Manchmal fallen einem dann die Worte auf, die man im Begriff ist, zu benutzen. Die Berührung mit dem „Entsagen“, womit wohl mal das Schweigen gemeint war, kam für mich über ein Telefongespräch mit einer befreundeten Afghanin, die mir vermittelt hat, dass sie trotz Hitze und ihren zwei kleinen Kindern dieses Jahr gerne „Ramadan“ „feiern“ würde. Ich bin gewohnt an den Ramadan-Monat der Muslime, denn der nächstliegende Ort in Indien, wo ich wohne, ist muslimisch und beherbergt eine der berühmtesten „Dergas“ der Welt. Und von einem muslimischen Wäschermann im hinduistischen Dorf, den ich sehr schätze, habe ich erfahren, dass man möglichst vor Ramadan die Reise nach Mekka antreten soll. Ich war zutiefst beeindruckt, als Shaafi und seine Frau die mühseligst gesparten und durch Bügeln erworbenen Scheine zusammenhatten, um diese gepriesene Reise zu machen. Danach war alles Wesentliche erledigt. Sein Bart wurde erstaunlich schnell weiß, und sein Bügeln erlöst in bestmöglichem, geistigem Zustand. Auch die Hindus sind Meister der Entsagung. Meist ist man auch nicht allein im Entsagungsprogramm. Die Lust am Entsagen schweißt vor allem auch geistig ausgerichtete Gruppen zusammen und erzeugt immer und immer wieder dieselben autoritären Strukturen, wo Menschen bereit sind, Entsagungen auf sich zu nehmen, weil oft auch ein exklusives oder elitäres Menschsein als Karotte vor die Triumphkutsche gespannt wird. Wohl dem/der, der/die durch die Erfahrung einer Lehre gehen kann, ohne den System-Denkern das eigene Denken zu opfern. Nun durchläuft also der Islam mal wieder die Ramadan-(Tor)tour. Den ganzen Tag, von Dämmerung zu Dämmerung, wenn schwarzer und weißer Faden nicht mehr zu unterscheiden sind also, wird weder gegessen noch getrunken. Da quält sich also eine riesige Masse von Menschen lustvoll durch den Tag, und ich hatte unsere befreundete Afghanin eigentlich im Verdacht, dass sie Ramadan zum Abnehmen praktizieren will. Merkt ja keiner und will keiner wissen, warum man es macht, denn jeder, der kann, macht das. Aber nein!, höre ich, ganz im Gegenteil!!! Wenn abends die Tortur vorbei ist, wird derart geschlemmt, dass die meisten zunehmen, und die Marktlücke bereits mit Abnehmprodukten unterwegs ist, damit man durch das Fasten im Ramadan nicht kräftig an Kilos zulegt. Man soll auch tagsüber nicht lügen und keinen Sex haben, das muss irrsinnig schwer sein. Der Gründer, der sich das alles ausgedacht haben soll, brauchte vielleicht nur mal eine Pause, wenn es stimmt, dass er so viele Frauen hatte, dass keiner sie ordentlich zählen konnte. Gegen das Pausemachen kann man nichts einwenden.
Auch in Taormina wird zur Zeit viel entsagt. Redefreiheit zum Beispiel. Da sitzen Menschen, die in der hohen Kunst der Diplomatie geschult sind. Der neue Papa aus Amerika aber macht schnipps!, und aus Diplomaten werden Kleinkinder, die dennoch einschätzen können müssen, wie gefährlich es sein könnte, dem Herrn Papa zu zeigen, was man wirklich denkt. Dear Donald, please go home and take care of your own business. We can manage quite well without you, grazie. Geht nicht. Ist viel zu gefährlich. Das Uneinschätzbare hat Einzug gehalten in die Weltarena. Man verlässt die antiken Stufen und kehrt heim zu sich. Man schweigt von dem, was nicht gewusst werden kann.