Immer wieder mal kann man sich fragen, warum man irgendwo ist und was man da tut. Der Titel für diesen Beitrag hat mich selbst überrascht, obwohl ich das Wort schon in mir hatte, als ich die beiden Photos oben gemacht habe. Irgendwie haben sie für mich ein Gefühl von Heimat ausgestrahlt: die tiefe Bläue des Himmels, Steine und Treppen, auf denen man sitzen kann, und kunstvolle Öffnungen im Stein, durch die man täglich einen frischen Blick und neue Sicht erwerben kann, die wiederum zu tiefster Wertschätzung führen in Anbetracht all der sich dem Auge darbietenden Schönheit. Ich fühle mich auch aufgehoben in diesem Rahmen kunstvoller Architektur, die hier eher dem Kollektiv dient als dem persönlichen Leben.
Ich empfinde auch meinen Ort in Deutschland als „Heimat“ und bin froh, dass es u.a. das Land ist, wo ich keinen Pass und kein Visa brauche, außer wenn ich es verlassen will. Aber „Heimat“ und „Zuhause“ bestehen für mich in Deutschland aus meiner persönlichen Welt, meinen Freunden, meiner und ihrer Arbeit, und wie es in vielerlei Gestalt und Gestaltung zusammenfließt in eine Lebensform, die gleichzeitig ein Freiraum ist und eine Verantwortung, ihn lebendig zu halten. In Indien wiederum kann man sich, wenn man „das Ganze“ nicht liebt und akzeptiert, nicht wohlfühlen. Über Indien gibt es die weitverbreitete Erfahrung der Fremden, die es besuchen, dass man es entweder liebt und immer wieder kommt, oder es hasst und nie wieder kommen will. Ich gehöre ja zu den Liebhaberinnen dieses offenen Lebensexperiments, in dem mit der Präzision eines exzellenten Künstlers oder eines Wissenschaftlers mit immer neuen und uralten Wegen an dem Rätsel des Daseins getüftelt wird. Diese Notwendigkeit, immer wach und flexibel zu sein, hat mir von Anfang an gefallen. Kaum beginnt sich in einem eine Meinung zu festigen, muss sie schon wieder relativiert werden anhand der komplexen Erfahrungen, denen man überall und ständig ausgesetzt ist. Das berühmte und von Westlern reichlich mystifizierte geistige Wissen Indiens ist jetzt nicht „höher“ oder besser als zB das Wissen von Plato oder Jaspers etc, aber da der Hinduismus keine Religion, sondern eine Lebensweise ist, ist sein Wissen in alle Adern des Lebens geflossen, und nie ermüden sie, es zur Sprache zu bringen, auch wenn es zunehmend an praktischer Umsetzung davon mangelt. Hier kann man wirklich teilnehmen an der totalen Widersprüchlichkeit des Daseins. Irgendwann weiß man, dass das Rätsel des Lebens, mag es noch so offen und durchschaubar wirken, letzendlich ein offenes Geheimnis bleiben wird, in dessen Strom und Vorübergehen wir unsere eigene Existenz erleben und gestalten können. Und dann: ich sage ja jetzt öfters „Inder“ oder „Hindus“, aber das sind auch zB. die „Sikhs“ mit eigener Welt und eigenen Tempeln, dann die Jainreligion mit ihren herrlichen Tempeln, dann die Buddhisten, die weder an Gott noch an das Selbst glauben, und die Muslime, die sehr lange friedlich mit Hindus zusammen gelebt haben, bis es zu ersten Gewalttaten kam, die sich zum Glück einigermassen beruhigt haben. Hindus ist vor allem der Frieden wichtig…gewesen, könnte ich fast sagen, denn in der Tat, er schwindet zunehmend, und außer den uralten Prphezeiungen, was alles kommen wird, kann man es nur ahnen, wenn man möchte, oder von den Indern lernen, wie man das Unvorstellbare handhabt. Denn noch leuchtet alles in farbenfroher Pracht, die Saris, die Tücher, die Schals, die Turbane. Und so ist alles gleichzeitig so herzerfrischend schön, und dann begegnet man wieder dem ganz und gar Erschreckenden. Und was löst ihre Art zu leben nicht alles in uns aus!, sodass wir Heimat spüren, wenn absolut nichts mehr gewiss ist, dafür aber alles lebendig.