Ich wollte die Entscheidung, am Sonntag immer einen Text einzufügen, der nicht von mir ist, auch in Indien beibehalten, und stieß zufällig“ gestern auf einen Kommentar, in dem jemand mir dieses Gedicht von Marie-Luise Kaschnitz zugesandt hatte, da ich einen einzigen Satz daraus einmal in einem früheren Beitrag gepostet hatte, ohne den Rest zu kennen oder zu suchen.
Ich hatte mich sofort entschieden, das vollständige Gedicht aufzunehmen, und dann war es mir entfallen. Es passt nicht so ganz in den Rahmen meiner gegenwärtigen Wahrnehmung, da ich mich in eher „paradiesischer“ Umgebung aufhalte, aber trotzdem findet das alles gerade statt auf dem Planeten, deshalb heute ihr Gedicht.
ICH LEBTE
Ich lebte in einer Zeit,
Die hob sich in Wellen
Kriegauf und kriegab,
Und das Janusgesicht
Stieß mit der Panzerfaust
Ihr die bebänderten Wiegen.
Der Tausendfüßler, das Volk,
Zog sein grünfleckiges Tarnzeug
An und aus,
Schrie, haut auf den Lukas,
Biß ins Sommergras
Und betttelte um Gnade.
Viel Güte genossen
Die Kinder,
Einigen schenkte man
Kostbares Spielzeug,
Raketen,
Andern erlaubte man,
Sich ihr eigenes Grab zu graben
Und sich hinfallen zu lassen tot
Zu den stinkenden
Schwestern und Brüdern.
Schwellkopf und Schwellbauch
Tafelten, wenn es bergauf ging,
Zander und Perlwein.
Die Erdrosselten saßen
Die Erschossenen mit am Tisch
Höflich unsichtbar.
Um den Himmel flogen
Selbständig rechnende
Geräte, zeichneten auf
Den Grad unsrer Fühllosigkeit
Den Bogen unsrer Verzweiflung.
In den Sperrstunden spielten
Abgehackte Hände Klavier
Lieblichen Mozart.
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Ich habe nachgeschaut, ob die Anfangsbuchstaben wirklich immer groß geschrieben werden, und manchmal denkt man, ob es wohl so sein kann, aber es kann.
h Dezember 6, 2016
… Toll, dass du das Gedicht rein getan hast. Ich Hanb es laut gelesen. Man () muss es laut lesen …