Wenn ich zur Zeit viel von „ihr“ spreche, so als wäre ich, hier am Fenster sitzend, von einer gewissen (notwendigen) Distanz in das Tiefpersönliche geschliddert, oder eher in das Höchstpersönliche hinein, dann ist da ein Korn Wahrheit drin. Wir erleben gerade etwas, was immerhin möglich ist, zum Beispiel: dass Krebs, so gruselig diese Krankheit auch sein mag, doch auch eine erhellende Wirkung haben kann. Ein Mensch, der sich mehr als eine Zuspielerin erfahren hat und auf dem Tellerrand, wo die vielen möglichen Identitäten herumhuschten, den Sprung in die gähnende Leere des Ungewissen gefürchtet hat, ist nun in die Mitte des Geschehens gerückt. Und nein!, nicht nur der Krankheit wegen, obwohl auch hier die Tragödie lauert als sichtbares Erlöschen des Körpers, sondern weil der Geist, immer dienstbereit wie ein Gott, ihr Geist also, es ihr ermöglicht hat, zu sich zu kommen. Deswegen mag ich den Song von Ziggy Marley, den ich kürzlich zufällig unterwegs gehört habe, weil er den feinen Unterschied klar gemacht hat zwischen „Got to be true to myself“ and „Got to be true to yourself“. Also er sagt es nicht als Botschaft zu anderen, dass sie sich selbst gegenüber wahrhaftig sein sollen, sondern er sagt es zu sich. Und dass es nicht möglich ist, Glück zu geben (oder zu erhalten), wenn man nicht selbst glücklich ist. Nun mag es paradox klingen, dass sie, Claudia, die noch verbleibende Zeit bis zu ihrem Abschied vom planetarischen Treiben als „glücklichste Zeit ihres Lebens“ bezeichnet, aber das kann man spüren. Der Raum, in dem sie liegt, ist angefüllt mit Wohlwollen. Es ist schön, dorthin zu gehen, ein paar Sachen zu machen, oder einfach nur dazusitzen und ein paar Worte auszutauschen. Eine Schönheit ist um sie herum, die einen wortlos macht. Schön ist auch, dass es niemand erklären kann.