unbestechlich

Auch die für viele Menschen, höre ich immer mal wieder, mehr belastenden als erfreulichen Festtage gehen vorüber. Nicht, dass hier viel davon zu spüren war außer der rastlos durch den Bazaar pilgernden indischen Touristen, deren Kauftrieb durch geschlossene Läden nicht eingeschränkt wird. Hier ist immer alles offen, außer einmal, als in kürzester Zeit so viele Morde passierten und das ganze Dorf geschlossen hatte, ein beeindruckender Anblick, mit unheimlichen Gefühlen begleitet. Gestern, am 26. Dezember, wusste ich gar nicht, warum es da auch heilig zugehen soll, und wandte mich an Lord Google. Ich fand einen Heiligen, von dem ich noch nie gehört hatte, der irgendwann eine zu lange Rede hielt und zu viel ihm Heiliges in die falsche Richtung salbte, da nahmen sie ihn gleich mit und steinigten ihn, und er durfte der erste christliche Märtyrer werden, und manche erinnern sich wohl an ihn am sogenannten Stefanitag. Ihm hat es ja wenig genützt, so, wie es auch heute noch wenigen nützt, wenn ihr kostbares Leben durch Andere geschädigt und gekürzt wird. Wir, die wir mit all diesen toten Ritualen nicht mehr viel am Hut haben, sinnen auf andere Dinge wie Emojis oder Gifs als hilflosen Gruß ins Unbelegte. Doch der Mangel an Tiefe macht es auch nicht besser, obwohl Lachen noch nie die schlechteste Medizin war, es kann ja ebenfalls aus dem Abgrund der Ohnmacht hervorquellen und sich dadurch etwas entlasten. Aber so wenig wie möglich Konkretes zu planen, fand ich dann doch am besten. Nein, am besten waren die Schweigeretreats, die ich jahrelang immer 12 Tage bis Neujahr zelebrierte, alles Notwendige im Raum vorhanden, morgens brachte mir jemand leckeren Chai. Aber nicht alles macht weiterhin immer Sinn, so ging auch das vorüber. Was an Weihnachten, dem Fest der Liebe, am liebsten erträumt und phantasiert wird ist, dass das Christkind oder irgend ein heiliger Mensch, alle mit seinem Zauberstab in eine Masse von Liebenden verwandelt, die sich die Augen reiben und verwundert um sich schauen, als wären sie von einem bösen Taum erwacht, und sich dann aufmachen, um schöne Gaben für andere Menschen zu organisieren, damit man statt dem Nehmen mal wieder nahtlos ins Geben steuert. Wahr ist ja, dass immer alles potentiell möglich ist, wer sollte wen abhalten von was. Die guten Dinge sind nicht leicht zu ergründen, meist wird eher das Abgründige ergründet, weil da anscheinend die großen Stämme im Weg liegen, die schwer zu bewegen sind. Auf der anderen Seite ist es so, dass für einen selbst immer noch mehr möglich ist, als man bereit ist zu tun und zu sein. Zu diesem Thema fällt mir früher oder später der zeitlose Satz „simple living, high thinking“ ein. Unbestechlich schön.

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