verhältnismäßig

Was die maskierte Menschheit betrifft, und die Maßnahmen, und die Einschränkungen und das Zukunfts-Unken, so kommt man nicht darum herum, in die Runde zu schauen und einige Gedankengänge darüber in Bewegung zu halten, denn auch das Maskiertsein hat schon eine seltsame Normalität errungen und man hat (auch) die kleinen Gesichtsläppchen studiert (an ihren Läppchen sollst du sie erkennen), oder noch weniger hinschauen als vorher. Und vor allem keine Wahl haben, wenn man irgendwo hineinwill, muss man das läppische Läppchen zücken, das hat die Welt bedeutsam verändert. Ist man nicht gerade als CIA Agentin unterwegs, um herauszufinden, ob den Chinesen nicht doch das Virus aus dem Laborfenster entfleucht ist, oder gar haben sie es in die Computerspiele gehaucht, oder die Chemiekonzerne haben einen weiteren teuflischen Plan geschmiedet, um die Menschen für ein paar lumpige Milliarden in weitere Süchte zu treiben, das alles ist möglich, vor allem aber ungewiss. Auch kann man von unserem momentanen PolitikerInnenkreis, die sogenannten ‚Die da oben‘ sagen, dass sie zumindest den Eindruck erwecken, das Bestmögliche und Vernünftigste aus dem Ganzen zu machen, und allerorts ist viel Raunen und Staunen. Und eigentlich sind ein paar tausend Tote nie ein Klacks, und schon ein einziger Toter kann eine Menge Trauer und Schmerz auslösen. Und klar wäre das eine gute Idee, wenn in jeder Stadtmitte der Welt eine riesige Tafel mit Leuchtschrift angeben würde, wie viele Menschen gerade die Erde verlassen, das würden die Computer ja gar nicht gleichzeitig hinkriegen, oder die Zahlen würden so schnell flitzen, dass man nur noch eine einzige Linie sehen würde direkt in den gefürchteten Abgrund. So bringt unter anderem der neue unsichtbare Herrscher die stets anwesende Realität des Todes in greifbare Nähe. Diese Maskerade ist kein Kostümfest, bei dem der erotische Blick sich erfreuen kann an dem geheimnisvollen Dahinter, sondern diese Maske soll an die Angst erinnern, wie gefährlich man sein kann für Andere, und wie die Nachlässigkeit der Anderen zu meinem Unglück werden kann, denn Sterben wird selten als Glück empfunden. Und alles ist und bleibt verhältnismäßig. Wie ich mich selbst verhalte in dem ganzen Vorgang, wie es auf mich wirkt und dann zurück auf die Anderen, wo ich mein Maß setze mit dem Dürfen und dem Gehorchen. Wo ich darauf achte, meine Heiterkeit nicht zu opfern und Raum lasse für meine Empörung. Es kann natürlich seinen Reiz haben, den ganzen surrealen Vorgang auszulegen, als apokalyptischen Hinweis oder göttliches Warnsignal, sozusagen eine neue, kreative Idee vom Hochoben, die ganze Menschheit in die Vermummung zu schleusen und schämt euch, was ihr hier alles angestellt habt, das muss jetzt mal geregelt werden. Da erfrischt einen doch eher das gesunde Maß einer bereitwilligen Nüchternheit, die einem nochmal erklärt, dass es vor allem ist, was es ist, und wie man es selbst am besten handhaben kann, solange es da ist, und natürlich auch darüber hinaus.

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