Das Bild hat zwar Sanskrit Texte, die ich manchmal in Indien aus dem „heiligen“ See fische, an den Innenwänden des Raumes, aber es ist hier in Deutschland anlässlich einer Kunstausstellung entstanden und war der Inhalt einer kleinen Kiste, von denen jede von uns drei mit den jeweiligen Ideen ausgestattet hat. Wenn der Oktober da ist, ist wieder Zeit für das Flugticket nach Delhi, und Zeit für das Visa. „Wir“ Indien-Reisende hatten jahrelang um und um Visas herum zu kämpfen. Manche Länder bekamen wenig Zeit, manche mehr, manche wurden zeitweilig gesperrt. Als die Israelis nach Indien massiv einrückten, wurden sie zuerst untertänigst bedient, denn sie hatten Geld und kauften viel Ware. Dann wurden sie wegen auffälligem Verhalten für eine Weile gesperrt. Dann kamen die JapanerInnen und die Südkoreanerinnen, bestaunt für Haut und Gefühlskühle. Aber all das, was „wir“ als „neu“ erleben durften, war ja auch nur eine Phase im Strom der Ewigkeit, denn vor uns waren viele andere da und haben, oft mit Hindus gemeinsam, gerätselt über die offensichtlichen Mysterien des Daseins. Satyajit Ray hat seine revolutionären und kunstvollen Filme gezeigt, und auch in ihnen konnte man schon den aufwühlenden Schmerz einer Vergänglichkeit spüren, die eben nicht enträtselt werden konnte, sondern mit all ihren Geheimnissen in den Korridoren der Zeit verschwand. Und wer wollte das Rätsel schon lösen? Da gab es nichts zu lösen. Alles war einfach da. Über allem menschlichen Leid schwebte gehaltvoll und von allen geliebt der gewaltige Götterhimmel, voller Schönheit und Erotik, sodass auch wir gebannt wurden von der Logik der oberen Etagen: man konnte sich auf sie verlassen, die paar Millionen Götter und Göttinnen, die man frei war zu wählen und resonanzmäßig auf sich abzustimmen. Aber der Strom fließt weiter und wenn der Missbrauch sich endlich meldet, ist es oft auch schon spät. Es wird ja immer noch fleißig diskutiert, ob alles, was jetzt aus dem Keller kriecht, vorher schon da war, aber es gibt auch noch Maß und Ausmaß einer Entwicklung. Und natürlich kann man froh sein, dass es nun, wie wir in den Nachrichten hören, z.B. ein Gesetz gegen Heirat mit Kindern gibt, aber es gibt auch noch 120 Millionen Ehen mit erwachsenen Männern und Kindern. Das alles gehört zum großen kosmischen Batzen des Zuviel, sodass man auch noch dem hinduistischen Weisheitsfinger des Damals danken muss, uns rechtzeitig darauf hingewiesen zu haben, dass es einen Weg gibt, der gleichzeitig nach innen und nach vorwärts zeigt. Auch wenn der Finger selbst nicht mehr weiß, wo er hinzeigt, so hat er uns doch ein Maß gegeben, was wir zum Glück für möglich hielten und halten. In der Zwischenzeit also gibt es Visas für jeden für ein ganzes Jahr, und wer auch immer kann aus der Weltbevölkerung, wird sich auf das Verbliebene stürzen, das nun das Daseiende ist. Ja, ich gehe auch wieder hin. Ich bin dort mit Menschen verbunden, die mir viel bedeuten. Irgendwann wird es nicht mehr möglich sein, sie zu treffen. Am See zu sitzen. Mich selbst in nahtlosem Reichtum beim Lächeln vorzufinden.