gut

Haustiere liegen ja meistens mühelos in der Nähe der Herzgegenden herum und ermöglichen Dinge und Einstellungen, die einem ansonsten unakzeptabel vorkommen würden, zum Beispiel das Herausnehmen von Rohfleisch aus der Dose, oder die Ankunft toter Wesen auf dem Teppich, neulich mal ein kleiner Marder, auch mal ein Vogel. Das kennt man ja noch aus eigener Kinderzeit, die Bücher mit Mäusen, die in den Löchern im Haus dem gierigen Kater entfliehen. Was nützt da die vegetarische Einstellung. Das Tier, schamlos, wie es seine Natur nun einmal gedeihen lässt, trägt eben nicht die Bürde des Bewusstseins, weswegen unsere Zuneigung zu dem Tier dadurch eine Erweiterung erfährt, auch wenn man dem Vorgang grundsätzlich nicht zustimmt. Auch kommt es vor, dass man das vom Tier geplante Fressen noch vor dem Mörderspiel abfangen und befreien kann, das gelingt nicht immer rechtzeitig. Trotzdem, eben, die mühelose Liebe, die nicht so leicht zu beirren ist. Wie viel komplizierter und mühsamer ist es mit Menschen. Daher wird in jedem Land auf geheimnisvolle, aber geordnete Weise, ein Code of Conduct erschaffen, an dem die potentiellen Entfesselungen einen Halt und eine Ordnung finden, auch Richtlinien, Hinweise auf das, was irgendwelchen festgelegten Erkenntnissen zufolge sein soll unter Menschen oder auch nicht. In diesem vorgeschriebenen Rahmen bewegt sich stets das sogenannte Gute in zahllosen Legierungen mit dem sogenannten Bösen, die beide in ihrer extremen Erscheinung ziemlich selten sind. Außerdem sind beide Phänomene schwer zu erkennen, da die Vielfalt der Variationen so unendlich ist. Und geht es jemandem um das Verständnis der Dosierungen in der eigenen alchemischen Zusammensetzung, bedarf es einiger technischer Verfeinerungen des Gemüts, um dafür überhaupt ein Interesse zu entfalten, nicht ‚wer bin ich eigentlich‘, sondern (auch) ‚w i e bin ich eigentlich, wobei eine immer mal wieder erfrischte Selbsteinschätzung sicherlich nicht schadet. Wo verhalte ich mich z.B. s o, wie ich nicht sein möchte, und warum hilft hier das Möchten (noch) nicht? Das Verständliche und das Groteske an der Liebessucht ist ja, dass einem nichts schöner vorkommt als genau für das geliebt zu werden, was man gerade in der Lage ist zu sein. Nur, wer ist man da auf einmal in der Rolle des Paradiesvogels, als alles noch war, wie es einst sein sollte, weswegen niemand weiß, wie es wirklich irgendwann einmal war, und wiederum weswegen wir uns selbst immer mal wieder diese Fragen stellen können, damit wir wissen, wer das ist, der oder die da antwortet. Oder es, das Es. Das mythosumwitterte Land des Inneren, wo auf stets sich neu erschaffenden Bühnen die Szenarien entwickeln, die Drehbücher, die Romane. Wo der Stoff entsteht, aus dem die Filme sind, und die Filme wiederum, die aus dem Mutterleib entstehen, ewiges Gebären unter der Flagge der persönlichen Beantwortung. Wenn alles, was sich innen abspielt, mit leidenschaftlicher Freude gespielt werden würde, also nicht die Not eines Ausdrucks für Exzesse und Auschreitungen und Überschreitungen des als menschlich geltenden Verhaltens, dann ginge es allen sehr gut, denn die innere Freude würde ganz automatisch und ohne Zwang ein freundliches Verhalten hervorbringen. Warum auch nicht, wenn einem keiner was antuen will. Oder vergisst, was Antun ist, oder es nicht anders gelernt hat als  dass man einander was antut. Das ist, was ich unter Alleinsein verstehe: das Umschauen in der eigenen Welt, ob die Quelle noch das als Gesundheit empfundene Sprudeln hervorbringt, das einen befähigt, ungebunden in Gebundenheit zu leben, ohne darin einen Widerspruch zu erfahren.

 


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