Luxus

Dann gibt es bestimmte Hefte, die bei einem herumliegen, weil man unbedingt noch einen Artikel darin lesen möchte, und dieses Möchten kann sich jahrelang hinziehen. Man gewöhnt sich an den Blick auf das Heft (oder den losen Artikel) und langsam reiht sich das Ungelesene ein in seine eigene Rubrik. Dann kann allerdings der Tag kommen, wo man es merkt. So nehme ich (gestern) ein mir wohlbekanntes Literaturheft aus dem Jahre 2013 zur Hand und mir wird klar, dass es vor allem der Titel war, der zum Behalten des Heftes geführt hat. Hier sind sie, die drei herrlichen Worte: ‚Luxus des Denkens‘. Da erwärmt sich das Strömende in den Synapsen, es erfreut sich lebendige Einsamkeit an sich selbst, da formt sich herzergreifende Bereitschaft des Willens, und es wächst die tiefe Dankbarkeit des Denkgeschenkes, hallo, hallo! Hier ist Luxus des Denkens, das jedem erlaubt ist, obwohl es, wie alles andere, Bedingungen hat. Und es gibt Beispiele wie Nelson Mandela, der nach 27 Jahren unschuldiger Gefängnishaft den Bau verließ als ein ungebrochener Mann, das kann nur Denken. Nein, nicht nur, es muss Nahrung geben, von der man nicht erkrankt oder gar stirbt, wie Nawalny, der allerdings gewusst haben musste, dass er den Gulag nicht überlebt. Aber es hat doch eine gewisse Tragik, dass Menschen eben diesen vorhandenen Luxus des Denkens viel zu wenig in Anspruch nehmen. Es ist nicht, weil sie nicht können, sondern wer zur Quelle des Denkens durchkommen will, muss sich dort hinbewegen, und steinig und schwer und vor allem gefährlich kann dieser Weg sein, und er ist es immer noch. In den östlichen Schulen wird vom Denken oft abgeraten, weil man den ‚Lernenden‘ nicht zutraut, die angebotene und meist tief in der Tradition steckende Ideologie nicht zu verstehen. Und so kommt viel Gehirngewaschenes dabei heraus, wenn man der Illusion verfällt zu glauben, dass man Gehörtes automatisch dadurch weiß, ohne es selbst zu durchdenken. Es braucht viel Mühe, eigenes Denken zu entwickeln, und die Gefahr begleitet einen auf jeder Ebene. Bis es offener und sicherer ist und Freunde gewonnen wurden, die einen noch rechtzeitig zurechtbiegen können, wenn die Fußspitze den Abgrund berührt. Wenn die Sicht klarer wird, der Atem ergiebiger, das Lachen leichter und tiefer zugleich. Wenn Reichtums, der nicht an Materie gebunden ist, sich durchsetzt als Glücksgefühl, dann ahnt man, was Luxus auch sein kann. Was sind schon elf Jahre, um diese drei Worte zu spüren.
Die Putzhilfe schüttelt energisch mit dem Kopf und tut kund, dass sie nicht an Harris‘ Sieg glaubt. Ich widerspreche nur deshalb, weil ich mich bis zur Wahl nicht einreihen möchte in das Negativ-Programm. Es ist ungeheuerlich genug, dass zwei solche Köpfe wie die von Harris und Trump überhaupt ein Kopf-an-Kopf Rennen liefern müssen. Ganz so, als würde man zwanghaft hinschauen müssen, nur um der Vernunft beraubt zu werden. Eigentlich hatte ich mich schon in Richtung Gelassenheit gelenkt mit dem ‚was soll’s, wenn es tatsächlich geschieht‘, aber bis dahin bäumt es sich doch zuweilen auf, das arme Gehirn muss die unausgestoßenen Schreie regulieren, also Schreie der Empörung, wie das sein kann: Ein Kopf-an-Kopf Rennen zwischen Kamala Harris und Donald Trump! Ja ist das nicht genug, was der Kerl gesagt und getan und gelogen und verleumdet hat, und trotzdem jubelt das halbe Land ihm zu, vermutlich wegen inneren Ähnlichkeiten, auf denen eine Mütze sitzt mit der Aufschrift ‚Make America great again‘. Und was hat er die letzten Jahre alles für Denkanstöße gegeben: man durfte intensiv über Dummheit, Feindseligkeit, Geschmacklosigkeit undsoweiter nachgrübeln, und wo in dem ganzen Elend die Grenzen zu setzen wären. Nun ist das unseriöse Spiel um den zunehmend dementen Hauptdarsteller aus dem Ruder gelaufen, und obwohl die Trumper dachten, sie erleben etwas ganz Herausragendes, ist genau d a s auf eine neue Ebene gerutscht und hat dort, ausgerechnet im Madison Square Garden, seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Hier konnte die Welt zuschauen, wie sehr viele Menschen in einer riesigen Blase saßen und sich selbst für einen grandiosen Comedy Erfolg hielten, während sich lautlos ein Kipppunkt näherte und sich eben in genau diesen Schreien äußerte, die man selbst gerne zurückhält. Aber vielleicht ist das gar nicht immer so gesund, das Zurückhalten. Wir stehen an der Schwelle einer neuen Weltordnung, kein Zweifel, und die düsteren Marionettenspieler haben schon längst ihre Maschinerien in Gang gesetzt, damit genau der Dummkopf gewinnt, den sie manipulieren können, zum Beispiel als ein weiteres Brics Mitglied, mit dem der Westen durch sich selbst in die Kniee gezwungen werden kann. Auch wenn Deutschland, das gerade ringsum schwächelt, sich nicht erholt vom Schwächeanfall, dann…ja eben: was dann. Das Schlaraffenland hat bereits seine Tore geschlossen, obwohl, wie ich höre, die Jugend frohgemut nach vorne blickt, denn auch d a s ist wahr: ganz neue Welten öffnen sich, und die Nachtphase geht irgendwann vorüber, und bald kann vielleicht jede/r so alt werden wie es die Medizin erlaubt, und dann hinkt’s mit dem Sterbenkönnen vermutlich hinterher.

radikal

Dass wir in extrem verdichteten und irrwitzigen Zeiten leben ist kein Geheimnis (mehr). Man ist bestrebt, seinen eigenen Senf, hier Senf als überflüssige Meinungskundgebung, in Zaum zu halten, wohl wissend, dass die bereitwillige Darbietung von ‚Mein-ungerei‘ d a ihre Bedeutungslosigkeit erreicht, wo nur noch überall und zu jeder Zeit weltweit über absolut alles was gemeint wird, wodurch sich die potentiell vorhandenen Tiefen in immer seichtere Gewässer flüchten oder gar nicht mehr wahrgenommen werden, auch wenn es nur aus Zeitmangel geschieht. Zeitmangel war schon immer eine hervorragende Ausrede für das, was eigentlich bewältigt und gedacht werden müsste, aber eine andere Art von Mühe und Bereitschaf bzw. Einstellungt braucht. Ich vermute mal, dass wir alle irgendwo Zettel herumliegen haben, auf denen weise Sätze aufgehoben wurden, deren schlichte Essenz ausreichen würde, das ganze Leben entweder zu verändern oder zu bereichern, hätte man sich um ihre Tiefe weiterhin bemüht. Aber noch vorteilhafter ist natürlich die eigene, mit inneren Überlegungen angefüllte Schatztruhe, immer bereit, neue Anstöße zu geben, wenn schwierige Kreuzungen auftauchen, die ohne Aufmerksamkeit und einer hohen Konzentratonsbereitschaft nicht zu bewältigen sind, da sie uns wesentliche Entscheidungen abringen. Wir Menschen, auch wenn wir bis zum Hals von einem ewigen Außen durchprogrammiert sind, laufen dennoch als Originale durch die Gegend, und es ist und bleibt unsere höchstpersönliche Verantwortung, w e r da durch die Gegend läuft, also als wer in welcher Gechichte. Auch die gründliche Durchforstung meiner Geschichte kann zwar in Bezug auf frühe Störungen und wahrscheinliche Kindkatastrophen eine Heilung einleiten oder aber einen Prozess auslösen, aber dann ist ja erst mal Schluss mit der Geschichtsverbündelung. Löst man sich davon, was empfehlenswert ist, wird man gerne als radikal gesehen, und natürlich kommt es darauf an, was man unter ‚radikal‘ versteht. Sobald das Lebensblasenkonstrukt, bei Zerrissenheit reparierbar wie ein Spinnennetz, tatsächlich durchbrochen wird, erscheint einem erst einmal alles als radikal, die Wissenschaft, die Technik, die Kunst, die Dummheit, die Abhängigkeit undsoweiter. Der Dschungel des Daseins formiert sich zu einem komplexen Labyrinth, das sich selbst gleichermaßen in Sinn und Widersinn (und Unsinn) ausgetüftelt hat und nun zum Ausprobieren bereitsteht. Findet man wie zufällig den Glückskeks an unvermuteter Stelle, breitet sich unter günstigen Umständen im Innern ein feines, humorvolles Lächeln aus, auch d a s radikal in der Macht seiner authentischen und arglosen Wirksamkeit.
Niemand kann einem verbieten oder vorschreiben, wie man sich selbst sieht, aber unbedingt muss immer wieder mal abgecheckt werden, inwiefern sich dieses Bild, diese Idee von sich, einfügen lässt in ein überschaubares Etwas, das mit dem Weltstrom korrespondiert. Als mir die indische Bevölkerung des Dorfes, in dem ich dann die Hälfte meines Lebens verbrachte, den Namen ‚Kalima‘ schenkte, war es nicht, weil ich mich in dem ziemlich brissanten Rollenspiel bewähren wollte, sondern es war einerseits eine sofortige Akzeptanz und Verbundenheit mit dem Namenstitel, aber dann doch ein langer Prozess, in dem sich bestimmte Kräfte entfalten konnten, die ohne den Namen und den dazugehörigen Rahmen nicht hätten herausgekitzelt werden können aus dem Fundus der Möglichkeiten, die einem als Mensch in die sogenannte Wiege gelegt werden. Auch ein geschenkter Name kann mit einem verschmelzen wie ein gut sitzendes Kleid. Es soll Aboriginis möglich gewesen sein, je nach Bewusstseinserweiterung ihre Namen selbst zu ändern, das hat mir eingeleuchtet. Zum Zeitpunkt meiner Namensänderung habe ich auch meinen ursprünglichen Namen nicht abgelehnt, aber der neue war eine viel größere Herausforderung, die nicht darin lag, sich dem Titel anzupassen, sondern weiterhin sich, also mich selbst zu sein. Und so konnte ich mir genau wegen dieses Namens eine weit größere Reichweite bewohnen, denn er beinhaltete unter anderem, die bestehenden Konventionen infrage zu stellen, wenn die Notwendigkeit dafür sich zeigte. Die meisten Inder lebten bis vor Kurzem in einer außerordentlich gut funktionierenden mystischen Welt, in der alles gleichzeitig spürbar verbunden war und vollkommen voneinander getrennt. Von dem Geheimnis des Lebendigen durchdrungene Gister hatten das Sein minutiös erforscht und der Bevölkerung zugängig gemacht, und es gab viele Ebenen des Verstehens davon, von der Praxis radikaler Abstraktion bis hinein in den Haustempel, wo sich die Götter in unzähligen Variationen tummelten. Und genau diese phantastische Ordnung, die das totale Chaos durchdringt, ist die Voraussetzung für ihre Fähigkeit, mit Technik umzugehen. Nun, wir befinden uns im letzten Atemzug der Religionen, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht. Aber die albernen Rollenspiele sind viel zu transparent geworden, und niemand würde Kim Jong-un außerhalb der nordkoreanischen Gehirnwäsche einen Gott nennen. Oder Trump, der auf einer Rally das Ave Maria spielen ließ in der vollen Entfaltung des narzisstischen Rausches. Und nun flog eine Delegation hoher Politiker ins einst heilige Land Indien , um dort die klugen Köpfe nach Deutschland einzuladen, und wer weiß?, vielleicht entsteht wieder die indogermanische Route, diesmal mit umgekehrten Vorzeichen, die tiefgründiger nicht sein könnten.

Karl Jaspers

Die erste Denkweise ist die gegenständlich forschende. Sie scheint Wege zu öffnen, um mit dem Bescheidwissen planmäßig etwas einzurichten, was erwünscht ist. Die zweite Denkweise ist die philosophisch erhellende. Es wird eigentlich nichts erkannt, sondern im Falle des Gelingens wird in uns etwas klarer und selbstgewisser. Die Gedanken zeigen keine technisch verfügbaren Mittel, sondern erwecken und befestigen unser Wirklichkeitsbewusstsein im Unverfügbaren.
Diese beiden Denkweisen gehören zu aller philosophischen Einsicht: Wir denken gegenständlich, und es öffnet sich die Welt endlicher Dinge; wir denken durch das Gegenständliche in das Umgreifende, und es geschieht im Verschwinden des Gegenständlichen die Erfüllung vom Sein selbst.
Dieses denkende Erhellen der Philosophie ist unerläßlich. Mit bloß rationaler Diskussion zerstreuen wir uns in die Endlosigkeit des Endlichen. Mit philosophischem Denken gewinnen wir die Weite des Raums und den Boden zugleich im Unendlichen. Aber es vollzieht sich im Bewusstsein, nicht im Wissen. Es ändert mich selbst, aber nicht meinen Besitz an Kenntnissen. Es kann uns heller und gegründeter werden lassen, ruhiger in der unaufhebbaren Unruhe. Es kann uns ermutigen. Wir werden gewisser, während die Sicherheit des Erkannten ausbleibt.

Es handelt sich um etwas ganz Einfaches und doch unendlich Schwieriges: um die Befreiung aus der Verstandesbefangenheit, ohne den Verstand zu verlieren. Eine Umwendung, in der unser Wesen erst zu sich kommt, nicht durch Preisgabe des Denkens, sondern durch gesteigertes Denken.

glauben (?)

Damals, als ich nach Indien kam, war ich sofort ergriffen von der vielfältigen Glaubensintensität, die scheinbar jedem das Seine ließ, solange es um Gott oder Götter oder einzuhaltende Rituale oder Reinkarnationsgewissheiten ging. Denn hier war ein durch und durch sich selbst ordnendes Chaos zu finden, das wirklich alles für möglich hielt, und nicht nur das, sondern es auch auf verblüffende Art und Weise ins Leben brachte, sodass klar war, dass tatsächlich jede/r ein Recht auf eigenes Karma und die dazugehörigen Göttergehilfen hatte. Man war also im kosmischen Sinne völlig abgesichert. Ich selbst, zu jener Zeit höchst motiviert, das große Geheimnis um die göttliche Vorherrschaft zu knacken, konnte mich tatsächlich oder gerade wegen diesem Interesse, mühelos einreihen in diese durch göttliche Gesetze durchdrungenen Welt, die mich sogar noch schützte, als ich einigermaßen wohlbehalten pass- und visalos wurde, weil auch die derzeit harmloseren Polizisten machtlos waren gegen die Realität, in der ich mich bewegte. Und ich muss sagen, dass ich die Erfahrungen, die ich auf dieser Ebene machte, keineswegs missen möchte. Aber heutzutage verwundert es mich doch, dass ich all das zweifellos Erlebte für Wissen, und auf keinen Fall für Glauben hielt. Dass sich dieser Glaube, also das Vertrauen in die Abwesenheit des Beweisbaren, derart aufgelöst hat, verbindet sich für mich u.a. mit einer sich auf dem Plneten zeitgemäß entwickelten Intelligenz, deren Angebot man kaum mehr ausweichen kann, was nicht heißt, dass man automatisch Zugriff hat auf sie. Dass ich mich nicht als Atheistin bezeichnen würde liegt daran, dass ich die nackte Realität des lebendigen Erlebens auch ohne, oder vor allem ohne Gott, wunderbar und wundersam genug finde, ohne sie von irgendwelchen Gehirnlenkern erklärt bekommen haben muss. Sondern ich traue es mir zu, ein lebendigerTeil dieses Prozesses zu sein, hochzufrieden mit gewissen technichen Entwicklungen und der Möglichkeit, Sein als solches selbst zu erforschen, auch wenn diese Forschung immer wieder nachjustiert werden muss. Um nicht wahsinnig zu werden, muss man wohl gleichermaßen in Hölle und Himmel persönliche Erfahrungen machen. Dann weiß man mehr über sich und kann dem Bedürfnis nach, na, wie soll ich das nennen, vielleicht ‚kreative Nüchternheit‘, dem Bedürfnis nach ihr also Raum geben.
In Indien habe ich einmal in einem der von Hindus verehrten Epen gelesen, dass es im (relativen) Zeitgeschehen eine Szene gab, in der Dämonen und Götter in d e r Hinsicht an einem Strang zogen, dass einmal die Einen, dann wieder die Anderen scheinbare und flüchtige Siege (und Verluste) erringen konnten. Nun muss man in der Jetztzeit die Dämonen-und Götterebene ordentlich absenken, um dort Zeugin desselben Spiels zu werden. Die einen werfen Bomben auf Wohngebiete, die anderen legen schmerzlindernde Kompressen auf verbrannte Kinderkörper. Viele beneiden Elon Musk um seine Milliarden, seine Tochter nennt ihn einen armseligen Incel (involuntary Celibate). Und so kann man in der Nähe eines Abgrundes zwei Seiten sehen, die den Abgrund selbst als notwendige Trennung empfinden, wenn das Seil nicht mehr hält. Gut und Böse, Hell und Dunkel, Dummheit und Klugheit usw. hängen immer nah beieinander, man kennt ja selbst dieses Rangeln zwischen Dualitäten, mit denen man im Innern umgehen muss, ohne Gefahr zu laufen, auf einer der Seiten ideologisch hängen zu bleiben. Deswegen hat mich immer interessiert, wann Menschen wie Stauffenberg gemerkt haben, dass es s o nicht weitergehen kann, und in solch einer Situation es tatsächlich besser ist zu scheitern, als an einem als abstoßend erkannten Spiel weiterhin teilzunehmen. Es ist selten von Vorteil, sich auf die Meinungen anderer zu verlassen, aber es gibt in jedem Leben Situationen, wo man unbedingt alleine stehen muss, wenn auch nur, um mehr Klarheit zu erlangen. Muss ich mir Gedanken darüber machen, was nordkoreanische Soldaten in Russland anstellen werden, oder relativiere ich dieses Drohgetöse durch eigene Gedanken, die diese Bewegungen auch als offensichtliche Schwäche (Putins) auslegen können, und noch ist Europa keine Illusion und kein Vogel Strauß. Und nicht vergessen: den Herren gefällt das, wenn ihre Spielchen Angst einflößen, denn da gibt es immer was zu manipulieren. Und die Geschlechter und ihre Zwischentöne hängen auch noch in den Seilen, man ist sich ziemlich fremd geblieben und starrt verblüfft auf die Ausnahmen, die gerne in Filmen ihre Lösungen anbieten. Der Weg zu sich selbst ist ein verdammt schwerer Weg. Dem Abgrund kann man nicht ausweichen, sondern muss ihn durchqueren. Wer überlebt, hat auch sich selbst gefunden. Nicht wahr?
In einem (Bio)laden geriet ich gestern mit einer der Angestellten, die ich schon ziemlich lange kenne, auf einmal in eine politisch gefärbte Unterhaltung, und zwar über ihre Bemerkung der Ähnlichkeit zwischen meinem Namen ‚Kalima‘ und dem von ‚Kamala‘ Harris, für die sie sofort eine heftige Abneigung ausdrückte. Wie, sagte ich, noch in scherzendem Ton, du kannst doch wohl nicht für Trump sein. Doch, sie war ganz eindeutig für Trump, und nicht nur für Trump, sondern auch für Victor Orban, und niemals würde sie, meinte sie, die Grünen wählen, und fand Robert Habeck den dümmsten Mann der Welt. Das Nachfragen stoppte dann, weil es die Richtung gefunden hatte, also wo das jetzt langgehen würde. Man ertappt sich ja ungern selbst bei albernen Gedanken wie zum Beispiel, wie dieses Gedankentum mit der Bioware zusammenpasst, das habe ich dann auch schnell gelassen. Das Nagetier war dennoch bereits da, aber ich konnte noch rechtzeitig das Feld räumen für weitere Kund:innen, denen vermutlich ein aufgeheiztes Politgerangle unangenehm gewesen wäre. War es mir allerdings auch, ich hatte schon zuviel aufgenommen, denn meine Verblüffung über diese Aussagen betraf nicht diese einzelne Person, sondern überhaupt die Tatsache, hier in Deutschland eine überzeugte Trumpistin zu treffen, die sich in ihrem Irgendwo zu Gleichgesinnten zugehörig fühlte, die ebenfalls wie sie in der Coronazeit gegen Impfung waren, ganz im Sinne der Verschwörungstheorethiker:innen. Und dass ich mir gar nicht vorstellen konnte, sie hierzulande als Trump-Anhängerinnen vorzufinden, denen ganz offensichtlich seine großkotzige Grobheit und ‚catch them by the pussy‘ Ideologie akzeptabel vorkamen. Nun, da es so nahe an mich herankam, dieser rein gedankliche Abgrund, tauchte die Frage auf, wie damit umgehen. Kann ich dieser Person, jetzt nur als Beispiel, jemals wieder arglos gegenüberstehen, oder drängt es mich eher zur maskenhaften Distanz, klar, das ist immer möglich, aber nicht unbedingt wünschenswert. Während wir sprachen und ich bereits angedeutet hatte, dass ich diese Einstellungen erst einmal als scherzhafte Provokation sehen würde, hatte sie mit dem Ausfüllen einer Bestelliste begonnen, und ich schaute einen langen Moment auf ihr Profil. Sah ich zum ersten Mal diese abgewandten, auf Verbitterung hingeneigten Züge, die sich als Lebenszeichen gegen sie verschwört hatten. Klar, das sind wiederum nur m e i n e Gedanken, in denen meist auch genug Raum ist für Andersdenkende. Ich musste an das Naziregime denken und eine der letzten Bemerkungen von Donald Trump, der Hitler für seine gehorsamen Generäle beneidete und auch gerne solche hätte, wenn er nicht in einer Demokratie leben müsste und sie scheinheilig verteidigen. Wir befinden uns in der Mitte gefährlicher Vorgänge, bei denen das zugelassene Maß an Dummheit vielleicht das Gefährlichste ist, vor allem, wenn die Träger dieser unseligen Geisteshaltungen in der Schule waren und lesen und schreiben und denken gelernt haben. Oder haben sie es doch nicht gelernt. Oder sind in die falschen Kanäle geraten und behaupten nun frischfröhlich genau das Gegenteil von dem, was in der langen menschlichen Historie als denkenswert betrachtet wurde. Nur von wem?

bübisch

Als mir heute in einem bestimmten Kontext das Sprichwort ‚In der Not frisst der Teufel Fliegen‘ einfiel, fiel mir auf, dass es im heutigen Sprachgebrauch gar nicht mehr vorkommt. Doch bei allem simplen Verständnis der Worte (in der Not akzeptiert man das ansonsten Unakzeptable) hat es mich dann interessiert, warum der Teufel in der Not eigentlich Fliegen frisst. Ich lerne also über den jetzt üblichen Weg, dass der Teufel der Herr der Fliegen ist, so wurde er jedenfalls im Aramäischen genannt, und zwar ba’al dehaba (Herr der Fliegen), woraus sich wiederum das Wort Beelzebub ableitet. Wenn der Teufel also (stand da) als Herr der Fliegen in der Not diese Fliegen verspeist, dann verspeist er damit seine eigenen Untertanen, was mich wiederum an Donald Trump erinnert, der auch in seiner narzisstischen Not seine Sektenanhänger:innen verschlingt, indem er ihnen vorgaukelt, sie mit sich selbst zu füttern. Nun ist er fürwahr keine besonders interessante Teufelsgestalt wie zum Beispiel Luzifer, der immerhin mal vor seinem Fall Erzengel war, es aber nicht lassen konnte, seine Machtgelüste auszuspielen. Insofern ist Donald Trump nur ein kleiner Satansbraten, der allerdings in der Selbstgefälligkeit so verankert ist, dass die Fliegen, also seine Untertanen, daran kleben bleiben. Wenn wir schon dabei sind, uns auf alle möglichen Szenarien vorzubereiten, bzw. sie mal durchkontemplieren, müssen wir ebenfals einen völlig unakzeptablen Akt ins Auge fassen. Wenn es sich also zeigen sollte, dass im kosmischen Script, das sich selbst schreibt, enthalten ist, dass ein weiterer Fliegenherr an die Spitze des Weltgeschehens katapultiert wird, durch Wahlen wohlgemerkt, dann muss es wohl so sein. Auch die Versammlung der Beelzebuben in der Brics-Staatenformation kann vorübergehend beunruhigen, denn man weiß, wie groß die Not ist und wie heißhungrig die Geister. Und so muss man auf alles gefasst sein und natürlich wach sein, damit man nicht eines Tages wie aus Versehen verschlungen wird, weil man das Sprichwort in seiner Abgründigkeit gar nicht kannte.

migrieren

In einer hinter mir liegenden Anekdote war ich einmal eingeladen bei Freunden meiner Mutter, und der Mann fühlte sich gedrängt, mir mitzuteilen, dass meine Freiflüge in das Wasauchimmer in krassem Gegensatz stünden zu seiner Pragmatik. Was nicht schwer zu verstehen war und von uns beiden bejaht werden konnte, denn seine Pragamatik hatte mit dem Bäcker um die Ecke zu tun, wo es immer verlässlich frische Brötchen gab und gibt, was ich natürlich auch erbaulich finde. Nun wollte ich aber auch etwas Raum schaffen für meinen Pragmatismus, also im Rahmen stocknüchtern und zweifellos existierender Realität wie zum Beispiel die Tatsache, dass wir permanent auf einem Planeten durchs All reisen, ist das wohl nüchtern genug? Zum Glück wissen wir inzwischen, dass das Ding, also unser Planetenfahrzeug rund ist, obwohl es als Fläche natürlich auch seinen Dienst hätte ausführen können, nämlich uns alle gleichzeitig durch Sternenheere und Lichtsinfonien zu steuern, was wr dem Geheimnis an sich zu verdanken haben. Denn who the hell knows schon, ob da ein bewusster Plan dahintersteckt, ausgetüftelt vom galaktischen Selbstprogrammierungssystem, ein ungeheures Wachsein produzierend, vor allem da, wo es erwünscht oder ermöglicht wird. Denn im Wachsein spürt man das Getriebe des Schöpferischen sich immer wieder neu gestalten. Auf die nackte Tatsache folgt wie von selbst die Interpretation, und warum sollte sich ein als völlig normal empfundener Bäcker-und Metzgergänger auf die Surfboardtrips eines Aliens oder einer Alienesse einlassen, die im direkten Zugang zur intergalaktischen Nachbarschaft keine Gefahr wittern. Aber wir sind ja nicht nur kurz durch Sphären Streifende, sondern wir sind Herumirrende im Labyrinth des Unvorstellbaren, für immer gleichzeitig verbunden und getrennt durch Migrationshintergrund. Nein? Kein Migrationshintergrund? Du da draußen überall im Irgendwondwo: kein Migrationshintergrund!?

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Chilly Gonzales

…Der Algorithmus fördert Stücke, denen es grundsätzlich an Überraschung mangelt. Der Geschmack des Algorithmus belohnt Wiederholungen, statischen Aufbau, Totgeburten und Gleichförmigkeit ohne Gesicht. Der Versuch, die ‚Hochkultur‘ zu imitieren, verschleiert die Dominanz des Algorithmus. Jede Spur eines künstlerischen Standpunktes wird verwischt. Eine Vereinfachung der Musik, die bereitwillig die künstliche Intelligenz dazu einlädt, auch Komposition und Produktion mit zu übernehmen. Wenn wir keinen echten Menschen mehr hinter der Musik hören, warum sollte dann überhaupt ein Mensch an ihrer Entstehung beteiligt sein? Hält die Epidemie der schwindenden Aufmerksamkeitsspanne und der Gesichtslosigkeit weiter an, werden immer mehr Künstler bereitwillig ihre Identität aufgeben – und sie werden es sich gründlich verdient haben, durch Roboter ersetzt zu werden. Schon jetzt lässt sich hieran nicht mehr viel ändern. Es passiert bereits.

Aus einem Artikel der ‚Zeit‘

sinnieren

Zum Glück haben wir die ‚Zeit‘ abonniert, denn sie kommt nur einmal in der Woche, und diese Woche braucht man unbedingt, um die paar Artikel, die man wirklich lesen möchte, auch zu lesen. Was sofort ins interessierte Auge fällt, ist natürlich die Überschrift, die über den Weg vieler forschender Journalist:innen nach dem Kollektivinteresse der Gesellschaft ein summa sumarum in der Themengebung anbietet. Diesmal steht da in den großen Lettern ‚Sinn finden‘, und darunter ‚Was macht ein erfülltes Leben aus‘. Bevor ich mich irgendwann aufmache, entweder den Artikel zu lesen oder es zu lassen, weil mich beide Sätze schon irritieren, sinniere ich erst einmal vor mich hin. Ich habe nie verstanden, warum das Leben unbedingt einen Sinn machen muss, außer ich bin konfrontiert mit einer spürbaren Leere, die nach Bereicherung lechzt, aber keinen stofflichen Inhalt dafür findet. Da wäre mein Vorschlag, therapeutische Hilfe zu beanspruchen, aber auch dort kann ich günstigerweise nur ein paar Sachen aus dem Weg räumen, die meinen Blick auf das Vorgefundene klären, aber nicht unbedingt auch noch einen Sinn ergeben müssen. Was soll das überhaupt sein: Sinn!? Jede/r wird hineingeschleudert in das vielschichtige Getümmel, und meines Erachtens hat man fast in jeder Situation enormen Spielraum, mit dem eigenen Paket kreativ umzugehen. Und für mich persönlich ist die Spielart wesentlich bedeutsamer als dieses tonnenschwere Wort Sinn, so nutzlos fordernd, was vielleicht gar nicht da ist. So wie einer der vielen Götter, der so tut als wüsste er, wo’s langgeht, dabei weiß niemand, wo’s langgeht, das ist ja gerade das atemberaubend Spannende an diesem Schauspiel. Auch Denken kann klar und präzise sein, ohne einem Sinn untertan sein zu müssen, ja welchem Sinn denn. Und weil er vermutlich gar nicht da ist, kann er ständig gesucht werden, und auf einmal ist man Asche und hat vergeblich nach Sinn statt nach sich selbst gesucht. Dann bemerkt man bei der Frage, was ein erfülltes Leben ausmacht, schon so ein geistges Ermüden, denn who the f…k can tell me, was mein Leben erfüllt. Kann man zum Beispiel die Abwesenheit von Sinn genießen und sich völlig dem Ungewissen und Unkennbaren hingeben, dann reiht sich erfüllter Nu an erfüllten Nu, und die Leere gibt ihm und seiner Flüchtigkeit Raum. Denn es kann doch nur das Lebendige anreichern, wie überraschend und verwirrend es sich auch gestalten mag. Jede Art von Füllung kann Begeisterung auslösen, auch wenn hier die Dämmerung den Unterschied zwischen dem Weiß und dem Schwarz verblassen lässt und der Muezzin seine heiligen Verse in die Atmosphäre singt. Und auch wenn sich herausstellen würde oder einer es vehement behaupten wollte, dass alles, absolut alles Sinn macht bzw. Sinn i s t, dann wäre es wiederum sinnlos, nach Sinn zu suchen, denn alles ist ja schon da. So würde ich statt der nutzlosen Sinnfindung eher vorschlagen, die Gesetzmäßigkeiten der Matrix zu studieren und zu achten.
Es gibt immer mal wieder in verschiedenn Kontexten die sicherlich berechtigte Frage, wo und wie und wann, sofern ihre Spielart willkommen ist, Frauen in dem ganzen Drama mitspielen. Man kann auch nicht behaupten, sie wären unsichtbar gewesen, denn man hat sie häufig herausragen sehen, oder aber vom Hintergrund aus Einfluss nehmend auf das Weltgeschehen über die Gehirne der Männer. Aber so laut und deutlich die weiblichen Stimmen auch werden konnten, so sind die relavanten Gespräche im öffentlichen Diskurs meist wieder versiegt, weil der männliche Geist mit anderen Belangen beschäftigt ist, und für ihn, den Jedermann, ist es oft am einfachsten, wenn die Erhaltungsnummer von Kind und Kegel reibungslos abläuft. Man ertappt sich beim unruhigen Herumwinden, denn sind wir nicht im Jahre 2024, und hallo, ist denn nichts passiert? Doch doch, es ist schon was passiert, man freut sich ja über jeden Zentimeter, während Frauen auf den Unterhaltungsbühnen sich redliche Mühe geben, auch steinreich zu werden, damit dieser Punkt wenigstens geklärt ist. Aber am Verdienen liegt es auch nicht mehr, denn in der Tat, es regt sich was, das hat das nur scheinbar notwendige Schlachtgetümmel hinter sich gelassen und geht nun einfach ruhig voran, macht, was es tun möchte, lässt sich von Plänen nicht mehr abhalten und hat deshalb und aus zahlreichen anderen Gründen gerne mal keine Kinder. Das muss man sich gut und gründlich überlegen, denn ich werde doch wohl selbst entscheiden können, ob ich das möchte oder nicht. Man muss es (das Es, das zum Ich wird) in Wirklichkeit gar nicht mehr erwähnen, oder muss man es doch, denn wie schnell kann doch vergessen werden, dass die gesellschaftliche Norm nur eine Maske ist, hinter der sich das Wesentliche sehr oft verbirgt, weil es sich gar nicht kennt und die freundliche oder unfreundliche Maske für das wahre Gesicht gehalten wird. Ja klar, spielt die Frau mit. Aus ihrem Gefühlsfundus nimmt sie (zum Beispiel) die stocknüchterne Variante und kleidet sich dementsprechend (also s i c h und ihrer Nüchternheit entsprechend), deren Grundform durch Liebe angereichert ist. Dann wählt sie eine angemessene Waffe, die gleichzeitig Instrument ist, und übt in der Welt zum Schutze des Einhorns, selbst Einhorn genug, um zu wissen, wie das geht. In den Nachrichten hört sie, dass der Biber zurück ist und vieles untergräbt. Eine Stimme fragt: Ist der Biber der neue Wolf? Nein, wie kann der neue Biber der alte Wolf sein? Sie nähert sich also behutsam dem Kern des Weltenkonflikts. Hier wird ernsthaft gerbeitet, und es ist sehr still. Einiges an Aufgewühltem kommt zur Ruhe.
Das Bild habe ich gestern abend schnell im Vorübergehen geknipst (knipsen sagt man auch nicht mehr) in dem Gefühl, dass die Natur mich anschaut mit Augen, die überall aus dem Dunkel dringen und eine direkte Wirkung auf meine Befindlichkeit haben. Solch ein Auge kann derart schön sein, dass es fast schmerzhaft ist zu wissen, wie schnell aus einem Auge ein Ast werden kann. In Indien konnte man keinen Vollmond und keinen Halbmond und keinen Neumond verpassen, denn immer war Tempelgebimmel oder Gebetsgesänge, oder Lichter wurden auf das Wasser gesetzt. Hätte ich nicht viele Jahre in Indien verbracht, wäre ich vermutlich nie in Kontakt mit diesen Kräften gekommen. Es ist die tiefe Bewunderung für den kreativen Vorgang, den ich anregend fand und der in meine Neigung zu bewusster Künstlichkeit einen Tropfen dieser kostbaren Wirklichkeit senkte. Dabei zielte meine jugendliche Leidenschaft durchaus in Richtung Zarathustra, der wie Hieronymus oder der Prophet (von Kahil Gibran) im Schutze der Natur seine Weisheitscocktails zusammengebraut hatte, um sie dann der durstigen Menschheit zu offerieren. Das war, bis Stan Lee in meine Welt kam, also Amerika und das ‚Livung Theater‘ mit neuen Ideen für das verbleibende Leben. Immerhin ist die Natur der Schauplatz, auf dem alles stattfindet, was wir für lebenswert halten. Und nur, wenn der kollektive Lebenswert auf zuvor unvorstellbare Tiefen fällt, beginnt das gnadenlose Ausrauben der geschenkten Sphäre, und nun erkennt man auch in Stan Lee einen Vordenker. Es wird keinem lebenden Wesen mehr gelingen, die Augen ganz von den Tastaturen zu lassen. Schon jetzt würde alles zusammenbrechen, sollten die krassen Warnungen Einzelner ernstgenommen werden z.B. in Hinblick auf körperliche, aber voar allem auf geistige Gesundheit. Jetzt bin ich so dankbar, dass sich meine Augen auf sattem Grün oder bunter Farbpracht ausruhen und erholen können, denn wir sitzen alle schon in gefährlichen Trakten, wo der Mond seine ureigene Bedeutung verliert oder bereits verloren hat, als die üblichen Machthengste auf ihm herumtrampelten, um zu schauen, ob man hier für Überlebende vom Missbrauch vielleicht eine weitere finstere Welt erschaffen kann. Nicht, dass es bloß Finsteres gibt, um Himmels Willen, nein! Es gibt sie noch, den Mond, die Sonne und die Sterne. Man muss sie nur bewusst wahrnehmen, wenn sie da sind.

ganz

Jeder Mensch kennt die Erfahrung, dass man das, von was man tief überzeugt ist, an die Frau oder den Mann oder das Kind bringen will. Manchmal kann das eine durchaus anregende Wirkung verursachen, aber erst einmal kommt die Frage: von was bin ich denn so überaus überzeugt, gleich zweimal über sozusagen, und sind meine Überzeugungen noch bewegungsfähig, oder schon in irgendeinen Stein gemeißel. Vermutlich war mit diesem Begriff des Gemeißelten der Grabstein gemeint, also festgeschraubt für ein erwünschtes Immer. Allerdings wird einem mit der verrinnenden Zeit klarer, wie man selbst die Dinge sieht und wie man sie bewusst sehen möchte, Hauptsache, man nimmt das alles mit in den lebendigen Bereich und bleibt weiterhin auf Fahrt, was hier als eine planetarische Selbstverständlichkeit gesehen wird im Sinne, dass wir, ständig durchs All bewegt werdende Geschöpfe, trotzdem oder gerade deswegen herauszufinden versuchen, wer hier eigentlich unterwegs ist. Nun werden wir natürlich von Anfang an bombardiert mit den Meinungen oder dem Wissen oder den Befindlichkeiten anderer, sodass man, wenn man nicht aufpasst, ein großes, aus vielen Teilen zusammengesetztes Puzzle werden könnte, dem dies und jenes Teilchen abhanden gekommen ist. Aber ist man nicht von Beginn an das Ganze, das gar nicht auseinander genommen werden kann, sondern sich nur im bewussten Erfassen der durchlebten Nus erspürt und weiß, mit wem man verbunden ist. Die Normen der Gesellschaft, also d i e Überzeugungen, die es durchs kollektive Raster geschafft haben, können eine enorme Belastung werden, wenn man sich ihnen nicht zugehörig fühlt. Daher braucht es soviel Kraft, den eigenen Weg zu gehen, denn dafür trage ich die volle Verantwortung, ein Wort, das nur im Sinne des Sich-selbst-Antwortgebens seinen Anspruch erfüllt. Ich selbst Antwort geben auf mich, auf meine Fragen, auf meine Gefühle, auf mein Hören, auf meine Sicht, auf meinen Ausdruck. Dieses Alles trage ich so, wie nur ich es gestalten konnte, in die Welt und bleibe dadurch ein immerzu wachsendes, selbstbestimmtse Wesen, das sich erfreut an der eigenen Gesellschaft, und nur dadurch auch an der Gesellschaft der Anderen. Ich schreibe ‚die Anderen‘ immer groß, weil die, die ich damit meine und denenn ich von Herzen zugetan bin, eine große Bedeutung in meinem Leben haben.

herbsteln

Es ist immer wieder erstaunlich, wie schon allein durch die natürlichen Begebenheiten des Klimas gewährleistet ist, dass wir uns verändern können und auch müssen, uns also anpassen müssen an die vorhandenen Verhältnisse. Allerdings sind viele von uns, hier z.B. als Deutsche, in der Lage, in irgendeinen Süden zu fliegen, wo noch Sommer herrscht oder immer etwas davon spürbar ist wie im Winter in Indien, wo es ziemlich kalt werden kann, aber mit dem Erscheinen der Sonne pünktlich gerechnet wird, nicht zuletzt ein Grund der vielen Wanderungen, vor allem an die Küsten von Goa. Aber der Herbst in unserer Breitenlage ist sehr schön und unterhaltend, auch wenn es bedauerlich ist, dass man Türen und Fenster schließen und sich langsam einlassen muss auf die sichtbaren Vergänglichkeiten. Man tritt förmlich auf die Flüchtigkeit des Daseins, und ja!, schöne Farben, atemberaubendes Gold, wenn denn das Licht der Sonne die stark ermüdeten Blätter noch einmal in den Glanz des Lebendigen schießt, und wie gerne lässt man sich von dieser Täuschung betäuben. Und es ist diese seltsame Herbstwehmut, die aus den inneren Archiven die allzeit berühmten Herbstpoesien entlässt von depressivem Schlurfen durch Blätterberge, und schwer und süß sinken die trauernden Zypressen und die bis zur Neige genossenen Tristessen in die liebessüchtigen Herzen. Leider taucht auch der ominöse Gott, den keine/r kennt, in ihnen, den Herbstgedichten, auf, wo man ihm alles zutraut, was man nicht für menschenmöglich hält, wie die letzte Süße in den dunklen Wein zu jagen, ja klaro, das kann nur er. Oder dass er uns alle in der Hand hält, also aufhält beim Fallen. Es gibt Momente, da wär‘ ich gerne kurz nochmal so unbegrenzt in meiner Wahrnehmung, dass es mir durchaus möglich schien, den Dialog direkt mit der göttlichen Instanz zu führen, was ja auch als Idee keine schlechte Idee ist, wenn man unbedingt ein höheres Wesen als Gegenüber braucht. Das kann auch zu einem intensiveren Grad an Wachsamkeit führen, wenn man rechtzeitig aufhört damit. O Weh also, owehoweh, alles ist so verdammt vergänglich, und da steht sie dann herum, leer und unbewegt, die Zypresse, aber hallo!, in ihr leben und überleben Vögel und Eichhörnchen und was nicht noch alles, die brauchen Lebensraum, daher die Schönheit und der Tanz der Leere.

Es schadet ja nichts, wenn man zuweilen angebrachte Kritik an sich übt. Das kann sein, wenn man gemerkt hat, dass es Zeit für einen ist, sich in bestimmten Bereichen zu ändern, und merkt, dass man’s nicht so recht schafft. So fand ich es neulich angebracht und erleichternd, mal tüchtig ins All zu kotzen, schon das Wort allein missfiel mir ziemlich schnell. Ein unverantwortlicher Wortgebrauch erschafft keine gute Atmosphäre und ist daher unangemessen, ich meine gemessen am eigenen Anspruch. Überhaupt brauchen die von einem selbst erwünschten Veränderungen Zeit. Man muss durchkontemplieren, um was es einem geht und was man lieber aus dem Entwicklungsprozess herausnimmt, also nicht weiter verfolgt. Was riesige Weltthemen betrifft wie männliche Übermacht-und Erniedrigungsgelüste, die dem Rest der Welt Ohnmachtsgefühle beibringen sollen, so bin ich zum Glück nicht verpflichtet, mich in ein willenloses Nichts zu verwandeln. Nein, im Gegenteil. Es ist gesund, eigene Grenzen des Verstehens wahrzunehmen und sich insofern um sich selbst zu kümmern, dass man darauf achtet, das einem nicht Guttuende einfach zu lassen. Mich beschäftigt auch die Nutzlosigkeit von Meinungen, wenn sie nicht reflektiert sind oder sich zur Grundausstattung meines Wesens gesellen können, um dort in reflektierter Dosis ein weiterer Teil von mir zu werden, oder auch nicht. Und auch wenn ich (z.B.) erkenne, dass es zwar einen gravierenden Unterschied machen wird, ob Donald Trump oder Kamala Harris ihre Finger im Spiel haben werden, so ist doch das Resultat des konsequenten Nachdenkens: so what! Die Welt wird mit diesen Entscheidungen leben müssen, und zum Glück sitzen großartige Helfer und Ehrenamtliche an vielen bedeutsamen Hebeln, um dem Spiel zuweilen die Groteske zu nehmen, und ihre Arbeit verdient jeden erforderlichen Respekt. Aber solange wir uns in irgendeiner Weise noch im Weg stehen, durch unangebrachte Meinungen, oder unverarbeitete Kindergeschichten, oder Erwartungshaltungen irgendwelcher Art an irgendwen, also noch Hoffnung , noch Ärger usw an jemandem abarbeiten müssen, solange muss man halt Geduld haben mit sich. Denn will man nicht letztendlich als sich selbst durch die Welt gehen?!, unangefochten von Irrsinn und Treiben des Weltgetümmels. Und wenn man die Lupe nimmt und den eigenen Weg betrachtet, dann wollte man da doch eh raus, aus diesem Meinungsdschungel, der das Blut der Lebendigen aussaugt, um zu florieren. Man braucht also viel Zeit allein mit sich, damit man nicht der ungesündesten Illusion aller Illusionen unterliegt: zu meinen, man sei in Verbindung mit sich, obwohl man gar nicht weiß, wer das ist: man selbst, das Ich also als Vorstufe des Seins

K.I.Shakti

Leider konnte ich das Video (im Computer) nicht kleiner machen, empfinde es aber als kosmischen Humor, dass es heute hereinwehte mit freundlichen Grüßen aus Indien, wo heute der Festtag Dusshera stattfindet als Abschluss des 9-tägigen Festes ‚Navaratri‘, zu Ehren der weiblichen Energie, Shakti genannt. K.I. in vollen Zügen!

Blaue, Rote, Grüne, Gelbe tummeln sich auf dem internationalen Politfeld, aber es ergibt kein angenehmes, eher ein verstörendes Bild. Hat man sich einmal gründlich sattempört an einer Figur wie Trump, ohne auch nur in die Nähe einer Antwort gekommen zu sein, wie das möglich ist, dass er noch immer vor unserer aller Nasen herumtanzt mit seinem entgleisten „weaven“, wie er es neuerdings nennt, dann schwenkt man mal wieder zur deutschen Politik und sieht einem Treffen zwischen Friedrich Merz und Markus Söder zu, das ist nicht weniger verstörend. Doch was tun? Alle zusammentrommeln, die Merz genauso wenig als Kanzler wollen wie ich, oder kann ich schon ‚wir‘ sagen. Oder sind es vor allem Frauen, die den Merz-Kerl nicht ausstehen können und nicht möchten, dass er die Geschicke Deutschlands lenkt. Zusammen mit dem Verwandlungskünstler Söder. Und wieder geht’s exklusiv um männliche Machtausübung, um Alphatiere unter sich. Es kommt wahrscheinlich gar nicht gut an, wenn eine Frau mal ins All hineinkotzt, während es in manchen Männerzoos kaum auffällt. Natürlich sind Kabarettist und Kabarettistin da im Vorteil, wenn geradezu erwartet werden darf, dass sie die Themen der Zeit auf ihre Weise anpacken und umsetzen ins Allgemeinverständliche. Aber wer will schon müssen!, auf die Gauklerbühne müssen, nein da fehlen auch Begabungen oder trifft man auf Begrenzungen des freien Willens. Einen persönlichen Brief an Herrn Habeck und Frau Baerbock schreiben? Fürchtet euch nicht, stünde da, vor den schwarzen Magiern, wir werden weiterhin unser Kreuzchen bei ‚grün‘ machen, denn hallo, Söder und Merz, ihr zwei Powerkumpel, habt ihr euch nicht vereint auf der niedersten Ebene der Gelüste, die reichen jedenfalls zum Wegfegenwollen der Ampel ohne tiefere Überprüfung der Hintergründe und der Vordergründe und der Untergründe und der Abgründe, die sich in menschlichen Psychen ausleben. Also was will ich sagen. Fühlt, (ihr Amerikaner),was ihr wollt und denkt, was ihr wollt, aber wählt Harris? Und die Grünen, damit die Tragödie ihrer Vertreibung verhindert wird. Wenn dìe niedersten Triebe sich durchsetzen und in die Normalitätsebene rutschen, desto heilender kann der Rückzug in die Besinnung sein. Besinnung nicht als Sinnsuche, denn wer weiß, vielleicht gibt es oder braucht es gar keinen, sondern ganz einfach als Verbindung mit der eigenen direkten Wahrnehmung.

vermögen

Das Interesse, über etwas nachzugrübeln, was sich dem eigenen Verständnis entzieht, ist ja natürlich und für forschende Geister eine tägliche Beschäftigung. Aber (aberaberaber), wenn sich zu wiederholtem Maße diese berühmte Wand aufbaut, wo dem Verständnis die eigene Grenze offeriert wird, und zuweilen die Empörung zu einer überflüssigen Blase wird, ist man genötigt, innezuhalten und sich zu fragen, was es da zu verstehen gibt. Also wenn zum Beispiel 100 Kilo Heroin beschlagnahmt werden, kann man, wenn man möchte, wenigstens noch ahnen, was sich da im Hintergrung austobt, was bei der Beschlagnahme von Millionen Photos von Kinderpornographie und weiteren Verteilern im Netz nicht mehr möglich ist. Natürlich kann man sich bei den menschlichen und tierischen Spürhunden bedanken, die uns vermitteln, wie dunkel es werden kann in der Menschenwelt, sodass das Auge ausweicht vor Schrecken und die Gehirnstränge vor Anstrengung erzittern. Aber kein Verstehen macht sich breit. Keine Erlösung durch Denken. Keine Befreiung durch Wissenwollen-und können. Nur Grauen, das sich aufbäumt vor weiterem Grauen beim Hineinstarren in diese Abgründe, wo man selbst nicht war. Warum also es überhaupt verstehen wollen? Im geistigen Raum muss viel rotiert und bewegt werden, bevor Ruhe einkehren kann. Nicht die Ruhe des enttäuschten oder verbitterten Niederlassens mit dem gewohnt Gewöhnlichen, sondern die Ruhe, die aus dem Verstehen kommt, dass man nicht nur vieles nicht verstehen kann, sondern auch nicht muss. Es bleibt das durchaus aufregendste Abenteuer auf Erden, sich selbst zu verstehen, das erfrischt immerhin und macht mutig, denn hier kann ich Fragen stellen und, wenn es sein muss, auch Antworten finden. Wir nennen das „Arbeit“. Es ist nicht die vertrackte Ich-Blase, die alles braucht vom Außen, um das Unersättliche in die niemals auftretende Sättigung zu führen, also nicht das ‚Hungry-Ghost-Syndrom‘, sondern das Ringen um sich als der Mensch, den ich als Menschen annehmen kann, mit dem ich also weiterhin leben und gut auskommen will. Wie erfrischend und wohltuend sie sich dann auf einmal anfühlt: die viele und gute Luft nach oben, und von mir aus hinein in die Galaxien, soweit der Geist es vermag.

katastrophal

Manchmal, zum Beispiel heute, frage ich mich, ob ich unbedingt am frühen Morgen mal schnell die Nachrichten anhören soll, um mit der Weltsituation in Kontakt zu sein. Und „Teilnahme“, was ist das überhaupt? Da fegt ein Ungeheuer über Florida und wieder wird irgendwo hingeflohen, ohne sicher sein zu können, ob das Haus noch steht. Dann zum nächsten Thema, die Zeit muss eingehalten werden. Die 51 Männer, die es ok fanden, einen Mann zu besuchen, der seine Frau vergiftet, damit sie sie in Ruhe vergewaltigen können. Man war mal wieder entsetzt, aber wo und wann hört das Entsetzen auf, und darf es überhaupt aufhören? Eine neue Studie berichtet, und auch die ist nur der Schatten des Eisbergs, berichtet also, dass es zur Zeit in dieser Welt 560 Millionen Mädchen zwischen 14 und 16 Jahren gibt, deren Leben bereits durch Vergewaltigung gestört wurden. Und dann: Vergewaltigung als Kriegswaffe. Dann sitzt man beim Frühstück und starrt auf die Blätter und den Regen vor dem Fenster, und dann denke ich, ich muss mal mit Männern darüber reden, aber mit welchen. Ich kenne keine Männer, die ihre Frauen schlagen und sexualisierte Gewalt an ihren Kindern ausleben. Und die Frauen, die derart verstumpfen müssen oder sich in den Glauben retten, dass das alles nicht ist, was sie sehen. Da schleicht sich doch in die Philosophin ein großes Betretensein ein bei der Wahrnehmung einer weiteren Form der Banalität des Bösen. Soll ich froh sein, dass ich keine Tochter hatte oder habe und nur vernünftige Männer kenne, deren Ansichten sich von meinen nicht unterscheiden. Wir treffen gemeinsam auf etwas, was sich dem Vorstellbaren entzieht. Da fällt mir dann prompt „Das Gastmahl“ ein, wo die Herren auch schon gerne unter sich waren mit ihrem Geist, versunken in Wein und Jünglingslenden. Dann wurde Diotimas Geist heraufbeschworen, damit die sich Zelebrierenden auch etwas von d e m aufgetischt bekommen, was ihrer Vorstellung nicht unbedingt natürlich entspricht: die Liebe. Natürlich muss man die Liebe kennen lernen, damit man von dem, was man von ihr dachte, loslassen kann. Man muss den Unterschied wahrnehmen! Dann wäre die Frage: kann ein Mann, der die Liebe erfahren hat oder noch immer erfährt (denn wenn sie mal da ist, bleibt sie meistens gerne), kann so ein Mann ein Kind vergewaltigen? Ich muss mich hier der Worte bedienen, damit mir nicht schwindlig wird, so gewaltig und grässlich kommt mir der Abgrund vor, in den wir da schauen und uns fragen: müssen wir schauen? Das rotiert und rotiert und führt letztendlich in die Einsamkeit des Denkens, wo man ein gewisses Maß an Klarheit erlangen kann, was den eigenen Umgang mit den Dingen und Themen und Geschehnissen betrifft.
Mit der generellen Neigung, männlichen Geist zu bewundern oder zu überschätzen, muss man persönlich umgehen, wenn die Zeit dafür da ist. Man wächst bis heute hinein in eine männlich geprägte Welt, die man als den Normalzustand versteht, bevor man sich eigene Gedanken macht. Sofern man im Geistigen das Männliche und das Weibliche überhaupt noch unterscheiden würden wollte, muss man trotzdem auf die Plätze schauen, wo Angemessenes Wissen zugelassen wird, und man wird durch die Weltgeschichte hindurch viele Frauen sehen, die mehr oder minder gezwungen waren, ihr Wissen als sogenannte Musen in die Synapsen der Männer zu schleusen, ohne dass es denen zu sehr auffiel oder aufstieß. Die meisten Männer sind auch fürs Zuhören herzlich wenig geeignet, da sie ihren Taschenspiegel vor das dritte Auge, also das innere Auge, halten, das sich über das Selbstbild hinaus noch nicht geöffnet und entwickelt hat. Doch wenn große Vernichtungszeiten sich anbahnen, beginnt das Bild zu bröckeln, und selbst Männer der Wissenschaft bedenken das Niederlegen der Schreibfedern. Vom weiblichen Denken, soweit ungefiltert durchgelassen, hört man nun immerhin ab und zu Töne, die sich unabhängig von patriarchalen Strukturen bewegen, aber noch müssen sie gegen die Shitstürme gefeit sein. Und klar freuen sich auch unsere Freunde, dass Kamala Harris aufgetaucht ist aus dem Schattenreich, aber mit Recht schaudert’s einen, wenn man an die herrschenden Herren denkt, für die diese weibliche Ankunft auf der relevanten politischen Bühne ein ungeheurer Affront ist gegen ihre strotzende Maskulinitätsphantasie. Ach ja, auch der friedliebende Silver Surfer musste ein Herold von Galactus, dem tumben Weltzerstörer werden, um seinen friedlichen Planeten zu retten. Seine geliebte Shala-Bal verzehrte sich nach ihm auf Zen-La und war leider nicht geeignet, um ein wirkungsvolles Amazonenheer zu formieren gegen den Planetenfresser Galactus. Da spielt schon auch die Zeit, in der wir gerade leben, eine größere und bessere Rolle für Kamala Harris, die Hillary Clinton noch nicht zur Verfügung stand. Das kollektive Misstrauen darüber, ob Frauen Länder adäquat regieren können, ist in Wirklichkeit schon ad absurdum geführt, denn es regieren schon einige Frauen Länder und müssen sich nicht immer nach dem Maßstab der Männer richten, und hallo, ob es den überhaut gibt. Wir wollen weiterhin von diesen beängstigenden Planetenvernichtern regiert werden? Nein. Vielleicht werden Frauen sich genauso entwickeln unter Machtverhältnissen, mal schauen. Aber zumindest sollte man sie ranlassen an den Job, damit sich das Mangelhafte korrigieren und das Fehlende sich endlich Räume geistigen Reichtums erschließen kann.
Das Dunkle, was auch immer man darunter versteht, hat ein breit gefächertes Machtpotential. Das weiß man schon als Kind, wenn man in Kontakt kommt mit den eigenen Manipulationsünsten. Und natürlich knistert’s auch bei Engeln, denn wer will nicht letztendlich zu den Besten gehören, vor allem, wenn die Beflügelten tief grübelnd über das Weh des Menschen an Abgründen herumsitzen. Und doch ist es mindstens genauso spannend, sich Luzifer, den Lichtträger, beim Schachbrett mit Gott vorzustellen, wie er mit seiner bereits verspielten Göttlichkeit immer noch versucht, den Alten zu besiegen, und hat vergessen, dass es dem Alten um was ganz anderes geht, jedenfalls nicht um gewinnen und verlieren. Und so haben dunkle Mächte mit hellen viel gemein und unterscheiden sich hauptsächlich durch die Motivation, die entstanden ist aus vielen geheimen Entscheidungen. Auch ein Mafiaboss kann Würde und Souveranität ausstrahlen, das hat Marlon Brando ja versucht, und die Darstellung der Tragödie solcher Leben ist ihm auch gelungen. Spannend ist es nur, wenn Intelligenz mit im Spiel ist, auch wenn einem das Outcome nicht immer gefällt, zum Beispiel bei Quentin Tarantino, wenn es also ein dunkler Flügel ist. Gefährlich wird es da, wo das Dunkle hinter der käuflichen Maske mit radikalm Machthunger agiert und das Menschlichsein keine Rolle mehr spielt. So wird in zuvor unvorstellbarer Weise von innerlich hungernden Geistern ein Wesen erschaffen wie Hitler oder Trump, die ein brauchbarer Spiegel werden für die grauenhafte Leere des Kollektivs, das sich in diesem Bild wiederfindet und froh ist, dass es mit der eigenen Armseligkeit nicht allein ist, und hat nun Einen, der ihre unhinterfragte Ignoranz mitrettet. Nur wohin? Das sind nicht die Zeiten, wo man in Höhlen sitzt oder in der Waldhütte, oder mit Adler und Schlange herunterkommt von den Bergen, um Gutes und in der Stille Wohlkontempliertes zu den Menschen zu bringen, ganz abgesehen davon, dass es Zurathustra da unten nicht besonders gut ging. Nur: was kann man jetzt (noch) tun!? O Mensch! Gib acht!

7. Oktober 2024

Tatsächlich, ein Jahr ist vergangen. Ein Jahr, in dem wir auch manchmal dem mysteriösen Phänomen des Schicksalshaften gedankt haben, dass wir selbst so viele Jahre Frieden hatten, der verhältnismäßig ungestört war, man konnte nachdenken, überhaupt: selber denken. Man konnte einen zarten, liebevollen Blick in die Antike werfen, wo immer noch der Wind der Weisheit herweht darüber, wie der Mensch das kostbare Leben gestalten kann, das ihm von woher auch immer geschenkt wurde, sozusagen in den Schoß geworfen das gestaltbare Bündel, das sich mit anderen Bündeln in gemeinsamem Tun erleben kann und auch muss. Denn es gibt ja da grundlegende Fragen, die auch ohne eigene Entscheidung auf einen zukommen wie: was mache ich nun mit diesem Geschenk. Dann kommt eines Tages der 7. Oktober 2024. Viele Waffenlords müssen unvorstellbaren Reichtum erworben haben, denn immer mehr Männer müssen ran an die Waffen, man darf nicht mehr fragen: warum. Wenn das Chaos sich austobt, ist es zu spät, manche grundlegenden Fragen zu stellen. Über den Menschen und sein Menschsein auf Erden. In solchen Zeiten kann ein Drang sich von innen her melden, die Meinungen niederzulegen und Pfade zu finden, die einem noch möglich erscheinen. Auch der kreative Schöpfungsvorgang kann nicht kleingeredet werden, denn ist die Weltsituation nicht auch unser Gemälde? Immer frisch präsentiert von der derzeit herrschenden Macht, oft missbraucht von der Gier nach mehr, obwohl das Mehrhabenwollen so eine sichtbare Grenze hat. Es muss viel amputiert werden, Kinder verlieren ihr Augenlicht durch Bombensplitter. Und wir in den Gärten bekommen das hautnah mit, nur die Scheiben sind zwischen uns, was dann allerdings den Unterschied macht. Und auch hier im Schlaraffenland treiben Splitter des Irrsinns herüber: jüdische Menschen müssen wieder bangen um ihre Sicherheit, sie werden automatisch mit Netanjahus Taten verbunden. Wir müssen über uns selbst nachdenken, denn das Nachdenken über all das, und was es mit uns ganz persönlich macht, ganz zu lassen, ist leider auch nicht mehr möglich. Wir sehen ein aus der Not geborenes Erwachen von Mitgliedern der global community. Das Zünglein an der Waage richtet sich nach dem, was gedacht und gemacht wird. Auf einmal kann es viel bedeuten, wie man sich selbst als Mensch beteiligt.

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Zurück aus den Niederlanden, wie auch die Sprache heißt: niederländisch. Außer dem Rechtsruck gibt es noch den Schatten, dass es wegen der Niederländischkeit eines Tages vom Meer verschluckt wird, noch ist keinerlei Warnung zu spüren. Natürlich waren wir am Meer, das Meer gibt immer zurück, bis man genug hat vom Rauschen, wozu mir das Gedicht ‚Was schlimm ist‘ von Gottfried Benn einfällt, wo er erklärt, was schlimm für ihn ist, zum Beispiel ‚Nachts auf Reisen Wellen schlagen hören und sich sagen, dass sie das immer tun.“ Das hat mich einst in Goa schon mal zur Abreise bewegt, diese betäubende Gleichrauschigkeit, und ich habe Menschen nicht beneidet, die Villen an Meeresufern haben. In Holland ist der Strand lang und unbeherrscht von Villen, mal ein Hotel, mal ein Restaurant, von dem aus man durchs Glas auf das wilde Wassertoben starren kann, wo sich immer der eine oder andere geschulte Körper mit Brettern dem Mutterrachen entgegenstemmt, und das Anfang Oktober in schneidendem Wind. Was haben Menschen sich nicht alles ausgedacht, um ihren Leidenschaften Raum und Form zu geben. Bretter, Boote, Fahrräder, Drachen und vor allem Hunde, nordic walking sticks, Pferde undsoweiter. Und dann natürlich die Kinder und die Eheleute, meist deutsch oder niederländisch, die sich, alle vermummt in denselben wattierten Jacken und Mänteln, durch die Gegend bewegen. Wo Orte so schön sind, da ballen sich Menschen und alle verdienen und Neues wird gebaut und die Einheimischen kann man gar nicht mehr erkennen, weil sie diesem ganzen Strom null bedeuten, man kennt jemanden vom Platz, wo man wohnt, das kann sehr nett sein, man bringt auch Geld und schätzt ihr Angebot. Ferienmachen ist mir fremd, ich mag aber auch die Fremdheit der Umgebung, der Sprache, der Gewohnheiten. Auch muss man Gewohntes zumindest vorübergehend aufgeben und andere Spielräume zulassen, oder mal keine Pommes essen, die man sonst dort immer essen muss. Und da, wo die Oberfläche so fein und säuberlich ist, beginnt man, die Schatten zu spüren, die sich im erst Unsichtbaren sortieren, um dann an unerwarteter Stelle auszubrechen, obwohl auch das sogenannte Unerwartete eine Maske trägt, denn wir können doch jetzt nicht mehr sagen: wir wussten es nicht, wo wir es doch wissen. Oder nicht?

Noch Niederlande

Wir sind noch in Holland, wo einen am Meer eine gewisse Ausnahmezeiterschöpfung erfassen kann, die inneren Strukturen brechen zusammen, die Zeit läuft anders ab, und dann natürlich die Sprache, diese vollkommen fremde Sprache, von der man trotzdem so viel verstehen kann. In einem Cafe‘ konnte ich es dann doch nicht lassen, die Bedienung auf die politische Situation, also den Rechtsruck, anzusprechen, sie war hellwach und gut informiert und meinte, es müsse wohl noch schlimmer werden, bevor es wieder aufwärts geht. Am Abend der amerikanischen Debatte bin ich dann pünktlich um 3 Uhr früh aufgewacht und habe eine Weile zugeschaut, weil auch von dort aus an unserem Schicksal gebastelt wird, auch wenn das Daumenhalten nichts nützt. Amerika entscheidet, ob es reif ist für eine Frau an der Spitze, so, als würden Weltherrscher als gutes Beispiel dienen für die Kunst des Herrschers. Als Kunst verstanden im Sinne des Amtes für die besten Möglichkeiten des menschlichen Tuns und Waltens. Solange Herrscher noch gefragt sind. Und sicher ginge es auch ohne sie, wenn jeder Mensch zu sich selbst hingereift sein könnte, wovon auch der Buddha träumte, aber es sieht gar nicht danach aus. Ich denke auch, dass das globale Schlimme einerseits nicht aufzuhalten ist und eigentlich nur noch repariert werden kann, bis es seinen tiefsten Punkt erreicht. Dem entspricht sein in ihm enthaltenes Gegenteil. Attention, travelers!