denkbar

Ja, die Würde des Menschen ist antastbar und ja, der Mensch mutet dem Menschen Undenkbares zu. Aber Menschen lassen einander auch an Denkbarem teilnehmen. Denken ist schön, wenn man Freude dran hat. Immerhin kann ich mit Denken u.a. in die Nähe des zu Erforschenden oder zu Erlebenden kommen. Dann reicht es manchmal nicht mehr aus. Etwas anderes tritt ein, was dem Denken nicht zugänglich ist. Man nennt das gern das Fühlen. Aber vielleicht ist es auch ein sich erlebendes Dasein, was nicht unbedingt das gleiche wie fühlen sein muss (!?) Wenn Menschen sich in so einem gemeinsamen Erleben befinden, ohne ihre Eigenwelt dafür opfern zu müssen…jetzt schlittere ich fast automatisch in Humberto Maturanas vortrefflichen Satz, der endet: ….dann sehen wir Liebe. Wir sehen auch Liebe, wenn Menschen zutiefst interessiert sind am Gelingen ihres Daseins, wodurch belebt wird, dass es mit Anderen gelingt. Eine interessante Ebene, auf die die Welt gerade zusteuert: dass man einander das „richtige“ Menschsein nicht mehr vorgaukeln kann. Doch gibt es ja  Menschen, die einen mit ihrem Menschsein berühren können. Die Berührung kommt auch aus den Geschichten, ja. Aber auch die Geschichten sind ja (nur) das Werkzeug der Menschwerdung. Zum Glück geht es nicht um Gut-oder Bössein, sondern wohl mehr um den Umgang mit sich zeigendem Schicksal. Das ist einerseits der ungewisse Faktor , andrerseits werden meine Fähigkeiten der Navigation durch Entscheidungen, die ständig im Leisen geschehen, aktiviert.

Jetzt, in der Nähe neuer Wahlen, denke ich auch: Wow! Wir leben schon ziemlich lange im Frieden, und solange es vertrauenswürdige Lenker  der Masse gibt, sollen sie weiterhin lenken, so gut sie können. Ich finde es wirklich bemerkenswert, dass Angela Merkel und Wolfgang Schäuble es geschafft haben, einen ehrenwerten Eindruck zu machen. Wenn ich da an Indien denke!, wo man, wenn man irgendwo hin muss, egal, in welche Richtung,  Bakschisch zahlen muss, sonst steht man sich die Füße in den Bauch in einer widerlich bürokratischen Atmosphäre, umringt von lauernden Spöttern: wie, kapierst du das Spiel nicht, Frau Bleichgesicht!? Ich habe übrigens in all den Jahren nie gezahlt, auch wenn es heiß empfohlen wurde. Wissend, dass der Schmiergeld-Kreislauf kein Ende hat, fand ich es schöpferisch anregend, andere Wege zu suchen und zu finden, die zu gewünschtem Ergebnis führen. Hierzulande kann man Stimmzettel ausfüllen, und jedem ist es relativ egal, was der Andere wählt, jetzt abgesehen von schockierenden Ergebnissen, die Einblick in neue Realitäten gewähren. Allerdings geht man meist davon aus, dass unter denkfähigen Menschen auch gedacht wird, fragt sich nur was. Vor-und Nachdenken sind vor allem förderlich, wenn man es selbst tut.
Zurück zum friedlichen Deutschland. Was gibt es Schöneres, wenn wie gestern der Tag: sonnendurchwebt, man durch die Gegend fährt mit (einem oder mehreren) Menschen, die man richtig gerne mag, um nicht das komplexe Wort „lieben“ zu gebrauchen, und die Augen weiden auf sattem Grün, und es ist gar nicht anstrengend, über tiefe Dinge zu reden, und dann will man natürlich Kaffee trinken oder was essen, und dann nach vielem Durchleuchten  herumgehen und den Wald für sich leuchten lassen, und irgendwie sind alle, denen man begegnet, so freundlich und zugeneigt. In einer kleinen Kapelle, in die wir hineinschauen wollten, war ein Buch, in das Menschen ihre Wünsche und Nöte an die hohen Herrschaften hineinschreiben konnten. Eine Eintragung lautete: „Liebe Muttergottes, bitte hilf mir, weil ich nichts mehr auf die Reihe kriege.“ Ich treffe selten jemanden, der so gläubig ist! Auch mal wieder schön.


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