Es hat mich immer mal wieder durch meine Verbindung zum indischen Leben fasziniert, dass der indische Psychoanalytiker Sudhir Kakar einmal in einem Artikel erklärte, dass die psychologische Arbeit in Indien (dringend gebraucht!) vor allem erschwert wird dadurch, dass Therapie eines Hindus nur in Einbeziehung der Götter möglich ist, und dass genau in diesem Zusammenhang dem Ich und seiner Geschichte möglichst wenig Aufmerksamkeit geschenkt werden soll, und das als ‚mäh‘ ausgesprochene Ich als unangenehm empfunden und verlacht wurde wegen seiner Klangähnlichkeit mit dem Ziegengemecker. Das sind noch Nachrichten aus der alten Schulung, der man einige tausende von Jahren zugestanden hat mit ihrem Wissen, hoch angelegt und schwierig genug zu manifestieren, zu dem sich in ruhigem Strom und meist ohne großes Aufsehen Menschen aus dem Westen gesellt haben, um die offensichtlichen Geheimnisse dieses Wissens selbst zu erproben. Ja, das Selbst. Natürlich ging es auch darum, das Selbst zu erforschen, nur verstand man die persönliche Story als etwas, das eher aus Illusionen zusammengebastelt ist und notgedrungenermaßen zu einer falschen Einschätzung des Ichs führen muss, da es der genaueren Wahrnehmung der eigenen Quelle gar nicht entspricht. Daher wurde auf verschiedene Weisen geraten, all das so schnell wie möglich zu vergessen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren (wie Z.B. die Beruhigung, Erfassung oder gar Einstellung der Gedanken, um mit der wahren Essenz in Berührung zu kommen und sich dort auch aufhalten zu können.) Nun hat in Indien vor allem die digitale Revolution eine krasse Entwurzelung des kollektiven Einvernehmens hervorgerufen, was die Weltsicht betrifft, und man kann bei aller Notwendigkeit des Vorgangs nur ahnen, was der nun aus dem großen Fürsorgenetz der Familienverbünde, der Götterwelten und der Glaubensstätten herausgefallene Gläubige nun alles erleben wird, wenn die Asche, die sich hier im Verborgenen sammelt, nur noch aus sich selbst besteht. Hier kann immerhin die Möglichkeit einer Phönixgeburt erwähnt werden, man kann ja nie wissen. In den indischen Schriften selber geht es allerdings erst einmal steil bergab. Schon vergleicht man Narendra Modi mit Hitler, und Modi macht keinen Hehl heraus, dass es ihm um Vertreibung und Vernichtung der Muslime geht undsoweiter. Nun haben wir ja, beinahe hätte ich gesagt ‚zum Glück‘, Hitler schon hinter uns, und erst die Generationen, die gerade neu unterwegs sind, wirken etwas unbelasteter, oder fühlen sich nicht mehr als Nachkommensfinsterlinge. Diesem Geburtsmakel konnte man im besten Fall entfliehen, indem man das verruchte Land verließ. Und Freud war auch schon ‚damals‘ unterwegs und widmete sich auf seine Weise den unerschöpflichen Abgründen des Menschseins. So blieb auch mir als Indieneingeweihte nichts anderes übrig, als mich d e m zu widmen, was hier im Westen an Wissen angesammelt wurde, nämlich genau die Erforschung des Ichs und seiner schwer zu enthüllenden Muster, die durch Verletzungen oder Missbrauch u.s.w. den persönlichen Strom des Lebendigen blockieren. Nun ist allerdings, der kosmischen Logik folgend, hier im Westen das östliche Erbe unaufhaltsam eingezogen, denn wir haben es mitgebracht, und es ist außerordentlich hilfreich als Hinweis auf Stille und Ruhe des Beisichseins, das als wesentlicher Spielraum dazugekommen und dessen Wirksamkeit durchaus zu erleben ist und den notwendigen Blick in den inneren Spiegel um einiges erleichtert.