Gestern hatte ich eine wunderbare Gelegenheit, meine aus alten Steinen zusammengefügte Terrasse mit einer Gruppe von ungefähr vierzig Languren zu teilen, die als Verkörperung des Affengottes Hanuman gesehen und daher oft Hanuman-Languren genannt werden. Diese Gruppe liegt mir besonders am Herzen, weil sich dort eine meiner Lieblingstiergeschichten abgespielt hat und immer noch abspielt. Diese Languren sind bildschön und da sie allerseits reichlich gefüttert werden, sind sie auch friedlich. Weniger friedlich, ja, oft bösartig und von uns allen mit Vorsicht beäugt, ist die andere Rasse, die sich ebenfalls hier herumbewegt, braun, gefürchtet und ständig verscheucht von allen, was sie besonders angriffslustig macht, was ich einmal am eigenen Leib erfahren durfte und von einem der fünf, die mich angriffen, gebissen wurde. Aber aber aber, meine andere Geschichte ist ja eine andere Story, von der ich schon einiges über die Jahre berichtet habe. Genau zu der Gruppe, die sich bei mir niedergelassen hatte, gehört der kleine, braune Kerl, dessen Schicksal ich schon seit Jahren beobachte. Seine Mutter war die Geliebte des prächtigen Häuptlings der Silberhaarigen, eine wenig attraktiv wirkende, aber rührend um ihn besorgte Frau, immer nur um ihn herum und jeden Schritt von ihm im Auge, auch er manchmal um sie herum. Irgendwann muss das passiert sein, dass sie anfingen, zusammen zu leben, man konnte es kaum fassen. Sein Stamm hat sie nie akzeptiert und sie konnte nur unter seinem Schutz dort leben. Sie hatten zwei Söhne, von denen der erste, erzählte mir Mohan, sich eigene Wege suchte. Der Kleine blieb mit der Mutter bei den Languren, aber man sah sie immer öfters isoliert von den Anderen beisammen sitzen, und oft sah ich auch den Kleinen hektisch umherirren auf der Suche nach ihr, und uffh, war ich froh, als ich sie wieder zusammen sah. Eines Tages, es wurde von einigen beobachtet und berichtet, kehrte die Mutter zum braunen Stamm zurück. Der Kleine aber blieb beim Vater. Letztes Jahr habe ich den Vater beobachtet, wie er sich um den Kleinen gekümmert hat (lausen, kraulen, beschützen). Auch jetzt lässt er ihn an sich ran, aber stößt ihn auch weg. Doch nun habe ich zweimal gesehen, wie auf einmal die Mutter aufgetaucht ist und zu dem Kleinen gerannt, und ja, sie hat ihn umarmt und etwas mit ihm gebalgt. Aber als der Vater verschwunden ist, ist ihm der Kleine gefolgt. Er hat sich ja den linken Arm an einer Leitung ausgebrannt (hat man mir erzählt), aber wir bewundern ihn so für seine Beweglichkeit und Überlebenskraft. Ein Mann kauft ihm jeden Morgen Bananen, er ist gut versorgt. Auch auf meiner Terrasse bekommt vor allem er was zu fressen, das ärgert die kleinen silbernen Frechdachse, die wie eine Horde über die Pflanzen herfallen. Auch die Wäsche an der Leine muss ich im Auge behalten, denn sie lieben es, daran herumzuturnen. Aber meistens liegen meine Augen auf dem Kleinen. Der Stamm akzeptiert auch ihn nicht, denn die Silbernen fürchten sich vor den Braunen. So liegt er meist allein herum, und es ist ein Wunder, dass er es geschafft hat, bei ihnen zu bleiben. Der Tag ist ja lang und die Nacht auch, und wir wissen nicht, was alles an Geheimnisvollem passieren kann, wenn wir nicht dabei sind.