herz-eigen


Schon ein paar Jahre hängt an meiner Tür aus Glas ein starkes Stück Papier, auf dem steht, von außen lesbar „Wortfindungsamt“, und nach innen „Sprache für die Sprachlosigkeit“. Es fällt mir nicht schwer, für dieses Amt zu arbeiten, da ich die Worte selber zusammengeklaubt habe, um meiner Lebensart wieder mal eine Facette Beruflichkeit mehr dazu zu fügen. Das Wort und seine potentiellen Möglichkeiten spielen in meinem Leben eine kreative und reichhaltige Rolle. Worte haben mich auch aus den Tiefen der Nacht herausgerufen und wieder hineingeleitet und hindurchbegleitet, sodass ich das Dunkel nicht so sehr als eine Finsternis empfand, sondern eher als eine Prüfung für starke Gemüter. Was wird einem nicht alles zugemutet, bis man den Wert der Zumutung erkennt und damit die Beschaffenheit des ureigenen Schicksals, dessen Seinsdichte von keinem Anderen genutzt und benutzt werden kann. Die Würde des Menschen ist in der Tat unantastbar, auch wenn sie oft genug antastbar erscheint. Die Worte sagen aus, sie erschaffen Bilder und Geschichten mit einer Schnelligkeit, die keine Maschine toppen und stoppen kann. Was Maschinen können, kann ja auch aus einer bestimmten Perspektive her ziemlich lächerlich sein im Vergleich zu den endlos sich kombinierenden Wundern, die allein das Bewusstsein täglich unter Menschen hervorbringt. Man geht ja oft davon aus, dass alle ihren Wortschatz beieinander haben und  damit ihre herz-eigenen Auftritte choreographieren können, aber nein, was ich geschrieben sah, hieß gar nicht „herz-eigen“, sondern herzeigen (zeigt her eure Füße usw). Mir wurde hier also genau das richtige Wort, wenn auch in meinem Sinn, zugespielt, das ich brauchte, um zu sagen, dass eben nicht alle Menschen ihre herz-eigene Sprache haben und damit ihren eigenen Ausdruck, sondern oft fehlen einem die Worte. Man kann sie in sich selbst suchen und muss sie nicht erfinden, denn sie sind da. Nun gilt es und gelingt nur über das Fühlen, Wort und Bild zusammen zu fügen, sodass die atmosphärische Struktur des Raumes ein angenehmes Beieinander zulässt. Dass Sprache und Liebe zusammen unschlagbar sind, lässt sich nicht bezweifeln. Und obwohl sich auch nicht bezweifeln lässt, dass die stillende Ruhe der Liebe wesentlich ist, so ist das Suchen und Finden der Worte, um einander das Verborgene sichtbar zu machen, der andere Teil des Wesens. Wer fühlen will, muss nicht unbedingt reden, aber wer wissen will, was gefühlt wird, kommt um das Wort nicht herum. Nicht immer muss man auch wissen wollen, aber man braucht unbedingt eine Sprache für die Sprachlosigkeit. So konnte ich schon am frühen Morgen durch einen flüchtigen Blick , der sich von selbst konzentrierte, als er in einem Glanzmagazin, dass mir zum Durchschauen gegeben wurde, auf das Wort traf und es meinem Wortschatz hinzufügen konnte: herz-eigen. Es empfiehlt sich also, den Augen zu trauen. Die Blumen auf dem Bild, die gerade bei uns ihre Pracht entfalten, stehen für das Wort: schön.

 


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