ausjerechnet

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Da seufzte was leise in der Weltschaukel:

„Dat soll ein Traum sein?
Dieset Jewusel hier,
dat schöne Leben!
Ein Traum!?
Um Jottes Willen!
Nur dat nich.
Ausjerechnet dat nich.
Ein Schein! Nich die
wirklich wirkliche Wirklichkeit!?
O Jott O Jottchen!
Muss denn dat nun wirklich sein!
All dat schöne Leben!
Allet nur zum
Sich-net-dran-jewöhnen
an dat Haben-Wollen
soll et da sein!?“

 

 

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Das Bild ist aus dem Buch „Auf die Dauer fällt die Mauer.“ Es ist eher purer Zufall, dass ich in diesem Text unberlinerisch herumberlinere, denn obwohl ich dort geboren bin, spreche ich nicht dieses Berlinerisch. Wo auch immer es herkam, es darf bleiben, wenn auch nur einmal für diesen Text. Deswegen auch ein kleiner Glücksfall, dass just die schönen Bildchen von der Berliner Mauer meines Weges kamen.

 

verwundbar

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Mein Herz,  was auch immer es sei,
kann es tragen. Kann sagen:
„Ja, ich bin’s!
Ein verwundbares Ding in den Gängen
der Gedanken, wie das volle Leuchten
eines Mondes auf dem Findelkind.
Spielweise. Wiese im Licht.
Weisheit des Ichs auf der Leiter.
Wir betrachten den Preis der Freiheit
und gehen weiter, weiter.
Die Wege öffnen sich.

Konten

pushkar-2011-110

Hochgezüchtet  am
europäischen Stier
fiel das entkünstelte
Lächeln auf einen
gigantischen Stillstand.
Was sollte aus dem
harmonisierten
Widerstand gegen den
Konflikt am Herd
denn nun werden!?
Wer sollte und konnte in
die kunstfertig gestillten
Wassergläser auch nur
einen einzigen glaubwürdigen
Blutstropfen streuen, um dem
tiefen Tod durch entmachtete
Tugendlosigkeit breit entgegen
zu wirken. Wie Birkenalleen,
auf denen wegen den Kriegen
keiner mehr gehen kann oder
soll, zahlen heimlich alle noch
immer Zoll für das noch nicht
wirkliche Gütig-Sein. Aber
ganz reale Hoffnungsstrahlen
malen sich als Graffiti, tief, in
das Kraftfeld der Großhirnrinde:
dort verwittern die Konten der Sünde.

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Bild: ein Stück Holz auf Stein.

Muße

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Manchmal muss man sich in seiner Muße rühren,
wenn die Welt in Eis erstarrt, wenn der Mensch
den Menschen narrt, wenn es nicht mehr geht.
Jetzt wollen sich ja einige wieder treffen, nachdem
sich alle nicht mehr treffen wollten. Noch weiß ja
keiner, wen er wirklich treffen sollen wollte, denn
alle haben alle anderen ja schon getroffen, und
trotzdem wollte keiner mehr sich treffen und
betroffen werden. Es sind ja auch am Treffen einige
gestorben, und andere am Nicht-Treffen. Nun
kennen viele, die sich wieder treffen, die eigene
Erfahrung ganz genau: es wollen einfach nicht
mehr alle alles machen, es wollen manche nicht,
und manche wollen lachen. Denn auch der Mensch
muss ja mal schließlich Leben leben. Da werden
alle Welten sehr, sehr fein: die hohen künstlichen,
die schön gekünstelten, die künstlerischen, die
mächtig Reichen von den Leichen-Teichen, sieh!,
alle Welten werden ganz, ganz sicher sein. Lass viel
hinein! Lass viel hinaus! Ja, bald! Der Widerspruch
in sich ein Halt. Die Stelle kommt, wo ich, die
‚Yoganautik-Surferin, komm raus aus meinem
Internetten-Schwellen-Swing und bin zur Stelle.
Das Brett kommt an den Fuß. „Muße“, sagt es in
mir zu mir, und lächelt: ich treffe nun die nektar-
trunkenen Amritoiden-Tänzer, es liebt in mir den
kühlen Singsang der Kernblütensüßigkeit, den
Lullabye-Love-Lang-Ling-Blues. Dann hören wir
News. Dann leben wir Nu. Dann sinnen wir nah an
das Dran ran. Ja! Ahser Dabin, Binny Dudubin
und Du.

o.d.*

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Gestern war ich am Meer. Um 5 Uhr früh los, um 9 Uhr dort bzw. da, am Meer, und am späten Nachmittag wieder zurück, dazwischen Himmel, Sonne, Wolken, Familien, Hunde, Pferde. Ich liebe es, in den Äther zu schauen: wie selten kommt man in den Genuss! Auf dem Rücken im Sand liegen und die Augen und den Geist sich selbst an der großzügigen Weite erholen lassen. Dann wieder der staunende Blick auf die vielen Menschen, die sich vor allem am Sonntag dort ansammeln können, ein Hin-und Herbeschnuppern von Tieren, bei dem auch die sich fremden TierbesitzerInnen leichteren Zugang zur Begegnung miteinander haben. Andrerseits ist es ein geräumiger Spielplatz, wo die neuen Wurfgeschosse oder Bälle oder Drachen oder Surfboards ihren Ausgang haben und in prächtigen Ausführungen ihre Vielfalt zeigen. Das Meer, das Wasser, der Himmel, das Spiel, das Hungergefühl und das Essen, das vereint. Aber ich will (noch) etwas ganz anderes erzählen, das kommt von heute früh, als ich kurz unterwegs in die WDR 5 Nachrichten hineinhörte, es ging um die neuen Vorgänge in Aleppo. Berührt hat mich, dass Ban Ki-moon die Vollversammlung verlassen hat, weil er nicht mehr ertragen oder fassen konnte, dass  die dort unter grässlichsten Bedingungen ausharrenden Menschen nun noch massiver bombardiert werden, und in der Versammlung keine Lösung zustande kam, kein Erweichen versteinerter Gesichter. Manchmal hört man innen einen Gong schlagen, das ist nicht nur der eigene Gong, sondern ein Ton, der durch das Wesen der Menschen zieht und dort Wirkungen hervorruft. Man weiß, beziehungsweise wir wissen , dass auch in Deutschland noch nicht alle Wunden geheilt sind, wenn Heilung von einem Krieg überhaupt jemals möglich ist. Aber da läuft sie schon wieder ab vor unseren Augen, die große Menschenvernichtungsmaschine, für die man keine Worte mehr finden möchte und auch nicht kann. Dass jede/r tut, was er kann, mag wahr sein, aber manchmal kommt es einem doch sehr wenig vor. Eine meiner Kriegszeichnungen habe ich hier unten plaziert statt oben neben das Meer, wo es mir vorhin um ein Bild ging, in dem beides, das Meer mit den spielenden Menschen, und die dunklen Abgründe des Menschseins nebeneinander stattfinden können und ja auch tun. Aber nicht wirklich. Nicht nur das Wort, auch das Bild kann zu viel sein. Es ist trotzdem da.

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****************************************************************************************************************************  *O.d: overdosed/überdosiert.

 

 

 

Roberto Juarroz

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Die Welt zu enttaufen
Den Namen der Dinge opfern,
um ihre Anwesenheit zu gewinnen.

Die Welt ist ein nackter Ruf,
eine Stimme und nicht ein Name,
eine Stimme mit ihrem eigenen Echo
auf dem Rücken.

Und das Wort des Menschen ist ein
Teil dieser Stimme,
kein Fingerzeig,
keine Aufschrift im Archiv,
keine Seitenansicht des Wörterbuchs,
kein hörbarer Personalausweis,
kein Kennwimpel
der Topographie des Abgrunds.

Der Dienst des Wortes
jenseits der kleinen Armut
und der kleinen Zärtlichkeit, dieses
oder jenes zu bezeichnen,
ist ein Liebesakt:
Anwesenheit zu schöpfen.

Der Dienst des Wortes
ist die Möglichkeit, dass
die Welt zur Welt spricht,
die Möglichkeit, dass
die Welt zum Menschen spricht.

Das Wort: dieser Körper, gerichtet an alles.
Das Wort: diese offenen Augen.

 

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Roberto Juarrez ist/war ein argentinischer Dichter (1925 – 1995)

vom Besserwissen

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Liebe, liebe Besserwisser.
wer kann das wohl besser wissen
als ich! Ich kann weissagen, was sich
zugetragen! Ich weiß, dass eine weiße
Weste nicht immer voller Erfüllung zu sein
scheint. Manchmal weint dann einer ganz allein.
Da kommt dann, wenn er kann, der Schein raus:
die Fülle ging leer aus. Man verliert dann auch ohne
viele Gerüchte sein wohnliches Ohnehin-Gesichte.
Das Beste scheint zu sein, sich zu bessern. Man kann
dann auch ohne weiße Weste weise sein, doch kann nur
der es dann wirklich fein, der das Geheimnis kennt:
warum nur die Fülle der Melasse die Süße der vollen Hülle
gelassen erfassen kann. Wir Wesen-Wanderer: mutig voran!

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Es ist eigentlich ein Lied, aber ungesungen geht’s auch…

Vom Kriegen III

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20160923_110158  20160923_105731

20160923_110102   20160923_110455   20160923_110009

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Denkweise und Sprache der
Traditionen müssen
verändert werden, denn
selbst der Krieg konnte, wie
man sieht, als anerkannte
Institution nicht
überwunden werden.

Vom Kriegen II

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Auf einmal ist es da, das aufgedrehte Werk des Sensationellen. Auf der ganzen Welt rücken die Elite-Reporter ins Licht und in den Bann der Gefahren. Schon hat das Grauen Worte, eine Anfangszeit, ein Datum. Orte. Opfer. Die Geschichte enthüllt sich, nimmt Formen an, sammelt und organisiert Sprecher und Sprecherinnen, um dem Sprachlosen eine Sprache zu geben, Gesichter, Struktur. Manche Soldaten verstecken sich in den Reihen der Fliehenden. Eigentlich sollen sie das Land verteidigen, aber wer soll das wollen? Auch wir wissen mal wieder nicht, wie wir den scheinbar weit entfernten Krieg wahrnehmen können/müssen/sollen. Keine/r weiß es, denn in dieser vernetzten PlanetenbewohnerInnenschar gibt es keinen Weit-Weg-Krieg mehr, sondern den Nah-Krieg der Weltenfamilie.

Der Kampfgeist auf den Zuschauertribünen  ist bereits in Hochform.
Man hängt an der Info, aber man hängt auch an der Entfaltung des
Unvorstellbaren. Das ist der Krieg. Alle sagen, sie wollen ihn nicht.
Aber alle sind da, wenn er kommt. Wenn die Armeen voranmarschieren,
und Panzer und teure Bomber ihren irrsinnigen Wert unter Beweis
stellen sollen, da bildet sich dann eine hohe Konzentration, ein
gigantisches Kraftfeld. Das hat eigene Dynamik und eine eigene
Sprache. Dort nennt man Menschen auch „weiche Ziele“. Solche Worte
können in einem den Wunsch nach Wissen erlöschen. Man reicht sich
die Hand aus der Grube des Fassungslosen.

Manche überleben tatsächlich, andere sterben.
Man geht davon aus, dass der Andere stirbt.
Hohe Verantwortungen werden durchgeführt.
Solche Aufmerksamkeit, solche Einsätze an Energie
und Kosten wünscht man sich zum Aufbau eines
Kraftfeldes des freundlichen Umgangs miteinander,
doch dafür benötigt man Mut und die Künste und die
Unterstützung des Anderen. Leider verblassen dann
oft die Geprächsebenen, ebben aus und schwinden
dahin und lassen uns mit uns selbst zurück ohne
Knabberzeug und gemeinsames Traubenschmausen.
Das Gespenst, das umhergeht, wird größer. Es ernährt
sich von den Kriegsgerichten der Angst. Man ist allein
im Getümmel und keiner hat mehr Zeit für das Runzeln
der Augenbrauen.

Der Krieg ist eine tierisch ernste Angelegenheit.
Nur nicht alleine sterben müssen inmitten
des kollektiven Blutrausches! Lieber mit der kollektiven
Überwindung der Hemmschwellen entlangschwimmen.
Dann gewinnen die Comics an abgründiger Tiefe.
Auch der Krieg lebt vom Spontanen. Es ist völlig ungewiss,
ob man da lebend herauskommt, und vor allem wie
und als wer!?

Sind das nur Schatten, die über das menschliche Herz fliegen?

 

Vom Kriegen I

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Schauplatz des Kriegens und (m)eine Kriegs-Erklärung,
obwohl ich weiß, dass man den Krieg niemals erklären kann.

Ein jeder kriege also, was er kann, denn da ist stets, was jeder kriegen will und muss. Das Kriegen folgt dem Kriegenden zu Fuß. Der Mensch kommt ja vom Kaufhof und geht zu ihm zurück. Er denkt, im Kriegen liegt des Kriegers Glück. Als Kind stört er die Welt des Menschen, daher stört er als Mensch die Welt. Er hat sein Urbauklötzchen nicht gekriegt. Jetzt wird die Welt bestraft. Er zappt sich durch die Unterwelten und unterwirft sich seinem eigenen Schatten, und die Bestrafung wird zur Norm. Krieg‘ ich mein Klötzchen nicht, kriegst du eins drauf, denn Lachen darf man nicht beim Kriegen. Da gibt es nichts zu lachen.

Ahnengalerien zerfallen
in dieser Ahnung vom
schrecklichen Tod der Ruinen,
in denen leuchtende Blumen
sich selbst zum Leben erwecken
ohne Menschenbegleitung.
Andere streifen umher und suchen
nach einem noch so kleinen Impuls,
der sie herausbefördern könnte
aus dem bewegungslosen Leben.

Auch für diese Bühne gibt es genügend Kostüme. Alles ist da: Farben, Worte, Materialien, Raumanzüge, Panzer. Das erzählt mir doch keiner, dass ich da hin muss, wenn ich nicht will! Alle, die dort in den anzüglichen Uniformen herumgeistern, müssen es auch gewollt haben, auch das Folgen und Foltern will praktiziert sein, denn es werden jede Menge Statisten und Statistinnen benötigt, im wahrsten Sinne des Wortes: beladen mit Not! Viel Töten und Sterben ohne einen Tropfen von Sinn. Ein weiteres Land wird verwundet. Das ist nie wieder gut zu machen!

Ist es ein Wunder, dass es immer wieder
geschieht? Gibt es ein Wunder?
Wo ist das Wunder?
Ein verwundetes Wunder, oder ein
verlorenes Wunder? Von Wunder
zu Wunde und wieder zurück?
Wie kam es dazu?
Ging etwas verloren?

Urprogramm

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Von mir aus kann es ewig dauern:
das Urprogramm Liebe. Ich fühle
mauernlos, schmerzlose Last ohne
Körper zu sein, als ein du-freier,
zärtlicher Stern. Von mir aus kann
es genau so weitergehen: im Ganzen
durchflutetes Spiel. Prinz auf dem
Brut-Ei der Formen. Ich frage mich
jetzt durch die Wirklichkeiten hindurch
nach Tatsachen im Dickicht der Normen:
wenn die Schale zerbricht, das heißt,
wenn die Illusion sich entspannt
in den Tod: was entsteht dann aus
meinem Zittern, aus dem Nicht-Sein,
dem unbefragten Erscheinen: nur
gebunden an Himmel: nur
Wohnung Essenz, weit, mit Tagen
wie Blumen am Fenster des All.
Wenn das Rätsel der Welt langsam
aufgeht in Flammen, in Flammen,
beim Tanzen, beim Tanzen, denkt
sich der Engel heraus aus dem
Zustand der Zeit.

 

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Dieses Gedicht habe ich dem Tänzer James Saunders gewidmet, der während einer seiner Aufführungen verunglückte und in den Tod tanzte.

Ayesha Lecheyem Inam

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Die junge Frau auf dem Photo wird heute 21 Jahre alt. Am Tag, als sie geboren wurde, lief ich „zufällig“ auf der Straße der  indischen Kleinstadt, in der ich jedes Jahr ein paar Monate verbringe, als ich vor mir ein Bündel sah, das ich zuerst für ein mit einem Tuch bedecktes totes Tier hielt. Als ich genauer hinschaute, weil es sich zu bewegen schien, war es ein sehr winziges Kind, das, wir wissen nicht wirklich warum ausgerechnet an diesem Ort, offensichtlich von der Mutter ausgesetzt worden war. Ich brachte es zu einem naheliegenden Krankenhaus, wo  niemand etwas davon wissen wollte. Nach viel Bemühung fand ich heraus, dass die Mutter tatsächlich in einem privaten, kleinen Krankenhaus und  in einem abgelegenen Raum des Krankenhauses ein 7-Monate altes Mädchen geboren hatte, da die amtierende Ärztin, eine weise und erfahrene Frau, keine Abtreibungen befürwortete und bereit war, das unerwünschte Kind evtl. zu adoptieren. Die Mutter war erst 15 Jahre alt, war wohl in Panik mit dem Kind geflohen, aber wusste dann wohl nicht, wohin damit, da sie es nicht nach Hause mitnehmen konnte, weil der ganze Vorgang streng geheim war. Wie auch immer es gewesen sein mag, ich nahm sie dann zu mir und verbrachte die ersten sechs Monate ihres Lebens mit ihr. Die Ärztin wollte, dass ich ihr einen Namen gebe, und so machte ich so etwas wie eine Geburtsurkunde und nannte sie Ayesha „die Schönste“ Lecheyem „an das Leben“ und Inam „Geschenk“. Wir hatten eine wahrlich wundersame und wunderbare Zeit zusammen und sprechen auch heute noch die Sprache von damals miteinander….ein tiefes Schwingen von Zusammensein, eine nahtlose, vielgestaltige Welt, die mich in ein sehr großes Staunen führte, da ich zuvor niemals die Schönheit dieser seligen Zeit bewusst erfahren konnte. Selig wird sie durch inniges Zusammensein und eine tiefe Freude an gegenseitiger Resonanz. Wir fanden dann, da ich für Adoption keinerlei Karten hatte, eine Familie, die sie adoptiert hat. Das alles waren schwerwiegende Vorgänge, die dann doch letztendlich zu einem guten Gelingen führten. Wir lernten uns kennen und mussten uns irgendwann auch sprachlich aufeinander einstellen, mein Hindi wurde besser, ihr Englisch auch. Die Eltern ermöglichten mir freien Zugang zu ihr und schenkten mir Photos von den Geburtstagsfeiern. Nun ist sie eine 21-jährige Frau und wir telephonieren miteinander und schreiben Mails zueinander. Wenn ich in Indien bin, kommt sie jetzt auch alleine zu mir. Ich erfahre ihre Geheimnisse und sie vertraut mir, dass ich sie bei mir behalte. Obwohl ich nicht ihre leibliche Mutter bin und auch nie eine Mutterstelle vertreten wollte, schwingt zwischen uns immer noch dasselbe große Geheimnis unserer ersten Zeit miteinander: ich das kleine Wesen entzückt im Arm wiegend und ihr Leben verteidigend und schützend gegen alle Hindernisse und Kommentare, die um uns herum in Bewegung kamen, und rechts in der Hand mein Stift, mit dem ich auf 21 Seiten meine Erfahrungen auf Papier bringen konnte. Jetzt, da sie ihre ganze Geschichte kennt, werde ich diese Seiten mitnehmen und für sie übersetzen, denn damals hatte ich noch keinerlei Ahnung, wie sich das Ganze entwickeln würde. „Du bist als Diamant in mein Leben gekommen“, habe ich ihr heute geschrieben,“ und hast ein tiefes Licht in mein Leben gebracht“. Das Bild oben zeigt sie auf der Hochzeit einer Freundin, auf der wir letztes Jahr gemeinsam waren.

Auf der Suche nach der oben erwähnten „Geburtsurkunde“ fand ich das Kleid, in dem ich sie gefunden habe, und habe es an unsere Wäscheleine gehängt, um ein Bild davon zu machen:     20160921_114923

 

grad

 

20160918_11375620160918_11460020160918_114750

Grad habe ich in einer meiner Dateien 2 Sätze gefunden,
die ich hier gerne hinein-navigieren möchte:

Wahrheit.
Eine nur ist sie für alle,
doch siehet sie jeder verschieden.
Dass sie Eines doch bleibt, macht
das Verschiedene wahr.

*************************************************
Das ist doch genial auf den Punkt gebracht!

Derselbe Geist/Genius hat auch den nächsten Satz
gesagt:

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Majestas Populi.
Majestät der Menschenrechte!
Dich soll ich beim Haufen suchen?
Bei wenigen hast du seither gewohnt.
Einzelne Wenige zählen, die übrigen alle
sind blinde Nieten, ihr leeres Gewühl
hüllet die Treffer nur ein.

**************************************************

Beide Sätze sind von Friedrich Schiller, und ich konnte
nicht umhin zu denken, was für einen Shitstorm dieser
Satz heute auslösen könnte, würde er nicht von dem
berühmten Namen gebannt werden. Das erinnert mich
an einen Satz, den eine Inderin mal in einem Gespräch
gesagt hatte,  „Demokratie ist die Herrschaft der Untertanen
über die Untertanen“. Gewagte Dinge werden gesagt, und
es hilft nur das selbstständige Denken.

****************************************************

Grad (deswegen passt es hierher) habe ich gehört, dass IKEA,
wo wir (ich und ein großer Teil des Volkes) ja immer mal wieder
hingehen, jetzt auch in Saudi Arabien zu finden ist. Der Katalog
soll original derselbe sein, nur die Frauen sind alle rausretouchiert.
Da man ja bereits zu viele Meinungen angesammelt und gespeichert
hat, kann es auch durchaus mal sein gelassen werden, sich eine
neue zu bilden.

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tun

 20160919_102022

Tu, was du kannst, und wenn du auf
das triffst, was du nicht tun kannst,
na ja, dann tu’s einfach nicht. Aber
wenn du das schier Unmögliche möglich
machen willst, kannst du das auch tun.
Wenn du das nicht tun kannst, sorg‘
dich doch nicht, mach‘ was anderes.
Tu einfach, was du tun musst, denn
das wirst du sowieso tun, es ergibt sich.
Wenn dir dann noch irgendein Extra
einfällt, das du noch tun könntest,
kannst du das auch tun, klar. Es hängt
vollkommen von dir ab. Wenn du also
was tun möchtest, dann tu es einfach.

Kal, der Agent

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Hier spricht das stille Satellitenprogramm im
Stummfilm-Stillleben-Stil. Wenn das Auge im
All ruht, innen auf dem Sitz des Piloten, erscheint
an der Tür das Schild des Offensichtlichen:
Erzählen hier verboten!
Warum, fragte Maxicool, der Mythos-Zerstäuber,
hört denn das Erzählen immer dann auf, wenn’s
grad mal spannend wird!?
Da neigte sich Kal, der Agent, freundlich ihm zu
und……(sagte?)……?
(Er sagte nichts, absolut nichts, nichts, einfach
nichts, des Nichts‘ Selbst war, was er sagte: er sagte
einfach absolut gar nichts, gar nichts sagte Kal,
der Agent. Er selbst überholte sich selbst als Wort
und sagte wortlos weiter und weiterhin absolut gar
nichts, das wortlose Nichts sein Begleiter. Wohnlos
breiteten sich Himmel aus, aber Kal schwieg einfach
weiter: aller Eigensinn schwand als wortloser Ort,
Strukturen verschwanden am randlosen Weiter,
aber Kal sagte nichts, gar nichts weiter. Er bestand
wortlos inmitten der Wortlosigkeit die Prüfung des
raumfreien Lautlos, und steht wahrscheinlich immer
noch auf dem Gipfel der Gletscherebenen auf
Stille inmitten von Leben.)

„Dir auch – Gottfried Benn

Dir auch – tauschen die Nächte
dich in ein dunkleres Du,
Psyche, strömende Rechte
schluchzend dem andern zu,
ist es auch ungeheuer
und du littest genug:
Liebe ist Wein im Feuer
aus dem Opferkrug.

selbst du beugst dich und jeder
meint, hier sei es vollbracht,
ach im Schattengeäder
flieht auch deine, die Nacht,
wohl den Lippen, den Händen
glühst du das reinste Licht,
doch die Träume vollenden
können wir nicht.

nur die Stunden, die Nächte,
wo dein Atem erwacht,
Psyche, strömende Rechte,
tiefe, tauschende Nacht,
ach es ist ungeheuer,
ach es ist nie genug
von deinem Wein im Feuer
aus dem Opferkrug.

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 Tatsächlich! Eine gewagte Satzzeichensetzung! Man würde es gerne als einen Fehler kennzeichnen, zB nach einem Punkt klein weiter zu schreiben, aber es hat seine eigene Logik, die leuchtet ein. Wie gut, dass es geistige Freiheit gibt. Was wären wir sonst gebunden an die ungefähre(Satz)Zeichen!
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„Mensch, werde wesentlich!“ (Angelus Silesius)

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Da in meinem ersten Beitrag heute bereits ein Heiligenschein auftaucht, geht es hier nochmal um eine staunenswerte und überraschende Erfahrung. Ich hatte gestern die Gelegenheit, in einem architektonisch christlichen Rahmen mich zu einem Menschen sagen zu hören, dass ich an gar nichts glaube, und gleichzeitig zweifellos eine zeitlose, heilige Stunde miterleben durfte, kein Zweifel. Noch am Nachmittag kam mir mein Geist irgendwie gelähmt/verdüstert/unkreativ vor und ich war froh zu hören, dass es außer einem Ablenkungs-Angebot an Vollmond auch noch eine angekündigte Mondfinsternis gab und fand den Gedanken tröstlich, dass das herannahende Mondverdunkelungs-Ereignis schon seine Schatten auf mich vorausgeworfen hatte. Da näherte sich der Abend, und Freunde von uns, die vor kurzem nach Mecklenburg-Vorpommern gezogen waren, waren zu einem Programm angereist, das eine Rezitation der Texte von Angelus Silesius beinhaltete sowie eine musikalische Darbietung des Ensembles „Ültramarine“, wahre Meister ihrer jeweiligen Kunst. Das Ganze fand in einer kleinen  Kirche unweit unseres Hauses statt, von der ich noch nie was gehört hatte. Ungefähr 50 Besucher/Innen, einfach und geschmackvoll gestaltete Einrichtung und ein Meer von brennenden Kerzenlichtern. Ich denke in letzter Zeit öfters mal daran, was die Religionen ausmacht und wie schwer es ist, einiges von dem, was sie anbieten, zu ersetzen… zum Beispiel diese Stille des Raumes, die den Geist in die Vertikale zieht. Die Bilder oben zeigen das schneckenartige Herumwandern meiner Augen, die über zwei dicke Bände mit dem Titel „Gotteslob“streifen…wow, dachte ich, wird Er doch mächtig gelobt, der Hohe Herr….und an einem gut geschmiedeten Nagel hing ein Objekt, das wohl nur hier zu finden ist, edel gearbeitet: ein Knieschutz zum Beten auf den Knieen. Beeindruckend. Der Diakon, der eine ganz passable Rede hielt, sprach von 300 Mitgliedern seiner Gemeinde, das schien mir viel. Ich kenne wenige im westlichen Raum, die beten und knien, aber das sagt ja auch nichts darüber aus. Anschließend an die Rede also das Programm….Gerne würde ich die Minute, die ich mit meinem Phone aufgenommen habe, als Klang hier einfügen, aber es würde wirklich der Erfahrung nicht gerecht werden. Es war wie eine himmlische Brücke, die sich aus den Zusammenklängen der Künstler und ihren sich zulauschenden Ohren bildete, und die Sängerin der Gruppe ermöglichte  einem, bzw mir, eine Auferstehung der Madonna zu visionieren, so rein und gleichzeitig mächtig war ihr Gesang, und ihre Bewegungen kamen aus der Tiefe ihrer eigenen Quelle…alle Fünf waren Meister ihrer Kunst, in spürbarer Bereitschaft und Ausrichtung zum Zusammenspiel, dem alles verbindenden, heiligen Ton, der das Antike, Archaische mühelos verbinden konnte mit dem Klang der Zeit. Das Programm hieß übrigens „Mensch, werde wesentlich!“, eine Zeile von Silesius. Die Mondfinsternis breitete sich in der Tat über unseren Köpfen aus und….na ja, ich muss ja nicht übertreiben, aber tatsächlich hatte ich den Gedanken, in Licht gebadet worden zu sein….durch Poesie! Durch Kunst! Durch Bereitstellung von Räumlichkeiten, die diesen Ereignissen Möglichkeit zur vollen Entfaltung bieten! Hier ein paar Angaben über das Konzert für Interessierte, es gibt auch eine CD…

Das Ukrainisch / Litauisch / Deutsche Quartett ULTRAMARINE
Ute Kaiser:  Verse und Texte des Dichters Angelus Silesius (1624-1677).

Uliana Horbachevska – Stimme/Gesang (Lemberg)
Petras Vysniauskas – Sopransaxophon (Vilnius)
Mark Tokar – Kontrabass (Kiew)
Klaus Kugel – Perkussion (Mecklenburg-Vorpommern)

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zuversichtlich

 

Bildergebnis für emoji smiley whatsapp

Mögen alle mickrigen Herzen sich
schmerzlos entmickrigisieren, das
entlastet Nieren und Nervensträhnen,
entwaffnet das Große Gähnen, entlarvt
Neigungen zu Giererscheinungen und
macht noch unabhängiger von Meinungen.

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da!

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Gut gelaunt kommt sie nach dem Frühstück oben an. Es hatte seit Wochen schon Gefechte gegeben mit gewissen Ergebnissen, die sich im Ungewissen verliefen. Nun war Feuerpause. Draußen die Ausschweifungen der Natur als grüne Hölle, innen die Bürde erworbener Freiheit, täglich neu sortiert. Verstehen, wie man handelt, während man beobachtet, was man tut. Vom Klang her klingt das gespalten, vom Gefühl her aber beweglich und handlungsfähig. Nun, beim Abstreifen der schweren Rüstung und inmitten ihrer Eremitage stehend, kommt ihr der Gedanke an das Gold einer fremden Kultur, das in ihr Leben getreten und durch ihre Augen geflossen war. Es ist wahr, dachte sie weiter, dass, wenn dieses Gold durch meine Augen fließt, es mir gut ergeht. Ich habe die Kinder-Zwiebeltürme aus 1000 und meiner Nacht umgesetzt und habe an den Ufern eines heiligen Sees die Gesetze des brahmanischen Zwiespalts erleben dürfen, und wie die verführerischen Dinge das einfache Leben zwischen Sandelholz-Stirnaufstrich und gespenstischer Haushaltskunst gestalteten, und alles mit unbezahlten Angestellten aus dem Götterprogramm der 33 Millionen Haupthoheiten. Das war noch ein Leben!!! Sie lächelte vor sich hin in Erinnerung an Vollmonde und Neumonde, wo sie gemeinsam mit nun Aussterbenden telekommunizieren konnte in Erinnerung an ein immenses Etwas, das vielleicht so gar nie war. Anders war es, ja. Leiser. Gehaltvoller. Kollektiver. Wir sehen einen ausgestopften Eisbären auf einem zeitlosen Tierfell lagern. Sie überprüft ihr Gedankenmaterial, steht kurz gedanklich in einem Zimmer mit Holzofen und sieht dem Prasseln der Scheite zu. Dann erzeugt sie kurzerhand einen Pfad über den Schatten zwischen Idee und Wirklichkeit. Da war es 10 Uhr 03 und die Welt geräumig.

 

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Mit einem gewissen Staunen finde ich in meinem Text die Worte „Gefechte, Feuerpause und Rüstung“ vor. Stimmt ja. Wir tragen ab und an Panzer, bewegen uns in Gefechten, meist Wortgefechte, und dann gibt es die Feuerpause, in der die Chance liegt, hilfreiches Material zuzulassen, damit das Ganze nicht endgültig eskaliert. Das Grauen über die unmenschlichen Vorgänge in Syrien haben aber tief an der Wurzel der Vorgänge auch eine unheimliche Verbindung mit unseren Schicksalen: das Entgleiste, das zu vernichtenden Resultaten führt, wo etwas sich abspielt, was eigentlich niemand fassen kann. Es ist das Fassungslose, das erschreckt…die Systeme, in denen das Unmenschliche seinen Gang nimmt, wenn der Einzelne die Verantwortung für sein eigenes Handeln Anderen überlässt, die wiederum nur eigene Ziele verfolgen. Ich fand es sehr überraschend, dass in der Mitte des indischen Epos „Mahabharata“ Krishna, der Gott der Liebe, der hier der Wagenlenker des Helden Arjuna ist, der wiederum in der Mitte des Krieges auf einmal eine Sinnkrise hat und sich nicht vorstellen kann,  Mitglieder seines Familienclans, die im Zwist liegen, zu töten, und Krishna ihn hier die Unausweichlichkeit des Schicksals lehrt…und ja, es scheint in der Tat unausweichlich, aber ist es das wirklich? Oder kommt es letztendlich vor allem darauf an, wie ich/wir mit dem Gegebenen umgehe/n?

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Der Nu

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Der Nu ist ewig.
Der Nu ist unsterblich.
Immer war Nu.
Im Nu sind alle Istheiten
enthalten, und Geist hat
im Nu seinen Ursprung.
Von Grund aus neutral,
hat der Nu in sich selbst
seinen Widersacher und
kann aus sich machen, was
er nicht ist, denn Nu an
sich ist nur Leuchten im
Nichts; so schnell und
vollkommen anwesend ist
Nu, keineswegs ein Irrgarten
für Helden. Stehe ich dort,
aufrecht, bereit zum Exil,
fühle ich an meiner Hand
sanfte Berührung des Nu’s,
diesmal als Mensch. Da öffnet
sich mir Nu als Auge. Ungetrennt.

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Der Nu, die kürzeste Weile, das Vorübergehende, das im Strom des Seins seine jeweiligen Formen annimmt unmd meisterhaft die Illusion einer Kontinuität erzeugt, wo doch alles auf eigenste Weise stirbt und geboren wird und vergeht und entsteht…immer Nu, immer da, immer unerbittliche Wirkung des Aufenthalts….der Nu ist das Element des freien Geistes, der die volle Verantwortung für das nu-fähige Wesen annimmt. Was soll er tun? Er hat keine Wahl. Im Nu liegt sein eigenes Wesen.

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immer noch

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(Untadelig, o Erde!, deine Chronik!)

Immer noch.
Immer noch Sand.
Immer noch still.
Immer noch das, was schön
ist aus sich selbst heraus.
Die Poesie der Autopoiesis.
Das Trainieren des Immernoch
als einer Präsenz, die eröffnet,
erschließt und enthüllt, was
aus den ganz verschiedenen Gründen
im Verborgenen lag. Aus Abgründen,
aus Hintergründen vor weiteren
Hintergründen, den einen Ort
vermeidend, wo sie sichtbar werden.
Eifrig bemüht um ein Voraus,
das immer da war.
Und noch da ist.
Immer noch da ist.
Immer da.

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Ich mag das Wort „Poiesis“ ua auch, weil es so aussieht wie „Poesie“. Es ist ein Begriff,  der von Humberto Maturana, einem chilenischen Neurobiologen,  geprägt wurde und (aus dem Altgriechischen) zusammengesetzt ist aus „autos“ – „selbst“ und „poein“ – „schaffen, bauen.“ Autopoiesis ist der Prozess der Selbsterschaffung-und erhaltung eines Systems.

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beschäftigt

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Beschäftigt. Beschäftigt!?
Ja! Beschäftigt: busy mit dem
Wesentlichen. Und das wäre?
Das wäre nicht, das ist.
Sein tut, was ist und was es kann.
Darin sich üben und wach
dahinbewegen, die dunklen
Flügel freundlich auf die eigenen
Schultern streifen. Auch Freude
darf und kann den Raum beleben.
Nur Mut! Das geht schon.
Geht schon gut.
Manche baden.
Manche sitzen und schreiben.
Die Gänse machen Sound.
Dahinter: Morgenstille.
Andacht. Übung.

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Das Bild habe ich bei meiner Suche nach etwas anderem wieder gefunden und weiß leider nicht, von wem das Photo ist. Manchmal weiß man nicht, wohin man sich bedanken kann. Nun ziert es ein paar Zeilen über das Beschäftigtsein. Ein starkes Bild.

schwierig

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Dann versteht der langsam vor sich hinreifende Mensch,
dass er nicht alleine ist auf der Welt. Alle sind unterwegs.
Begegnen einem in verschiedenen Formen und Farben.
Alles fließt voran, und wir mehr und mehr bestrebt, des
Geistes förderliches Tun und Schalten mit zu bewegen
im Strom, und die Konturen zu erleben und zu klären,
wo das Eine nicht das Andere ist, und dadurch Gleichheit
erst möglich.
Das Schwierige ist, den Dingen,
Menschen, Erlebnissen und
Ereignissen, Sichtweisen
und Weltanschaungen,
Lernprogrammen und
Kindererzählungslehrbüchern,
den Glaubenswegen,
Wissensvermutungen und
Seelenverletzungen,
Egoversorgungen,
Heilverfahren und
Rassenkonflikten,
dem Fischesterben,
den Dürren
Wogen
Wellen,
und mir selbst
gerecht zu werden.

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Laotse

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„Wir passen so natürlich in diese Schönheit rings um uns wie ein Baum oder ein Berg. Wenn wir nur immer so bleiben können, so werden wir ständig fühlen, dass es uns in all den großen Wechseln des Weltgeschehens gut geht. Es wurde so viel geredet über das menschliche Leben, und die Gebildeten haben so ein endloses Durcheinander von Theorien geschaffen! Und doch ist im innersten Kern alles so einfach wie die Natur. Alle Dinge sind gleich in Einfachheit. Nichts ist in Wirklichkeit verworren, so sehr es auch so scheinen mag. Alles bewegt sich sicher und unvermeidlich wie die Sonne.“

 

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Aus:  (Henri Borel) „Wu-Wei“ – Laotse als Wegweiser Drei Eichen Verlag

Zum Bild: wer weiß, wie er wirklich aussah, aber das ist eine der Varianten…

drücken

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Also, das sehe ich genauso: was nützt mir die Weite
des Universums, wenn die Schuhe drücken! Daher
ist es angebracht, sich und mich darum zu kümmern,
wo und warum die Schuhe drücken.

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früher

 

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Früher war alles ganz anders.
Erbgut und Einzeitglas-Spiel.
In der Sanduhr war feinerer
Sand dann. Blass wie das
genetische Viel. Das Sterben
war gestern ganz anders.
Anders war auch die
Länge von Haar. Die Farbe
der Haut war ganz anders.
Der Dschungel, in dem man
saß. Und das Feuer war wieder
mal anders Anders war auch
die Sprache der Welt  und das
Androgynentum. Das Nähren
vom großen Andersglück ist
der Geist vom anderen Zurück.
Später ist alles mehr anders im
Noch. Es kommt auf die Wahr-
nehmung an. Auf das Nichts
oder die Lähmung von dann
kommt es an. Ein Ei ist nicht
wie das andere. Auf die Drehung
unter dem Joch kommt es an.
Anders waren früher Poeten.
Kamen auf diese Erde für Luft
und wurden zu gleichmütigen
Tänzern der Kluft zwischen dem
anderen Früher von morgen,
dem  Jetzt, als gehütetem Denkmal
von gestern. Denn derLuftraum
war früher so unvernetzt, dass
man ihn heute ohne Verletzung
gar nicht mehr finden kann.

überall

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Überall Kinder, fast nur Kinder. Sie verfolgen einander und holen sich ein mit ihren Schicksalswägelchen. Sie binden andere Kinder an Bäume und tun so, als würden sie nicht wiederkehren, und dann kommen sie auch nicht wieder. Unwiderrufliches Kindsein auf Beinen, denen das lebendige Wachstum alles abverlangt. Doch innen lebt noch das Kind in den gedehnten Formen, unter dem Haar, hinter den Fassaden der Wohnungseinrichtungen: da leben die Kinder mit ihren Kleingeborenen, um Teil zu haben an dem, was bewältigt werden muss, die sich auftürmende Bürde als Spitze des Eisbergs im ewigkeitstrunkenen Ozean……..Wir Kinder. Überall kommen wir herausgekrochen aus der schwindelerregenden Nacht, drängeln uns durch des Tages Halbtraum, blättern schweren Mutes durch die vergriffenen Seiten des Vergangenen, durch nie gewordene Mütterfrauen der wegentschwundenen Vaterkinder. Halt ein! hör‘ ich mich rufen aus der Mitte des Zwiespalts, dort, wo die Vertrautheit meine Schultern verließ (oder verließ i c h  den Ort auf den Schultern?), und ich Mut fasste und freien Willen zur Menschwerdung. – Da hob ich den Blick und sah das ganze Ausmaß des Spiels: Kinder, die über kalte Straßen ziehen, sich selbst überlassen und ohne Obhut, ausgeliefert an die trügerische Wärme und Glätte der großen Experimente, haltlos das Reifezeugnis des Scheiterns verneinend. Vielfältige Suche nach der versiegten und feindlichen Muttermilch. Ja sag‘ nur, wohin soll ich meinen Blick denn nun wenden? Den kindlosen, weltenmütterlichen, prophetischen Seherinnenblick meines Herzens, wenn selbst der Eros des Wortes mich beugt zu den Wurzeln der Erde? Möge meine sorgsam gehütete, verhältnismäßig ungestörte, in Stille nahezu schmerzlos gereifte Einsamkeit sich bevölkern mit Zugelassenen, und es mir sekündlich geschehen, unter Wehen und Freuden das unermüdliche Ei zu gebären und zu beschützen.

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drin

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 ICH WILL IM NICHTS EIN GROSSES SCHWEIGEN BAUEN
MIT MIR UND DEN HOHEN TREPPEN ALS EINS.
ICH SELBST DIE SÄULEN MEINES HERZENS IM DRIN
DAS DRIN EINE REINE VERSCHWENDUNG.
DER FLÜGELSCHLAG ICH AM ATEM ENTLANG
VON SCHLUCHTEN, VON VOGEL-EI,
GEBURT UND TODLOSES EINMALEINS
IM SICHTBAREN VERSCHWUNDEN.
ICH WILL IM NICHTS EIN GROSSES SCHWEIGEN BAUEN
MIT MIR ALS SPIEGELLOSES.
MIT BLOSSEN HÄNDEN SETZ‘ ICH STEIN AUF STEIN
DIE MATRIX MEINES TODES.

nackt

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Wahrheit ist
überall möglich:
weit, groß,
kalt und schön.
Wahrheit ist sehr
persönlich und
wohnlich wie
das All-Hall.
Die Wahrheit
ist immer für
einen da. Das
macht sie
ungewöhnlich.
Da steht sie, meine
Damen und Herren:
gar nicht zur
Debatte. An eine
diamantengletschernadelglatte
Inspirationswand
kann sie sich
genauso gut
anlehnen
wie nicht.
Wahrheit ist…
Wahrheit ist…
Wahrheit – ist.
Oder ist sie es
etwa nicht?

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Die Wahrheit ist nackt! (Darf sie deswegen nicht ausgehen!?)

Momentaufnahme I & II

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I

Herbstblätter bilden auf den Straßen schon den Mittelstreifen. Der Schreck fährt kurz durch die Glieder. Im Land breitet sich ein mulmiges Gefühl aus. Kollektive Mulmigkeit. Alles kann eine Chance für Weiteres sein. Aber ohne Weiteres? Führt es nicht beständig und zuversichtlich zur eigenen Tür zurück? Und hinter die Türe, wo die Demokratie ihre Wurzeln hat.? Ja, lass, lass zu, mach auf, geh den Aufgang hinauf, durch den Einblick hinein, neben der Gartentür schau dem Garten zu, wie er auskommt auch ohne dich. Schließ‘  die Türe. Wer ist drin mit mir? Wer wartet in den Spiegeln auf mein Vorüberziehen, auf mein Hineinsehen, mein inneres Sein… und du? Auf mein Dabeibleiben am lichten Kamin, auf mein Hier. Wer ist dort im verborgenen Wohnen? Wer hat mit dem traumlosen Schlüssel Zahl und Antwort gefunden und das dazugehörige Licht? Denn wer die Sorge hier ruft, findet sie nicht, klopft an die Tür, wird eingelassen, wird sachte befragt zu den Verlusten. Als ich aufwachte und mich entschied für ein offenes Nichts, für die schlichtende Leere des Aufenthalts. Die Hände sind kühl, doch ich finde in der Tiefe eine große Freundlichkeit, ein Gleichnis, das sich verbindet mit mir.

II

Wir gehen so vor uns her,
vor uns hin.
Die Dinge fallen
auseinander.
Die blutgefärbte
Flut ist losgelassen.
Überall wird sie ertränkt,
die Zeremonie der Unschuld.

 

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Friedrich Nietzsche „Nachtlied“

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O Mensch! Gib acht!
Was spricht die tiefe Mitternacht!
„Ich schlief, ich schlief –
Aus tiefem Traum bin ich erwacht: –
Die Welt ist tief,
und tiefer als der Tag gedacht.
Tief ist ihr Weh –
Lust – tiefer noch als Herzeleid:
Weh spricht: Vergeh!
Doch alle Lust will Ewigkeit –
– will tiefe, tiefe Ewigkeit!“

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Dieses Lied aus dem Zarathustra kenne ich aus meiner Kindheit. Mein Vater hatte eine schöne Ausgabe hinterlassen, und es ist eines der ersten Bücher, die tiefe Bewegungen in mir auslösten. Ich liebe auch das von Mahler vertonte Lied. Wie wahr und stetig manche Dinge doch in einem weiter klingen und erhalten bleiben durch die Resonanz, die sie in uns auslösen bzw ausgelöst haben.

Vom Ich-en

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Man denkt, das
ist man nicht,
aber dann ist
man es doch.

Ich denke, das
bin ich nicht,
aber dann bin
ich es doch.

Es denkt, das
kann ich nicht
sein, aber dann
kann ich es doch.

Ich denke, das
kann doch nicht
sein, aber dann
kann es das doch.

Kann ich nur das
Ich sein, dann
kann nur i c h
mich sein.

Doch wenn ich
mich nicht sein
kann, was kann
ich dann noch sein?

Noch kann ich
mein Ich sein,
ich kann das
dann doch noch.

Wenn Nicht-Ich auch
ich sein kann, kann
dann das, was ich
nicht bin, auch ich sein?

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Ein heiterer Beitrag zum Wochenende mit tierisch tiefen Fragen. Bild: Teil eines Taschentuchs auf Marmor.

 

 

 

 

Wundpunkt(e)

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Mensch sein ist kompliziert und komplex. Bei der Ankunft hat man keine Wahl, denn da fängt es schon an, das eigene Sein und das der Anderen, mit denen man ständig zusammentrifft. Katastrophen in der Kindheit, meist übersehen von Nahestehenden, lassen ihre Spuren zurück, die wiederum Verursacher von Verstörungen werden. Einerseits finde ich den Gedanken einer allen PlanetenbewohnerInnen innewohnenden Verstörtheit nicht förderlich, stelle aber andrerseits fest, dass bei mir und denen, mit denen ich im Gespräch bin, hochempfindliche Wundpunkte im System lagern, die oft beschwerlich in die Beziehungen eingreifen. Ich frage mich, ob die Wahrnehmung solch wunder Punkte und ihrer Heilung an der Wurzel des Geschehens ohne Schulung oder geschulte Augen  möglich, bzw überhaupt erwünscht ist. Der Schmerz färbt das Hören. Das Verstehen entzieht sich den Wundpunkten. Letztendlich aber hat nur der/die Verwundete Einblick und Einfühlung in das verborgene Geschehen. Doch welche Wege nimmt unsere furchterregende Freiheit? Wer gibt Beistand im ohnmächtigen Augenblick? Wer kann Freund bleiben, ohne dass zu viel gebogen und verletzt werden muss? Wer lässt Andersartigkeiten mit großzügigem Geist zu, ohne Furcht, sich zu verlieren? Wer sieht sich selbst und die anderen Menschen als etwas, was unermüdlich neu erkannt werden muss, ohne dass ein Ende abzusehen ist? Überhaupt: Sehen! Den klaren und ausgerichteten Willen, Mensch zu sein – und was heißt das?

Brunnenrand

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Wer aber das Andere sucht, findet es
sicherlich. Im Verborgenen ruht es und
wartet auf sich. Kann nicht erzwingen, was
sein nicht ist und doch sein immer war,
bis es dort sich entdeckt, das Eigene wiegend.
Und aus welchen Heimstätten auch immer
hervorruft das erweichte, wärmende Ich.
Sei also gut zu dir, sprach ich mich an, und
verstehe den Sinn, der sich geringerer Tiefe
entzieht, und entsteige dem Brunnenrand.
Und sorge dafür, dass in den Sommern, die
mit fliehenden Graden vorüberziehen, der
Weg uns frei bleibt auf Quelle und nicht auf
Widerstand.