Dieses Profil zum Beispiel ist von selbst entstanden, später habe ich die roten Linien dazugefügt. Als ich das Gesicht entdeckte, war der Rest des Bildes schon fast „fertig“, heißt: hatte die gewisse Ausgewogenheit, die einen befähigt, den nächsten Schritt zu tun oder noch ein weiteres Gebilde zu pinseln, das sich innerhalb seiner eigenen Mysterien im Raum bewegt. Oder wie bei einem Kind oder einem Tier, das man genug gehütet hat, um es verhältnismäßig unbesorgt in die Freiheit zu entlassen. Hier aber passte auf einmal das schon Erarbeitete nicht mehr zusammen mit dem Von-selbst Entstandenen. Wem die Führung überlassen? Ich entschied, dem Profil die Führung zu überlassen. Zuerst erschien es mir als ein eher männliches Antlitz, in einer andächtigen Haltung. Jetzt musste ich aber den Rest des Bildes umpolen, wodurch die weiblichen Züge mehr zum Vorschein kamen, da meine darunter liegende Architektur nun zum Haupthaargebilde des Wesens wurde. Mir gefällt diese hingegebene Haltung, die aus dem Inneren zu kommen scheint. Allerdings kann man den roten Faden auch als eine Blutspur sehen, was andere Sichtmöglichkeiten zulässt. Man muss erkennen, dass man selbst auch jedes Mal etwas anderes sieht, weil man immer den eigenen Zustand bedenken muss, mit dem man etwas oder jemanden betrachtet, und der die Wahrnehmung des Auges bestimmt. Die Entscheidung, diese Form des Bildes heute auf diese Weise in meiner eigenen Bildbetrachtung zu präsentieren, war geleitet von meinem Interesse an dem Phänomen des Fühlens. Worte wie „fühlen“ sind ja derart überbelastet im neuen, medialen Rausch und Reich der Redseligkeit, wo mal wirklich fast jede/r ein Fenster besitzt hinaus in die weite Welt, wohinein man bedenkenlos seine Meinungen schütten kann, weil man noch nicht dazu kam, die Folgen zu verstehen, und dass man Gaben des Menschseins auch missbrauchen kann. Nur: da ist eine Freiheit, die bedenkenswert i s t. Das betrifft vor allem einen selbst. Ja, was ist (das) Fühlen? In Indien zum Beispiel erlebe ich manchmal, dass ich mich gefühlsmäßig mit dem ganzen Dorf verbunden fühle, vielleicht durch eine schöne Musik, die wir alle gleichzeitig hören und die so oft und bei den meisten eine ganz gewisse Verbundenheit hervorruft, die die Einzelnen mühelos zusammenbindet. Es kann also auch die Verbindung mit dem Kollektiv sein, die einen gemeinsamen Freiraum erschafft, wobei das ziemlich viele Gefahren birgt, wie wir wissen. Genauso gefährlich kann allerdings auch die vorherrschende Beschäftigung mit dem eigenen Ich sein, so förderlich es auch für die notwendige Strecke sein mag. Irgendwann kommt die Bewegung auf, sich von der Selbstbetrachtung insofern zu entfernen, dass man den berühmten Schritt wagt in die , ja, wie soll ich das jetzt ausdrücken, wenn ich weiß, wie schnell ein Missverständnis auch in einem selbst entstehen kann, also in die Selbstbetrachtung an sich, die Betrachtung Selbstsein, das Selbst sich selbst betrachtend als das Ungeteilte, oder vielleicht auch gar nicht mehr aktiv betrachtend, sondern eher wahrnehmend drin sein im Unbestimmbaren. So, das war jetzt mal sehr kurz erfrischend in seiner eigenen Melodie, und hat natürlich leider gar nicht klären können, was ich ganz persönlich durch das Profil, siehe oben, fühle, aber da ist auf jeden Fall etwas, mit was ich mich verbinden kann. Verbundenheit. Vielleicht sogar Liebe.