interessieren

Algorithmen
Da ich einen Teil meiner Aufmerksamkeit (zur Zeit) auf den ganz persönlichen Rhythmus meiner einströmenden Algorithmen gelegt habe, kann ich diese Beobachtungen durchaus dazu nutzen, etwas über mich selbst zu erfahren. So erfahre ich, dass mich bestimmte Verbrechen zutiefst interessieren. Es ist dabei nicht die vorherrschende Frage, wer nun der Mörder sei, sondern mich interessiert, was Menschen antreibt, bis sie z.B. einen Mord begehen. Auch in Indien habe ich manche Fälle verfolgt, manchmal bis zu ihrem, ja, ziemlich bitteren Ende wie im sogenannten „Nirbaya-Fall, wo drei der Täter (außer dem grausamsten, dem 17-Jährigen) dann gehängt wurden. Die Vier also, die gemeinsam in einem fahrenden Bus derart entgleist waren, dass eine junge Frau vor den Augen ihres Freundes daran starb. Klar, im Gefängnis muss man sie jahrelang kleiden und ernähren, denn sie wären ja nie wieder herausgekommen. Wie leicht gleitet man mal hier, mal da ins Fassungslose. Oder ein angesehener Geschäftsmann aus Jaipur, der  in einem seiner Häuser Frau und Kinder hatte, im anderen Haus und Leben Geschäfte tätigte und einen Servant hatte. Von dem ließ er sich regelmäßig Kinder zuführen, deren Leichen später (23 von ihnen) in einem Abflußkanal gefunden wurden. Der Servant war aber auch ein Menschenfresser, ein Kannibale, der dadurch, was er bediente, auch einen Profit hatte, also beide ihren finsteren Trieben gnadenlos folgten.  Da standen sie nun mit ihren getrennt ausgeübten Taten eines Tages gemeinsam vor dem Richter. Auch auf der dunklen Seite der Menschenkenntnis kann man sich erweitern. Und nun ist mir eben aufgefallen, dass ich wieder mit zwei Fällen in Kontakt blieb, also immer mal wieder reinschauen, wie die Sache steht. In Amerika kann man während des Prozesses in den Gerichtsaal hineinschauen, bis das Urteil gesprochen wird nach der Aussage der Geschworenen. In Idaho, wo einer der Fälle stattfindet, gibt es noch die Todesstrafe. Der noch junge Mann hat vier Jugendliche ermordet, man sieht ihn in Handschellen, wie er mit roboterhaftem Gesicht durch die Gänge geführt wird. Man hört (ich höre), er sei sehr überrascht  gewesen bei der Verhaftung und es wird vermutet, dass er sich ziemlich sicher war, das perfekte Verbrechen begangen zu haben. Er hat Kriminologie studiert und kennt sich aus im Gewerbe. Ein Politiker aus Idaho meint, dieser Mann könne der Erste werden der, statt mit einer Spritze, durch ein  Erschießungskommando hingerichtet werden, da man mit Spritzen oft schlechte Erfahrungen gemacht habe. Fast unmerklich verteilt sich im ( in meinem) Inneren ein Teil der Verbrechen auf die Selbstgerechten. Und wie unangebracht ist es (von mir) zu denken, der Mann könnte immerhin noch viel Jahre leben und eines Tages vielleicht sein schreckliches Geheimnis preisgeben?, und man wüsste etwas mehr von allerschwärzesten Vorgängen in uns – oder auch nicht. Aber als Mensch einem anderen Menschen sein Leben nehmen, also bewusst daran beteiligt sein und es auch noch „Gerechtigkeit“ nennen, das geht nicht, zumindest nicht für mich. Und wenn Liebe tatsächlich der Verzicht auf Mord ist, wie es mal jemand behauptete, dann wäre es doch auch für die Täter (innen) besser zu wissen, wo und wann und wodurch ihnen ihre Liebe abhanden kam.

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