Zur Zeit wähle ich die Bilder, die meine Texte begleiten, aus einem Irgendwo, wo mich etwas anspricht. Bilder können Gefühle direkt ansprechen, eben mit der Bildersprache, die Auslöser sein kann für Tieferliegendes. Einer meiner infantilsten Wünsche war z.B. schon immer, dass jeder Mensch ein angenehmes Bett haben möge mit guten Kissen und warmen Decken, das macht schon viel aus. Und wenn ich erschöpft bin, dann kann ich erst einmal Ruhe finden auf so einem Lager, und dann danach weitersehen. Und trotzdem erschreckt (mich) das Bild dieses Lagers, denn es zeigt vor allem die beiderseitige Notlage, in der sich Menschen in extremen Situationen aufeinander einstellen müssen. Man ist nicht mehr der Mensch, der man gerade noch war, sondern man beginnt auf einem Bahnhof oder in einem Lager, oder wo auch immer es einen hinversetzt, dort beginnt man, die Wende der Zeit zu erkennen. Für uns alle ist Zeitenwende. Der Krieg in der Kornkammer ist zum Zeitzeichen mutiert, zum Beispiel im Sinne des Zusammenpralls von scheinbarer Macht und scheinbarer Ohnmacht. Behauptungen erweisen sich als unkalkulierbar, viel genutzte Quellen versiegen, Herrscher bedenken, wie weit das Ruder noch zurückgerudert werden kann, oder sie entscheiden sich für den tödlichen Ruck und deklarieren fortan die Lüge als Wahrheit. Man weiß ja aus eigener Erfahrung, wie gut das funktioniert, auch wenn es nicht immer um Leben und Tod geht. Oder geht es immer um Leben und Tod. Man muss eingestehen, dass man sich an solch einer Tatsache nicht Tag und Nacht festbeißen kann, denn auch dadurch würde dann der Realitätsverlust drohen. Das heißt man muss sie (die Realität) sein lassen, um ihrer gewahr zu werden. Dann kann man etwa die unzähligen Teilchen des Ganzen sehen, aus denen es zusammengefügt ist in konstanter Bewegung. Und während manche sich organisiert haben, um die Flüchtenden in vorübergehende Schutzstätten zu geleiten, planen andere die Möglichkeiten, weitere Vernichtungsorgien in Bewegung zu setzen. Ich hätte gedacht, mir verschlägt es zuerst die Sprache, also die Worte. Aber es waren die Bilder, die ich nicht mehr pinseln konnte, oder wahrscheinlich nur eine Weile nicht mehr kann, weil ich nicht mehr die leere Fläche zur Verfügung habe, aus denen meine Bilder entstehen. Da bewegt sich nun ein Krieg und mein Umgang damit, während der Kriegswagen unerbittlich voranrollt und manche brennenden Wünsche der Fordernden nicht beachtet werden dürfen, weil sonst der Flächenbrand ausbricht, den verständlicherweise niemand möchte. Und obwohl Deutschland eine führende Rolle im politishcen Geschehen zugedacht wird, denke ich, dass vor allem die Bereitschaft zur Aufrüstung den Gongschlag der Zeitenwende hervorgelockt hat. Klar, wer könnte wollen, dass wir nicht mehr verteidigungsfähig wären. Es gilt also tatsächlich, diese erlebte Ohnmacht im Angesicht des Erschreckens in die Verteidigung unserer Werte umzusetzen. Der Politwissenschaftler Richard Lebov meinte in einem Interview, Kriege drehten sich nicht mehr um Macht und Geld, sondern durch das Studium vieler Kriege sei er zur Erkenntnis gekommen, dass die meisten Kriege das Resultat von Kränkungen seien. Die Opfer sind Zivilisten. Und dass die angreifende Nation oft besiegt wird, das ist bei der vorhandenen Vernichtung kaum mehr eine erfreuliche Botschaft, sondern eher eine Warnung vor diesem gefährlichen, schwer gekränkten Mann.