Gestern abend habe ich aus Indien die Nachricht bekommen, dass Mani am Samstag um 5Uhr in der Frühe in Gujarat im Krankenhaus gestorben ist, 5 Tage nach einer Operation, von der alle in der Familie wussten, dass sie lebensgefährlich sein kann. Er war 35 Jahre alt und der kleine Bruder eines guten Freundes von mir, sodass ich Mani’s Lebens-und Leidensgeschichte ganz nah miterleben konnte. Letztes Jahr habe ich viel Zeit mit ihm verbracht. Seine Familie kennt mich seit langem, daher konnte ich im Haus ein-und ausgehen und Mani besuchen, wann ich wollte. Er ist in seinem kurzen Leben fast immer nur krank gewesen. Als kleines Kind fiel er in einen kochenden Topf Milch, dann versagte die Niere und da er ein Sohn wohlhabender Brahmanen war, konnte unter abenteuerlichen Bedingungen eine Niere aus Pakistan beschafft und eingepflanzt werden. Beim Erwachen nach der Transplantation bemerkte er, dass er nichts mehr hören konnte. Zwei Jahre lief er in der Familie und im Familienbusiness ohne Hören herum. Von ihm weiß ich, dass es in seinem Kopf nicht leise war, wie man vermutet, sondern auf eine bestimmte Weise sehr, sehr laut. Er bekam ein spezielles Gerät in den Kopf operiert , denn vor allem sein Bruder fand, dass er zu jung war, um taub zu sein, wenn es eine Lösung gab. Diese Lösungen waren unglaublich teuer, und einem ärmeren Menschen wäre vieles mit diesem Schicksal nicht mehr möglich gewesen. Ich erlaubte mir seinem Vater gegenüber öfters mal den Scherz, was für einen teuren Jungen er da hatte, denn auch er stöhnte manchmal leise unter der Last. Alles Gold floss hin zu Mani. Alle wussten auch, dass er nicht alt werden würde, doch keiner wusste, wann die Grenze erreicht war. Mani selbst wollte noch 10 Jahre leben, sagte er mir noch im März. Die Familie hätte gerne gesehen, dass er zu den heiligen Schriften greift, sozusagen als Vorbereitung auf das Kommende. Auch sein Bruder dachte, ich könnte ihm vielleicht die Bhagawad Gita , die ich schätze, nahelegen, aber Mani war sauer auf alle Götter, denn er fühlte sich nicht gut behandelt von ihnen. Wir haben viel zusammen gelacht. Ich habe ihn bewundert für seine Durchhaltekraft. Die Vorstellung hat Grenzen, zum Beispiel da. Nach dem Hörgerät hatte er noch Gelbsucht, irgendwann noch eine Lungenentzündung, und immer geschwollene Beine und Füße. Dann, letztes Jahr, kam der Leistenbruch. Der Arzt warnte vor der Operation, für die er sich, wie ich höre, jetzt doch entschieden hat, da er den Zustand nicht mehr aushalten konnte.
Erst dachte ich, ich kann gar nichts fühlen…dann, langsam, breitete sich eine tiefe und weite Traurigkeit aus, die wohl zuerst ankommen musste, bevor die Erleichterung folgen konnte, dass er, sei er auch noch so jung, nun von seinem Leid auch erlöst ist. Ich konnte dann zum Glück beim Frühstück darüber reden, über ihn und unsere vielen Begegnungen, er wurde sehr präsent im Raum, und wir stellten ein Licht für ihn auf. Das Photo von ihm habe ich auch gefunden. Sein Bruder hat mich über What’App gebeten, für Manis Seele zu beten. Da ich nicht bete, habe ich mich gestern abend für stilles Sitzen entschieden, und heute früh für diesen Blogeintrag.
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