schalthebeln

Der sogenannte „Wahlkampf“ könnte einen ins Grübeln bringen, und das wäre noch aktiver als nicht mal grübeln zu wollen. Schließlich weiß man ja, dass man dann mitgewählt hat, wenn die Sache gelaufen ist. In der Zwischenzeit, wann immer die stattfindet, ist einiges ausgehebelt worden, was zuvor ziemlich stabil schien. Annalena Baerbock ist, egal wie man es sonst noch sehen möchte, über den Herrentisch gefegt worden und ist jetzt da, wo alle sie haben wollten. Nichts leichter, als an Biografien an einem bestimmten Punkt herumzupobeln, da kommt auf jeden Fall was bei raus. Trotzdem kann man natürlich weiterhin die Grünen wählen, schließlich sehnen sich auf einmal alle nach dem Klimawandel und möchten den Nachkommen keinen toten Planeten hinterlassen, auf dem man jede Form der Niederträchtigkeit ausprobiert hat, und natürlich auch das Gegenteil, wie immer man das nennen wollte. Erstaunt hat mich am Wahlzettel, dass Sahra Wagenknecht auch wieder im Rennen ist, oder ist sie als Glanzpferd nie ausgestiegen? Bei ihr könnte man die Frage, die Bernd Ulrich neulich in einem wunderbaren Artikel über Angela Merkel stellte, nämlich: kann man an der Macht ein guter Mensch sein?, diese Frage also könnte man einengen mit: kann man in der Politik (als Frau) gleichzeitig superklug und schön sein, denn das muss man Frau Wagenknecht lassen.  Ich finde, man sollte einfach mal zur Abwechslung zuschauen dürfen, wie die Grünen und die Linke sich auf der Politbühne verhalten oder bewähren. Ansonsten regt sich keinerlei Freude innerlich zum Kreuzesetzen, und Laschet, der mal Mensch spielen wollte und fast damit punktete, erscheint jetzt mehr wie ein gerissener Hund. Und die, die das alles irgendwie anders gemacht hat, die geht in ein paar Tagen. Es freut mich zutiefst über mein eigenes Schicksal, dass ich in der Zeit ihrer Regierungsführung  eine Frau an der Weltspitze des politischen Geschehens wirklich wertschätzen lernen konnte. Und natürlich gab’s da Grenzen und die üblichen Widersprüche, aber dass jede/r tut, was er oder sie kann, das gilt auch für Frau Merkel. Nur, dass das, was sie konnte, sichtbar wurde. Ein Satz, der mir auch in dem glänzenden Beitrag von Ulrich gefiel, war, sie hätte „all das Männer-Theater wegegeatmet“, eine sehr feine und brauchbare Anweisung für Frauen, die viel von männlich Kollegen umgeben sind in ihrem Wirkungskreis. Man kann mal locker durchschaudern, dass sich vielleicht vieles, was man für grundsätzlich wandelbar hält, nie wirklich wandeln wird. Daher ist es durchaus angebracht, sich von den Ketten der Hoffnung bewusst zu befreien und Raum zu schaffen für reale Möglichkeiten. Auch für das Erkennen realer Möglichkeiten braucht es allerdings wie für alles andere ein Training bzw. einen Trainingsboden, wo man ausprobieren kann, ob man tatsächlich versteht, was man denkt und fühlt und tut. Unerbittlich führen alle Wege zur Honigwabe hin, und obwohl sich dort der Honig sammelt, enthüllt sich genau am erreichten Ort die vollkommene Flüchtigkeit der Zeit. Nichtsdestotrotz steht dem Genuss an der surrealen Qualität der Vorgänge nichts im Wege. Ich wende mich also getrost meinem eigenen Wahlomat wieder zu, denn der Nu hält ja nicht an, und die Schalthebel zittern lebendig vor sich hin.

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