Während ich mir den Luxus erlauben kann, über das einfache Leben nachzudenken und mich auch zu einem gewissen Maße in dem aufzuhalten, was ich darunter verstehe, treffe ich kaum noch einen Inder, der sich das leisten kann oder will. Das einstige, kollektive „Gut“ zeigt sich nun als ein kollektiver Sog, der bestenfalls in eine Individualisierung führt oder auch in ein tieferes Verständnis des Illusionären, vor dessen Gefahren sie sich und Andere unermüdlich gewarnt haben. Okay, die Güter waren und sind immer ungerecht verteilt, aber es geht ja nicht nur um arm oder reich, sondern vor allem um die sichtbare Grenze, die die Gier nach den immer zügelloser produzierten Materialien in Geist und Leben eines ganzen Volkes bewirken kann. Auf der Bazaarstraße des Dorfes kann man sich kaum noch entspannt bewegen, denn lückenlos rasen Motorräder hin und her, dazwischen Rikshas, Kühe, Transportmittel. Eine Ministerin hat gefordert, endlich der „Schlachterei“, wie sie es genannt hat, von Menschenleben auf den Straßen Indiens Einhalt zu gebieten. Am Steuer wütet uneingeschränkter Alkoholkonsum, da gibt es wirklich viel „too late“, denn die hungrigen Geister sind losgelassen. Alles scheint so ziemlich gleichzeitig aus den Fugen zu gehen. Das bewegt mich schon seit einigen Jahren, dass ich fast nebenher Zeugin werde vom Untergang dieser einzigartigen Kultur. Und sie muss aus den Angeln gehoben werden, damit das schmerzhaft Grausame, das sich in ihren Fugen verbirgt, endlich in seinem ganzen Ausmaß ans Licht kommen kann. Zu viel und zu lang haben sie auf den Gott und die Götter geschaut, zu wenig gekümmert um die Menschen. Das ganze Gekümmere in den Familien ist oft nur noch Qual und Pflicht, und oft nur noch erschreckende Lieblosigkeit. Sie gehen vom Wir in das Ich, da gibt es auch gesunde Wege, denke ich mal. Vorprogrammiert ist, dass es viel Leid geben wird, Schutzlosigkeit, Angst. Und wie wir auch bei uns gesehen haben, führt die Beschleunigung nicht immer in das gewünschte Ergebnis. Was kann man vom Alles-haben-wollen auch erwarten, wenn man eigene Bedürfnisse und Wünsche nicht genug erforscht hat, um ihnen selbst eine schmerzlose Grenze setzen und sich an Erworbenem auch erfreuen und dann wieder Raum machen kann für Erweiterungen und inneren Reichtum. Auch hier in den Häusern sind natürlich schon alle Truhen voll gewesen, bevor in den Läden der Umschwung passierte vom Wir-Einkauf in den Ich-Einkauf. Um das, was grenzenlos gewünscht wird, alles unterzubringen, werden nicht nur Straßen erweitert, sondern Häuser, Gehirne und Gelüste, die zu unerfüllbarem Hunger führen. Durch diese Art von Erweiterung wird es eng, immer enger. Warum soll nicht jede/r haben dürfen, was das Herz begehrt! Was begehrt denn das Herz? Und ist es überhaupt das Herz, das begehrt?
Das Bild zeigt einen hungrigen Geist. Macht nix, wenn ihn jemand nicht sieht.