Heimweh

Gestern habe ich von einer jungen deutschen Sängerin gehört, die in Indien ein Megastar ist, und als ich mir ein paar Bilder von ihr dort anschaute, erfasste mich so ein Heimweh. Tausende von Inder:innen wiegten sich mit ihren Kindern auf dem Arm zum sehr schönen Gesang dieser jungen Frau, die Narendra Modi einmal ‚die deutsche Tochter Indiens‘ nannte, was mich erstaunt hat, lehnt er doch außer ‚Hindutva‘ (eine politische Ideologie) alles ab, außer, wenn es um Geld und Macht geht. Die Sängerin ist von Geburt aus blind, und soll das absolute Gehör haben, was sicherlich die indischen Ohren erfreut, die ziemlich viel kosmisch und künstlerisch Hochqualifiziertes gewohnt sind. Kosmisch deshalb, weil der ganze verfügbare Raum noch von Göttern bewohnt ist, wodurch das Gefühl der Nähe zwischen dem Menschen und dem ‚Göttlichen‘ ganz von den Einzelnen abhängt, denn der Zugang wird weitgehend gefördert und keinem verwehrt. Doch gibt es auch da natürlich Bedingungen, die einem klugen Leben als Schaltstellen dienen, zwischen denen man sich großzügig und weiträumig bewegen kann, eben dem eigenen Anspruch gemäß. Die Systeme sehen von außen immer anders aus, als sie wirklich sind. Erst, wenn es einem möglich ist oder es ist einfach Teil des eigenen Schicksals, sich in das tiefe Verständnis einer anderen Kultur hineinzubewegen, man dann dort auch soweit zugelassen wird, dass man sich selbst begegnen kann. Und erstaunt ist, wie der Mensch sich doch gleicht in Essenz, nur in andere Formen und Farben und Gewänder gehüllt, und immer gleichzeitig beschäftigt damt, dem eigenen Geheimnis auf die Spur zu kommen. Wie armselig käme mir doch mein Leben vor, hätte ich nicht jahrelang teilnehmen können an ihrem ungeheuren Maß an Vorstellungskraft, die nach unten und nach oben keinerlei Grenze zulässt. Deswegen wuste ich auch, dass finsterste Zeiten kommen, in denen das Hellste wie ausgelöscht scheint. Aber nein, es ist da, wir nennen es die Aufklärung, die ja erst durch den Druck ihre Wirkung entfaltet.


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