glauben

In meinem Freundeskreis wurde ich scherzhaft darum gebeten, ich möge dieses Jahr bitte nicht weiterhin irgend etwas über Jesus ergründen wollen, was eh unergründbar bleibt in letzter Konsequenz (doch was heißt das?). Und natürlich kann ich das nicht versprechen oder gar beeinflussen, denn auch wenn ich den Geschichten des berühmten  Schicksalswanderers entfliehen wollte, wäre es nicht möglich, weil es ganz offensichtlich in der Gemeinde der christlich Gläubigen unüberspringbar ist. Auch von Indien kenne ich die Selbstverständlichkeit, mit der das Geglaubte immer wieder neu durchexerziert wird, und dass es ein unausgesprochenes Tabu gibt über die Fragen, die zu stellen erlaubt sind. So, als müsste man es nur auf eine bestimmte, vorgeschriebene Weise verstehen und es darf daran nicht gerüttelt werden. Und so werden die historischen Projektionen auf den Leidensmann immer wieder neu eingestampft in die allerdings stark ermüdete Bereitwilligkeit der Gemeinde, die, durch heftige Schockwellen getragen, sich (auch wieder mal) an den aktuellen Geschehnissen der Geschichtsverwalter (Priester) abarbeiten. Fürwahr, da ist weder Leitstern noch Licht zu sehen, sondern beklemmende Finsternis, die über den Wiederholungen flimmert wie ein Tanz der Gespenster. Auch die Zeitungen fühlen sich ja verpflichtet, den unsterblichen Anekdoten Rechnung zu tragen, und so wird auf dem Titel der neuen ‚Zeit die Glaubensfrage angesprochen und ob das geht, ein Leben ohne Glauben, Fragezeichen. Nicht, dass etwa meine nüchterne Antwort ’na klar geht das, warum sollte denn das nicht möglich sein‘, hier im Vordergrund stehen soll. Andrerseits, warum nicht. Als zum ersten Male der Satz ‚ich glaube an gar nichts‘ sich aus meinem Mund löste, war ich selbst wie erschrocken über die radikal erscheinende Wucht des Satzes. Und natürlich fällt mir auch auf, wie oft (noch) ein Satz mit ‚ich glaube‘ sich formuliert, und natürlich geht es auch hier um das akzeptiert Ungewisse, denn auch wenn ich glaube, dass es morgen regnet, ist auch der Wetterdienst nicht die letzte Garantie oder Autorität, denn wie häufig irren sie sich in der Prophezeiung. Als die Gedanken dann heute doch wieder um die gräßliche Geschichte kreisten, hörte ich auch zum ersten Mal davon, dass es sieben vermerkte und in die Ewigkeit verbannte Sätze gibt, die er, eben Jesus, am Kreuz noch von sich gegeben haben soll, das weckt wieder mein Interesse.  Wir kennen ja alle die Flaschenpost, die hauptsächlich dadurch lustig wird, dass man sich darauf verlassen kann, dass ein geflüsterter Satz, immer wieder weitergegeben in das nächste Ohr, keine Chance hat, heil zum/r Satzeingeber/in zurückzukehren, und herzliches Lachen folgt auf die verrücktesten Missverständnisse. Aber hier: sieben Sätze, die makellos und unanfechtbar direkt vom Kreuz herunter zu uns gekommen sind und immer noch kommen, damit wir wissen, dass (auch) er verlassen wurde vom Vater, wo er ihn am meisten gebraucht hätte. Aber nix!, kein Wunder, kein Robin Hood, der (oder eine Amazonenhorde, die zufällig vorbeireitet und dem schrecklichen Tun Einhalt gebietet) der also mit seinen Jungs dort auftritt und Klartext spricht. Aber welchen Klartext. Für die gaffbereite Menge ist jeder beliebige Leidtragende oder Schicksalsbetroffene nur ein weiterer Beweis, dass es ihm selbst nicht passieren kann oder würde. Da wird halt der Andere, vermutlich rechtmäßig, in die Kniee gezwungen, bis er halt nicht mehr atmen kann. Und wieder ist einer an der grenzenlosen Dummheit und an dem, was da zur Zeit geglaubt wird, zugrunde gegangen.

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