Der Gedanke, die Durchseuchung der Weltbevölkerung als einen positiven Vorgang wahrzunehmen, wäre sicherlich keiner/m von uns gekommen. Dabei haben es Seuchen ja so an sich, an Orten aufzutauchen, die über ihre Anwesenheit erst einmal keine direkte Aussage machen können. Auch so eine wie zum Beispiel die Habgier-Pandemie fällt schon auf, aber man macht sich keine Sorgen, denn solange sehr viele auf dem jeweiligen Luxus-Dampfer dahinschwimmen, hält man die Anzahl der Vielen für eine Garantie, nicht zu Betroffenen zu gehören, bis die zuweilen verheerenden Wirkungen des als „normal“ Deklarierten deutlich werden. Reisenden, die in Delhi ankamen, wurde es oft schwindelig beim Anblick des für das westliche Auge chaotisch erscheinenden Verkehrs, aber lange Jahre konnte man sicher sein, ob mit Riksha oder Taxi, im stetigen Fluss letztendlich zum Ziel zu kommen, auch noch angeregt durch das Erfahrene. Dann irgendwann blieb man dauernd im Stau stecken. Aufgebrachte Driver brauchten Stunden, um sich aus der Stadt herauszuwühlen. Einer von ihnen meinte mal, es könne eben nicht jeder Mensch ein Auto haben, was außer dem simplen Fakt auch noch eine tiefere Wahrheit birgt, wo es dann wieder schnell komplex wird. Also wer soll und wer nicht und warum sollen die, die können, auf was verzichten usw. Allerdings wurde mir in Indien noch während Ende der 70er Jahre vermittelt, dass es als unangemessen gesehen wurde, wenn ein wohlhabender Mensch seinen Reichtum zur Show stellt. Nicht immer wurden Könige beneidet um die Bürde ihrer herrlichen Bauten, in denen Kargheit dann als eine Demütigung gesehen werden musste, oder aber wie beim Nazim von Hyderabad, der die andere Seite der Seuche lebte: den Geiz. Alle seine Familienmitglieder und Getreuen waren spindeldürr, und später fand man in der Schublade eines kargen Tisches einen der riesigen Diamanten in Zeitungspapier eingewickelt, der vermutlich jetzt in einer düsternen britischen Ecke herumliegt, von menschlichen Gelüsten belastet. Zurück zur laufenden Pandemie, obwohl das auch nicht mehr geht, denn leider rumort das Thema gnadenlos vor sich hin, jetzt noch mit Herrn Lauterbachs Stimme begleitet, die sich schon hörbar tönend einen Loorbeerkranz bastelt, den es zum Glück nicht mehr gibt. Auch der Lorbeerkranz ist am Aussterben, was einen in eine traurige Stimmung versetzen könnte, die dem Wetter draußen zu sehr gleicht, deswegen lässt man es, bevor die Traurigkeit sich festgesetzt hat. Im Moment wird also geunkt, dass kein Lebender dem Omikron Eindringling entkommen kann, und wenn er milder ist als gedacht, dann kann das das Ende dieses Epos einleiten. Dann erst kann auch das Nachdenken darüber in eine neue Phase gehen, und es wird auch wieder Lücken und Luken geben im kollektiven Denkgewebe, und plötzlich teilen sich diffuse Wolkengebilde und man erinnert sich daran, dass dahinter die Sonne scheint und Freiräume wieder natürlicher werden. In der Zwischenzeit kann man allerdings auch schon darüber reflektieren, was man unter einem Freiraum versteht. Damit man ihn nicht verpasst, wenn er da ist.