Eine Antwort, die ich auf die nimmerendende Frage hätte, was nun an diesem Land so unwiderstehlich ist, wäre unter anderem, dass nirgendwo so viel von Herzen kommende Heiterkeit in mir ausgelöst wird. Es hat schon einen sehr tiefgreifenden Unterhaltungswert, das Spiel des Lebens hier verhältnismäßig ungestört betrachten und daran teilnehmen zu können. Das Ungestörte für mich besteht darin, dass ich auch nur eine Figur in ihrem Drama bin, an die sie gewohnt sind und von der sie gewisse Dinge gespeichert haben, wie ich von ihnen. Dann kommt die tägliche Menge der Pilger dazu, mit denen auch ich vor allem morgens umgehen muss. Früher wurde ich öfters mal als Mann von ihnen gesehen, das fand ich auch erheiternd, auf einmal „Sadhu Maharaj“ zu sein, die übliche Anrede für Mönche. Jedenfalls ist es mir lieber als die andere Angewohnheit der Inder, jeden Menschen nach Belieben mit einem Familientitel zu belegen, das kommt bei mir nicht so gut an. Ich bestehe auch darauf, dass an das „Ma“ in meinem Namen das „Kali“ drangehängt wird, sozusagen als Garantie für Freiraum. Erheiternd finde ich auch manche Schriftzüge wie an der großen Wand des Advaita Ashrams, an dem ich täglich vorbeigehe. „Is all“ steht da. Außer kichern kann man auch noch was lernen. Is all! Essenzvoller geht’s nicht. Oder die Affen, die sich nach den Festen die Gaben im Tempel abholen. Oder die Raben, die auf den Rücken der Kühe durch die Gegend ziehen und gleichzeitig auf ihnen was zu fressen finden. Dann der Satz an der Brücke für die Foreigners: „Don’t put shoes on Bridge“, wo das fehlende „g“ in der Brücke sie in eine Braut (bride) verwandelt, auf die man die Schuhe nicht stellen sollte, auch guter Hinweis. Oder der Wagen, auf dem statt „Lion’s Club „Loins“ Club steht, und keinen stört’s, dass aus einem Löwen Club ein Lenden Club wurde. Es stört ja überhaupt selten jemand was. Five Finger not same, Kalima, habe ich auch schon 2017 viele Male gehört, das ist wohl wahr. Lustig sind auch die religiösen Fanatiker. Es gibt ein paar, die sind so überdreht, dass der übliche Umgang mit dem Ritual für sie nicht mehr möglich ist. Krächzend beten sie mal nach rechts, mal nach links, ob auch genügend Bewunderer ihre Darbietung wahrnehmen. Religiöser Wahnsinn wird hier geschätzt, weil es zu schwer ist, ihn einzustufen. Einiges ist schwer zu verstehen. Zum Beispiel tummeln sich in der „Straße der Süßigkeiten“ so viele Hunde, dass man als Mensch kaum durchkommt. Jede Regelung des draußen stattfindenden Unerträglichen ist für den Inder eine extra Last, hat er doch den täglichen Irrsinn bereits im Haus. Auch durch den Bazaar fahren täglich 8-bis 10 Jährige das Motorrad ihres Vaters. Natürlich fällt es auf, aber wer will schon was dagegen unternehmen, da die eigenen Kinder auch ohne Führerschein Motorrad fahren. Dann stehen am See, vom Bürgermeisteramt finanziert, 2 Lakh das Stück, das sind immerhin fast 2000 Euro, 4 künstliche Bäume, die keiner will und wollte, ein Alibi für das Geld in der Tasche. Eine Woche später waren alle Plastikblätter am Boden. Seither ragen nur noch Eisenstäbe gen Himmel, wohl, bis auch sie vergehen. Manchmal verirrt sich ein Vogel drauf, bis er merkt, dass irgendwas nicht stimmt. Das alles führt einzeln gesehen ja nicht unbedingt zum Heiteren. Es ist die Überdosis der Eindrücke,, die einen irgendwann zu einer einem entsprechenden Medizin führt, zB eine Dosis Heiterkeit. Man versteht, dass man nur ganz begrenzt was machen kann. Das kann mir dann im rechten Moment so schwindend wenig vorkommen, dass es ein eher befreiendes Lachen hervorbringt. Auch wird mir klar, dass alles doch auch sehr stimmig ist. Man darf es nur nicht so krass beurteilen, so als wüsste man immer, wie es besser geht, dabei weiß man’s gar nicht besser. Wenn man Glück hat, fällt einem vielleicht noch Freund Sokrates ein, das kann auch noch zu einem Lächeln führen. Dann wieder der Freude das stetig vor sich Hinströmen des Aufenthaltes überlassen…Und dem Universum danken, dass es mir bzw ich mir ermöglicht habe, mich in (m)einen Raum zurückziehen zu können. Ja, nicht genug! Ich habe auch ein Land, in das ich zurückkehren kann.
Das Bild habe ich eigentlich gemacht, weil ganz oben links ein Spitz sitzt. Den sieht man aber leider kaum, aber er ist trotzdem da. Für mich hat der Spitz eine besondere Bedeutung, weil ich als Kind überzeugt war zu wissen, dass im Paradies ein Spitz war. Und nun ist er tatsächlich da.