Feminine Mystique

Das ist Buvaj, der Sohn der nepalesischen Servant-Familie im Haus von  Freunden, von wo aus ich bis morgen einen ersten Eindruck meiner Gefühle gewinnen kann, die mich in diesem Land bewegen. Das Photo von Buvaj habe ich gemacht, weil er ein starkes Interesse an dem Buch gezeigt hat, dass ich aus einem kleinen Glasschrank genommen hatte, wo die Bücher liegen, die keiner liest. Da ich selbst zur Abwechslung mal kein Buch mitgebracht hatte, dachte ich: mal reinschauen in die Gedanken: „The Feminine Mystique“. Es war eine Freude zu sehen, wie Buvaj wild in dem Buch herumblätterte mit seinen leichten 560 Seiten zu dem komplexen Thema. Das erste Kapitel heißt  „Das Problem, das keinen Namen hat“ und beschreibt, wie in den (amerikanischen) Medien jahrelang herumdiskutiert wurde, warum Frauen in ihren doch so einfach deklarierten Lebensweisen einfach nicht glücklich wurden. Hatten Haus, hatten Kinder, hatten alles, nur war da das Problem, das keinen Namen hat. Die Frauen wussten es auch nicht, was mit ihnen los war, und dann kam heraus, dass es mit Millionen Frauen los war, das Problem, das keiner nennen konnte. Das Buch war 1963 herausgekommen (von Betty Friedan), aber ich fühlte mich mitten in die indische Gesellschaft versetzt. Das ist, was vor allem auf mich zukommen wird: das Interesse an eigenen Gefühlen und denen der Anderen, der anderen Frauen vor allem. Indische Männer machen oft einen sehr gefühlvollen Eindruck, klar, ihr Ausdruck ist nie begrenzt worden, das kann dem Ganzen einen gewissen Schwung verleihen, der aber stark nachlässt, wenn eine Frau sich ebenfalls mitteilen möchte, ganz zu schweigen von der eigenen. Wer hat all diese Gesetze fabriziert, dass (indische) Frauen am besten schweigen sollen, damit im Haushalt alles gut geht und der Herr des Hauses keine Störung erfährt. Ich höre, dass die MeToo Debatte in Indien angekommen ist. Shivani erzählt mir, dass es noch nie so viel Missbrauch kleiner Kinder gab, vielleicht kommt es aber zum ersten Mal in die Öffentlichkeit. Im Moment denke ich, dass es gut ist, dass weiterhin  viele Frauen ihren Erlebnissen Ausdruck verleihen, auch wenn es erstmal nur um die schiere Anzahl geht, damit bei dem Problem, das immer noch nicht wirklich die dazugehörigen Worte und Gefühle hat, etwas in Bewegung kommt.

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