nachwehen

Dieses Blatt Papier aus dem Jahre 1997 haben wir neulich gemeinsam wieder entdeckt, ich meine wir und die kürzlich, sehr kürzlich das Zeitliche gesegnet habende. Keine von uns konnte sich daran erinnern, aber man konnte sehen, dass unten ein Raum offen geblieben war, über dem stand „Hier ist Raum für meine Aussage“. Nun war ganz offensichtlich der Moment gekommen für ihre Aussage, die, und das mittendrin im Sterbeprozess, keiner mehr hätte anzweifeln können, denn sie hatte sich auf originelle Weise in die Selbstbestimmung katapultiert. Und wir, gelernte Bezeugerinnen des Außer-Ordentlichen, wussten es zu schätzen, dass sie den Stift nahm und die Aussage manifestierte, was das Blatt zu einem Dokument macht. Es beinhaltet die außerordentliche Nachricht, dass ein Mensch sehr wohl bis kurz vor dem Ende der eigenen Vorstellung noch zur eigenen Substanz zurückkehren kann. Die lag da immer: leer und schön (und noch ruhend in der latenten Bedeutungslosigkeit). Natürlich könnte man fragen: warum nicht früher. Sind (z.B.) Krebs und Tod nicht ein zu hoher Preis? Es ist jedoch auch das nur ein weiterer Weg, und wenn der Preis erkannt und gezahlt wird, öffnen sich durchaus die Schleusen der Zurückhaltung. Das kann gefährlich werden, aber auch aus den Schutzmechanismen befreien, die man brauchte, um am Leben zu bleiben. Der Genuss, bei sich selbst angekommen zu sein, stellt dann die andere Seite des Preises dar: man erlebt sich in relativer Gelassenheit mit den Anderen, da es nichts mehr zu erklären und nichts mehr zu beweisen gibt.

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