Manchmal, wenn man das Komplexe durchdringen will oder kann, kommt man auf einfache Gedanken, die behilflich sein können. So hat mich dieses Wort „Beistand“ irgendwo angesprochen, und dass vor allem Kinder jemanden brauchen, der ihnen beisteht. Die Tage, wo Gott dafür herhalten musste, sind meistens gezählt. Entweder jemand betrachtet sich durch die bereits existierende Religion als religiös, ohne das je zu hinterfragen, oder aber die Sehnsucht nach tieferen Ebenen der Verbundenheit bringt einen, wenn auch nur eine bestimmte Zeitstrecke entlang, in einen Kontext geistiger oder göttlicher Verbindung. Das kann tricky sein, wenn man zum Beispiel die Angebote von „Yoga“-Praktiken sich häufen sieht, ohne auf eine Substanz in der vertikalen Höhe hoffen zu dürfen. Man muss ja auch nicht hoffen, kann sich aber durchaus wundern, wie das, was einmal als Einheit konzipiert wurde, nun als bloße Gymnastik zu einer Tiefe führen soll. Ist diese nicht gewünscht, kann ja auch bei dem Begriff „Gymnastik“ geblieben werden, denn Bewegung und Sport sollen ja gesund sein. (Jeder vierte Deutsche bewegt sich zu wenig?) Wenn nun aber diese gerne als „heilig“ gesehene Welt verschwindet, und weit und breit kein Heiligsein sichtbar ist, sind wir auf den Menschen und seinen Beistand angewiesen. Nicht nur Kinder gehen verloren, wenn keiner ihnen beisteht. Was heißt „beistehen“? Das Wort sagt aus, dass ich dabei bin, wenn jemand in Not ist, oder leidet, oder menschliche Nähe braucht, oder Zuversicht, oder wenn das Interesse am Leben verloren gegangen ist. Die Vielzahl der Scheidungen und der Tötungsdelikte zeigen uns, dass hier etwas falsch verstanden wurde. Wir haben außer als Kinder kein automatisches Anrecht auf Liebe und Beistand, und oft ist es dann zu spät, die Dinge ins Lot zu bringen, wenn nur noch Verletzte sich gegenüber stehen. Die Angst vor der Fremdheit, der eigenen und der der Anderen, beherrscht die Räume des Unbewussten. Bin ich mir selbst nicht vertraut geworden, wie kann ich den Anderen trauen? Und kann Gott tatsächlich über der Mutter und dem oft abwesenden Vater stehen. Und mit welcher Güte denn, die ich mir ohne Phantasie gar nicht heranholen kann. Oder ich benutze ihn, wie viele der allein gelassenen Kinder in Syrien und anderen Kriegen, als Rachegott, der ihr Leid mit weiterem Morden des Feindes rächen wird. Immer ein Feind, der bleibt, und den man aus dem Weg räumen muss. Ja, kann sein, dass es gar nicht so ist, dass z.B. der Judenhass zurückkehrt, sondern dass er nie wirklich verschwunden war, sondern in der enttäuschten Leere des Nichtgewordenen nun wieder Nahrung erhält. Wer soll uns nun beistehen, wenn das Ungeheuer mit den vielen Köpfen wieder durch die Straßen trabt, und wer weiß denn, in wie vielen Wohnorten sich ein leises Zunicken loslöst aus dem Ungelösten auf dem Weg zu den anonymen Wahlurnen. Vielleicht ist es ja auch hier so, dass, wenn ich mir selbst beistehe, ich das auch dann für andere tun kann. Wenn es erwünscht ist und angemessen. Wenn es nicht nur in der Idee des Helfens und Gebens verankert ist wie so viele Fallen, die sich unversehens auftun im falsch verstandenen Gutsein. Wenn ich mir auch im Denken beistehe, damit es nicht an der Oberfläche versickert oder ich in die Nähe der Gefahr gerate zu wissen (zu glauben), wie es geht.