


Nun muss man die Instrumente natürlich neu justieren und die Träume, die sich in fremder Umgebung gestaltet haben, nicht mit vergangenem Erleben vermischen, jetzt meerlos und keinen Zugang mehr zur Metro in Lissabon. Ich wusste, als ich da stand, dass das einmalig sein würde, auch wenn ich nochmal in Lissabon landen sollte. Alles ist einmalig, auch wenn man sich an alles gewöhnen kann. Zehn Tage, meine Güte, das ist ja nicht lang. Die meisten Fremden, die sich im Sommer in sonnigen Ländern bewegen, sind wochenlang irgendwo. Wenn man Kinder hat, neigt man eher dazu, den Aufenthalt „Ferien“ zu nennen, ich habe diese Gewohnheit nicht gezüchtet. War ich in Ferien? Es wird von einem selbst erwartet, dass in solchen „freien“ Tagen alles anders ist. Klar, man macht und sieht andere Dinge und schlendert in der Gegend herum und ist auch jemand, der ungern als Fremdling wahrgenommen wird, dabei ist man nicht nur in Portugal Fremdling, sondern navigiert überall im Ungewissen und freut sich natürlich auch, wenn einem die Erde Urvertrautes schenkt wie die Störche, die man wohl als Kind kannte, aber als ausgestorben vermutet hat. Wieder zuhause, schaut man sich um und schaltet den Wiedererkennungsmodus ein. Wo liebevolle Verbindung gelingt, geht es dem Fremdling gut. Wo Liebe sich klar ausdrückt, erfährt man durch Resonanz letztendlich das, was man wirklich erlebt hat, denn nun hat man die nötige Distanz der Betrachtung und die direkte Erfahrung der Reflektion. Durch langsames Umschalten erfährt man auch, was mit den Menschen hier so alles geschehen ist und vertieft sich in die verrinnenden Nus. Beim Einkaufen des Nötigsten höre ich Nachrichten, die Hand schaltet automatisch WDR5 ein, da kann ich kurz einen Einblick bekommen, was die politische und menschliche Welt grad beschäftigt, obwohl wir natürlich auch in Portugal nachgeschaut haben, was so läuft. Wer auf Staunen eingestellt ist, braucht damit nicht aufhören. Es wird zur Zeit wohl viel darum gerangelt, dass alle bald alle heiraten dürfen. Ich stelle mir die Bürger – und Bürgerinnen vor, wie sie alle tief darüber nachdenken. Gerade mit einem Kollektiv-Fuß den unvorstellbaren Grausamkeiten menschlicher Taten entstiegen, ist nun Raum für Gendergroßzügigkeiten? Vor kurzem wurden Homosexuelle in diesem Land noch an die Wand gestellt, jetzt darf ich mir vorstellen, dass alle liebevoll auf sich Liebende schauen, auch wenn es neue Genderpräzisionsverweigerung gibt? Ich bin, nicht dass es jemand interessieren muss, ja nicht für Heirat, sehe aber die praktischen Vorteile. Wenn Menschen bewusst Ferien machen, sieht das Verheiratetsein oft nicht nach etwas aus, was man auch gerne hätte. Mir sind aber Väter aufgefallen, die mit Kindern in sehr schönem Kontakt waren, das freut einen dann doch und man möchte jedem Kind wünschen, dass er lange bleibt und unterstützt, was das Kind vorhat. In Portugal konnte man viele gleichgeschlechtlichen Paare wahrnehmen, es ist ein Land, das bekannt ist für seine Offenheit und Wertschätzung aller Arten des Seins. Nun gab es gleichgeschlechtliche Liebe auch schon im antiken Griechenland bzw überall, und man kann mal wieder feststellen, dass der Pfad vom Gesetz zu den Herzen vermutlich länger ist, als man denken möchte. Vielleicht gibt es ihn auch gar nicht, und man muss stets um eigene Antworten ringen, wenn man Fragen hat.











Man denkt (z.B.): das ist Wasser, aber es ist ein Stein. ..
Oder man denkt z.B.: da oben stehen Menschen, aber es sind Störche, die hier ihre großen Nester auf den Felsen bauen. So denkt man dies und jenes, und man kann sich natürlich auch vergewissern. Sehen wir wirklich, was ist, oder wie wirklich ist, was wir sehen…
Das Wasser von oben im Bild, hier als Stein. …
Das Haus heißt „Quintinha Mojud“. Was bedeutet es, frage ich die Besitzerin und erfahre: „Landhaus Mojud“, und dass „Mojud“ der Name eines Mannes aus einer Sufi-Geschichte ist, der seiner inneren Stimme treu war und ihr bedingungslos folgte. Sie führte ihn zu allem Möglichen und Ungewissen und lehrte ihn viele Dinge aus dem direkten Dasein, die ihn direkt da sein ließen ….“Mojud“ bedeutet „jemand, der anwesend ist“….
Die Bilder sind noch aus der Metro in Lissabon, denn das Meer, mare nostrum, zeigt sich erst jetzt unserem Blick, und man denkt an den bedeutsamen Einstieg der Portugiesen in die Welteroberung. Kein Goa der wilden Entwicklungen ohne die portugiesischen Heimgestalter. Wir fahren auf kleinen, fast leeren Straßen durch Eukalyptuswälder und Korkeichengebiete. Es häufen sich, nicht nur auf Reisen, aber auch da, die Dinge, die man noch nicht gesehen hat 😮 (eingeschlichenes Emoji). Und was ist das da oben auf großer Höhe in riesigem Nestbau!!? Es sind Störche!
Aber nicht nur e i n Nestwunder, nein!, immer mehr tauchen auf und umkreisen uns mit riesigen Schwingen. Wo brüten sie die Babies aus und bringen Sie dann klappernd in Windeln zu den Müttern!? Kenne ich sie überhaupt nur aus ehemaligen Kinderbüchern? Brutzeit im Vogelland. Wie viele flauschigen Winzlinge sind uns in den letzten Tagen über den Weg gelaufen, deren spätere Pracht noch in tapsigem Taumel steckt….



Morgens um fünf versuche ich dann, meinen abgestürzten Computer wieder in Gang zu bringen, statt mit der berühmten Lissabonner Straßenbahn durch die Gegend zu fahren.. Als wir uns für getrennte Unternehmungen entscheiden, kann ich das Tippsystem auf der Winzlingstastatur des Smartphones etwas gelassener angehen, da ich nicht an die Computerprogramme komme, achach. Vielleicht lerne ich ja auch aus der Not heraus das rasende Zweidaumenspiel der vielschreibenden User. Gut und schön, dass es Ausweichmöglichkeit gibt. In der Welt wächst das Verblüffende. Und wenn ich da so tippe, gefällt es mir auch, dass ich in Lissabon sitze in angenehmem Wohnraum. Kaffee trinken, reinfühlen. Come as a guest, leave as a friend..






















