Das Virus

Das Virus ist unsichtbar, aber mächtig in seiner Wirkung. Es verursacht das schier Unmögliche. Es friert Luxusschiffe am Hafen ein. Es blockiert den Welthandel. Es befördert riesige Gruppen von Ärzten nach Wuhan, wo die Leichen sich häufen. Erst soll es der illegale Fleischmarkt gewesen sein, dann das Pangolin, ein Schuppentier, dann die Fledermaus als Angsttransporter. Die Angst vor den Chinesen war ja schon vorher da, man weiß nie geanu, was alles von wem in den Chow Meins enthalten ist außer chinesisch gebratene Nudeln. Ich wusste gar nicht, dass ein Lieblingsessen der Inder das chinesische Essen ist. Jetzt, so höre ich, schleicht sich eine Bedrückung ein beim Anblick chinesischer Restaurants und chinesischer Reisender, so als würde der Tod einen anspringen, wenn man sie sieht.  Dieses ganze Geraune nimmt etwas psychisches Gewicht von den Muslimen, die ja gerade noch das Feindbild darstellten, das man auslöschen wollte. Jetzt das Virus, alle zusammen auf dem planetarischen Luxusdampfer gefangen, vereint in potentieller Todesgefahr. Anderswo, davon kann man ausgehen, rotieren die Forschergehirne. Wer das Serum findet, dem lockt der Nobelpreis. Ein Anderer sagt, dass es zu spät kommen wird, selbst wenn es gefunden wird. Zu spät für was!?  Auf meinem Rückweg von der Morgenrunde meinte mein ehrenwerter Hausbesitzer zu mir, ich solle zu Gott beten, dass das Virus nicht nach Indien kommt. Er weiß nicht, dass ich da oben keinen Ansprechpartner mehr habe. So eine Seuche wird ja gern als Strafe für das Gottlose gesehen. Außerdem i s t das Virus schon im Land, drei Fälle im Süden, zwei Verdachtsfälle in der 12 km entfernten Stadt. Man stellt sich ungern vor, wie überfordert die Inder sein würden mit so einem schnellen Ausbruch. Der Internationale Airport in Delhi wird heute in der Zeitung nach einer deutschen, mathematischen  Studie als einer der gefährlichsten Ansteckherde  genannt. Na mal sehen, in drei Wochen bin ich auch dort und sehe mich schon schwer atmend unter dem Mundschutz die üblichen Torturen durchwandern. Anmerkung: am besten selbst einen Mundschutz basteln über das Apothekending drüber. Das war ja ursprünglich gegen Swineflu gedacht, aber jetzt denkt man, wenn auch gemäßigt, an nCoV, wie es neuerdings genannt werden soll. Wenn was mal einen Hausnamen bekommt, kann man davon ausgehen, dass es eine Weile bleibt. Auch wird gemunkelt, dass es vielleicht nie wieder geht. Viele gefährliche Dinge sind nie wieder gegangen,oder zurückgekehrt, wenn man sie für besiegt hielt. So geht man entlang mit den neuen Erscheinungen, nicht z u gefesselt von ihnen, aber sie auch nicht ganz missachtend. Denn wer stirbt schon gern, wo man doch immer denkt, man hat  noch was Zeit. Das Virus ist somit auch ein Illusionstöter, denn wer sagt, man könne nicht jederzeit in den vielen Momenten eine falsche Bewegung machen, und schwupps!, pustet einen das Virus von der Rundform. Auf jeden Fall haben wir schon mal 73 Inder zurück vom Cruise Liner World Dream, die alle virusfrei sind, und dann harren noch 138 Inder aus auf der Diamond Princess, wo 69 Passagiere sich angesteckt haben. Derweil ist die Luft noch verhältnismäßig rein hier bei uns, und man kann tief durchatmen.

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