Was wahr ist, bleibt nicht bis zum Raubzug,
bei dem es dir vielleicht ums Ganze geht.
Du bist sein Raub beim Aufbruch deiner Wunden,
nichts überfällt dich, was dich nicht verrät.

Es kommt der Mond mit den vergällten Krügen.
So trink dein Maß. Es sinkt die bittre Nacht.
Der Abschaum flockt den Tauben ins Gefieder,
wird nicht ein Zweig in Sicherheit gebracht.

Du haftest in der Welt, beschwert von Ketten,
doch treibt, was wahr ist, Sprünge in die Wand.
Du wachst und siehst im Dunkeln nach dem Rechten,
dem unbekannten Ausgang zugewandt.

beisitzen

Ähnliches Foto
In den Seminaren und Workshops von „Goldtrog e.V. unlmtd.“ geht es vor allem um die Erwerbung einer Späherblicktechnik, die sinnfreie Produkterzeugung ermöglicht und die  Goldtrog Kreatoren und Kreatorinnen befähigt, als Einzelne oder aber in intelligenten Team-Formationen auszuschwärmen, um geeignete Marktlücken ausfindig zu machen. Dazu braucht es ein gewisses Training in emotionsfreiem Handeln ohne die Belastung persönlicher Durcharbeitung. Man lernt sich in den Seminaren als eine Art Maschine zu verstehen, die man selbst beliebig ein-und aussschalten kann. Immer hat die Erspähung der Marktlücke Vorrang. Bei einer dieser Ausschwärmungsunternehmungen fiel es den KreatorInnen auf, dass die digitale Revolution an einigen Orten noch nicht einmal in den Anfangsschuhen steckte. Zum Beispiel die Friedhöfe. Gut, man denkt gerne von den Toten, dass sie die Stille mögen, aber wer sagt das, und wer weiß das schon!? Ist es nicht bedrückend, hier unter den einmal Gewesenen durchzuschreiten ohne ein Angebot an kultureller Vernetzung! Hier wittert der schnelle Lückenbrüter für sinnfreie Produkte eine große Chance. Hat nicht jeder von uns seit dem Smartphonebesitz eine ganze Menge Photos von allen möglichen Menschen geschossen, wo man etwas festhalten wollte, was so nie mehr stattfinden würde? Wie wäre es aber, wenn man in schöne und elegante Grabsteine Computer einbauen würde mit den ganzen vorhandenen Photos eines/r Toten. Die Grabpflege würde hier eine Betreuung der Fotogalerien bedeuten, mit deren Hilfe immer neues Material des Gewesenen zu sehen sein könnte. Nicht nur die Angehörigen hätten so die Gelegenheit, den oder die Tote/n einmal besser kennen zu lernen, und, da man sich ja für den Gang zum Friedhof immer etwas Zeit nimmt, hier ZeugInnen eines tiefschürfenden Programmes zu werden, das ein lebendiges Bild von dem erzeugt, was nicht mehr ist. Durch die verschiedenen Programme, die sich hier als angemessen erweisen, setzt man dem Nicht-mehr-Auffindbaren etwas Handfestes entgegen, nämlich den Beweis, dass der oder die hier mit Namen Genannte tatsächlich unter uns weilte, auch wenn es den meisten nicht auffiel. Hier kann man Leben studieren und diskutieren, und wenn das ermüdend wird, kann man etwas Lieblingsmusik des/der Toten einspielen. Wir fertigen maßgeschneidert an. Natürlich können die Programme auch von Haus aus gesteuert werden, wenn man den Impuls folgt, der latenten Grabesruhe ein paar neue Shots hinzuzufügen, oder sich die digitalisierten Grabesreden noch einmal anhören möchte, die viel Gutes über die Verschwundenen zu sagen haben. Wir verhandeln mit Apple über weiße Marmorbauten, in denen außer den Verschwundenen eine gemütliche Ecke eingebaut werden kann, wo man von vergangenen Leben lernen kann, was sonst schwer in die Psyche dringt: dass es vergeht. Nachfragen bitte an: „Goldtrog e.V. unlmtd.“

Das Bild soll lediglich eine Anregung sein für digitale Verarbeitung.

Sherlock

Da ich mich schon als Bazillusopfer geoutet habe, will ich nun nicht versäumen, die Widerstandskräfte zu loben, die einem ermöglichen, doch ziemlich schnell wieder zu generieren. Es gibt bestimmte Ebenen, auf denen ich von Wundern als einem natürlichen Phänomen ausgehe. Ich bemerke allerdings, dass das nur geschehen kann, wenn man sich so konzentriert wie möglich auf das Geschehen einstellt. Es muss Raum und Achtsamkeit geben, damit das Unwohlgefühl sich ausbreiten kann. Die homöopathischen Genesungsprodukte, die herumstehen, werden regelmäßig zugeführt, damit Signale an das Selbstorganisationssystem gegeben werden können. Unterhaltsam war auch, mit den Handwerkern, die neue Heizungen einsetzten, und mit AnruferInnen am Telefon zu flüstern. Menschen sind milde, wenn sie an Anderen etwas entdecken, was sie selbst kennen, und wer ist nicht froh, dass es grad den Anderen erwischt hat. Wenn man das Bild oben mit etwas verengtem Blick anschaut, kann man ein kindähnliches Wesen sehen, das in einen großen Mantel gehüllt ist. Ich bin in einem Klima aufgewachsen, in dem Krankheit (nur für mich) ein Tabu war. Es bedeutete Katastrophe. Es bedeutete auch in meiner persönlichen Wahrnehmung, dass Andere sterben können, wenn ich krank bin. Viele Jahre stand ich immer unter dem Eindruck, dass ich nie krank war. Dabei war gerade meine Überlebenskunst ziemlich auffallend. Man denkt ja gerne, dass alle immer leben wollen, dabei dauert es, bis man selbst ganz sicher sein kann, warum man (z.B.) nachts bei Regen weit weg von der Ampel in ein Auto lief. Mit Genähtwerdenmüssen fing es auch schon ziemlich früh an. Jede Gehirnerschütterung ein Risiko und eine Gefahr. Nach einigen weiteren ernsten Vorkommnissen habe ich nun einige Erfahrung gewonnen mit dem eigenen Kranksein und dem der Anderen. Auch hier gilt eindeutig: immer schauen, was für einen selbst angebracht ist. Nicht nur Menschen, sondern auch Dinge müssen einen ansprechen, sodass man darauf antworten kann. Einmal musste ich mich als potentielle Krankheitsbegleiterin abseilen, weil mir der vorgeschlagene Weg unbegehbar erschien. Aber er funktionierte  dennoch. Es kommt u.a. darauf an, wie man alles bedenkt und mit wem den Vorgang bespricht. Deswegen schätze ich Ärzte, wenn es nun sein muss, dass man zu ihnen geht, die genaue Diagnosen ablehnen, da jede Krankheitsbefindlichkeit doch eher komplex ist. Es schadet ja nichts, mal darüber nachzudenken, wann genau einen, in dem Fall mich, die Sprachlosigkeit befallen hat. Dass es z.B. diesen Moment gegeben haben musste, wo man sich angreifbar gemacht  oder angegriffen gefühlt hat. Nun sind wir auf der Ebene, auf der Sherlock Holmes aktiv ist. Er lässt nicht locker, bis er, trotz fast geheiltem Bronchitis-Räuspern, genau den Nu erwischt, der es einem Bazillus-Angreifer ermöglicht, in die leicht erschütterte Materie einzudringen. Der Bezug erschließt sich ihm trotz aller scheinbaren Widersinnigkeit, denn genau da entgehen einem oft die Zusammenhänge, da sie der gewünschten menschlichen Logik nicht folgen. Sherlock Holmes lächelt. Er hat seine Stimme wieder.

Gezondheid!

Dann kann es natürlich passieren, dass mitten in einer der langen Lebensfreudenabschnitte ein unbemerkter Bazillus sich in das System einschleicht. Wahrscheinlich ist es eine ganze Meute, die sich kichernd auf einen stürzt, wenn man mal einen Moment nicht aufpasst bzw gar nicht daran denkt. Jetzt beginnt das Denken zu schwenken. Es wird gebunden durch den Angriff und hat sein eigenes Vokabularium. Ist es nur ein Nieser, oder ist es das ganze Ding. Nur ein paar Huster, oder schon in Bronchien -oder Lungennähe. Ausgerechnet jetzt!, als wenn es einen besseren Moment für diesen Zustand gäbe. Man wacht eines Morgens auf und kann nur noch flüstern. Gerade hatte man noch eine Stimme, und der Besuch sagt „komisch, gestern hast du doch ganz normal geklungen“. Ja, habe ich, das war gestern. Jetzt muss ich überlegen, in welcher Tonlage ich noch flüstern kann, eben das Mindeste, was man zu Besuchen sagt. Dadurch hört man natürlich jetzt mehr von ihnen, denn es reicht gerade für eine geflüsterte Frage und  einen Minikrächzer, dann hört man gerne zu. Geschichten von Anderen, die man kennt, vertiefen sich, oder man hört tatsächlich was Neues, das regt an und lässt einen zwischendurch vergessen, dass man vermutlich die nächsten Tage keinen vernünftigen Beitrag wird leisten können für die Gesprächskultur. Muss ich ja auch nicht. Ich genehmige mir eine Sprachpause, das ist gesund und lässt andere Kräfte hervortreten. Gelbwurz und Honig habe ich schon drin, auch Teebaumöl in Honig gebettet und geschluckt, ich denke an Antibiotika und lasse es wieder sein, obwohl es so schön wirken kann. Gut. Infludo und Brochienbalsam. Ein Glück, dass ich nicht entscheiden muss, ob eine Terminverschiebung angebracht ist oder nicht. Wegen so einer Bagatelle bleibt man doch nicht weg. Ich will ja gar nicht wegbleiben, sondern heiße Milch und Honig schlürfen oder was den Wohlgesinnten sonst noch alles einfällt an Erprobtem in ähnlicher Misere. Wenn man dem Sog des Bettes nicht nachgeben möchte, kann man, da lesen auch nicht geht, herumwandern und ein paar einfache Handgriffe erledigen, zu denen man sonst nicht kommt. Ein bescheidener Zustand, das hat ja auch was Gutes. Natürlich findet hier innen ein Kampf statt und medikamentöse Sondierungsgespräche. Am besten, alle Substanzen kooperieren miteinander und werden zu guter Zusammenarbeit inspiriert Ich wünsche allen von uns im Land, denen es ähnlich geht, gute Besserung. Wird schon wieder! This too shall pass, immerhin einer der wenigen Sätze im internationalen Sprachgebrauch, der einem uneingeschränkten Anspruch an Wahrheit souverän gerecht wird: „Auch das wird vorübergehen“.

Bildergebnis für Allerheiligen (lateinisch Festum Omnium Sanctorum) ist ein christliches Fest, zu dem aller Heiligen gedacht wird, der „verherrlichten Glieder der Kirche, die schon zur Vollendung gelangt sind“, der bekannten wie der unbekannten.

So, das ist jetzt mein Bildergebnis und passt doch, denn die vorhandene Pinselei auf meinem Block und jetzt in meinem Blog kann mühelos als ein/e (tote/r) Heilige/r gesehen werden, der/die durch den Schleier des Jenseitigen herüberspäht. Nicht, dass man den Tag bedienen muss, nein, um Himmels Willen, es ist ja nur ein kurzer persönlicher Hinweis auf die Möglichkeiten der Tagesgestaltung. Man kann an solchen Tagen eine gewisse Fremdheit mit sich selbst genießen, oder aber eine gewisse Nähe, weil sich ein größerer Schweigeraum ausgedehnt hat. Das ganze Volk muss mit der verordneten Bremse umgehen, und alle hängen im Zugzwang der Entschleunigung. Durch einen Brückentag wird das Ganze sehr lang und macht deutlicher, was hinter den eigenen und den Befindlichkeiten der Anderen liegt, und ob neue Wahrnehmungsmöglichkeiten vorhanden sind. Wenn man den Anspruch an sich selbst mal eine Weile, ich meine Jahre, vorangetrieben hat und da noch nicht wissen konnte, dass es auch ohne geht, kommt es einem irgendwann auch natürlich vor. Der Schrecken vor den gesichteten Abgründen lässt nach. Man hält es für möglich, dass einst notwendige Dramenformen ihren Griff nach einem lockern und das eigene Wesen lernt, sich weniger Leiden zu schaffen. Die bereitwillige Reduziertheit erspart nicht den Balance-Akt auf dem seidenen Seil. Jetzt, wo die zackigen Gesteinsbrocken hinter einem liegen und der Weg sich ebnet, kommt es zu anderen und neuen Erfahrungen. Gratwanderungen brauchen eine gute Atmosphäre und wachsame Resonanzfelder, damit da, wo es gefährlich wird für das Einzelsein, eine Ruhe und eine Zugewandheit vorherrschen, die der subtilen Beschaffenheit des Äthers gleichen. Man weiß es zu schätzen, wenn man verständlich werden kann auf dieser Ebene, wo wir auch in Tieren und Bäumen und Blättern das Verlorene wieder erkennen. Wo das Einfache zu verborgenen Quellen zurückführt, zu (relativ) ungestörtem Dasein, zur Rückkehr in die Vertrautheit der Herberge. Dann ist das Draußen wieder ein verlängerter Atem, der uns ermutigt und anregt zu tiefer Verbundenheit und spielerischem Aufenthalt.