einengen und ausbreiten

Gestern habe ich eine Mail bekommen mit einem Plakat, auf dem zur Befreiung Kashmirs aufgerufen wird, und es zeigt Hitler und Modi  Rücken an Rücken, darunter die Worte in großen Buchsteben: ‚Wir können keinen weiteren Holocaust erlauben.‘ Das geht mir jetzt langsam auf den Geist, und ich wüsste gerne, wo die historischen Holocaustforscher sitzen, um zu erkunden,was sie so antreibt. Klar, Hitler eignet sich vortrefflich als Figur des Bösen, mit der man Andere, die einem böse vorkommen, vergleichen kann, wenn man das möchte, oder aber sich an den zeitlos klugen Satz von Hannah Arendt erinnern über die Banalität des Bösen. Diese Faszination mit dem Bösen und der in der politischen Szene schon Mode gewordene Vergleich mit Adolf Hitler sind es, die mir auf den Geist gehen. Natürlich kann jeder zum Vergleichen die Bilder benutzen, die ihm oder ihr dafür geeignet scheinen, aber Vergleiche hinken immer und ermüden daher schnell in ihren Abläufen. Was mich interessiert hat an diesem Phänomen kann auch kein weiteres Licht darauf werfen, wie Hitler nun tatsächlich das Swastika in die andere, also als falsch benannte Richtung gedreht hat, und ob tatsächlich ein indischer Mentor seine geistigen Hände mit im Spiel hatte. Hitler, so hörte ich neulich reichlich erstaunt, soll selbst in Indien gewesen und sogar in Lucknow in der Universität aufgetaucht sein. Müsste aber belegt vorliegen, obwohl auf indischer Seite historisches Belegen eher abenteuerlich ist. Auch sollen Tausende von indischen Soldaten für das Dritte Reich gekämpft haben. Lange war Hitler in Indien ein Held und ich habe häufig irgendwo an einem Kiosk im Land das Buch „Mein Kampf“ gesehen. Ich selbst habe noch nie jemanden getroffen, der es gelesen hat. Insofern ist es günstig, dass dieser Illusionsschleier langsam fällt, wobei es scheint, als würde er nur durch ein neues Modell ersetzt. Ich merke, wie ich mit dieser neuen Richtung nichts zu tun haben möchte. Meine Entscheidung, Abschied zu nehmen von Indien dieses Jahr, bzw. im März 2021, sucht nicht nach Gründen, um sich zu erklären, weil es nicht wirklich einzelne Gründe gibt, die das notwendig machen würden. Ich sehe auch, dass alles, was in Indien gerade mit ziemlich heftiger Energie im Gange ist, seine Stimmigkeit hat, denn hier müssen sich Strukturen verändern, die derart unbeweglich sind, dass es viel Energie benötigt, um sie zu bewegen. Auf der anderen Seite kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass sich die Inder nie wirklich haben versklaven lassen durch diese Strukturen. Sie schätzen ihre Ordnungen und folgen ihnen manchmal penetrant, aber ich habe auch noch nirgendwo so freie Geister getroffen, die einfach alles Lebendige zulassen und einen sehr ausgeprägten Sinn für das Spiel haben, das sich für sie ja endlos fortsetzt. So habe ich Vertrauen in ihre Art zu sein, aber die deutlich sich abzeichnende Richtung ist gerade nicht meine. Noch zittert die Nadel von meinem Kompass nicht, aber das Ungewisse breitet weit seine Flügel aus.

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