Das (noch lebendige) Auge eines Schweineschnitzels
Gut, es geht ja nicht um Anklagen, obwohl sie auch ihren berechtigten Platz haben. Und auch die Anklagen würden davon abhängen, wo man ihre Quelle sucht, ihren Ursprung, ihren Entstehungsort, oder mal die Vermutungslitaneien selbst durchstöbern. Oder die Versuche, dem „Immer-schon“ entgegenzutreten, obwohl man weiß, dass nicht nur im alten Ägypten der Sklavenmarkt boomte, sondern er boomt immer noch, und das auf allen Ebenen. Nein, nicht auf allen, es gibt auch Ebenen, auf denen Sklavenmarkt und Ausbeutungsorgien nicht gedeihen, aber dann, ja, kann man nicht leugnen, dass sie immer um uns herum sind. Das System gebiert die Geschädigten, die auf unterschiedliche Weise gefährlich werden, während das Verwundete vor sich hingärt, bis man es zum Normalstand erheben kann. So ist es, und nicht anders, und damit kann man sich entweder als bittere Pille einrichten oder es einen Erleuchtungsstrahl nennen, wie man möchte. Man kann auch irgendwo in der Welt herumstehen und beobachten, wie die Zukunft ständig auf einen zukommt, als Gegenwart vorbeihuscht und sich aufmacht ins Vergehen. Kontemplation hat ganz viel zu tun mit dem Innehalten inmitten der relativen Zeit und sich dem Vorüberhuschenden bewusst zu werden, da nur da, wo es uns streift, wir das Es zum Ich umgestalten können, es ändern, Daseinsvermögen erringen. Nun kann man keinem Lebenden Existenz absprechen. Es ist das erste und letzte Gut, bis sich Existenz auflöst in ein Wasauchimmer. Schnell wird alles Denken zur Weltanschauung, schauen doch alle Menschen im Wachzustand ständig auf irgendeine Weise die Welt an, und so, wie wir sie sehen, ist sie für uns ja dann auch. Deswegen sind die epischen Wanderungen der Weltgeschichte stets so ausführlich und langatmig, denn an jeder Ecke lauert eine Prüfung, die bestanden werden muss. Dazu gehört auch das grandiose Scheitern der Helden und Heldinnen an ihrer Weltanschaung. Wie, das war gar nicht Liebe, sondern pure Mordlust? Also auch Frauen, die ihre Kinder vernichten, weil ein Mann (Jason), der sie aus dem Tempel gelockt hat, sich dann doch für die angemessene Kastenjungfrau entschieden hat. Es ist alles sehr dramatisch und eine der Aufgaben dieses aufwendigen Dramas ist die Anregung zu gründlichem Denken. Dadurch sind Untaten und Taten besser zu unterscheiden, erstmal nur für sich, denn die Eigenart des persönlichen Schicksals kann zwar wie jeder Filmstreifen irgendetwas in einem auslösen, aber wie und wodurch kommt man sich wirklich näher, um dem Gegenüber Aussage davon machen zu können, und auch der Aussage des oder der Anderen zu lauschen. So siehst du es also, das ist interessant und oft auch berührend, denn es bereichert die eigene Welt und führt ins Erstaunen. Oder aber in die Ablehnung, in die Wut, in den Hass. Oft steht durch gegebene Umstände auch die innere Freiheit des Menschen infrage. Aber selbst in den Gefängnissen der Erde gibt es immer noch innere Räume, in denen Entscheidungen gefällt werden und von großer Bedeutung sind für die eigene Befindlichkeit und die der Anderen. Natürlich wollen wir immer mehr Menschen sehen, die die Bürde ihres Schicksals tragen können und sich um die Weisheit des Umgangs damit kümmern. Dass es zumindest eine Aussicht erschafft, die den Blick in den Abgrund erhellt.