in Ordnung

Auch jetzt bin ich noch dankbar, dass ich in einer meditativen Schulung war, die das ja meistens mehr oder weniger bewusste Schauen auf die Welt und ihre Ordnungen und Sichtweisen nicht als Schauen gefördert hat, sondern als Innehalten im Schauen und insofern mit sich selbst beschäftigt, dass es auch hier sehr lange um geistige Aktivitäten geht wie das Aufräumen und das Aussortieren und mit der Eremitenlampe durchs Geröll marschieren, eine Quelle ahnend, ohne die der Weg alle Mühsal nicht wert wäre. Man spricht hier öfters mal von einem Sterben, das mit einem Gefühl zu tun hat, wenn langjährig sich im Innenraum niedergelassene Identifikationen losgelassen werden müssen, was sein kann wie das als schmerzhaft vermutete Sterben. Und manch einer kommt aus diesen Toden auch zurück, allerdings nicht neu inkarniert, sondern aus Sehnsucht nach dem scheinbar Verlorenen, oder aus Verlangen  nach dem verlorenen Schutzraum, den man für die Wirklichkeit hält, woran sich die Frage anschließt, ob es sie wirklich gibt, diese wirkliche Wirklichkeit, und aus was sie besteht. Und ob es eine gibt, die wir alle gemeinsam haben. So wunderbar die Augen auch sind, die wir haben, so sehr lehren sie uns eines Tages die Gefahr einer trügerischen Wahrnehmung. Einmal war ich für längere Zeit in einer wunderbaren alten Villa an der Amalfiküste zuhause, und einen Großtil meines Alleinseins verbrachte ich auf dem breiten Fenstersims als Wolkenbetrachterin. Ja, dort bin ich überhaupt erst erwacht zum Sehen, und mit keinerlei wirklichkeitsnahen Worten kann ich bis heute die ekstatischen Zustände beschreiben, die mich dort ergriffen haben vor allem an Tagen mit diesen dicht geballten Wolkenfeldern als Angebot himmlischer Arbeitsfläche. Aber vielleicht erscheint jetzt noch manchmal ein Hauch dieser Eindrücke auf meinen gepinselten Bildern, ja, muss wohl so sein, sie kommen ja immer noch aus mir und den wie im Strom sich fortbewegenden  Korridore meines Seins, immer mal unterwegs die Räume und Weiten und Profile wechselnd, aber immer doch eine tiefe Verbundenheit und Zärtlichkeit dem Dunklen wie dem Hellen gegenüber, auch wenn das Außen andere Forderungen und Prüfungen hervorbringt, die dem inneren Schöpfertum praktische Gesetze auferlegen, die man auch ruhig die ewigen nennen kann, da sie seit Menschengedenken immer schon aufgefallen sind durch ihre überzeugende Logik. Sieht man einmal genug Götterboten durch die Himmel streifen und ihre Aufgaben erfüllen, vielleicht für den universell gerne visionierten, einsamen Herrn, dem man das Ganze anlasten kann oder sich auch eine Weile an wichtigen und wesentlichen Dialogen mit diesem Urpfahl erfreuen, bis auch das vorübergeht, ohne dass irgendein Leid oder eine Unzufriedenheit dadurch entstanden wäre. Wenn man weiß, wie Götter entstehen, dann weiß man auch, wie man selbst entsteht, konsequenterweise vom präverbalen Sein aus bis in die letzte Phase des ganz und gar Ungewissen hinein: Da erst nämlich kommt einem das Steuer real vor, von mir aus auch göttlich. Das bewegt sich voran, als wäre man gleichzeitig alles und nichts, und als wäre es dennoch ratsam, die Richtung gut zu bedenken.

hervorbringen

Als ich dieses Jahr aus Indien zurückkam, war der Hype um Greta Thunberg schon angelaufen. Wie, du hast ihre Rede noch nicht gehört!?, staunte es einmal übers Telefon. Ich habe sie dann gehört, und es verlangt ja niemand von mir, dass ich etwas fühle, wo ich nichts fühle, beziehungsweise noch nicht weiß, ob, oder wenn, was ich eigentlich fühle (oder denke). Das Interessante an der  sich entwickelnden Geschichte, was das Asperger Syndrom wie nebenher verständlich machte, war für mich, dass es hier nicht um Fühlen ging, auch wenn sicherlich durch die Bewusstmachung davon dadurch einiges Mitgefühl im Spiel war, aber es ging um die Dringlichkeit des Handelns im Angesicht einer Katastrophe, die allen Anwesenden durchaus vertraut war und ist. Wer wäre besser geeignet gewesen als dieses Kind, über Nacht zur Ikone mutiert, um emotionslos d i e paar Worte zu sprechen, die Anderen nicht möglich waren. In einem der neuen Artikel (von Dominik Finkelde) über Greta Thunberg wird Hegel mit einem interessanten Satz zitiert. „Ihm (Hegel) zufolge können in gesellschaftlichen Prozessen Plätze entstehen, Orte des Erahnten, aber noch nicht Begriffenen, , die dann eines Tages – eher zufällig als nach Terminabsprache – von Individuen sozusagen realpolitisch eingenommen werden. “ Dass dieses Geschöpf Greta also von ihrer Zeit praktisch erwartet und erschaffen wurde  durch das als schmerzhaft empfundene Fehlen von Handlungen bei gleichzeitig andauernder Beschallung von Vorwürfen.“ Man denkt natürlich nicht täglich daran, dass ja wirklich alles, was für uns an Menschlichem wahrnehmbar ist,  von uns Menschen hervorgerufen wurde, und das, was jeweils da ist, automatisch der Ausdruck des kollektiven Bewusstseins ist, wenn man nicht den ganzen Vorgang einem Gott hinschiebt. Auch Menschen wie Hitler und Trump usw. füllen eine Lücke im kollektiven Bewusstsein und können nur eine derartige Macht entfalten, wenn sie clever mit den derzeitigen Bedürfnissen der Masse umgehen, oder ein dunkler Instinkt ihnen verrät, was für ihren eigenen niedrigen Instinkt hier drin ist als Erfüllung  noch unbewusst lauernder Wahnideen. „Krank ist das neue Gesund“ sagen Gretas Eltern wohl in ihrem Buch über all dieses Familienschicksal, ein furchtbarer Satz wegen des Tropfens Wahrheit, den er enthält. Aber vielleicht geht es gerade um diesen Tropfen (Tinte im Wasserglas), der einem ermöglicht wahrzunehmen, wie sehr das menschliche Gefüge (schon) von Krankheitsbildern derart geprägt ist, dass man es als eine vorherrschende Realität einfach mal zulassen muss. Aber ist es wirklich vorherrschend, oder läuft hinter dem ganzen Spiel nicht doch immer eine Sphäre mit, die von den Spielarten nicht betroffen ist, nein, kein Gott und auch nicht ein erhoffter Götterolymp,  sondern ein geistiges Potential, das offensichtlich so geartet ist, dass es gefügig und formbar ist, wenn man sich mit den Gesetzmäßigkeiten vertraut macht. Genau da liegt aber auch die Gefahr, die wir nun alle als Lebende auf diesem Planeten spüren, nämlich, dass wir in der Tat uns selbst in Gefahr gebracht haben, eine tiefe Dunkelheit, aus der nur die Einzelnen einen Weg heraus bahnen können. Alle Einzelnen der Erde, denen es wesentlich erscheint angesichts des Notzustandes, zu ihrem eigenen Wesen zurückzukehren. Und vielleicht stimmt es ja (auch, und unter anderem), was Philipp Ruch, der künstlerische Leiter des „Zentrums für politische Schönheit“ in einem Interview sagte, nämlich, dass die 95% Mitläufer die Dunkelheit bilden, in der Schönheit erst leuchtet.“ Aus was diese Schönheit nun wiederum besteht, das muss wohl jede/r für sich selbst herausfinden. (Das versteht sich von selbst).

 

 

 

 

Friedrich Hölderlin

Bildergebnis für friedrich hölderlin

Ich werde sein. Wie sollte ich mich verlieren aus der Sphäre des Lebens,
worin die ewige Liebe, die allen gemein ist, die Naturen alle
zusammenhält? Wie soll ich scheiden aus dem Bunde, der die Wesen
alle verknüpft? Der bricht so leicht nicht wie die losen Bunde unserer
Zeit. Der ist nicht wie ein Markttag, wo das Volk zusammenläuft
und lärmt und auseinander geht. Nein! Bei dem Geiste, der uns
einigt, der jedem eigen ist und allen gemein! Nein! Nein! Im Bund der
Natur ist Treue kein Traum. Wir trennen uns nur, um inniger einig zu
sein, friedlich mit allem, mit uns. Wir sterben, um zu leben.

verloren (?)

Aus dem Freundeskreis hat jemand unterwegs dieses Bild in Wuppertal gemacht. Dass es entdeckt wurde, macht die kühle Schönheit des Bildes aus mit dem Satz „Es ist noch nicht alles verloren“. Man möchte schon gerne wissen, wie er da hingekommen ist und was er wem so bedeutsam vorkam, dass er einen ordentlichen Platz bekommen hat. Ich bitte um die Erlaubnis, das Bild heute in meinem Blog zu veröffentlichen, auch weil es mir wie ein Satz vorkommt, über den ich noch nachdenken könnte, wen es sich ergibt. Und es ergab sich also, dass just in der „Zeit“-Ausgabe dieser Woche ein Interview erschienen ist mit Peter Handke ( das lesenswert ist), und in dem derselbe Satz vorkam wie in dem Bild. Handkes Satz lautet „Vielleicht ist ja auch noch nicht alles verloren“, da er in seinem Kontext meint, nach dem Ersten Weltkrieg sei eigentlich der Untergang schon besiegelt gewesen und in der Geschichte stecke der Teufel, was nun hier nicht weiter vertieft werden muss. Jeder kommt aus einer anderen Ecke des Labyrinthes in seine oder ihre Oase. Auf dem Weg kann man sich schon mal fragen, warum einem, oder muss ich „mir“ sagen, dieser Satz auch ziemlich trübsinnig vorkommt. Ja, ich kenne durchaus Momente, wo ich denke, sehr viel ging und geht verloren, das kann die Handschrift und die Präsenz von Notizbüchern sein, oder eine Ebene der Menschlichkeit, die man für selbstverständlich hielt. Überhaupt: das Selbstverständliche, das so viel Wirrnis hervorrufen kann, weil das Selbst (auch noch nicht für sich selbst klar definiert) noch gar nicht genug erfasst ist als ein Ort, von dem aus man solch einen Verlust  überhaupt reflektieren kann. Auf was genau zielt die Hoffnung, dass noch nicht alles verloren ist. „Alles“ kann in letzter Konsequenz nur man selbst sein, vielleicht ein Gefühl des Verlorenseins im Teufelskreis der Geschichte, persönlich oder politisch, der man sich ausgeliefert fühlt. In den ziemlich klugen Beobachtungen indischer Weiser, die, aus welchen Gründen auch immer, lange Jahre herumsaßen und hineinschauten in das äußere und innere Wesen der Dinge, in diesen forschenden Beobachtungen kamen sie zu der Erkenntnis, dass der Ablauf der Zeit nur kreisförmig sein kann. Tatsächlich wird auch hier diese Zeit, in der wir gerade leben, als eine Zeit großen Verlustes gesehen, eine trügerische Zeit, in der einem nichts übrig bleibt, als sich auf das eigene Auge zu verlassen und es zu fragen, was es wirklich sieht, und worauf es ihm ankommt, dem Auge. Denn es geht zwar einerseits um die Akzeptanz so manchen Verlustes, ohne den man gut leben könnte, aber andrerseits geht es auch darum, die Zeit gut zu nutzen. Ich denke, dass man vor allem in den „fetten“ Jahren, über deren Ende nun viel posaunt wird, sich mit den Dingen beschäftigen kann, die in den „mageren“ Jahren vielleicht nicht so viel Raum einnehmen können, weil es da oft um grundlegende Materialien geht, die der Mensch nicht mehr so leicht zur Verfügung hat. Was haben wir nicht alles vom persönlichen Haus aus über die vielfach verfügbaren Medien mitbekommen von Verlusten, unter denen Menschen zu leiden haben. Ganze Dörfer und Kulturen wurden von den Geschehnissen der Zeit mitgerissen, zerstört, dem Erdboden gleich gemacht, und die auf unmenschlichste Weise allen Sinnes entleerten Orte vermint undsoweiter. In der Mitte dieser Dunkelheit also, sagten die Weisen, muss geradezu automatisch und wie von selbst eine Ausgleichung erscheinen, von der man nur ausgehen kann, wenn man sie einmal als solche im Universum wahrgenommen hat. Es ist ja nicht so leicht, von dem ganzen abenteuerlichen Spiel, in dem alles möglich erscheint, freiwillig zurückzukehren zu sich und sich über die ganz persönlichen Verluste, die man zu beklagen hat, klar zu werden, bevor einem klar wird, dass diese Rückkehr keineswegs ein Verlust ist, sondern genau d i e Bewegung, die es einem erlaubt, tiefere Verbindung mit sich selbst aufzunehmen und zu schauen, wohin der Kurs nun wirklich gehen soll und kann. Was auch immer es sein mag, was man als verloren vermutet hat, so entpuppt sich doch die Akzeptanz des Verlorenen als eine Erkenntnis des Reichtums, definiert als die Wertschätzung dessen, was in der Tat meins ist, mein Leben nämlich, und was ich durch es gestalten kann, wenn aus dem Es tatsächlich ein Ich wird, das einzige, das man als GestalterIn im Hier und Jetzt zur Verfügung hat. Achach so grüblerisch, und das am Samstag, und der noch verregnet.

mausetot

Dass Karl Lagerfeld es als Toter in die Nachrichten der „Times of India schaffte, war schon bemerkenswert, auch wenn es auf der „Global News“ Seite war, aber noch fragwürdiger schien es den indischen Freunden, dass er seine Katze anbetete und sie auch geehelicht hätte, wäre die Gesellschaft (meinte er) genug gereift für solche Vorgänge. Seit Millionen von Fremdlingen durch Indien traben und viele von ihnen dadurch auffallen, dass sie besonders lieb zu Tieren sind und sie gnadenlos retten und füttern können, löst sich auch in indischen Gehirnen das Bild von der Katze als böse durch die  menschlichen Schluchten und Gruften streunender Geist, beziehungsweise jagt sie Ratten, das heilige Traveltier von Ganesh, dem Elefantengott. (JaJa) Wir haben eben auch zwei sehr schöne Katzen, und man kann viel von ihnen lernen, unter anderem auch, wie man in seelische und geistige Bredouillen kommt angesichts ihrer natürlichen Begierden. Die Große der beiden ist schon älter und gediegen in ihrer Art, aber der Kleinen gehört ein Teil des Waldes, und von dort bringt sie regelmäßig Tiere im Maul mit, es war auch schon mal ein kleiner Marder, oder ein Vogel. Mir wurde einmal erklärt, dass es Geschenke sind an die, die sie gerade favorisiert. Diese Personen, ungern eine Maus zwischen der vertrauten Materie wissend, suchen dann mit dem Tier die Maus. Neulich bemerkte ich eine Atmosphäre tiefer Innigkeit beim Suchen (nach der Maus) zwischen mir und der Katze, und alle Zeichen deuteten darauf hin, dass sie sich freute,  dass ich ebenfalls die Maus will zum Spielen. Da ist die Kommunikationsebene doch wieder sehr begrenzt, denn ja, will auch ich die Maus, aber aus anderer Motivation heraus. Oft überleben sie ja, wenn wir fit sind beim Retten, doch so manche sind beim Spiel auch gestorben, und wir tragen sie an den Ort, den wir das Mausoleum nennen, das ist schon ganz schön voll.  Als ich die winzige Maus gestern vor diesem Gang spontan an die Yogi Figur lehnte, (siehe Bild), da fiel mir auf, wie ähnlich sie doch auch in ihrer Zartheit waren, die beiden, die Katze und die Maus. Jemand erzählte uns, dass sie irgendwo gesehen haben, dass eine Katze und eine Maus sich täglich das Fressen im Futternapf teilen. Das ist wirklich verblüffend, dass auch hier durch bestimmte Vorgänge der Trieb des Jagens und Mordens vom vermeintlichen Feind gebändigt werden konnte. Hört man mal wieder von Bordellen und Frauenhandel, fragt man sich das ja auch, in dem Falle vielleicht eher, wie es dazu kommen konnte, dass das als „natürlich“ gesehen wird, denn ist die Lust an der Jagd und der Erniedrigung nicht tierisch? Auch wenn man Mensch ist und des Bewusstseins fähig, kann einem das Morden beigebracht werden, denn man muss nicht die Hand heben mit einer Waffe, um des Mordes fähig zu sein, man braucht, wie wir (Deutschen) von unserer Geschichte wissen, nur die willigen Ausübenden. Man stempelt ein ganzes Volk zu gejagten, unwürdigen Mäusen, und obwohl so viele Fragen gefragt wurden, sind manche Antworten nie gefunden worden. In einer Zeit, als ich in einer strikten Mediationsausbildung war, traf in diesem Hof einmal ein Ausgestiegener aus der amerikanischen Navy Seal Elitetruppe  ein, der sich verfolgt fühlte von den Knechten seiner Seniors, denn man verlässt eine Elitetruppe nicht freiwillig. Er war in armen Verhältnissen in Harlem geboren und war irgendwie im  Dunstkreis der als ehrenhaft gesehenen Eliteeinheit gelandet, wurde gnadenlos trainiert und zum Morden geschickt. Sie wussten nie, wo sie aus Fallschirmen herausgelassen wurden, nur, dass sie die dort befindlichen Menschen umzulegen hatten. Als ihm klar wurde, dass dieses sich als nobel tarnende Männerbündnis ihn zu einem Instrument des Mordens gezüchtet hatte, nahm er sein goldenes Navy Seal Emblem ab und gab es zurück, nämlich dahin, wo sie gar nicht amused waren, da vorher noch nie jemand dem Mythos der Elite, sprich: der Gehirnwäsche, entkommen war. Diese Geschichte taucht auch deshalb wieder bei mir auf, weil gerade ein Navy Seal Elitecommander mit bestem Ruf vor Gericht steht, weil einige seiner Elite-Mitspieler ihn angeklagt haben, ohne Grund und aus purer Tötungslust Menschen abgeknall zu haben. Ich denke, es ist ratsam, die dunklen und hellen Anteile in der eigenen Psyche sorgsam zu erforschen, denn es fällt doch auf, dass die Gewohnheit, sich selbst als „gut“ zu empfinden, sehr weit verbreitet ist und keine Garantie dafür, wie ein Mensch sich verhält, der von anderen Gehirnen noch gewaschen werden kann, selbst also ohne Waschmaschin lebt. Auch, dass Bildung keine Garantie ist, wusste man lange nicht. Der Weg der Selbsterkenntnis ist nicht gepflaster mit Garantien. Risikoreich, ganz sicher, aber auch spannender als das Vorgaukeln. Dass noch vor Kurzem ein Dichter (Paul Celan) den Tod als einen Meister aus Deutschland nannte, kann durchaus bedacht werden. Es sagt u.a. etwas sehr Tiefes aus über die Gefahren der Meisterschaften.

Anliegen

Mir hat der Ausdruck „am Herzen liegen“ immer gefallen, auch wenn er Gefahr läuft, sich als romantisch zu offerieren, was ja auch harmlos ist.  Für mich trägt er oft das Bild eines Banian Baumes, unter dessen Obhut und Schatten sich zusammenfinden kann und zusammengefunden hat, was sich als wesensnah empfindet, nicht im Sinne einer „Gleichheit“, sondern eines ruhigen Vertrauens, das sich durch Erfahrung  und Umgang miteinander erschaffen und genährt hat. Eine Art Garten, ein innerer Kepos. In der Welt des Likens und Not-Likens ist es beruhigend, dass die inneren Gärten uneingeschränkt sein können in ihrer geistigen Architektur, und eingeladen ist, wer sich eingeladen fühlt, wo Freundschaft und Liebe möglich sind und Andersartigkeit geschätzt wird, dieses Zulassen von Fremdheit und dem Interesse daran innerhalb der möglichen Nähe. Wo man die Anliegen austauschen kann, ohne Gefahr, dass es zu Verstummungen kommt. Diese Verstummungungen, die wir alle kennen, wenn klar wird, was klar werden muss. Die unübertrefflich schwierigen Seiltänze, wenn man einerseits zum Volk gehört (und seine geschätzte Sprache spricht), in dem man geboren ist, und andrerseits dieses Volk erst verstehen lernt wie sich selbst, was Zugehörigkeiten ermöglicht auf jeder Bandbreite. Wenn Grenzen offen sind und die meisten Länder bereisbar und und die Reisen bezahlbar, kommen erweiterte Wahrnehmungen hinzu. Die Vielen und die Wenigen sind überall. Die Zufriedenen und die Unzufriedenen, Die an starre Glaubenssätze gebundenen Hierarchien, die verordneten Ordnungen der Regierungen, das Verhältnis von Mutter oder Vater Staat und ihren und seinen Kindern, die Verherrlichung von Gewalt und Religion, die Geschlechterfragen. Und dann die Oasen und Gärten, die auch gleichzeitig entstehen, damit das geistige Potential des grandiosen Vorgangs „Leben“ nicht untergeht in den vorletzten Wirklichkeiten. Deswegen werden Zeiten, in denen düstere Prophezeiungen die Runde machen, die wegen ihrer Nachvollziehbarkeit so einleuchtend scheinen, diese Zeiten werden auch geschätzt, wenn Einzelnen klar wird, dass gerade die sogenannten fetten Jahre sich so geeignet zeigten, mit bestimmten Praktiken in Berührung zu kommen, die eine brauchbare Weile als zeitlos gelten konnten, bis auch ihre Grenzen sich zeigten. Wenn das extra Auge ins Spiel kommt und dort dringend gebraucht wird. Nicht, um von den Höhen und Höhlen des Himalaya heraus und herunter einem geheimnisvollen Auftrag zu dienen, der unüberprüfbar bleibt, sondern, sollte es jemals brauchbares Wissen gegeben haben, es nun mitten an den Orten  der menschlichen Einrichtungen sich auf vielfältigste Weise zu zeigen beginnen kann. Dann zurück zu den Gärten, wo das Wesentliche weiterhin gehütet wird und freies Kommen und Gehen stattfindet, und das willkommengeheißene Lagern an den Wurzeln der Bäume. Wo die Anliegen sich kraftvoll und behutsam entfalten können.

 

umsetzen

Seit Tagen schneit es aus einem blauen Himmel heraus. Dann ballen sich diese hauchdünnen (Pappel?)Samen in den Ecken des Gartens, und wenn man eine Außentür auflässt, sieht man nach einer Weile nur noch einen sich bewegenden Boden. Das kann nicht mehr eingefangen und nur noch als Staub aufgesaugt werden. Ansonsten, wenn Zeit zur Betrachtung ist: Ein Sternenheer, ein theoretisches, subatomares Feld, auf dem auch der Laie sich schulen kann in der Sicht und in der präziseren Wahrnehmung. Dieser Tip kommt auch von Michelangelo, der in der scheinbar leeren Schöpfungsfläche, sei es nun hinter den Augen oder auf einer monsoonerschaffenen Wand, die Dinge sah und zu sehen empfahl, die er und natürlich auch alle Anderen, die sich darin versuchten, sehen und umsetzen konnten. Auch kann man oft genug beobachten, dass die Natur eine Meisterin ist, die sich den unermesslichen Reichtum wohl leisten kann, die reine Verschwendung des Nichts-als-Gebens, von dem die Hindus sagen, dass es die Gottheit ausmacht. Sicherlich gilt auch, dass ich nicht nur bin, was ich esse, sondern auch bin, was ich sehe, und was ich fühle, klaro. Nun merkt man mit der Zeit, dass man allerhand von sich herausfinden kann, und dass auch beim Sichselbstsein Übung den Meister macht. Deshalb bleibt einem nichts anderes übrig als zu reflektieren, was man wahrnimmt, denn dadurch lernt man sich kennen. Auch kann man keinen David aus einem Stein herausholen, wenn man um die Geheimnisse des Marmors nicht gerungen hat. Und dann: ausgerechnet einen David sehen. Was für immense Korridore von Dunklem und Lichtem ein Geist durchwandern muss, um zu sich zu kommen, und so viele haben eine Art Licht auf seltsamste Weise erreicht. Samuel Becket, für den es Gelingen nie gab, und  dem trotzdem etwas gelang. Und was wäre mit so vielen, die uns erreicht und gebildet haben, geschehen, wenn jemand es für nötig gehalten hätte, sie zu heilen. Ich denke auch, dass es nicht wirklich so sehr darauf ankommt, wie lange man lebt, sondern wie man die Zeit, die man zur Verfügung hat, am besten nutzt. Um diese Nutzung kommt man nicht herum, denn man ist eingebunden in den Teppich, der gerade fabriziert wird. Und in der Tat ist die einzige Hochzeit, auf der man tanzen kann, die eigene, auch alchemisch gesehen und solcherart gelebt, kein Zweifel. Sich dem gegebenen Raum wirklich widmen, und die Angst verlieren lernen vor der Freiheit und und ihrer Begabung, sich auf das Ungewisse einlassen zu können. Das Aufgetischte hinterfragen, auch wenn es Moses heißt oder Manu oder Merkel. Auf dem Weg tauchen viele Künste auf: das Unterscheiden, das Schweigen, die Rede, der Klang. Auch wie tief man erschrecken darf, wenn man erkennt, dass die vielen als neu erscheinenden und lockenden Dinge nur andere Kostüme tragen, die zu denselben Krankheiten führen, vor denen seit Jahrtausenden gewarnt wird. Die festgefahrenen Bilder aus dem Stau herauslösen und freie Fahrt gewähren, indem ich an den natürlichen Grenzen bereit bin, mich als Individuum zu identifizieren. Das solchermaßen Getrennte in bewusstem Spiel mit dem Ungetrennten.

heilen

Schön, dass sie da waren, die Feiertage, und schön, dass super Wetter war für die Eiersucher und Sucherinnen, und Gäste, und Osterfeuer und Eierbäume und schneeartige Samenwirbelwinde, und der ganze Hügel in der Nähe des Hauses soll voller suchender Kinder gewesen sein, überall die Bereitschaft zu höchstmöglicher Zufriedenheit. Für mich muss drin sein, dass ich auch mal an meinem Schreibtisch sitzen kann und über was nachdenken. Ich dachte, auch im Rahmen christlicher Zusammenhänge, die mir aus eigener Erfahrung nicht so vertraut sind, darüber nach, wie schwer es ist, sich in die Geisteshaltung mancher (schon lange berühmter) Künstler hineinzuversetzen und für sich selbst wenigstens etwas diesen Blick zu enträtseln versuchen, der, zum Beispiel beim Malen auf den vor dem eigenen   Auge entstehenden Bild fällt. Ich kam durch das Bild von Rubens darauf. Diese Behutsamkeit der Pfeilentfernung, die auch durch die Witwe bei Caravaggio gut vermittelt wird, da sieht man die Liebe als reine Fürsorge, was wohl in der Legende so passiert sein soll, lese ich mal kurz nach: (Der heilige Sebastian). Als Soldat gefördert, wurde er doch wegen Bekennens zum Christentum, vom Kaiser zum Tode verurteilt, der ihn von numidischen Bogenschützen erschießen ließ. Er starb aber nicht, sondern wurde von dieser Witwe gesund gepflegt, ging dann aber, warum auch immer, zurück zum Kaiser, bekannte sich erneut zum Christenbtum und wurde  mit Keulen erschlagen. Schon als Jugendliche schaute ich mir die Körper der heiligen Sebastians an  sowie die vielen gemalten Körper des leidenden Jesu die oft so eine Mischung erzeugen aus tiefem Mitgefühl, das aber auch die Wahrnehmung der körperlichen Schönheit und Jugend zulässt. Vielleicht meine ich das mit der Erotik der Wunde, des Leidens, des Schmerzes, der Verletzlichkeit, so eine Art Liebe, die über den Schmerz hinausgeht, was nicht bedeutet, dass er nicht wahrgenommen wird. Auch war die religiöse Darstellung immer auch ein Weg, kulturell verpönte Gefühle auf einer höheren Ebene zu sublimieren. Die Spitze des Pinsels kann eine furchterregende Intensität annehmen, denn sie ist das ausführende Organ des dahinter wirkenden Geistes, Ich erinnere mich, dass mir einmal die Anzahl der ertrunkenen und immer noch ertrinkenden Afrikaner im Mittelmeer so unvorstellbar vorkam, dass ich auf einem blassblau bepinseltes 14×14 cm großes Blatt anfing, schwarze Punkte zu setzen, um einem Gefühl für dieses ungeheure Geschehen zumindest in kläglichem Versuch einen Ausdruck zu verleihen. Während ich Punkt um Punkt setzte, spürte ich, wie sich die Farbe der Punkte in Haare verwandelte. Vierhundert weitere Köpfe spürte ich förmlich unter meiner Hand versinken in  unabwendbare Schicksale, verhinderte Leben,ausgebeutete und vernichtete Menschen, auf Hilfe der Söhne ausharrende Familien, aber vor allem: dieses spürbare Haar am Ende des Pinsels. Für mich heißt der Begriff „Erotik der Wunde“ nicht, dass etwas Inkompatibles zusammengebracht wird, nein, sondern Erotik bedeutet für mich unter anderem der universelle Zustand an sich, seine Lebendigkeit, seine Ausschließlichkeit, und dass die Wunde auch da ist, um wahrgenommen zu werden als Daseiendes im lebendigen Prozess, Und wer weiß schon, welche Wunden und Abgründe (z.B.) ein Caravaggio beim Malen in sich selbst geheilt und erhellt hat.. (Oder nicht).

mögen

Wenn Statistiken herauskommen oder Artikel in renommierten Zeitungen über bestimmte Zustände oder Krankheiten von Menschen im Volk, kann man immer mal wieder staunen, wie viele da dann oft genannt werden. Das geht mir in Indien auch so, auf einmal hört man, dass eine furchterregende Anzahl von Menschen an Diabetes leidet, oder wie viele Einwohner des Dorfes in einem Jahr an Herzinfarkt gestorben sind undsoweiter. War das immer schon so und wird jetzt erst darauf aufmerksam gemacht?, oder hat das alles ganz andere Zusammenhänge, die man auch historisch oft schwer vermittelt bekommen kann. Zum Beispiel wie mit Frauen in der Ehe umgegangen wurde und wird, oder welche Gefühle Eltern im Alten Ägypten oder dem vedischen Indien für ihre Kinder hatten. Wenn man jetzt mal hineinlauscht in die Kollektiv-Psyche, kann es einem leicht vorkommen, als hätte der Hunger, von Anderen geliebt zu werden, an der Quelle jeweils schon so viel Schaden angerichtet, weil das Lieben, von dem man oft ausgeht, gar nicht stattfand, sodass sich eher die Lieblosigkeit  als Mangel an Erfahrung, durchsetzt als Norm. In der Mitte also des kurz für diesen Zweck visionierten Coachingblattes: die Norm der Gefühllosigkeit als Quelle, von der die entsprechenden Strahlen ausgehen: der Mangel  an emotionaler Unterscheidungskraft, der Anspruch an Geliebtwerden wie man halt ist, das zwanghafte Gemochtwerdenmüssen, der Preis, der mehr oder minder freiwillig gezahlt werden muss für den Verzicht auf Selbstachtung, und das gefährliche Versinken in den 10 000 Möglichkeiten und Varianten, , die etwas vorzeigen können, ohne jemals den Kern zu berühren. Des Pudels Kern? Der wahre Sachverhalt?  Und jedes Schicksal auf seiner eigenen Bahn, mit so vielen Stationen übersät, die zu bedenken und zu erfühlen sind, und dann das noch größere Einsam erfahren zu können als des Rätsels Lösung: e i n Same nur, doch der, ans eigene Herz genommen, in seiner Einzigartigkeit erblühen kann als kleiner, gut, und dennoch kostbarer Beitrag zu dem ganzen, sich voranbewegenden Geschehen, in das man eingebunden ist. Wir haben ja nicht mehr als uns, und wenn es nicht genügt, das nennt man wohl das Leiden, da es mit allem und allen Anderen verbunden ist, ja, schon, doch nicht von ihnen abhängt, nein. Da muss schon ziemlich viel geschehen, bevor das eintreten kann, das Abhängen von der Präsenz des Anderen, das zwanghafte Mögenmüssen, die Panik des Abgelehntwerdens. Das Abgelehntwerden selbst. Der geheimnisumwitterte Vorgang und Umgang damit. Die eingeschweißte Morallatte. Der Verlust der authentischen Wahrnehmung. Der Verlust überhaupt, von sich. Auch in Indien entstehen neue Welten für Abgelehnte und Nichtsichgemochtfühlende. Was ist die Wurzel des Übels. Und was der Wurzel  Heilung.

Lao Tse

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Dreißig Speichen treffen sich in der Nabe.
Auf dem Nichts daran beruht des Wagens Wirksamkeit.
Durch Tonkneten macht man Gefäße,
auf dem Nichts darin beruht des Gefäßes Brauchbarkeit.
Durch Aushöhlen von Türen und Fenstern
macht man Häuser,
auf ihrem Nichts beruht des Hauses Brauchbarkeit.
Darum:
Das Seiende ist zwar nützlich,
das Nichts ist das Wirksame

performen

 

So, nochmal dasselbe Bild wie gestern, jetzt in Farbe, das andere war wohl ein Kupferstich. Nein, sagte jemand, der Amor bohrt da doch gar nicht den Pfeil hinein, sonder versucht, ihn möglichst schmerzlos herauszuholen. Alles an meinem Blick war flüchtig gewesen. Auch wenn  mich der Name Rubens nicht zum Eintritt in eine Ausstellung oder auf die Kniee zwingt, so spüre ich doch, dass  dieser Samstag, eingekeilt zwischen zwei bedeutsamen Tagen des christlichen Erinnerungsguts, überdacht mit wolkenlosem Himmel, für alle hungrigen Einkaufenden geöffnet, dass eben dieser Tag für mich ganz persönlich geeignet scheint, (m)einen flüchtigen Blick auf den heiligen Vorgang zu korrigieren.  Eigentlich war ich ja von der erotichen Ausstrahlung gemalter Wunden fasziniert. Wunden sind etwas, die einen fassungslos machen, auch wenn man auf eigene starrt. Keiner rechnet damit, dass eine Wunde erscheint. Auch der heilige Sebastian schaut auf die Wunde, als könne er sie nicht als seine erkennen. Da wollten wieder Menschen etwas vernichten, was für sie selbst nicht zugängig war. Schön wär’s, wenn ein kleines Engelchen herbeieilen würde, um die Pfeile sorgfältig zu entfernen, weiß man doch, dass das kaum auszuhalten ist, oder eigentlich überhaupt nicht geht, Was dachte ich denn fälschlicherweise? Dass der Amor dem Gepeinigten vermitteln will, wie schmerzhaft die Liebe sein kann? So war es wohl nicht gemeint, und so hat man, ich meine natürlich habe ich, inmitten des kollektiven Einkaufstaumels, noch etwas Wichtiges dazu gelernt. Kazuo Ohno tanzt auf meiner inneren Leinwand zu einem ihm gewidmeten Lied von Anthony (and the Johnsons), dann treten die Butoh Tänzer auf, gefolgt von einer Großaufnahme, auf der ein dunkelroter Blutstropfen einen Mundwinkel verlässt. Der leuchtende Rand eines schwarzen Loches lässt sich erkennen. Es wurde geraten, die düsteren Assoziationen mit einem schwer erkennbaren, abgrundtiefen Etwas nicht falsch einzuschätzen. Das, was Angst machen kann, birgt nicht unbedingt das Erschreckende, sondern auch das Unbekannte, oder das noch nicht Erkannte. Marina Abramovic  und das bewusst Entgrenzte.  Von der Extremkünstlerin Florentina Holzinger wird in einer Beilage der“ Zeit“ berichtet, dass sie und weitere drei Frauen sich während einer Performance Spielkarten an den nackten Körper tackern. Wenn einen etwas berührt, wird man wachsam. Das Beachten der Form wird zweitrangig, man spürt, wenn die Handlung sich zeigt, die Nähe der Quelle. Es muss schon ein gewisses Etwas geben, damit man die Unruhe eines flüchtigen Blickes in sich wahrnimmt und bereit ist für eine neue und erfrischte Sichtweise. Obwohl die Schöpfungskraft als eine Gnade erfahren wird, ist sie der Gnade nicht unterworfen, denn letztendlich lernen wir nur von ihr, was sie kann, denn wenn sie nicht kann, was sie ist, dann ist sie auch keine Kunst.

rechtes Bild: aus der Performance „Apollon“ von Florentina Holzinger

leiden

Unterwegs habe ich gestern in einer Stadt in einem Laden, der vermutlich zur nahen Kirche gehört, dieses Bild gesehen, und da mich wieder einmal die Erotik faszinierte, die ich häufig auf christlichen Leidensbildern gesehen zu haben wähnte, wollte ich von der Frau hinter dem Glas wissen, warum und in welcher Szene der kleine Amor dem schönen Jüngling seinen Pfeil ins Herz bohrt. Die Frau sagte, sichtlich verlegen, dass sie meine Frage nicht beantworten konnte, dass die Fachkräfte des Hauses gerade nicht anwesend seien. Der Angebohrte ist offensichtlich hilflos seinem Schmerz ausgeliefert, denn seine Arme sind gebunden. Was für tiefe Empfindungen auch die Wunden Christi doch immer noch auslösen können, und wie viele Künstler haben sich an der Darstellung dieser Leiden abgerackert. Allein die Filme, die wir alle gesehen haben, voller Helden und voller Qualen. Gestern tauchte in einem Gespräch die Frage auf, wieso sich eigentlich vor allem Jesus als Messias durchsetzen konnte, wo doch in jener Zeit, wie auch heute, mehrere Messias(se) (?) unterwegs waren, um ihr Königreich anzupreisen. In dem indischen Dorf, wo ich manchmal lebe, gibt es auch Anhänger eines Messias, der in Brooklyn lebte oder noch lebt, lang lebe der König Messias, denn vieles höret nimmer auf. Aber Jesus schaffte es offensichtlich, sich durchzusetzen, und, wie wir aus Erfahrung wissen, kann man alles Mögliche sehen, was nicht da ist. Tote stehen auf und sind wieder quicklebendig, Lahme können wieder gehen. In Indien war ich auch einmal mit einer jungen Frau an einem heiligen Ort, wo sich Hunderte von Lahmen trafen, um für ihre Gesundung zu beten. Auch sie, die halbseitig gelähmt war, wurde wieder gesund. Ich ging zu einem befreundeten Arzt und fragte ihn nach seiner Einschätzung des Wunders. Er meinte, es sei der natürliche Verlauf der meisten Lähmungen, dass sie sich nach einer Weile wieder auflösen. Wer kann wissen, wie es zu solchen Anekdoten kommt, wenn sie sich einmal verselbständigen und eine neue Religion in Schwung gerät. Hier wird einem also das Leiden vor Augen gehalten. Nichts geht ohne Leiden, wer  wollte und sollte es abstreiten. Seither ist mächtig viel gelitten worden und kein Ende ist abzusehen. Ja, es sieht so aus, dass, wenn Menschen so ziemlich alles haben, was ein Mensch zum Leben braucht und vieles mehr davon, wie hier im Land z.B., da scheint das Leiden erst richtig loszugehen. Riesig lange Artikel über des Volkes einsames Leiden sind unterwegs, und man freut sich, wenn man jemanden trifft, der oder die mit der Gestaltung ihres Daseins eine gewisse Offenheit der Freude gegenüber erreicht haben, nicht aus dem moralischen Gutheitszugzwang heraus, sondern einfach das Zulassen eines gelungenen Ergebnisses, das man sich täglich bemüht frisch und beweglich zu halten. Und weg mit dir, kleiner Amor. Was pobelst du da an fremdem Fleisch herum mit so herausforderndem Lächeln. Auch die Menschheit reift als Masse vor sich hin, sie hat keine Wahl. Da, wo erwacht wird, beginnt es, das Steuer in die Hand zu nehmen. Keinen Schaden anrichten! Und sich nicht schaden lassen. Und, sagte eine kluge Frau: wer sein Leid nicht tragen kann, macht Andere zu Leidtragenden. (M.W.) So wandelt der Papst wie jährlich mit den Gläubigen die Leidensetappen ab, und der und die Einzelne müssen sich weiterhin die einsamen Fragen stellen. Ich merke, dass ich dem Thema nicht so ganz gewachsen bin. Das mag an dem herrlichen Frühlingstag liegen.

Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit
ist einfach gekommen.
Die Stunde der Wahrheit,
klar wie ein Kirschbaum.
Ein Alptraum für die Gerüchtemacher.
Da gibt’s kein Aldi für Denkende bei
dieser Ankunft von ihr, kein modisches
Maß mehr verfügbar für den Raum
zwischen Zeit und Raum. Also doch!
Wieder ein Ausnahmezustand! Und das
mitten im demokratischen Wir. Die
stunde der Wahrheit kam herein ohne
Fax, lautlos und offensichtlich. Gerade
dann richtet sich das müde Weltenauge
auf und sagt: „Ach, das ist nicht so wichtig!“
Da bricht die Flut herein, und die inneren
Wälder brennen! Die Stunde der Wahrheit
wohnt am Kern, und man kann sie erkennen.
Wobei wir einfach nicht vergessen
dürfen, dass jede Wahrheit nur eine
vorletzte ist, verankert in der Freiheit,
und völlig bestimmt vom Jetzt.

Abglanz des Unsichtbaren

Den Titel, den man hier zwischen zwei Geburtstagsblattbeschriftungen lesen kann, fiel mir vorhin beim Vorbeigehen ins Auge. Nur drei Worte, aber was man sich darunter alles vorstellen und zusammenreimen kann, wäre es nicht der Titel über einer nachfolgenden Information. Hier ging es um den Aufwand, den Astrophysiker treiben in der Hoffnung, „das Leuchten am Rand der dunklen Riesen“ (schwarze Löcher) einfangen zu können. Ein milliardenverschluckendes Unterfangen, bei dem es zum Beispiel, wird  hier erzählt, eine virtuelle Antenne gibt, die beinahe so groß ist wie der Erddurchmesser. Ich erinnere mich, wie manche Inder gelacht haben, als der erste Mensch den Mond betrat, und als ich nachfragte, wurde mir gesagt, das könnte man doch viel einfacher haben, indem man den Mond innen betritt. (Wenn man das möchte). Das ist ja (u.a.) das Irreführende an dem Angebot der virtuellen Welten, dass es den Eindruck nährt, man könne da in ein Innen hineinschauen, das einem Aufschluss gibt über die Dinge. Und tut es ja auch, da, wo es nicht missverstanden wird in seinen Angeboten. Und will man den Mond im eigenen Innern aufsuchen, braucht man auch ein Know-How, um das als Ziel zu erreichen. Außerdem bräuchte man eine grundsätzliche Einstellung dazu, die den Verlauf überhaupt erst ermöglicht. Wenn man sich also z.B. das erddurchmessergroße Teleskop als eine Verlängerung des inneren Auges vorstellt, eine Idee, die es übrigens im indischen Denken (oder als die Erfahrung der vielen solcherart Reisenden) gibt und als „Auge Shivas“ bezeichnet wird, dann trifft man unter Umständen da auf schwarze Löcher, die auch in westlichen Kulturen in vielen Formen als Blindspots auftauchen, oder als Fundgrube menschlicher Verhaltensweisen, oder als Eremitenherausforderungen, oder als besungene Mysterien heldenhafter Durchkreuzungen, die man kennt vom Hörensagen. Die schwarzen Löcher der Existenzgrübeleien. Das schwarze Ascheloch von Notre Dame, das die Geister vereint und zum Beten und zum gemeinsamen Singen anregt, man darf ruhig staunen. Weitere Milliardäre wollen sich mit ein paar lumpigen Millionen einen historischen Namen verschaffen, nicht, dass man nicht froh sein kann, dass es auch sie gibt, auch wenn man sich andere Orte vorstellen könnte, wo ein paar Millionen für gute Veränderungen sorgen könnten. Aber auch Milliardäre sind natürlich frei, mit ihrer Kohle zu machen, was sie möchten. Und in solch hochgeladenen Momenten kräht ja auch kein Hahn danach, was die Quelle von dem ist, was da daherkommt, denn alle sind sich einig: Notre Dame, das geistige Wahrzeichen einer ganzen Nation, muss so schnell wie möglich wieder aufgebaut werden. Man muss dem Volk den Aufbau bieten und nicht die vielen irgend etwas fühlenden Menschen auf die Asche meditieren oder zu Recht  besorgt zu den Gelbwesten zurückkehren lassen. Denn der bereits stattfindende Abgesang auf die fetten Jahre ist ja auch nicht die Lösung, denn immer kann im Märchen die von bösen Kräften vergiftete Prinzessin durch einen Kuss (der ganzen Welt) erweckt werden. Denn schließlich: Wer möchte nicht das Leuchten am Rand der großen Riesen einfangen können. (?) Und es würde unter Umständen gar nicht so auffallen, wenn eine kritische Masse, bestehend aus unabhängigen Individuen, nach und nach ihre schwarzen Löcher durchdringen könnte(n), und man wäre durch diesen sich automatisch ergebenden Umschwung in der Lage, die eigene Existenz als einen absolut stimmigen Vorgang zu erleben, der es an friedlichen und liebevollen Strömungen keineswegs mangeln lässt.

wünschen

Als ich einmal erfuhr, dass im Kölner Dom die Gebeine der heiligen drei Könige gelagert wurden und werden, setzte diese Information einige Gedanken in Gang, die sich mit Hilfe des Vorstellungsvermögens ein Bild zu machen versuchten, wie das wohl aktuell vonstatten gegangen war auf dieser ereignisreichen Reise da hin, wo der Stern dann über der gesuchten Hütte vermutlich bewegungslos hängen blieb, damit die Könige eintreten konnten in das Dunkel des Stalls. Und kehrten sie auch zu dritt wieder zurück (Mission accomplished) und besuchten sich gegenseitig fürderhin in ihren Königreichen und tranken ab und zu in gemeinsamer königlicher Gesellschaft einen guten Tropfen aus den Kelchen? Wer aber brachte die Gebeine in den Dom, und woher kamen sie? Undsoweiter, wahrscheinlich wird irgendwo alles bestens erklärt, damit keine unnötigen, nein, überhaupt keine Zweifel aufkommen. Nun darf ich glaubenslose Zweiflerin wieder an einem mystischen Vorgang teilnehmen. Nun ja, in den Nachrichten konnte das global zu inneren Erschütterungen führende Ereignis der brennenden Notre Dame Kathedrale natürlich nicht auf das (m.E.) dadurch mögliche Kernereignis hinweisen, nämlich, dass, ein paar Tage vor dem Karfreitag, d i e Krone aus den Flammen gerettet wurde, die Jesus angeblich bei dem Kreuzgang getragen haben soll. Das Haus hat Schaden erlitten, aber seine Krone ist intakt, das könnte jedenfalls unter gewissen Umständen als mystische Nachricht durchgehen. Vielleicht gar als ein Wunder. Menschen stürzten sich in die Flammen, um die  heiligen Dinge zu bewahren. Der König, politisch spürbar geschwächt, ergreift das göttliche Angebot und verspricht dem Volk, das heilige Haus Unserer Dame wieder aufzubauen. Ein Milliardär springt sofort ein und spendet 100 Millionen (Francs vermutlich). So. Nun zoome ich virtuell in die Szene, in der Jesus noch am Kreuz hängt, die schreckliche Krone  ins Haupt gedrückt. Irgend jemand nimmt ihn herunter, dann natürlich sofort auch herunter mit der schmerzenden Krone…doch jetzt, was passiert mit der Krone? In meiner Vision wird Jesus ja von seinen Freunden nachts, nachdem sie den Wächter ordentlich bestochen haben, heruntergeholt und noch in derselben Nacht nach Kashmir gebracht, wo er als Krischna weiter wirkt und wohl auch seinen Atem aushaucht in Kachmir, denn dort kann man sein Totenhemd finden. Wie soll es sonst da hinkommen. Aber zurück zur Hand, die nach der Krone greift. Wessen Hand war das. Und warum hat derjenige sie mitgenommen? Aus Ehrfurcht? Als Andenken? Aus Profitgier?, denn schließlich war sie bereits damals berühmt, diese Krone, die man ihm spottend aufsetzte, obwohl er ganz klar gesagt hatte, dass sein Königreich nicht von dieser Welt sei. Es wäre ein schöner, ruhiger Film, den ich mir hier vorstellen könnte, in Schwarz/Weiß etwa ider in Sepia. Er könnte „Die Dornenkrone“ heißen.  Alle sind schon unterwegs nach Kashmir, da kommt ein einfacher Mensch des Weges entlang, vielleicht, um Jesus noch ein letztes Mal zu sehen. Zu seiner Überraschung ist aber keiner mehr da. Die sind doch weg!, informieren ihn die anderen ans Kreuz Genagelten. Ach so, meint der Mann, da fällt sein Blick auf die Krone und er hebt sie auf. Es wird nun sein Lebensziel sein, diese Krone an einen Ort zu bringen, wo sich die herumwandernde Welt anschauen kann, was Menschen sich alles ausgedacht haben und ausdenken, um anderen Menschen Schmerzen zuzufügen. Notre Dame hat sich angeboten, das schlimme Wunden erzeugende Objekt vor weiterem Missbrauch zu schützen. Man kann nur hoffen, dass es auch während und nach der Katastrophe in guten Händen bleibt.

einstufen

Manchmal kommt es vor, dass ich kein Bild vor Augen habe, ich meine eines, das mir aus welchen Gründen auch immer passend erscheint für das, was ich vorhabe. Was nicht heißt, dass Bild und Wort unbedingt eine Verbindung herstellen müssen, aber meistens tun sie es. auch unwillkürlich. Wenn Worte bewusst mit Bildern verbunden werden, wie zum Beispiel Titel und Beschriftungen in Galerien, wird der betrachtende  Geist in eine bestimmte Richtung gelenkt, auch wenn „ohne Titel“ dran steht,  dann  weiß man, dass es beabsichtigt ist, dass etwas keinen Titel trägt. So bin ich beim frühmorgendlichen Herumschauen auf meine Collagensammlung gestoßen (immer wieder erstaunt, dass ich doch ganz schön viel sammle), und habe dieses Bild herausgenommen, einst aus ein paar Zeitungsfetzen zusammengefügt, und doch könnte man alles Mögliche darin sehen oder es als Buchcover visionieren zB. mit dem Titel „Das Geheimnis des Islam“. Ganz anders wären die Gedanken, wenn es hieße „Die dunklen Korridore der menschlichen Psyche“. Aber auch das Grün und die Verschleierung würde man mit dem Islam verbinden. Das verbindet sich jetzt mit etwas, das ich gestern gesucht habe, und zwar ein Buch, von dem ich genau wusste, wie es aussieht und wo es „immer“ steht, aber da stand es nicht, bis ich auf den Knien bei der untersten Reihe der Bücher nachschaute, wo es auf keinen Fall stehen konnte, ich weiß doch, wo meine Bücher stehen. (Genau da fand ich es dann beim dritten Durchgang). Es ging die Stunden davor in meinem Kopf um eine Geschichte, die mir in den letzten Tagen immer mal wieder einfiel, von der ich unbedingt wissen wollte, wie sie nun wirklich dort (übersetzt von Annemarie Scimmel) stand. Es ging um den Sufi Heiligen Al-Halladsch, der auch gekreuzigt wurde wie Jesus, weil er die gefährlichen Worte sprach, die die jeweiligen Herrscher als genügend gefährlich einstufen, um das Zeichen zur Ermordung zu geben. Und wie in der übertragenen Geschichte von Sokrates, als man ihm den Giftbecher reichte, mischte sich der Henker ein. Al-Halladsch sagte ein paar weise Worte zum Abschied an seine Schüler, da ohrfeigte ihn sein Henker. Daraufhin zerriss Shibli, sein nahester Freund und Schüler, sich das Gewand, und die anwesenden Sufis fielen in Ohnmacht. Sie hackten Al-Halladsch die Hände und die Füße ab und kreuzigten ihn an einem Baumstumpf. Obwohl der Befehl der Enthauptung schon gegeben war, entschied der Henker, ihn noch eine Nacht hängen zu lassen.  In dieser Zeitspanne kam Shibli zu ihm und fragte ihn: Was ist Mystik? Und Al-Halladsch soll gesagt haben: „Es ist ihre niedrigste Stufe, die du hier siehst.“ Es ist diese Antwort, die mich berührt, denn sie erinnert einen an die immense Freiheit, die einem allein durch Dasein zugemutet wird, nämlich die Stufen zu kennen und sich bewust auf denen bewegen zu können, die einem angemessen erscheinen. Es ist eine all-inclusive Antwort ohne Verurteilung, denn er weist nur darauf hin, dass dieser Gewaltakt die niedrigste Stufe der Mystik ist. Das heißt nicht, dass dem Henker nicht eine andere Variante des Verhaltens möglich gewesen wäre. Auch von Pontius Pilatus wird erzählt, dass ihn Gewissensbisse quälten, aber das Volk, das auch heute noch auf den Autobahnen das Fenster herunterlässt, um einen Unfall zu genießen, wollte Blut lecken, und er brauchte ihr Blut für seine Macht. Die Geschichten, die erzählt werden und die wir erzählen, bestehen alle aus prozentualem Wissen und Wahrheitgehalt. Man muss nicht unbedingt ein Huhn werden, um die hingeworfenen Körner aufzupicken. Es gibt  ja auch noch den Schwan, von dem man sagt, er hätte die Fähigkeit, aus dem Vorhandenen das Beste herauszuholen.. Dagegen ist nichts einzuwenden.

Ingeborg Bachmann

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Wohin aber gehen wir
ohne sorge sei ohne sorge
wenn es dunkel und wenn es kalt wird
sei ohne sorge
aber
mit musik
was sollen wir tun
heiter und mit musik
und denken
heiter
angesichts eines Endes
mit musik
und wohin tragen wir
am besten
unsere Fragen und den Schauer aller Jahre
in die Traumwäscherei sei ohne sorge sei ohne
sorge
was aber geschieht
am besten
wenn Totenstille

eintritt

macht, was er will

 

Bevor es tatsächlich vor ein paar Minuten zu schneien anfing und man wieder einmal an den Volksmund erinnert wird, der aus Erfahrung weiß, dass er macht, was er will, der April, da hatte ich mich schon an dieses Bild in der Mitte erinnert mit der Figur, die ich mir gut als Frühlingsherbeirufer vorstellen kann, mitten ins Grau hineingreifend mit einer Farbpracht, die sich auch hier schon an den Spitzen der Gewächse herausgelockt fühlte, und nun, wer weiß, wie die sich fühlen, plötzlich unter so einer eisigen Schneedecke. Auf der anderen Seite ist alles ziemlich gut ausgestattet für das, für was es gekommen ist, man darf nicht behaupten, und schon gar nicht am Samstag, hinter jedes Geheimnis zu blicken. Eigentlich stammt der bunte Mann auf dem Bild von einem Poster, das mir ein mir jahrelang bekannter Antiquitätenladenbesitzer, der manchmal auf einem Kamelfest mit seiner Ware als Kameldekorateur auftritt und dafür auch selbst manchmal dekoriert wird, das er mir also mitbrachte von so einemWüstenfest und ich ganz fasziniert auf die Farben starrte und gerne denjenigen getroffen hätte, der es gemalt hat. Kein Name darunter. Ein Dorfbewohner? Ein extra engagierter Künstler?, man weiß es nicht, obwohl man es wissen könnte, wenn man der Spur nachgehen würde bis zum Haus des Gemeinten. wo vielleicht noch weitere indisch/heiter acrimboldianische Werke stehen können würden. Jeden Samstag drängt sich mir kurz der Gedanke auf, was, schon wieder Samstag, vielleicht deshalb die besonders langen Sätze, um die Zeit und ihre Relativität selbst in die Hand zu nehmen, bis sich daraus machen lässt was es eh schon ist. Immer mal wieder freue ich mich (auch kurz) darüber, dass mir bei Einrichtung dieses Blogs die Frage gestellt wurde von meiner einrichtungsfitten Graphic Design Kollegin, was für einen Satz ich unter „Yoganautik“ haben wollte, das Thema wollte einen Satz. Da fiel mir etwas ein, was ich nie verändert und nie bedauert habe, nämlich  die Yoganautik zur mir eigenen Kunst zu machen, im Ungewissen sicher zu navigieren. Man geht von gewissen Bedingungen aus, ohne die ein Unterfangen sinnlos oder zumindest ungünstig wäre. Auf den Pfaden, die man selbst gestaltet, muss man einen gewissen Prozentsatz an Erfahrung und Vertrauen in sich haben, zumindest eine Offenheit der konstanten Lernbereitschaft gegenüber, um letztendlich mit dem richtigen Nachen die komplexen Engpässe zu ‚durchkreuzen‘ hätte ich beinahe und habe ich auch gesagt, aber ja, warum nicht, auch durchkreuzen und sein lassen und den Mut nicht verlieren und die Freude am Abenteuer. Deswegen überrascht es mich auch nicht, das Buchpaket eines Freundes zu öffnen mit einem Buch von Siri Hustvedt mit dem Titel „Die Illusion der Gewissheit“, immerhin fast 400 Seiten lang, wo man doch allein über den Titel eine Woche gelassen nachdenken könnte. Aber mal sehen, was drin steht. Ich wünsche allen ein angenehmes Wochen-Ende der Winterwochenenden, an dem wie immer Eis und Feuer gleichzeitig auf der Erde unterwegs sind.

Station

 

In meiner kargen Witzesammlung (3) ist unversehens einer dazu gekommen (4), der mir gefallen hat. Ich kürze etwas: Als der Kosmonaut Gagarin als Erster vom Weltraum zurückkkehrte, wurde er von Chruschtschow eingeladen, der alle Anwesenden hinausscheuchte und dann fragte: „Hast du dort Gott gesehen?“ Gagarin sagte „Ja!“. Chruschtschow gab ihm 10.000 Rubel und meinte, das dürfe keiner erfahren. Dann wurde Gagarin vom Papst eingeladen, der alle hinausscheuchte und ihn fragte, ob er Gott dort getroffen hätte. „Nein!“ sagte Gagarin, und der Papst gab ihm einen ordentlichen Betrag dafür, dass das niemand erfahren dürfte. Auch Kennedy lud Gagarin ein, schickte aber niemanden hinaus, sondern fragte so nebenher, ob er Ihn gesehen hätte. Gagarin bejahte, und Kennedy meinte, das wäre ihm eh egal, denn in seinem Land gäbe es ebensoviele Atheisten wie Gläubige. „Ja“, sagte Gagarin, „aber Sie ist schwarz“. Alle Arten von Toden können hinter Witzen lauern, aber manchmal versteckt sich auch ein Phoenix in der Asche. Die Erkenntnis, bei der man sich erfährt, kann kurz und schmerzhaft sein, vielleicht auch schmerzlos, dann kannte man den eigenen Punkt schon vorher, das hilft. Der Witz beinhaltet ja, dass man merkt, dass man sich Gott als schwarze Frau nicht vorstellen kann, das macht klar, dass man sich etwas anderes vorgestellt hat, worüber man selbst vielleicht gar nicht viel nachgedacht hat. Ich finde, dass Gott und die Liebe zwei Themen sind, denen man nicht wirklich bewusst ausweichen kann und die in Systemen meist die notwendigen Reflektionen und Erfahrungen auslösen können, die es braucht, um zumindest selbst eine Einschätzung gewonnen zu haben, die zu weiteren Richtlinien führen kann. Es ist ja nicht so einfach, sich die Dinge selbst zu beantworten, vor allem, wenn man noch nicht zur Quelle gelangt ist, wo ungetrübte Kenntnisnahme, zumindest potentiell als Ort der Einsicht, vorhanden ist. Was habe i c h mit den Vorgängen in der Welt und im Haus und in der Wüste und beim Mittagessen zu tun? Wann geht mich etwas an? Wo stehe ich im Weg. Wo ist mein Verhalten unangebracht, obwohl ich es selbst als hilfreich einstufe. Und wenn ich denke „super, schwarze Göttin, her damit“, dann wäre der Überraschungseffekt des Witzes verloren, wenn man die Essenz nicht auf die eigenen Erfahrungen übertragen könnte: warum kann jemand nicht sein, wie ich es mir vorstelle oder wünsche (dann wäre doch alles prima), oder ich selbst muss verstehen, warum etwas mit mir passiert, das mich auf die Palme bringt, wie man so schön sagt. Gut, es k9mmt darauf an, wie hoch es einen auf die Palme geschleudert hat, dann benötigt es einige Anstrengungen, um wieder herunter zu kommen. Aber warum überhaupt hinauf? Kokosnüsse? Datteln? Palmwein? Immer wieder findet das Grübeln einen weiteren Lichtstrahl um das schwarze Loch herum. Man denkt, das Licht würde einem hineinleuchten, aber selbst der Laser führt einen manchmal in die Irre, weil man in die falsche Richtung gelasert hat. Manchmal brennt was durch, weil man nicht rechtzeitig heruntergeladen hat. Es kommt auch vor, dass man ohne jegliche Erschöpfung sehen kann, dass das Lösungspotential völlig ausgeschöpft ist. Etwas entspannt sich an der Wurzel des Stammbaums und entlässt die schwarze Göttin aus der Gefangenschaft innerer Geheimgänge. Sie verzichtet freiwillig auf Dantes furchterregende Prophezeiungen und macht sich auf den Weg zu ihren eigenen. In der leeren Raumstation liegen Laub, und Asche, und Federn, die sie freiwillig gelassen hat. Kein Gott weit und breit. Kein Bakschisch. Kein Profit.

 

make art

 

Das Bild kam aus Berlin eingeflogen und landete auf meiner Maschine. Warum darin ermüden, die gängigen Wunder zu preisen!? „Make art, not war“! Das hat mich auf vielfache Weise und vor allem humorvoll angesprochen. Die beiden schönen Pinsel links und rechts etwa, habe ich mir doch erst gestern auch zwei Pinsel gekauft in einem Gebäude  (Künstlerbedarf), in dem sich der Schritt verlangsamt und man gleichzeitig die unendliche Fülle der Möglichkeiten und ihre natürlichen Begrenzungen wahrnehmen kann und muss. Alle Arten von innerlich mit Kunst beschäftigten Menschen wandern friedlich und konzentriert durch die Gänge, und es erleichert die bereitwillige Ekstase zu wissen, wofür man gekommen ist. Obwohl es dann an der Kasse immer teurer wird, als man dachte. Diese geduldigen und hilfsbereiten Menschen an der Kasse, ohne die man sich den Laden gar nicht vorstellen kann, stehen sie doch dort schon seit Jahrzehnten, wissen von unserem Leid, wenn etwas nicht da ist, was man dringend braucht, und oh doch, es ist ja da, man muss es nur suchen und finden. (z.B.ein auslaufendes Schreibgerät wie der Rapidograph.) Ja, auch Schreibwaren gibt es hier, und leicht fülleermüdet schweift der Blick über all die leeren Bücher, in die man weitere Existenzwahrnehmungen einfließen lassen könnte, würde es der Zeitteppich erlauben. Beim Zahlen sage ich zu dem freundlichen Gentleman, wie gerne ich nur in diesem Laden gerne einen Tausender flüssig hätte statt einem Fünfziger unter Kontrolle der Leidenschaften, aber er meint, ein Tausender würde genauso schnell dagingehen wie der Fünfziger. Draußen blühen ein paar Kirschbäume, unter deren dichter Blüte man sich erholen kann. Make art, not war! Auch „Make love, not war“ war ziemlich albern, da damals niemand wirklich gereift genug sein konnte, um zwischen Lovemaking, Sex und Missbrauch usw. zu unterscheiden. Nicht, dass solcherart geheime Reifungen einem wirklich kundgetan werden könnten, aber man kann davon ausgehen, dass da, wo Liebe auftauchen konnte, die Machart nicht so viel Kopfzerbrechen bereitete. Und eine Hoffnung zu hegen, dass Menschen, die bereit sind, in einem Krieg mitzumachen, sicherlich weniger an der Kunst des Lovemakings, oder, noch einfacher, an der Kunst des Liebens interessant waren und sind, merkt man doch erst, wenn man sich in die ungewisse Nähe der Vorhandenheiten wagt, wie komplex alles sein kann, und wie gänzlich unerforschbar es sich oft zeigt. Und doch ist etwas Wesentliches passiert: Alle haben sich damit auseinander setzen müssen, weil es unumgänglich war, sich damit auseinanderzusetzen. Ich fand auch die smartphonebesessenen Inder albern, die behaupteten, von der Me-too-Debatte nie gehört zu haben.   Nun also die anregende Variante des Spruches: Make art, not war. Den beirrenden Pfad nicht einschlagend, wo sich die nie zu beantwortende Frage, was Kunst denn sei, wieder kurz vor einem aufbauen möchte, lasse ich den Raum entstehen, in dem diese Frage (vorübergehend) zur Ruhe kommen kann. Ein leeres Blatt Papier, eine Leinwand, ein Stift, ein Pinsel, und die Bereitschaft mir selbst gegenüber, etwas auszusagen über mich, das ich erlauschen und erkunden, und erhören kann, und obwohl es nur aus meiner eigenen Quelle kommen kann, kein Zweifel, hängt auch diese Quelle ganz und gar von jeder einzelnen Einstellung ab, die sich aus ihr geformt und wieder zu ihr zurückgeflossen ist. Kein Zweifel, ich bin es, und mögen die Künste sich wohl fühlen bei mir, denn ich respektiere sie alle. Es kann schmerzen, wenn einem etwas so gar nicht gefällt (unabhängig vom Kunstzirkusbetrieb), aber wie kann es anders sein!? Und was macht es zur Kunst, und was auf keinen Fall. Und wo und wann muss das zutiefst Persönliche ganz und gar vorhanden sein, damit der Vorgang einer Transzendenz überhaupt stattfinden kann. Make art, not war. Durchaus.

wählen

Es ist doch eine Besonderheit des Menschen, dass er die Möglichkeit hat, sein Schicksal zu wählen. Und auch, dass er das nicht unbedingt muss. Und oft sieht es so aus, als dass er es nicht kann. Auch die scheinbar ausweglosesten Situationen gehen vorüber, und ob Menschen bewusst oder unbewusst ihr Schicksal ertragen oder wählen, hängt wohl eher von einer Entscheidung ab, die ein Mensch zumindest fällen kann, auch wenn er nicht muss. Als sich die Lebensweise in Indien in den letzten Jahren drastisch veränderte und das aufgetauchte Leid noch keinen Namen hatte, hörte ich öfters den Satz „That’s life“. Ich begann zu sagen ‚Nein, das ist doch nicht das Leben, das seid ihr, ihr könnt es doch ändern‘.  Aber davon war gar nicht die Rede. Die Rede formte sich in die Richtung, dass die von Fremden eingeschleppten Untugenden sich rasant ausbreiteten und dabei waren, den Hinduismus zu vergiften. Die halbnackten Frauen, die Fleischesser, die Pornobringer. Dabei konnte man ganz klar sehen, wie sie für das Geld anfingen, die Touristen mit allem zu bedienen, was sie wollten. Immer noch sind im Dorf offiziell Fleisch, Fisch, Eier als Nahrung verboten, auch Alkohol, aber man kann mühelos alles bestellen, was das süchtelnde Herz begehrt. Es geht da gar nicht um eine Wahl, sondern um die neue Erfüllung des Begehrens. Es sind auch die Foreigners, die gewählt haben, in die Meditationspraktiken zu gehen, da das Gerücht weit verbreitet ist, dass man die optimale Schicksalsformung in Indien lernen kann. Wenn das dunkle Zeitalter für euch so schwierig geworden ist, sage ich manchmal zu befreundeten Indern, warum wendet ihr dann nicht euer eigenes Wissen an, das für diese Zeit von euren vedischen Lehrern vorgedacht wurde. Aber das geht ja nicht, weil keiner mehr weiß, wann es aufgehört hat, das berühmte Wissen, für irgend jemanden zu funktionieren. Wie soll ein Wissen sich umsetzen können, wenn ich mich nur an die Worte erinnere. Und obwohl es auch immer mehr Frauen gelingt, eigene Entscheidungen für ihr Leben zu fällen, ist es noch immer mühsam genug, überhaupt zu verstehen, dass ein Mensch sich nur unter seinem und ihrem freien Willen überhaupt entwickeln kann. Und auch wenn es immer klarer wird, dass wir alle an unseren Gefängnissen mitbasteln, so ist es doch als inneres Wissen noch nicht klar genug, dass geistige Freiheit das ist, was wir zur Verfügung haben, und jeder kann an dieser Gegebenheit teilnehmen, soviel man möchte, und so viel man kann und will, denn die Wahl, was ich damit mache, ist doch wohl meine: wieviel Schatten, wieviel Licht, welche Künste, welche Dosierungen erstrebenswert erscheinen oder nicht. Was braucht es, um diesem kosmischen Klangkörper angemessene Resonanz geben zu wollen: was möchte ich sagen, wie sein? Und welche gedanklichen Spuren müssen immer mal wieder neu bedacht werden, damit man nicht in die Gewohnheit des Menschseins gelangt und vor lauter Gewöhnung vergisst, dass es auch anders geht, dass man wählen kann. Und dass der, der kann, auf jeden Fall soll, denn da entscheidet sich doch vielleicht überhaupt erst das Menschsein vom Mensch sein. Und ist es nicht die Freiheit des Ganzen, die in wahres Staunen versetzt. Damit man dann vielleicht weiß, warum man hier war. Und vielleicht nicht.

ergeben

Das ist ein Ausschnitt meines gestrigen Bildes, in dem die Figur liegend in einem Nachen einem Strom entlangbewegt wird, und jemand in der Gestalt ein Kind gesehen hat, was mich bewogen hat, es noch einmal anzuschauen. Wahrscheinlich sehen wir alle anders aus, wenn wir im Schutze kenntisreicher Navigierer ruhevoll und ungestört dahinströmen können, und wenn wir dann aufstehen  ins Zurechtkommenmüssen, da sehen wir sicher anders aus, obwohl wir immer noch so aussehen wie einen Tag vorher. Oder vielleicht auch nicht, denn auch ein scheinbar fixiertes Bild enthält ja die magische Formel, als etwas anderes gesehen zu werden, als es urheberrechtlich gemeint war. Auch die Urheberin selbst kann es anders sehen, als sie es gemeint oder gemacht hat. Warum sollte sie an ihrer eigenen Meinung festhalten, die muss ja nicht verschwinden, sondern kann sich auch irgendwo im System aufhalten, solange sie will. Am besten geht es, wenn ein gewisses Maß an innerer Freiheit vorhanden ist, um aus dem Spannungsfeld des Unentschiedenen (geistig) heraustreten zu können, wissend, dass es darum geht, eine klare Entscheidung treffen zu können, auch wenn sie sich als die falsche entpuppen sollte, die man dann ja erst ausrichten kann. Ansonsten steht, günstigerweise mit leichtem Sinn gewürzt, den inneren Wahrnehmungen ja nichts im Wege. Und auch durch Gedanken und Worte kann man, wenn man geübt darin ist, durchaus in die spürbare Nähe der Dinge kommen, es kommt darauf an in wieweit, und warum, und wozu. Neulich suchte und fand ich einen Song von Leonard Cohen (mögen die Götter ihn auf dem poiesischen Poesie-Pfad begleiten!), der einmal in einer (meiner) schicksalsschweren Stunde(n) zufällig, und auch noch in Endlosschleife, im damaligen Auto als Kassette spielte und immer bei allem Hin und Her mitlief. Deshalb lag sie, die Kassette, danach lange in einer Schublade, bis man sie gar nicht mehr hören konnte, weil niemand mehr einen Kassettenrekorder hatte. Natürlich war sie inzwischen bei Lord Google im YouTube Ashram erschienen, und erstaunt hörte ich den immer noch geschwängerten Tönen zu, die mein Schicksal gespeichert hatten, bzw. ich hatte mein Schicksal in ihnen gespeichert. Und obwohl ich guten Umgang mit Englisch habe, hatte ich noch nie den Text beachtet. Damals lief mein eigener Text. Kurz, ich verfiel mal wieder der Leonard Cohen Magie und war verblüfft, was ich hörte und sah. Manchmal knapp am Peinlichen vorbei, war doch klar, dass er sich tief dem „Göttlichen“ zugewandt hatte, auch in einem Kloster dem Zen huldigte, dann irgendwann und irgendwie wohl bemerkte, dass das Opfern und Entzünden von Millionen von Kerzen keine Hilfe brachte, und er nahm an, der komplexe Gott wolle statt immer nur Licht auch mehr Dunkelheiten. Und dass er, Cohen, bereit war, sich diesem Weg auch noch zu ergeben, weil er ‚Hineni‘ zu Ihm gesagt hatte, also bereit wäre und war mit allem, was von ihm gefordert wurde. Man muss sich das vielleicht so vorstellen wie es in Hiobs oder Abrahams Gehirn ausgesehen haben könnte, als er bereit war, auf Gottes Befehl hin seinen Sohn zu opfern. Wir alle haben stets die Freiheit, in alles hineinzudenken, was wir möchten. Es kommt ja immer darauf an, was man dann damit anstellt, und vielleicht muss man ja gar nicht so viel anstellen, mit sich und den Anderen.

Welten

Es ist ja kein Geheimnis, dass es unzählige Welten gibt, nicht nur sind sie schon alle da, aber es kommen nulich unzählige dazu, und selbst die Welt, die wir meist als die Eine bezeichnen, ist umringt von einem Maß an Welten, die nicht mehr wirklich zu benennen sind, mag man auch noch so viel Forschung betreiben. Man kann das auch nicht mehr wirklich „Welten“ nennen, und muss früher oder später geistig zurück zur eigenen, einzige Quelle möglichen Verstehens und seiner Grenzen. In dem maßlosen Gewebe braucht es Richtlinien und Ordnungen, durch die man im Navigieren dieses Ozeans geschult und geschleust wird. Das, was persönliche Entscheidungen in der Handhabung des Schicksals betrifft, kann man nur mühsam enträtseln, wenn man dem Mysterium des eigenen Daseins auf der Spur ist. Ich bin auch erstaunt, wenn ich bedenke, dass ich öfters auf einem meiner gewählten Weltenschiffe sicher war, mit der ewigen Crew zusammen zu sein und dem Masten, der das Segel hält. Das wahrlich Ungeheuerliche geschieht doch vor allem auf diesen Wegen, auf denen ganz bestimmte Erschütterungen ausgelotet werden müssen, die zum Beispiel mit Einsichten zu tun haben, die sich als nicht mehr zeitgemäß erweisen oder erstarrt sind oder noch gar nicht aufgetaucht, oder überhaupt: was ist das Aufgetauchte, und in welchem Verhältnis steht es zum Nichtaufgetauchten. Die Sechziger Jahre z.B., so durchbruchsfähig und  die damalige Welt durchrüttelnd sie auch waren, sind zu einem Mythos erstarrt. Gab es eine durchdringende Wirkung?, und wo kann man sie erleben. Auf jeden Fall ist das, was an Essenz verblieb von dem großen Aufschrei nach Freiheit, in die demokratischen Systeme eingeflossen und hat dort seine Spuren hinterlassen. Da ging es auch viel um Tote und Überlebende, der  freie Wille produzierte seine Preisliste. War die Welt schon reif genug für die vielen Vorschläge, die aus dem Potential menschlicher Anlagen als Worte hervorströmten und dort auch blieben. Aus dieser Zeit sehe ich noch manchmal die Kinder der Überlebenden, von denen einige sich dermaßen zutätowieren, dass man ihnen zutraut, das Ende eines gewissen Menschseins darzustellen, an das man gewöhnt war. Man wird wieder mit sich selbst in Dialog gehen müssen und die neuen Fragen stellen. Diese Gewohnheit etwa, das Menschsein als eine erkennbare Gegebenheit zu betrachten, die durch die Wiederholung bestimmter Taten und Gedanken erkennbar ist. Wenn die Begrenzungen nicht wirklich auferlegt sind. Und war das nicht das gefährliche Denken, das man gehütet hat, wenn das sogenannte Wissen in Gefahr war, missbraucht zu werden, so, als wüsste nicht jede/r, dass es vom Spiel her erwünscht ist, dass jeder sich in der Matrix so gut auskenne, wie es jeweils möglich ist im individuellen und im kosmischen Raum. Wer will letztendlich wen erkennen als tot oder lebendig. Oder auf dem Weg zum Lebendigen, oder auf dem Weg zur Verbrennungsstätte. Oder zum Hades hin, oder vom Hades her. Gestern hatte ich ein Gespräch mit einem mitteljungen Mann in Boston, den ich einmal in einer früheren Szene meines Lebens nicht in der Lage war, als meinen Sohn annehmen zu können. Seine Mutter wollte ihn nicht mehr nach der Geburt, und ich reiste mit seinem Vater hinaus in unsere Welt und wir kehrten erst Jahre später zurück. In der Zwischenzeit hatte ihn seine Babysitterfrau adoptiert. „I am an adopted son“, sagte er, dass er aber stolz sei auf seine Biographie. Es gibt so Momente, da halte ich eine demutsbereite Geste ins Nichts hinein durchaus für angebracht, denn es zeigt sich, dass auch die wunderbaren Epen sich immer neu gestalten und Raum lassen für das Ungeahnte. Auch wenn nichts mehr fehlt, und das letzte Puzzlepiece in seinen Platz gerückt ist, geht es weiter in unermüdlichem Weben. Ratsam ist auf jeden Fall, sich für die gute Qualität der Fäden zu entscheiden, solange man noch am Weben beteiligt ist. Vielleicht erwartet uns ja auch noch eine web-lose Zeit, in der Weiteres angesagt ist. Das keinen Schaden anrichtende Menschsein zum Beispiel, als eine Blüte geistiger Hochkultur. Das Einfache.

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Katrin Köhler

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Nur, weil man etwas in den Raum erzählt. Oder der Raum
etwas erzählt. Oder der Raum etwas in den Raum erzählt.
Ein Gefühl, dass man etwas versteht. Nur, dass es nichts
Konkretes zu verstehen gab. Ein Tag, an dem sich ständig
Wahrnehmungen ankündigen, aber nicht passieren. Es ist
simpel. Es ist wie das Fallen beim Einschlafen. Man denkt,
man stößt gerade etwas um. Schlägt irgendwo gegen.
Kollidiert mit dem Raum, wo gar kein Raum ist.
Erschrickt sich ins Nichts, und das Nichts sich in dich.

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Vorhin im Supermarkt habe ich mich kurz verloren.
Ich existierte nicht mehr. Ich war kein Körper, und
ich war keine Gedanken. Ich war nur ein Blick. Durch
die Regale. Ich wusste es, als ich wieder da war.

 

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Aus: ‚Wie alles andere als seine zerstreuten Möglichkeiten‘
(vierzehn und dreiundzwanzig)

angehen

 

Das (unscharfe) Bild der ruhenden Maus kommt aus meiner Bilderbox. Erst wenn ich das geschriebene Wort vor mir sehe, weiß ich, dass ich so etwas tatsächlich habe. Darin sind verschiedene kleinere Mappen, reine Goldblätter, der Humor-Folder, die Sammlung bleicher Farbbilder, sepia, Treppen hinein in eine niemals so statt gefunden habende Antike, meine Antike, ich bedanke mich irgendwohin, warum nicht bei mir selbst, die ich jetzt, wenn auch nur flüchtig, für die Architektur meiner Daseinsvorstellung, hier angeregt von anderen Gehirnen, meine eigene erspüren kann. Man könnte das alles verschlingen wollen wie Nahrung, wenn man nicht gerade ganz anders ausgerichtet wäre, doch die Materie starrt zurück, als wolle sie fragen: what’s wrong with me, dabei ist gar nichts wrong with her, außer man interessiert sich für die Frage, was bewusste Entleerung innerer und äußerer Materialien bedeutet, und ob es wirklich eine wesentliche und bedeutsame Wirkung hat, wenn einiges davon gelingt. Gestern wurden wir durch den Besuch eines Freundes zu den Gedanken eines iranischen Religionssoziologen angeregt.  Von ihm stellte uns der Gast 4 Fragen vor, die der Denker als menschliche Gefängnisse betrachtet (Natur – Geschichte_Sozialisation) und viertens: das Ich. Das fand ich interessant, ist es doch eine der Fragen (um die Gefangenschaft des Ichs herum). die einen immer  auf andere und scheinbar neue Weise beschäftigen können, nämlich, Kenntnis zu erlangen von der unermesslichen Vielfalt möglicher Ichs, die sich wohl oder übel immer nur im vorübergehenden Nu spiegeln können, außer man geht angemessen mit ihnen um und entscheidet sich für die bestmögliche Variante, mit der man günstigerweise angenehm und unterhaltsam leben kann, auch wenn von außen nichts geschieht, was einen von dieser Zeugenschaft ablenken könnte: ja wie bin ich denn eigentlich so, und wie genau sehe und mache ich die Sachen, die täglich ausgelotet werden müssen. Außer es gibt sie, die geistige Anlegestelle für Nachen aller Art. Weit wirft man den Anker hinein in ein Etwas, das weiter gar nichts sein muss als das, was es ist. Die Unruhe der Kompassnadel lässt man einfach in Ruhe. So vieles geht einen nichts an. Unserer Katze, von der ich, weil Samstag ist (Familientag) ein Bild veröffentliche, geht es zum Glück wieder besser, und ab und zu schenkt sie mir eine Maus, vermutlich in der Annahme, dass ich auch gerne mit ihnen spiele. Mit dieser Nachricht will ich schließen. Schließlich ist Samstag.

simple

Wenn man so einen Satz wie zum Beispiel „Simple living, high thinking“ aus der Schatzkiste menschlicher Weisheiten (und Verhaltensweisen) wirklich in sich hinein hineinversinken läßt, weil er einem einleuchtet, navigiert man früher oder später in eine Bredouille hinein. wo man sich fragen kann und immer mal wieder tut, ob man das Einleuchtende eigentlich  so gut verinnerlicht hat, dass es eine praktische Umsetzung ermöglicht. Ich dachte eine ganzr Weile mal, dass Erkenntnisse, wenn als solche vom eigenen System registriert, ihre eigenen Wege suchen, die ich ihnen vertrauensvoll überlassen kann. Aber die konstante Mitwirkung und vor sich hinreifende Reflektion sind unerlässlich. Was heißt überhaupt „simple living, ganz abgesehen mal von „high thinking“. Oder kann man die beiden gar nicht getrennt sehen, geht es einem um das Ergebnis einer guten Lebensweise. Ein sehr kluger, indischer Kopf erklärte mir vor vielen Jahren einmal die in Indien geschätzte „Meisterschaft“ jeglicher Richtung mit einer schlichten Behausung und wohltuender Nahrung und dem Reichtum des geistigen Raumes, in dem für den Körper ein Nagel in der Wand befestigt ist für die paar Klamotten, die der Mensch so braucht. Auch das Klima ermöglicht so manche Vereinfachungen, und die Zeit hoch angelegter Askesen ist eh, zum Glück, vorbei. Das erspart nicht das zeitgemäße Verständnis einer solchen Weisheit, die von Natur aus beweglich, aber auch unverrückbar ist in ihrer Klarheit. Auch hat der Druck, der bei der Diamanzenverarbeitung notwendig ist, uns gelehrt, dass Druck auch etwas in neue Bahnen lenken kann, wenn man den Angeboten der Zeit gegenüber offen bleibt. So bleibt es weise, den laufenden Überforderungen, mit denen wir auf die eine oder andere Weise konfrontiert sind, einen stillen und einfachen Raum entgegen zu setzen, indem ich ihn zulasse oder auch erschaffe. In einem bewussten Nicht-Tun machen sich oft die Dinge bemerkbar, die Aufmerksamkeit benötigen. Die Behälter mit den Ansammlungen, was war das doch noch? Noch eine Pandora Box, am besten gar nicht öffnen, aber dann doch. Ach das! Das muss ich mir noch einmal genauer anschauen, fragt sich nur wann. Ein paar Jahre lang in Indien hatte ich, beherbergt durch ein Tempelgehäuse, nur ein paar Dinge, die ich auch heute noch als lebensnotwendig empfinde. Damals war es ein chniesischer Seidenteppich, eine Klangschale zum essen und trinken, zwei Kleidersets, schnell in der Sonne trocknend. Am aufwendigsten zu beschaffen waren Papier, Tinte für meinen Rapidographen, und ordentliches Make-up, extrem reduziert auf das Notwendigste. Die Anhänglichkeit an meinen Stift, überhaupt an Papier, hätte mich selbst damals in einer Eremiten-Anekdote durchfallen lassen. In der Zwischenzeit betrachte ich es als gesund, zum eigenen Wohlbefinden und Zeug zu stehen. Wenn nicht „simple living, high thinking“ immer noch so überzeugend wäre. Auch wenn es heute nur heißt, sich von dem zu lösen, von dem man weiß, dass man es nicht mehr braucht, oder ganz sicher nicht mehr liest, und wo man schon lange nicht mehr hingeschaut hat und nun überrascht ist von dem eigenen Schlummer-Blick so manchem gegenüber, was den eigenen Verwandlungen so gar nicht mehr entspricht. Die alten Briefe, die Zeitungsartikel aus Ost und West, das unüberschaubare Sockenfach. Das, was ein gut gelebtes Leben durchaus überdauern soll, und das, was es nicht unbedingt muss.

 

schwarz

 

Dieses Bild mit dem Satz von Rumi kam heute früh aus Indien, und obwohl ich ungern auf Listen stehe, an denen vor allem Inder sich gern abarbeiten, das falsche Wort hier, denn es genügt ja ein leichter Fingerdruck, um egal welcher Masse von Angehörigen oder PlanetarierInnen Botschaften zukommen zu lassen, die man selbst für gehaltvoll hält. Das geht von weißen Rosen mit „Good Morning“ bis zu umblümten Sätzen der Weisheitsprofis, die offensichtlich von den SenderInnen geschätzt werden, weil sie ihnen persönlich was bedeuten, was man ja selten dadurch erfährt. Wahrscheinlich fühlt man sich sehr wohl, wenn man z.B. morgens als allerallererste gute Tat einen tiefen Satz ins All schleudert an ein paar tausend Irgendwos, die wahrscheinlich selbst gerne Ähnliches senden, was man mühelos an den von mir beobachteten gigantischen Löschaktionen wahrnehmen kann, (leuchtende grüne Warnaugen), die darauf hinweisen, dass Andere auch Botschaften haben und Followers sammeln, die wiederum gezählt werden müssen usw. Und ich erinnere mich gerne noch einmal an die Anekdote über eine technische  Totalblockade im Silicon Valley, als, bei allen Nerds, die dort herumsitzen, nichts mehr ging, bis ein Sonderermittlerteam herausfand, dass die in hohen Zahlen dort arbeitenden Inder derartige Massen von diesen Messages täglich bis stündlich senden, dass es das Netz blockerte und eine neue App ins Leben gerufen werden musste, die auf einen Schlag alles Unerwünschte sofort aus dem Verkehr zieht und löscht. Die furchterregende Einfachheit des Netzes kann einen durchaus mal erschüttern. Der Daumen rauf, der Daumen runter, die Freiheit der Löschtaste. Das ist ein Einfach, das man bedenken muss, will man weiterhin die Wunder der Technik wertschätzen, wenn auch nicht überschätzen. Ist das Netz nicht auch das Schwarze Loch, in das wir die Welt hineinstülpen, und siehe!, es scheint keine Grenze zu geben. Oder gibt es schon Grenzen? Wo sich alles schnell und vollkommen bündeln kann, kann Großartiges vollbracht werden, und Schreckliches schneller geschehen. Wegen dieser Dichte des Dunklen wird man in den (vedischen) Schriften oft darauf hingewiesen, sich in solchen Zeiten auf das Licht, das Bewusste, auszurichten, kommt es einem zuweilen auch noch so gering vor. Das Tägliche, das Freundliche, das Wesentliche. Der Satz von Rumi sagt, dass der Mond leuchtet, wenn er die Nacht nicht vermeidet. Muss ich nochmal darüber nachdenken, ob es mir nur so vorkommt, als verstünde ich ihn direkt. Es ist durchaus möglich, dass sich zuweilen etwas direkt transportiert, kann aber immer überprüft werden. Ein Satz, der aus meiner Bilderkiste fiel, steht seit zwei Tagen auch wieder mal vor mir, der kommt aus der selben Quelle und ich füge ihn gerne dazu: „Siehst du das Schwarz: das Licht der göttlichen Essenz? Das Lebenwasser ist in dieser Finsternis.“ (Sufi Text).

getrübt

 

Nach einem kurzen Moment tiefer Sonnenwärme regnet es wieder, der April beginnt naturgetreu mit sich selbst, man sinniert über eine dichte Flocke, ob das Schnee gewesen sein kann. Es konnte. Aus Indien kommen über WhatsApp Berichte von der aufsteigenden Hitze und den abreisenden Touristen. Ich betrachte die Zeichnung, die ich gestern gemacht habe (s.o.) und sehe sie ein bisschen so, wie man es manchmal mit Träumen gelernt hat zu tun, wenn man sich an sie erinnert und von etwas in ihnen berührt wurde, also dass man alle agierenden Personen darin ist, ich also hier sehe, dass ein sich kümmerndes Augenpaar auf eine leicht ermüdete Beflügelung schaut, ein zarter Aspekt, der sich am Leben erhalten muss und kann, aber sich auch in Erschöpfungszuständen um sich selbst kümmern muss. Das kann man ja nicht immer, deswegen ist es gut zu sehen, dass es geht. Eigentlich sieht man auf der Zeichnung gar nicht, wie es geht, es kann höchstens ein Gefühl in einem auslösen. Es hat mich schon immer fasziniert, dass drei Punkte in einer Fläche unter Umständen ein Gefühl in einem auslösen können. Da ich diese Betrachtung des Bildes auch als einen Akt der Freiheit sehe, merke ich, dass es einerseits eine Dokumentation meines Zustandes sein kann, aber selbst ich beziehungsweise ich selbst bin auch an meine eigene Interpretation nicht gebunden. Sie scheint mir allerdings eine gewisse Logik zu haben, auch wenn sie gerade mit meinem bewusst erfassten Zustand nicht unbedingt übereinstimmt. Aha!, kann man denken, da ist noch was anderes, was zugelassen werden muss, eine Trübung, die es entweder zu genießen oder bewusst zu erfassen gilt. In den Berufen, die sich nach innen richten, erfährt man eher die Zeitlupensicht, die man vielleicht auch die Echtzeit nennen könnte, da sie durch keinerlei Berechnung eingegrenzt ist, als die superschnelle Frequenz, die noch größere Ladekapazität hat. Die Entrümpelung des Geistes gleicht ja auch durchaus den Schwierigkeiten der praktischen Sachenenttrümpelung, die oft als Idee durch uns hindurchgeistert, bevor Erfolge bemerkt werden können. Es braucht Zeit und eine Bereitwilligkeit zu diesem Aufwand, sich auf die Schliche zu kommen.  Gibt es Zeichen dafür, dass ein Mensch sich erkannt hat?, und in welchem Verhältnis steht die sogennannte Selbsterkenntnis mit der persönlichen Weltdarstellung? Dem Spiel, meine ich, in dem man das, was man von sich versteht, zum besten gibt. Man erkennt auch während des Spiels, dass die meisten Spieler es vorziehen, „Schach matt“ sagen zu können, als vom Brett gefegt zu werden. Und blickt man mal selbst wenig durch, kann man sich vorübergehend als Angestellte/n einstellen: als Beobachter, als Zeugin, als Seher, als Forscherin, und an die Arbeit gehen. Die innere Arbeit hat den Vorteil, dass man in der eigenen Werkstatt tätig ist. So stehen einem auch die eigenen Instrumente zur Verfügung. Gut, man hat schon in schwer durchdringbaren Feldern geackert, das ist nicht so, als würde man das Haus der Eltern erben, nein. Nein, man fand, dass man keine Wahl hatte als d e m Folge zu leisten, was aus dem Innen kam. Die Wahl des Fortbewegungsmittels. Das Vertrauen in eine nahtlose Spur, die erst beim Voranschreiten erkennbar wird, denn einerseits gab es sie schon als Anlage, und andrerseits gab es sie nicht. Keine Garantie nirgendwo.

 

herrschen

Das ist eine gute Nachricht, Recep Tayyip Erdogan, dass du die großen Städte der Türkei verloren hast. Genau, wer Istanbul nicht mehr im Griff hat, verliert auch die Macht über die Weltphantasien. Einmal habe ich ein Bild deines Wohnortes gesehen und war überrascht, wie unverschämt königlich du lebst in deinem Land, wo die Wolfsgeschäfte  anfangen zu hinken. Es ist ja auch nicht wirklich ein Grund zur Schadenfreude, auch wenn man sie denn hätte, denn jeder Sturz eines trügerischen Herrschers weist hin auf das Volk, das ihn gewählt hat. Und es stürzt ja auch meistens keiner freiwillig, sondern an ihren Thronen kann man sie durch die ganze Menschheitsgeschichte hindurch gefesselt baumeln sehen, und viele Köpfe fallen, bevor der eine, um dessen Kopf es geht, wirklich fällt. Lange nichts gehört von Baschar al-Assad, der sich nach der ihm drohenden Beseitungsgefahr und nach den Geschehnissen auf dem Schlachtfeld so rührend inszenieren konnte, dass man ihm das Menschsein fast abnehmen wollte, und muss es allen eh zugestehen, oder sich die eigene Ohnmacht eingestehen, oder es gibt gar nichts zum gestehen, man sieht einfach, dass sie alle da sitzen und machen, was sie nicht lassen können. Sie snd ja auch gar nicht beschäftigt mit Lassen, sondern mit dem Haben, mit dem Zementieren von Macht und ihrer Ausübung, für die man die Schafherde braucht, die auch gerne Gesellschaft genannt wird und nicht verpflichtet ist, Schafherde zu sein und zu bleiben. Wenn sich Menschen herauslösen aus den für sie unguten Bündnissen, erscheint es erstmal so, als würde man dadurch automatisch an den Grenzgang gedrängt, oder an den Tellerrand, oder an ferne Zivilisationsufer, an denen Wissenssirenen einen locken mit betörenden Gesängen, sodass man nicht weiß, ob man widerstehen kann oder nicht, daher das Seil und der Schiffsmast. Denn jedes Anliegen, sei es auch noch so verführerisch, ist zeitaufwendig, und bleibt man hängen auf einer Insel, dann weiß man unter Umständen nicht mehr, wo der Antrieb war, der einem die Fortbewegung ermöglicht. Wenn ein Volk erwacht aus seinem Schafsschlaf, kann man davon ausgehen, dass wache Frequenzen unterwegs sind. Zwischen Körper und Geist und ihrer Zusammenarbeit kann alles erzeugt und gesteuert werden, was den Gehirnen einfällt. Daher sind die verborgenen Dinge, die durch die Beobachtung des Verhaltens universeller Gegebenheiten erforscht wurden, oft geheim gehalten worden, denn in der Tat, man kann sie auch missbrauchen. Daher ist es unumgänglich zu wissen, was ich selbst damit mache. Oder so wenig wie möglich damit machen, das geht auch gut, wenn man sich mit der Tiefe darin verbinden kann. Und sagt eines Tages zum eigenen  Schatten ‚du stehst mir im Licht‘, was durch leichte Drehung und günstige Umstände verändert werden kann.

April!April!

Da ich die Gewohnheit wieder aufgegriffen habe, an manchen Morgenden während des Schminkprozesses die WDR5 Nachrichten zu hören, schalte ich dann manchmal kurz vorher ein, um den Zeitgong nicht zu verpassen und lande dadurch in einer protestantischen oder katholischen Rede innerhalb des „Kirche in WDR5“ Programms, was mich wiederum an indische Priester erinnert, die einen auch wegen ihres scheinbar unerschütterlichen Glaubens verblüffen können, alles Übertragene für sie so fraglos erschlossen wie für Hindus die Geburt des indischen Schöpfers aus dem Nabel von Vishnu, dem Illusionsexperten. Interpretiert darf gründlich werden, aber daran zweifeln nicht. Aber vielleicht waren die Stories ja eh gedacht als Anregung zu tieferem Wissen und tieferer Weisheit, das können sie ja auch zuweilen. Der Mann, der heute sprach, erinnerte mich daran, dass heute der 1. April ist. Man weiß ja selbst aus Erfahrung, wie schwer es ist, einen guten Aprilscherz zu gestalten, der im Rahmen einer gewissen Erheiterung bleiben konnte, und davon sprach er auch. Dass Lachen zwar gesund sei, wie wir alle wissen, aber es gibt auch ein Lachen, das nicht gesund ist, das kennen wir auch alle. Das schlimmste Beispiel kam für mich durch einen Film vom Warschauer Ghetto, in dem deutsche Soldaten sich lustig machten über die geisterhaft wirkenden Ghettobewohner, deren Schicksal sie selbst erzeugt hatten. Der Priester erzählte, dass in der Bibel auch Lachen vorkommt und nannte eine Stelle, wo aus Erleichterung und Freude das Volk, oder warn’s die Jünger von Jesus, in freudiges Lachen über etwas ausbrachen. So, wie die Nikolausmütze wider jeden kulturellen Zusammenhang in Indien gut ankam und auch häufig von Frauen gekauft und getragen wird, so nistete sich auch der Aprilscherz ein, obwohl wir aus dem Westen ja selbst nicht wussten und wissen, wo er ursprünglich herkam. Der Priester hat es erzählt, aber ich habe es vergessen, auch weil ich seinen Punkt gut fand und etwas darüber nachdachte. Mir fiel ein, wie die Inder einmal in meiner Gegenwart sich freuten, einen ihnen bekannten Mann in die nächste Stadt zu schicken, weil seine Mutter dort angeblich eingeliefert worden wäre. HAHAHA?April/April? Nein! Der Tod, der gerne hinter Scherzen lauert, der zynische Angriff, die Herablassung, Die Hänselei, die Entwürdigung, das Reinlegen. Das Verständnis, dass auch der Scherz, sofern man ihn beim Sich-Bilden beobachten kann, keine Waffen tragen sollte, auf jeden Fall nicht schaden. Am besten sein lassen, wenn man nicht sicher ist, sich in der nötigen Heiterkeit zu bewegen, um einen harmlosen Scherz zu landen, wenn er denn Heiterkeit auslösen kann. Menschen sind  nicht nur (u.a.) devot, sondern auch gutgläubig, und außerdem ist niemand lachverpflichtet. Man unterscheidet  auch zu Recht zwischen hellem und schwarzem Humor, und wenn man gar nicht teilnehmen möchte bei etwas für die Anderen Lustigem, was man gar nicht selbst lustig und zum Lachen findet, dann hat man weitere, kraftvolle Optionen, oder kann sich beizeiten tiefer mit ihnen beschäftigen.