Wenn man es einmal gleichzeitig tiefernst und humorvoll meinen will mit der Frage, wer einen eigentlich was angeht, so könnte man durchaus sagen: alle. Also im Sinne, dass wir alle gleichermaßen am Herumtüfteln sind mit diesem unauflösbaren Geheimnis unseres Aufenthaltes auf einem Planeten, den wir ein paar Jahre durchwandern, leider niemals überall hinkommen, wo die Anderen ihre Hütten und Häuser und Villen gebaut haben. Trotzdem kann man ganz gut rumkommen und einen Eindruck empfangen von der gigantischen Vielfalt, die es einerseits interessant macht, den Mitmenschen überall zu begegnen, aber andrerseits werden wir auch durch ihre oder unsere Entscheidungen ins Fassungslose transportiert, und der Kampf mit Göttern und Dämonen ist unausweichlich. Daher haben vor allem die Religionen Tricks erfunden, wie man mit dem ganzen Zauber umgeht, und noch hat jeder absurde und jeder erhabene Gedanken Followers gefunden. Hier in Indien hat der Buddhismus das Mitgefühl für alle lebenden Wesen in den Vordergrund gestellt, während ich von Hindus früher oft erzählt bekommen habe, man solle alle mit Respekt behandeln, da man nie weiß, ob sich hinter der Maske des Bettlers nicht ein uns testender Gott verbirgt. Kommt nun aber die Zeit, wo der Mensch sich immer mehr allein fühlt unter den Anderen, da wird guter Rat tatsächlich sehr teuer, denn es sind vor allem im Westen die Therapeuten und Therapeutinnen, bei denen die Nichtgehörten und Nichtgesehenen Schlange stehen und auch da oft keinen Platz finden. Das indische Leben in Großfamilien ist so extrem schwierig, dass sich sehr viele Familienmitglieder in eine Dumpfheit hüllen, die es ermöglicht, einigermaßen reibungslos durch den Tag zu kommen. Alle Frauen, die ich kenne, wissen, dass es ihnen unbedingt gut gehen muss, denn niemand kann sich wirklich kümmern oder sorgen um ihre Befindlichkeiten. Es gibt Ausnahmen, aber sie sind eher selten. Tatsächlich hat man in unserer Zeit den Eindruck, dass vor allem Smartphones gerade rechtzeitig gekommen sind, um die immense Überforderung oder die bedrückende Leere des Geistes aufzufangen, und nun liegt vemeintliche Hilfe in Reichweite, und man hat seine oder ihre eigene Welt, in die man hineinsteigen kann. Und wahrlich, da geht es ja auch um die Anderen, man kann ihnen zuschauen beim Durchackern des Daseins, und natürlich bekommt man auch Anregung, eben aus dem Virtuellen statt aus dem Direkten. Die Bücher, in denen eigentlich schon alles steht, wie man gut mit sich und den Anderen umgeht, sind m.E. alle geschrieben worden, als die Welt noch nicht aus allen Nähten platzte von all den angebotenen Ablenkungsmanövern. Als ich mich „damals“ in einem kleinen Tempel in der Wüste niederlassen wollte und Erlaubnis dafür brauchte vom Mahant (Boss) der Bruderschaft (der Naths), meinte Kailash Nath, man solle mich ruhig lassen, ich würde es eh nicht schaffen, denn selbst Mönche wüssten nicht mehr, wie das geht: ein Feuer am Leben halten. Es war Sahne des Daseins, denn ich hatte einen festen Platz, und jede/r, der wollte, konnte kommen, es war ja öffentlich. Die Gaben, die sie brachten, waren nicht für mich, sondern für den Tempel, das war perfekt. Kein Geld war involviert, aber als es ihnen am Feuer gefiel, brachten sie auf jeden Fall immer mehr Essbares, das war hilfreich. Vor allem hatte ich Zeit, Zeit zum Schweigen und Zeit für lange Gespräche. Natürlich fällt mir nun auf, dass ich das immer noch habe, und jetzt bedanke ich mich mal ins Irgendwo hinein.