Ist es nicht das, was wir tun?, bewusst oder unbewusst: wir bezeugen das Ganze während der Dauer unseres Aufenthaltes durch unsere Anwesenheit. Besser als irgendeine dieser indischen Ideen, bei denen sich z.B. ein Gott daran erfreut, sich durch alles sichtbar Gewordene mannigfach zu erleben, gefällt mir der Gedanke und zeitweilig auch das Erleben, einfach ein Ausdruck des universellen Geschehens zu sein, selbstverständlich immer als das, was ich bin, als wer sollte ich sonst unterwegs sein. Daher setzt sich auch, früher oder später, durch die Freude des eigenen Seins und die konsequente Annahme jeglicher Verantwortung dafür, die Erfahrung des Spielfeldes durch, auf dem wir als uns selbst agieren. Meine Dankbarkeit Indien gegenüber ist ziemlich unbegrenzt. Zeilen in einem Gedicht von Rose Ausländer, die mir zugesandt wurden, beinhalten ihre Frage an sich, wer sie sei, wenn sie nicht schreibt. Was man nach eigenem Gutdünken in sich fortsetzen kann: wer bin ich ohne Himmel, ohne Worte, ohne Musik, was bin und wäre ich ohne Indien. Es ist ja nicht so, dass man andere Länder besser verstehen kann. Aber Indien lehrt einen eindeutig die Grenzen des Verstehens, und dann vielleicht auch noch die Begrenztheit der Grenzen. Man denkt, dass es nicht geht, aber es geht. Was gibt es nicht alles zu verstehen, und dann doch wieder nicht.Wer sagt, es kann verstanden werden. Die Durchgrübeleien der Details führen nicht automatisch zum Ganzen. Auch muss das Spiel Dynamik und Rhythmus und Widersprüchlichkeit haben, damit auch die Inhalte den Strom in Gang halten können. Dieser Strom der permanenten Veränderungen! Keine Sekunde dasselbe Bild, kein Eindruck so beständig, wie er erscheinen mag. Ein trefflicher Ort scheint mir das Bezeugen des Stromes zu sein. Ich wähle die Mittel, die mir zur Verfügung stehen für meinen Ausdruck, oder wählen sie mich und mein Auge? Das wirklich Gute an der Sache ist, dass das Erfahrene ohne die direkte Liebe des Blickes das Erträgliche leicht übersteigen kann, da hier auch die Freiheit und die Verantwortung der Wahrnehmung an sich liegen. In diesem Sinne bin ich so etwas wie die von mir bezeugte Wahrnehmung des Seins, das keinen aus dem eigenen Schicksal entlässt. Der Zugang ist frei. Wichtig sind Orte, wo der uneingeschränkte Blick sich entfalten kann, und das uneingeschränkte Fühlen. Wo man sich wieder dem Sein überlassen kann, das einen hervorbringt.