fremd

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Nach solch einer technischen Einpflanzung, wie ich sie gestern beschrieben habe, geht die sich selbst erzeugende Anekdote  dann ihren Lauf. Na ja, so ganz von selbst natürlich nicht, obwohl ich mir vorher in keiner entgleisten Vorstellung hätte austüfteln können, dass ich darüber nachdenke, was ich mitnehme in eine Reha, die man uns technisch Manipulierten rät, damit wir wieder zu selbstständigen Kreaturen werden, was ja ein verlockendes Angebot ist. Nun sehe ich die Beiträge in meinem Blog zwar nicht abgekoppelt von meiner emotionalen (oder körperlichen) Befindlichkeit, finde es aber meistens nicht unbedingt angebracht , darüber Berichte abzuliefern. Denn wenn ich morgens hier sitze und das virtuelle Fenster nach draußen öffne, kann mir alles Mögliche einfallen, was  lockt und ruft und geteilt werden möchte. Nun werde ich allerdings ein paar Wochen an einem ziemlich weit entfernten Ort (im Verhältnis zu meinem Schreibtisch) verbringen in einer Klinik, wo sich für mich ein Platz finden konnte in der Maschinerie der Ordnungen, von denen man keinen blassen Schimmer hat, wenn man nicht in Kontakt damit gekommen ist. Aus der Welt der gebannten Gespenster taucht „Der Zauberberg“ von Thomas Mann in meinem Inneren auf, und ich denke, ja, warum nicht, denn ich werde unter diesen räumlichen Umständen kaum mit denselben Eingebungen rechnen können, wenn ich überhaupt damit rechnen kann. Denn angeblich hat man viel zu tun in so einem Sanatorium, weil man dort wegen der körperlichen (und vielleicht auch geistigen) Optimierung unterwegs ist.  Außerdem finde ich es reizvoll, an Plätzen in der Welt aufzutauchen, die mir den Grad meiner eigenen Fremdheit bewusst machen. Es ist nicht so, dass ich den Luxus der Fremdheit für mich selbst in Anspruch nehme, sondern für mich sind wir alle Fremdlinge auf diesem Planeten, also Menschen, die sich nur auf der Basis ihrer eigenen Selbsterkenntnis näher kommen und verstehen können, und wo die Frage „Wer bin ich“ und „Wer bist du“ alles Weitere bestimmt, also das, was an authentischem Geschehen möglich ist. Und so weiß man von allen Orten der Heilung, dass dort Menschen vor allem mit ihren Leiden beschäftigt sind, was nicht unbedingt eine schlechte Basis für Kommunikation sein muss, aber  auch eine gewaltige Themeneinschränkung bietet. Kurz, ich merke, ich bereite mich darauf vor und nehme auf jeden Fall meine (große) Maschine mit und mal sehen, was sich so ergibt und gestalten und erleben lässt im Garten der Heilung,

 

*aus der „Zeit“

 


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