Inzwischen

So(so)! Warnstreik und weitere Ausgangsbeschränkungsmaßnahmen, und Maskentragung auf den Hotspotstraßen undsoweiter. Der Geist wandert durch alles hindurch und bereitet sich vor auf das Winterleben im Jahre 2020, mein erstes Jahr ohne das indische Licht auf den Steinen und auf dem Leben und auf mir. Inzwischen hat (gestern) die junge indische Frau, die Ayesha, die ich meine Tochter nenne, geheiratet. Es war bei der Planung nicht vorhersehbar, dass die indische Regierung kein Visa mehr ausstellen würde, aber dann wurde aus dem Krankwerden doch schnell ein Sterben. Ich kenne die Zustände in indischen Krankenhäusern und wage kaum, mir das momentane Geschehen vorzustellen, wenn selbst auf den Leichenverbrennungsplätzen noch nach Kastensystem sortiert wurde und wird. Und hätte es eine Flugmöglichkeit gegeben, wäre ich geflogen in die Vorhölle der Virenherrschaft? So schickt sie mir die Bilder des nach günstigen Sternen ausgerichteten Festes, wo keiner eine Maske trägt, aber alles an möglichen Menschenansammlungen etwas eingedämmt wurde, was ich aus weiter Ferne sehr unterstützt habe, denn es begünstigt auch die Ausgaben, unter deren Wucht die Verantwortlichen oft bis zum Lebensende ächzen. So kann ich ihr, der Ayesha, nur alles Glück der Erde wünschen, was in diesen Seinsfeldern möglich ist, und da ist vieles möglich. Nicht, dass man sich das Leben im zumöblierten Reich der Schwiegereltern wirklich vorstellen kann, wo man als Frau viel lächeln und dienen soll. Doch sie ist eifrig im Netz unterwegs und hat ein sehr angenehmes eigenes Denken, das kann sich schon durchsetzen, es kommt darauf an, wie es wahrgenommen werden wird. Was wir ja gleichzeitig landesübergreifend teilen, ist der Widerstand gegen die Maskierung, obwohl auch wir in der Tasche, klaro, eine Maske tragen. Vor meiner Lesung am Samstag war ich kurz mal besorgt, ob etwas Gesagtes und Vernommenes an poetischem Output überhaupt durch ein maskiertes Publikum dringen würde, und ja, es war eine wahre Erleichterung, selber die eigene Maske ablegen und aufatmen zu können. Was hilft es, Mitgefühl zu haben für die, die in ihrer Arbeit den ganzen Tag so ein Ding auf dem Gesicht tragen müssen, nichts hilft es. Einem selbst hilft es, vieles a u c h Daseiende nicht aus den Augen zu verlieren. Es läuft ja hinter dem Corona Vorspann alles weiter, und da will man ja der digitalen Revolution gegenüber nicht kleinlich sein, denn wenn man sich zwischendurch mal unterhalten will, hat man immerhin eine große Auswahl zwischen philosophischen Darbietungen und Dialogen, und… ja, was ist auf der anderen Seite? Da muss wohl wieder Donald Trump hin, obwohl ich lieber Jim Jamusch genannt hätte, aber man muss ihn ja weitgeräumig genug halten,  den Abstand zwischen den Dingen. Auch habe ich nicht vor, im Winter ein Murmeltier zu werden, und auch das visionierte Vorhaben darf  nicht so eingeschränkt werden, dass man es im realen Kontext wieder weiten muss. Man träumt so ein bisschen vor sich hin von Büchern, die man endlich lesen kann und ist dankbar für das Prasseln der Feuerstelle. Mich persönlich muss man auch nicht auffordern, nur hinauszugehen, wenn es dringend nötig ist. Ich erwarte eigentlich nur von mir und meinen Füßen, dass sie sich freiwillig einmal am Tag auf einem Waldweg bewegen, das muss ich noch willentlich festigen. Das ist zwar nicht der See dort im weit entfernten Zweit-Zuhause, aber es ist ja klar geworden, dass es dieses Jahr nicht der See sein wird, sondern ein ‚See ‚(Sieh), was kommt, und entwickle die entsprechende Handlungsweise. Schließlich hat das Tagesdunkel auch was für sich, so wie vieles was für sich und für einen selbst hat, wenn man es mit einem wohlwollenden und wachen Auge betrachtet.

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