Neues

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Wo Neues aus der Asche steigt,
steigt nicht immer der Phönix auf,
sondern veränderte Menschen, oder
Gebäude und schwer Erkennbares
zwischen Gutem und weniger Gutem.
Wo ich zurückhalte meines Herzens
Einsatz, möchte ich nicht, dass Krater
entstehen. Doch auch das Möchten
liegt oft nicht in der Hand. Ob ein Kind
gesehen wurde oder nicht, das allein
kann es auch nicht erklären, nämlich,
dass manche glänzen im Staub der Erde,
und andere verstummen im Schatten
von vielversprechendem Schicksal.
Auch ob ein Mensch  einen anderen
scheinbar versteht, sagt nicht viel aus
über die Liebe. Wir alle tragen Bilder
im Herzen, und unsere Ichheiten
kommen aus vielen dunklen Ecken
hervor und entwickeln im Licht erst
das Ihre. Ist es das Nicht-Wissende,
was sich hier sagen will, das Stillwerden
unter freundlichen Augen, das mich
anspricht? Damit die schwebende
Zartheit im Schutz überlebe?

Mani

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Gestern abend habe ich aus Indien  die Nachricht bekommen, dass Mani am Samstag um 5Uhr in der Frühe in Gujarat im Krankenhaus gestorben ist, 5 Tage nach einer Operation, von der alle in der Familie wussten, dass sie lebensgefährlich sein kann. Er war  35 Jahre alt und der kleine Bruder eines guten Freundes von mir, sodass ich Mani’s Lebens-und Leidensgeschichte ganz nah miterleben konnte. Letztes Jahr habe ich viel Zeit mit ihm verbracht. Seine Familie kennt mich seit langem, daher konnte ich im Haus ein-und ausgehen und Mani besuchen, wann ich wollte. Er ist in seinem kurzen Leben fast immer nur krank gewesen. Als kleines Kind fiel er in einen kochenden Topf Milch, dann versagte die Niere und da er ein Sohn wohlhabender Brahmanen war, konnte unter abenteuerlichen Bedingungen eine Niere aus Pakistan beschafft und eingepflanzt werden. Beim Erwachen nach der Transplantation bemerkte er, dass er nichts mehr hören konnte. Zwei Jahre lief er in der Familie und im Familienbusiness ohne Hören herum. Von ihm weiß ich, dass es in seinem Kopf nicht leise war, wie man vermutet, sondern auf eine bestimmte Weise sehr, sehr laut. Er bekam ein spezielles Gerät in den Kopf operiert , denn vor allem sein Bruder fand, dass er zu jung war, um taub zu sein, wenn es eine Lösung gab. Diese Lösungen waren unglaublich teuer, und einem ärmeren Menschen wäre vieles mit diesem Schicksal nicht mehr möglich gewesen. Ich erlaubte mir seinem Vater gegenüber öfters mal den Scherz, was für einen teuren Jungen er da hatte, denn auch er stöhnte manchmal leise unter der Last. Alles Gold floss hin zu Mani. Alle wussten auch, dass er nicht alt werden würde, doch keiner wusste, wann die Grenze erreicht war. Mani selbst wollte noch 10 Jahre leben, sagte er mir noch im März. Die Familie hätte gerne gesehen, dass er zu den heiligen Schriften greift, sozusagen als Vorbereitung auf das Kommende. Auch sein Bruder dachte, ich könnte ihm vielleicht die Bhagawad Gita , die ich schätze, nahelegen, aber Mani war sauer auf alle Götter, denn er fühlte sich nicht gut behandelt von ihnen. Wir haben viel zusammen gelacht. Ich habe ihn bewundert für seine Durchhaltekraft. Die Vorstellung hat Grenzen, zum Beispiel da. Nach dem Hörgerät hatte er noch Gelbsucht, irgendwann noch eine Lungenentzündung, und immer geschwollene Beine und Füße. Dann, letztes Jahr, kam der Leistenbruch. Der Arzt warnte vor der Operation, für die er sich, wie ich höre, jetzt doch entschieden hat, da er den Zustand nicht mehr aushalten konnte.
Erst dachte ich, ich kann gar nichts fühlen…dann, langsam, breitete sich eine tiefe und weite Traurigkeit aus, die wohl zuerst ankommen musste, bevor die Erleichterung folgen konnte, dass er, sei er auch noch so jung, nun von seinem Leid auch erlöst ist. Ich konnte dann zum Glück beim Frühstück darüber reden, über ihn und unsere vielen Begegnungen, er wurde sehr präsent im Raum, und wir stellten ein Licht für ihn auf. Das Photo von ihm habe ich auch gefunden. Sein Bruder hat mich über What’App gebeten, für Manis Seele zu beten. Da ich nicht bete, habe ich mich gestern abend für stilles Sitzen entschieden, und heute früh für diesen Blogeintrag.

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Lord of Tofu

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Lord of Tofu. Diese drei Worte lese ich tatsächlich in unserem Kühlschrank auf einer Packung Tofu. Irgendwie beschäftigt es mich und ich gehe extra nochmal hin und überprüfe, ob ich meinen Augen trauen kann, also ob ich richtig gesehen habe. Ja, habe ich. Es ist offensichtlich der Firmenname eines Tofu-Himmelreiches, in dem der Beste der Tofus ein Gott ist, eben Lord Tofu. Neue Welten entstehen mit neuen Begriffen, alle sind beschäftigt mit ihren Navigationsgeräten. Ich habe zum Beispiel eine kleine Liste angefangen, wo ich Worte aufschreibe, die ich vorher noch nicht gehört habe, wie : Seelenechoraum -Pferdemobbing – Weltuntergangsmeise – fußnotenselig – Zeigefingertrottel – Gattungs-Erschütterer – Weltabbildungkrampf  – Blößenwahn – Schwellen-Schwafler – Gemütlichkeitsfalle – und was auch immer dazukommen wird…..Ich weiß auch, dass „geil“ inzwischen „prima“ heißt, wann und wie auch immer der Transit geschehen ist…..aber Lord Tofu! Wäre ich nicht schon auf unumkehrbarer Bahn nahrungsmäßig im Vegetariertum angesiedelt und etwas nachgereift durch Jonathan Foers großartiges Buch „Tiere essen“, dann…..nein nein, ich kontrolliere schon die Vorstellung eines herzhaften  Bisses in die Schöpferhaxe des Logoherstellers von Lord Tofu, klar!  Aber sie sind schon ganz schön unheimlich (in meinem Sinne), die Dinge, die sich überall wie selbstverständlich einnisten, als wäre man in Gefahr, den Lingo der Zeit und seine Neudeutungen nicht zulassen zu können. Kann ich auch nicht. Wie konnte es zu Lord Tofu kommen, lasse ich da meinen 037 Agentinnen -Aspekt herumrätseln. Vermutlich, kombiniere ich, ahnen und fürchten und erfahren zur Zeit sehr viele Menschen, dass von ganz da oben nicht mehr so viel Anweisung kommt (gab es sie jemals?), sodass nun der arglose Tofu (alle Dinge sind an sich leer und bedeutungslos) herhalten muss. Wahrscheinlich aber ist es viel einfacher bzw. viel schlimmer als das, und der Lord-Tofu-Schöpfer weiß einfach, wie er seine Schäfchen zahlreich zum Tofu kriegt.

Das Bild ist von H. Robert und war mal meine Geburtstagskarte. Es hatte damals einen humorvollen Kontext, wobei es auch hier ganz gut passt.

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„Die Welt der Klagen“

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(aus: „Altägyptische Dichtung)

Verhärtung des Herzens ist entstanden.
Bedrängnis ist auf allen Wegen.
So ist das Unheil nicht vorbeigegangen,
solange diese Götter in ihrer Mitte waren,
und der Same hervorging aus den Menschenfrauen.
Man kann sie jetzt nicht auf dem Wege finden,
denn Handgemenge ist aufgekommen, und vertrieben
sind sie durch das Unheil, das sie entstehen ließen.
Es gibt keinen Lotsen zu ihrer Stunde –
wo ist er denn heute?
Schläft er etwa? Man sieht ja seine Macht nicht!
Als ich in Trauer war, konnte ich dich nicht finden.
Man kann dich nicht anrufen, bist du doch frei von
Zorn dagegen. Strafe des Herzens ist das!
Die Empörer aber, die im Munde aller Leute sind,
jetzt ist die Furcht vor ihnen größer
als vor Millionen von Menschen.

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(War es schon immer so?)

Ich bin eine Gegnerin des Satzes „das war doch schon immer so“, zB. manche gut, manche nicht gut, manche oben, manche unten, oder Pest und Cholera und Aids und Ebola usw., oder Erdbeben und Überschwemmungen und Kriege, oder Frauen im Haus, oder Tiere essen…Schon deswegen war es nicht schon immer so, weil ich gerade hier bin und es selber erfahre, auch das nur vorübergehend, aber natürlich für jede und jeden die einzig interessante Variante des Geschehens. Mir kommt es auch so vor,  dass alles, was auf der Erde erscheint, einerseits gewissen unverrückbaren Gesetzmäßigkeiten unterliegt, andrerseits denke und erfahre ich, dass es frei gestaltbar ist und die Beweglichkeit des kreativen Raumes durchaus gegeben. Das scheinbar Grenzenlose wird allerdings eingeschränkt durch Denken und Verhalten der Menschen miteinander. Man denkt ja gerne, man wüsste, wie es besser ginge, bis man merkt, dass alle Anderen auch so denken, was dazu führt, dass einige mal wieder rauskommen auf die Straße, um Pokemon-Monster zu fangen, und andere die Trümmer ihrer Existenz zulassen müssen, da sie davorstehen und es weder Ausflucht noch Ablenkung mehr gibt. Wie weit kann Fühlen geschult und gelernt werden, und wie weit kann es sich ausdehnen – bis in die Schattenreiche!(???) Man scheut sich, das, was man sieht, noch ein Spiel zu nennen, so als wäre der verhältnismäßig harmlose Räuber aus dem Kasperletheater schon lange abgetreten und ersetzt durch einen, den man nicht mehr verstehen kann und will. Das Blut, das unter den Türen hervorquillt, die sterbenden Kinder in Wüste und Wasser. Wenn all das also immer schon war….die Kriege, die Dummheit, das mangelnde Lernen von Fehlern, das Gebaren der Macht, die Verseuchung der Nahrung, der Eingriff in die genetische Struktur… na dann ist es…..Zeit?….. um…….? Hier kann man sich, wenn man möchte, weiterhin an eigenen Gedanken erfreuen.

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Von Halmen

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Alle Grashalme zeigen irgendwo hin,
sagte ein Kind, und alle Winde auch,
und Mut führt zur Seepferdchenprüfung.
Kutschen fahren uns von Lichtung zu Lichtung,
Kobras tanzen das hohe Ai, ein Ton zwischen
Wahrheit und Dichtung. Endlich stehen wir
an dunklen Brunnen, die Geheimtore sind,
mit unseren implodierten Herzen, erfüllt mit
der Ahnung von unglaublich Schönem.
Von weither hört man Schneestilzchen sagen:
Ach, wie gut, dass nunmehr jeder wissen darf,
dass mein Name Rumpelwittchen war! Jetzt, wo
um den Märchenwald wieder eine große
Rosenhecke blüht, die uns Liebende beschützt
vor dem grauenvollen Sog des Schlafes.
Nun erhält die Welt den Nektar unserer Sagen.
Stummfilmstreifenartig tönt die Stille durch
die Menschenstraßen: Seh-Sam! Seh-Sam!
Öffne dich!

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Nun noch zu einem anderen Halm, der oben rechts abgebildet ist: der Strohhalm. Eigentlich ist es gar kein Strohhalm, denn der Halm ist aus Plastik, also ein Plastikhalm, obwohl alle ‚Strohhalm‘ dazu sagen. Bittet man z.B. einen Ober um einen Strohhalm, dann bringt er einem mit Sicherheit einen aus Plastik. Wahrscheinlich gibt es die „richtigen“ Strohhalme aus Stroh gar nicht mehr. Nur im Sprachgebrauch kommt er noch vor, wenn Menschen sich „an einen Strohhalm klammern“, also ‚in der kleinsten sich bietenden Möglichkeit noch einen Hoffnungsschimmer sehen‘ . In diesem Sinne kann alles in der Welt zum Strohhalm werden. Die Welt als Strohhalm. Warum der Strohhalm als Symbol?, frage ich mich. Der Strohhalm dient zum Saugen, und die Geste sieht von außen aus, als gäbe der Halm Halt. Aber er knickt leicht ein, weshalb die modernen Exemplare oft gerippelte und biegsame Stellen haben, die beim Saugen nachgeben. Das macht sie zwar beweglicher, aber auch sie bieten keinerlei Halt. Daher ist es förderlich, aus nichts und niemandem einen Strohhalm zu machen.

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Racky

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In der Tat gibt es viele Arten und Weisen und Möglichkeiten und Wege zu lieben, und sicherlich hat es ganz viel damit zu tun, dass die eigene Flamme im Herzen durch Menschen entfacht wird oder erweitert oder ermutigt, die Grenzen des eigenen Ich-Gefühls zu dehnen, womöglich ganz weit über einen Tellerrand hinaus, der meistens auf eine (oft auch berechtigte) Angst hinweist, zB sich bedroht zu fühlen durch fordernde Bedürfnisse eines anderen Menschen usw… denn wer hätte nicht darüber nachgedacht und vielleicht auch das Glück gehabt, unterscheiden zu lernen zwischen dem einen, was es ist, und dem anderen, was es eher nicht sein kann. Mit Racky, Tochter einer Frau aus Guinea, mit der ich befreundet bin, verbindet mich nun etwas (für mich) ganz und gar Mysteriöses, nämlich die Erfahrung der Liebe  mit Lauten und Tönen, aber nicht mit Worten. Racky ist 10 Monate alt und eine Persönlichkeit. Ihre Mutter strahlt die ganze Macht und Würde eines Stammes aus, von dem sie allerdings vertrieben wurde, da sie trotz ihres begonnenen Studiums an der Universität von ihrem eigenen familiären Umkreis nicht als vollwertige Frau anerkannt wurde, da sie sich weigerte, beschnitten zu werden. Ich erlebe durchaus als eigene Freude, dass hier mit Racky nun eine weitere Frau ins Leben tritt, die diese Verstümmelung nicht mehr hinnehmen wird und muss. Aber zurück zum Mysterium des Sprachlosen, denn gestern habe ich mit Racky ein paar Stunden alleine verbracht, da ihre Mutter Dinge zu erledigen hatte, und wir wollten sehen, ob es schon möglich ist für das Kind, in einem fremden Haus furchtlos die Zeit zu verbringen. Das ist zum Glück sehr gut und mühelos gelungen. Das ganz und gar Wunderbare an diesem Erleben war aber diese Kommunikation zwischen uns, diese Wachheit und Freude aneinander, dieses selige Singen im Nichts, mit einer Sprache, die noch keine Trennung hervorruft, und einem Gesang, der die Dinge noch nicht beim Namen nennt. Das muss es sein, dachte ich, was die Weisen meinen mit „werdet wie die Kinder“, denn ich spürte ein Licht auftauchen in mir, so als hätte sich mir auf einmal d i e Sphäre aufgetan, die uns vor allem im Westen  so fremd scheint….(?) Daher mein eigener Rat, basierend auf meiner Erfahrung: mal eine Weile total entspannt rumhängen mit eigenen Kindern oder denen der Anderen, und genießen mit heller Klarsicht, dass hier freie Teilnahme am Wunder vollkommen gewährleistet ist.

verbunden

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Schön ist es, zu lieben –
Hin und her bewegt sich das Seiende –
zu mir und zu dir kommt es und bleibt
doch bei sich selbst – Hier ist Raum, in dem
Zugehörigkeit erwünscht ist – ein beseeltes Offen,
dem Guten und Schönen wohlgesinnt, der Uhrzeit
nicht strengstens verpflichtet. Denn hier sind wir in
Strömungen ausgleichend verbunden – hier schaltet
sich das Wahrgenommene mit Aufmerksamkeit ein –
Ein Staunen lebt sich aus, dass es dich gibt und dass
an Orten auf der Erde großzügige Herzen die
schwierigen Aufgaben möglich machen.
Schon ist es , geliebt zu werden.

Höre hin…II

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II

Höre hin, höre hin.
höre hin, so hin, höre her,
höre hin, höre innen drin.
Höre hoch, höre tief, höre
tiefer dann, höre die eigene
Stimme des Wo und des Wann.
Höre das Sich-Dehnen
erwachender Wege, lausche
der Quelle im gesprochenen
Wort. Lausche dem Auge im
Ungestörten, der Auskunft des
zeitlosen Dort. Und dem Hier
höre zu, wie es aufsteht und sieht:
Weitung des Wir, das überall
Heimat hat, auch im stillen
Schriftzug auf Steinen.
Höre zu, wie es ruft, was es
gestern vergaß, wie es Wesen
wurde im Du. Lausche hinein
in die Öffnung des Atemraums,
wo ich Zugang fand am inneren
Rand der Erde (ein belichtetes Rund),
und die Dichte des Fühlens hörte.
Und wusste, dass Sanftmut mich
finden kann aus der Richtung des
Hörvermögens. Liebe, sagte ich
dann zu mir, eröffnet den Ort im
inneren Auge, im Innenohr!
Da weitet sich Sehen zum Säulentor;
in der Halle stehen die Enthüllten
für sich. Lasse dich ein, Wanderer,
lass zu deinen Gang, dein Gewicht,
dein Gewand. Höre die Bilder, die im
Verborgenen ruhen. Gib dem Einlass
der Anwesenheit Raum.

Höre hin…..I

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I

Höre hin, höre hin,
höre hin, so hin,
höre her, höre hin, höre
drinnen Wind, höre
hoch, höre tief, höre hin,
höre hin, o höre,
höre die Schicksalschöre!
Höre, höre den lauschenden,
webenden Faden, trete ein
in des Hörens geöffneten Sinn,
des inneren Ohres Wogen; höre
die Muscheln verstummter Meere,
höre die versunkenen Städte
der Wesen, erhöre den Stand der
Betroffenheiten. Höre, o höre
das murmelnde Staunen: auf
gehörlos zerflossenen Strassen
des Ohres traf es Muschelgestein,
traf auf sinkendes Leben, traf auf
Menschensein. Menschsein, in dem
war noch Atem, noch Atem zuhaus.
O höre, o höre o hin, so hin; auf
fruchtbaren Wegen kam des Hörens
Sinn. Auf Leisem, von Letztem umweht
kam es an, am innersten Flüstern
schlich es sachte entlang, fand leere
Seiten im Dunkel entrechteter Gänge,
und suchte eine Spur aus der Enge des
Blutes. Höre hin, höre!, wer immer
du bist, die ich bin, die des Herzens
Ruf nicht mehr entrinnen kann,
nicht mehr dem liebenden Atem
entrinnt sie und öffnet sich, öffnet sich.

 

Töchter

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Meine Damen und Herren,
wir schreiben das Jahr 2016.
Am Himmel ziehen Strahlen auf
wie aus der vernebelten Nacht
Licht das Nächtliche harmlos macht.
Der Brunnen der Steinernen Göttin
ist leer. Das Korn ausgesaugt bis
zur letzten der leeren Kammern.
Doch nun kommt der Tag, wo auch das
nichts mehr macht.
Die Hunde verhalten sich still.
Einer Tarnform gleich stieg ich die
Treppen hinab und hinauf, und
das Prinzip des Gehens verlor
sich in Gedanken.
Treppen zur Mutter.
Treppen zu mir.
Freiheit der Töchter
auf Erden!

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Das Bild (vor Jahren aus einer Zeitung geschnitten) zeigt eine Straßenszene in New York und gehört auch zu meinen Lieblingsbildern. Eigentlich hätte es eine Sonderbetrachtung verdient, oder eine Schweigeminute, weil es so schön zeigt, wie Welt auch sein kann. Dass es in den Köpfen dieser Kinder offensichtlich noch kein Bewusstsein von der Trennung zwischen Schwarz und Weiß gibt, kann man sehen, denn man sieht die in sich ruhende Freude am ungestörten Zusammenspiel, am Tanz. Obwohl ich dann selbst erstaunt war, was für ein Text sich dazufügte, gibt es doch an einem bestimmten Punkt einen gemeinsamen Klang. Ja ja , das ist erst einmal für mich so, ich stelle den Klang ja auch her und kann beides, Text und Bild, nur „posten/pasten/pusten als freien Zugang zu Anderen. „Erstellen“ wird das hier im Erstellungsbereich genannt. Drückt man dann auf die Veröffentlichungstaste, trägt man automatisch die Verantwortung für das Erstellte. Hinaus in die Freiheit, ihr Töchter! Die Bemühung, verstanden zu werden ist gut, aber, wie Sokrates uns lehrte, das Verstehen und Erkennen des eigenen Seins ist das Wesentliche. So sage ich jetzt in Verbindung von Text und Bild: die Freiheit der Töchter auf Erden liegt mir am Herzen, und sie wird mir bis zum letzten Atemzug am Herzen liegen.

 

 

 

 

 

 

Joseph Beuys

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(Photo: aus meiner Zeitungsbildersammlung)

Lass dich fallen
lerne Schlangen beobachten,
pflanze unmögliche Gärten.
Lade jemanden Gefährlichen
zum Tee ein, mache kleine Zeichen,
die „Ja“ sagen und verteile
sie überall in deinem Haus.
Werde ein Freund von
Freiheit und Unsicherheit.
Freue dich auf Träume.
Weine bei Kinofilmen,
schaukle so hoch du kannst
mit deiner Schaukel bei Mondlicht.
Pflege verschiedene Stimmungen,
verweigere „verantwortlich zu sein“,
tue es aus Liebe.
Glaube an Zauberei,
lache eine Menge,
bade im Mondlicht.
Träume wilde, phantasievolle Träume,
zeichne auf die Wände.
Lies jeden Tag.
Stell dir vor,
du wärst verzaubert,
kichere mit Kindern,
höre alten Leuten zu.
Spiele mit allem,
unterhalte das Kind in dir,
du bist unschuldig.
Baue eine Burg aus Decken,
werde nass,
umarme Bäume,
schreibe Liebesbriefe.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Staub

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Es ist tatsächlich Staub. Frischer Staub, dh.frisch gesammelter Staub von einer Glasfläche, dann auf ein Papier gelegt. Es war während des Staubsaugens, als ich darüber nachdachte, wie doch überall staunenswerte Dinge zu erleben sind, denn ich mag es, wie der Luftsog den Staub in die Röhre zieht, ein sehr zufriedenstellender Vorgang und (ua.auch) ganz unabhängig von der Notwendigkeit, mit der diese Handlung ab und zu wiederholt werden muss. Oben auf dem Glasschrank prüfte ich also mit dem Finger, und siehe da (oh staunenswerte Ansammlung der Partikel!), als ich die leichte Materie mit dem Blatt auffing, sah ich die Formen erscheinen, die nun oben sichtbar sind. Ständig sammelt sich Staub, man will es nicht wahrhaben. Der Staub ist allgegenwärtig. Der Staub ist ewig. Immer ist Staub. Da fallen einem die Meere ein, und die Küsten und Städte und die Gärten, die Wohnungen und die Wälder, die Luft, die Brunnen und Wüsten usw. Was ist mit Köpfen, Seelen, Herzen, dem Geist? Die große Entstaubungsmaschine ist in Schwung. Kommt denn der Mensch der Entstaubung noch hinterher? Und gibt es andere Mittel und Wege, als auf die eigene Entstaubung zu achten?

Dem wohltuend Gestäubten und wesentlich Entstaubten von Herzen                         20160819_172759

Nebnetjero I und II

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I.
Der Freund, der mir während meines Berlin-Aufenthaltes den Besuch des Antiken -Museums empfohlen hatte, wo ich dann aus verschiedenen Gründen nicht war, kam nach meiner Rückkehr zum Kaffee und vermittelte mir die Idee, dass ich ja dort über ein Objekt oder eine Skulptur, die mir besonders gefallen hätte, etwas hätte schreiben können. Ja, schade, schon vorbei einerseits, aber andrerseits: „Schicke mir doch per E-Mail ein Bild aus der Antike, was dir gefällt“, schlug ich vor, und ich schaue , zu was für Gedanken ich durch das Schauen inspiriert werde…
Als die Mail kam, sah ich zuerst das Bild und freute mich, denn ich hielt es für eine Frau, die in ruhiger und entspannter Haltung die Gelassenheit ausstrahlte, die ich mit diesem Ägypten gerne verbinde. Aber nein! Weit gefehlt! Es ist ein Hohepriester des Amun, Nebnetjero sein Name. Ich wollte etwas über ihn  lesen, fand ihn aber nur aufgereiht unter den vielen Hohepriestern und verschiedenen Dynastien. Die Nummer NG 55 verwies mich auf ein Netzteil vom Typ NG 55, das die Spannungsversorgung für das Genius Sicherheitsschloss der Protection Company liefert. Wer warst du also unter den Hohepriestern des Amun, geehrt und berüchtigt u.a. für ihre Habgier und grenzenlose Menschenverachtung? Oder: was kümmert es mich, solange die Figur makellos im scheinbar ewigen Raum steht? Wie gerne wäre ich mal Hohepriesterin geworden oder die Tochter eines edlen Pharaonen, wobei uns Elisabeth Haich in ihrer „Einweihung“ bei den geistigen Vorstellungen phantasievoll unterstützt hatte. Wie wäre es mir da wohl ergangen unter euch, ihr Priester-und Priesterinnen? Nun gebe ich den Ruf zurück in die Jetztzeit der touristenbevölkerte Wüste, zu den terrorbewachten Monumenten der Urzeit und hinein in das vom Schrecken geschüttelte Volk. Vor allem aber geht mein Ruf zu den Frauen und ihren verstümmelten Schamlippen, wobei mir bei dieser unerwarteten Gedanken-Landung der Ruf „Asha pasha vinir mukta“ zur brennenden Frage wird: „Befreit von den Ketten der Hoffnung!…“(???)
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II.
Mein geliebtes Ägypten, du!
Augenweide der Menschheit!
Urquell des sehenden Auges!
Maßstab des Möglichen!
Dann das Schweigen, das über der Hochleistung liegt, wenn Menschen für d i e arbeiten, die sich zu Göttern erheben und diese Art zu sein weitergeben an Andere. die die Hohe Kunst der Materie-Transportation nicht mehr beherrschen und Zuflucht nehmen müssen zur Peitsche. Doch die Liebe für diese Schönheit ist ewig, für die Schriften, für die Bilder, die Statuen, die Skulpturen, die Tempel und die bodenständigen Raumschiffe, die ihr zurückgelassen habt im Sand, damit wir weitergrübeln können, durch welchen Geist das alles nun wirklich möglich war!
Hier darf ich noch ein Orakel hinzufügen, das zu mir gekommen ist:
SAGET DEM HERRSCHER:
ZERSTÖRT LIEGT DIE KUNSTGESEGNETE STÄTTE.
KEIN DACH GIBT ES MEHR UND
KEINEN PROPHETISCHEN LORBEER.
VERSTUMMT IST DER SPRECHENDE QUELL.
ES SCHWEIGT DAS MURMELNDE WASSER.
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Bis eines Tages……….
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Herkunft

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Vielfach ist Herkunft. Nicht, dass du nur denkend
verweilst. Auch mit oder ohne Zeugenverhältnis
werden manche einfach eingelassen. Die
Wartenden in der Schleife wissen oft gar nicht
warum. Es rührt sie dieses und jenes im Hin und
im Her. Hier und da will Einer oder Eine im
Vergangenen ein Jetztsein erkennen, ein Mehr.
Da hat das versteinerte Tier schon mühsam
gelächelt, gelächelt. Wer bist du? Wer bist du?
Fahr deinen Wagen nah an den Wiegenrand,
zeig her deinen Ausbildungsgrad, deinen
Bühnenausweis, die weichen Stellen deines
Auftrittsgewandes. Gib zu, du sitzendes Wesen,
dass du es bist, das gelernt hat, unter Sternen
zu gehen, und berichte wahrheitsgemäß und
den nackten Fakten entsprechend von deinem
Gang auf Erden, als Welt noch nicht müde
wurde durch dich. Was hat das Ganze mit deiner
Erfüllung zu tun?

My Kilroy

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Eigentlich hatte ich hier einen anderen „Kilroy“ im Sinn, der nun unten vorzufinden sein wird, denn auf ihm hatte ich die Zeichnung entfernt, und da ich nun mehr über Kilroy weiß, weiß ich auch, dass das Bild ganz wichtig ist, denn wie ich höre, hat Kilroy nicht immer was gesagt, sondern Gesicht und Hände waren vor allem verbunden mit einer Botschaft, nämlich, dass er da gewesen war. So soll (um nur d e n Teil der Anekdoten zu nennen, die ich interessant fand) unter amerikanischen Soldaten des Zweiten Weltkrieges ein Wettbewerb entstanden sein, wo es darum ging, wer als Erster dieses Bild mit Slogan an die unmöglichsten und und entlegensten Stellen zu malen, die man sich denken konnte, um nachher zu behaupten, es sei schon dagewesen….Der Name soll von James Kilroy kommen, einem Schiffsniethämmerkontrolleur, der damit seinen Vorgesetzten ein Zeichen setzte, nämlich, dass schon von ihm kontrolliert worden  war. Kilroy was here!. Nun, m e i n e  kleine Kilroysammlung stammt aus der FAZ, wo er und seine oft sehr unterhaltsamen Texte mit jeweils 3 Sätzen mal hier und mal dort in der Zeitung auftauchten, und ich wunderte mich schon, dass ich lange nichts von ihm gesehen und gelesen hatte. Nun habe ich mich kundig gemacht, wo wir  alle uns kundig machen, und vieles über das Kultobjekt Kilroy in Erfahrung gebracht. Auch, dass er in der FAZ schon länger nicht mehr erscheint. Ach ja, er soll als Graffiti schon erschienen sein (Legenden!) auf dem Gipfel von Mount Everest, an der Fackel der Freiheitsstatue, auf der Unterseite des Pariser Triumphbogens, auf der Marco Polo Brücke in China, auf Hütten in Polynesien,  auf einem Träger der George-Washington-Bridge in New York. Sogar auf dem Mond soll er in den Staub gekritzelt worden sein! Und dieser Kilroy erscheint nun auch in m meinem Blog, das ist ja berührend!!! (Wer mich kennt, kennt hoffentlich auch meinen Humor). Obwohl Kilroy heute nur mein Bild mit Satz sein sollte, ist er unversehens Hauptakteur geworden, gut. Da oben sagt er zB:

Kilroy:

Suchen dich Seelen heim?
Ach wo! Es ist die kleine Maschine,
die da in deiner Tasche piepst.

Wir halten kurz ein und schauen, was uns dazu einfällt. Z.B, dass die kleinen Maschinen der Planetenbewohner ja kaum mehr in der Tasche piepsen, weil sie meist in der Hand lagern, damit nichts versäumt wird. Das ist ja ähnlich wie der Unterschied zwisvhen den Mobiltelefonen der ersten Star Trek Crew und zB der Technik von „Next Generation“, wo auch weiterentwickelt wurde. Wahr an Kilroys Satz ist immer noch, dass das Piepsen nach wie vor keine Seelenheimsuchung ist. Oder doch?
Dazu fällt mir dann noch aus der ganz direkten Lebenserfahrungsebene  ein, dass zwei von uns gestern das Auto, das einen kleinen Schaden hatte, zu Herrn Wischnak in die Reparatur bringen mussten. Ein fleißiger und rechtschaffener Mensch und Meister in der eigenen Werkstatt, und sehr von uns geschätzt. Während des Vorgangs erzählte er uns mit einer tief betroffenen Stimme, dass seine Frau nun auch ein Smartphone hätte und eine Neigung zum Spieltrieb sich zeigte. Es ist die Ernsthaftigkeit, mit der ein Mensch etwas für ihn tief Erschütterndes zum Ausdruck bringen kann, die einem bzw. die mir wiederum den Gedanken eingibt, dass ich dann keinen großen Unterschied mehr sehe zwischen den griechischen Tragödien und dem Schicksal eines Autowerkstattbesitzers, der sein eigenes Schicksal mit Würde und Bedachtsamkeit lebt.

Gut, was soll ich machen, das Ganze ist heute für Kilroy.

Hier den zweiten, klugen Satz, den er gesagt hat:

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Ein Zank der Philosophen:

Sich über alles wundern,
oder über gar nichts –
ja was denn nun?

 

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Übergang

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DER SITZ AM ÜBERGANG DER ZEIT
STEHT FÜR MICH BEREIT. ICH HEBE
MEINE EIGENEN URTEILE AUF,
ERKLÄRE MEINE SYSTEME NACH
UND NACH FÜR BEENDET, DENN
WASSER UND WASSER KANN SICH
GLEICHEN, DANN ABER WIEDER SEHR
UNTERSCHIEDLICH SEIN. DAS WISSEN
DOCH ALLE, SAGT IHR? DENKEN
DARÜBER NACH UND TEILEN ES MIT,
SODASS DER WAHRHEITSGEHALT
IHRER EIGENEN MEINUNG SICH
IHNEN SELBST UND DEN ANDEREN
ERSCHLIESST? FÜHLEN DAS RECHT
AUF GEORDNETE FREIHEIT DES
RAUMES? LEBEN NACH IHREN
GESETZEN? LEBEN DANACH! HEBEN
TRENNUNGEN AUF, LEITEN
NOTWENDIGE BEGEGNUNGEN EIN?
STELLEN SICH DIE VON UNS SELBST
VERDRÄNGTEN FRAGEN NACH DER
QUELLE, DER QUELLE DER SAGEN,
NACH DER GEISTIGEN FRISCHE, DES
RÄTSELS DUFTENDER ORT. HIER AM
ÜBERGANG, ALS FLIESSENDE ENERGIE
AUF BAHNEN STRÖMEND DAHIN,
STEHT DER SITZ UNSERER ZEIT. WIR
LAUSCHEN, INDEM WIR GESCHEHEN
LASSEN DES LICHTES UNLEUGBARE
STRAHLUNG:

 

Stadt/Land

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Diese Seifenblasen aus Berlin sind die Übergangsboten zum Grün, von dem ich umgeben bin, wo ich wohne. Vom Grün aus manchmal in die Stadt scheint für mich persönlich optimaler als umgekehrt. Schwierig fand ich die Schächte der Stadt, in die man eintauchen muss, wenn man sich irgendwohin aufmacht.  Das Ausgewogene, mal Stadt, mal Land,  scheint auch hier die gute Lösung, so, wie das Alleinsein mit sich und das Gespräch mit Anderen in der Ausgewogenheit zwischen Schweigen und Wort bekömmlich ist. Wenn man vom großen Mysterium des Menschseins ergriffen ist, kommt mir ein ruhiger Ort zum Denken gut vor. Auch in der Berliner Wohnung war diese Denkstille spürbar. Sie ist letztendlich nicht wirklich abhängig von der Umgebung, immer gibt es Vor-und Nachteile, mit denen man umgehen muss. Aber so einfach in einen Wald hineinlaufen zu können, das ist schon schön. Ebenso ein einfacher Zugang zu guten Gesprächen…Freude an wohlwollenden Einstellungen….gute Freundschaften…das kann überall geschehen, wo es für das Staunen noch Raum gibt.

Berlin 11

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BIS GLEICH ALSO………………………………………………………………………..

Berlin 10

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TRAUMLOS, SAGTE ICH. MEINTE ICH WELT? MEINTE VERLOREN GEGANGENES GUT IN MEINEN SCHRIFTEN? MEINTE MICH SELBST IN EINEM VORNE DES NOCH NICHT ENTSTANDENEN, WENN ICH RAUM EINNEHMEN WERDE IM ZUKÜNFTIGEN HIER, UM IN DER INNEREN WERKSTATT D A S WERKZEUG ZU SCHAUEN, DAS MIR OFFENLEGEN KÖNNTE DES LABYRINTHES VERWEGENES RÄTSEL? MEINTE ICH LICHT, UND WOLLTE NUR STILL SEIN UND NIRGENDS MEHR HINGEHEN, NUR DAS UNVERMEIDLICHE TREFFEN,  DAS ZUKAM AUF MICH.

Berlin 9

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Ja, genau! School’s out! Die Berlin-Schulung geht dem Ende entgegen. Ich bedanke mich bei allen Beteiligten hier aus der Stadt, wo  die Menschen waren und sind, die ich entweder schon kannte bzw weiterhin kennen lernen konnte…oder auch neue Begegnungen, die Freude brachten. Viel freundliches Lächeln und Aufmerksamkeit. Zum Beispiel die Frau in dem Comic Laden!, der mir empfohlen wurde als ein Spezialgeschäft für Comic Items, und wo ich hoffte, etwas von Super-Bat-oder Spider-Man zu finden für meinen 4-jährigen Kumpel aus Afghanistan, der grad auf diese Comics steht. Achach, seufzte die Verkäuferin mit mir zusammen, nicht so geeignet für so einen Kleinen…so viel Gewalt überall da drin…!!! Ich suchte nach einem Heft vom Silver Surfer, der mal mein eigener Held war, aber es gab ihn nur als Schlüsselanhänger, aber selbst da noch elegant und All-fähig, und man konnte ja auch im Einst von seinen Texten noch etwas lernen. Ich habe dann trotzdem ein (teures) Spidermanheft gekauft, darauf vertrauend, dass ich den deutschen Text beim Blättern und Vorlesen etwas umpolen kann. Auf jeden Fall besser als das hektische Spielen im Smartphone seiner Mutter, wo er neulich auch mal bei einem furchtbaren Spiel, das er mir unbedingt zeigen wollte, abwechselnd „er tot!“ und dann auch „oh! Ich tot! schrie, ohne wahrzunehmen, was er da sagte. Achach, da starrt man in einer fremden Stadt aus dem Fenster auf einen blauen Himmel, den Himmel über Berlin, und traut sich nicht, da weiterzudenken.

Aber für mich ging dann alles noch sehr gut gestern am frühen Nachmittag, als ich müde vom Wandern zurück kam. Ich hatte auch keine bemerkenswerten Mitbringsel entdeckt, sondern hatte außer dem Spidermanheft nur ein  Seifenblasenfläschchen in der Tasche. Haben Sie noch das Original ? fragte ich den Verkäufer. Aber ja, sagte er, und gab mir das vertraute Pustefix-Fläschchen in die Hand. Für wen es ist, weiß ich noch nicht, aber damit kann man ja nun jederzeit jeden etwas erfreuen, mit so ein paar Seifenblasen in der Luft, die einen Nu lang total ihre Schönheit entfalten und dann wieder weg sind, bis neue nachkommen!

Am Nachmittag stand ich also an diesem hellen Fenster, vor mir ein Buch aufgeschlagen, das die absolut besten Gedanken entfaltete, die in dieser Welt gedacht wurden und immer gedacht werden können, wenn jemand auftaucht, der sie denken kann. Gedanken, die einem beim Lesen die direkte Erfahrung geben, ein kühles, erfrischendes Bad zu nehmen, sodass man einhält, um die Wirkung zu genießen, die unendlich wohltuende Wirkung klarer und wahrer Gedanken. Gedanken, die mich berühren als großzügiges, zeitloses Angebot und mit keinem Wort vorgaukeln, als sei hier Schluss mit Wahrheit, nein! anregend, das Eigene zu finden und ein Kind eigener Zeit zu sein, ohne auf diese glanzvollen Lehrer verzichten zu müssen. Den Wert guten Denkens tief im Herzen mit so einer Dankbarkeit zu spüren, das ist in der Tat Glückssache. Und während ich mit dieser Glückssache zugange war, kamen mir die Pläne in den Sinn, die ich erwogen hatte für den Nachmittag. Doch als mir klar wurde, dass beide, die Licht-Installation von Turrell, und das Antikenmuseum, auch noch da sein würden, wenn ich mal wieder nach Berlin komme, habe ich mich entschieden,  mich in der Wohnung meines Freundes bei gutem Espresso dem Genuss philosophischen Kontemplierens hinzugeben und mich mit Freunden auszutauschen. Ja danke, ihr habt mein Berlin bereichert!

 

Berlin 8

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(Das wird mich natürlich jetzt weiterhin stören, dass das mit (meinem)Berliner)) Humor erstandene VIP Metallplättchen nicht schön in der Mitte des Rahmens sitzt, aber nach Treppenzählen und Bildergeraderücken will ich natürlich auch sehen, was ich alles aushalten kann, das geht schon (mal). Die Treppenfolge ist übrigens von oben herunter :
9-11-11-11-11-11-10-10-8! Wenn man’s mal draufhat, macht es ja Freude, denn nun weiß man, wie und wann man mit rechts auftreten muss. Oder nur ich freue mich da? Das bringt mich ja direkt zur VIP-Lounge! Eine VIP-Lounge ist in meiner Erfahrung ein Raum, wo ich mich so richtig gut fühle und für den zeitlosen Nu alles da ist, was ich als Mensch brauche, zB die Anwesenheit guter Bücher, eine elegante Stille inmitten des Menschengewimmels, sodass eigentlich keine Not aufkommt, ins Draußen zu müssen, ganz im sokratischen Sinne, dass es besser ist, mit der ganzen Welt uneins zu sein, als mit sich selbst, da ich ja Eine/r bin, und wenn ich mich mit mir selbst (gut) unterhalte, (da ich ja mit mir selbst lebe), als Zwei in Einer lebe, also mit good company rechnen kann. Aber dann gehe ich natürlich auch immer wieder hinaus und lasse mich einige Strassen hinauf-und hinunterwandern, wissend, dass ich hier nicht mein Berlin suche, sondern einfach mal schaue, was ich so sehe und aufnehme und letztendlich zu meinem Berlin mache. Es kommt mir auch so vor, als müsste ich gar nichts machen, denn ich bin ja von Geburt und Teil meines Herzens Berlinerin und könnte mein Amt hier genauso gut ausüben wie im jeweiligen Anderswo. Krishnamurti (Jiddu), den ich kurz angeblättert habe und intelligente Unterstreichungen vorgefunden, die die Konzentration (manchmal) erleichtern, also K. empfiehlt auf dieser Seite, alles Gewohnte  abzubauen, indem man die Gedanken konsequent stoppt…Nun hat er aber selber so viele geäußert, da weiß ich nie, warum sie es den „Anderen“ so gerne abgewöhnen, das gute Denken also, durch das u.a. wir u n d Krishnamurti zu dem geworden sind, wer wir sind. Deswegen muss man ja nicht gleich für Andere eine „very important person“ werden! Was mir persönlich noch wesentlicher erscheint als Schweigen und Worte ist der Blick, der daraus entsteht, der Blick nach innen, der sich ins Außen bewegt und dort auf das Andere trifft wie auf sich selbst….und zu wissen, dass man für diese grandiose Freiheit verantwortlich sein kann.

 Zwei Orte soll ich mir ja noch anschauen: die Licht-Installation von James Turrell in der Aussegnungskapelle des Dorotheen Stadtfriedhofes, wo viele berühmte Menschen liegen, und das Antiken-Museum….Mal sehen….

Hier reizt es mich dann doch, das (illegale) Photo …psssssst…..der M.L. reinzutun, das ich gestern entdeckt und photographiert habe; nein, natürlich nicht schön, aber doch auch ganz lustig…..

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Berlin 7

EINE BEFSTIGUNGSEINHEIT TREIBT DAS HERZ AUF DIE SCHMALSPUR DES : WESSEN GEWISSEN?, AUF DER ICH WISSEN DARF UND AUCH WERDE, WELCHE UNSAGBAREN PFLICHTEN MIR AUFERLEGT WERDEN IM RAUM, WO TAG UND NACHT SICH VONEINANDER LÖSEN UND DAS LEBEN DEN MANTEL ABLEGT VOM TOD UND DER MORD DIE RACHE AM NICHT-GEHÖRTEN. TIEF IST MEINE LIEBE, WO LICHTER BRENNEN, WO UNSERE SPRACHE VERBANNT WURDE VON UNS, DEN AUTISMUS-ARTISTEN, DES UNIVERSUMS EINFACHE ANGESTELLTE, WIR DIENEN DER ZEUGUNG DES LÄCHELNS. KEIN GIFT EINES LASERDRUCKERS, KEINE DISTANZ EINER ZELLULOID-INSTALLATION KANN UNS HINDERN AM ZUSAMMENTREFFEN IM WOHNORT DES WORTLOSEN TONES. HIER WÜNSCHE ICH MIR DAS SCHON GESCHEHENE: DAS BEBEN IN DER STILLE VOM FÜHLEN DER VORBOTEN DES LEISEN. DENKWEISE UND SPRACHE DER TRADITIONEN MÜSSEN VERÄNDERT WERDEN, DENN SELBST DER KRIEG KONNTE; WIE MAN SIEHT, LEIDER ALS ANERKANNTE INSTITUTION NICHT ÜBERWUNDEN WERDEN:

 

Berlin 6

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Diese „Kali“ ist die Tätowierung auf dem Arm einer Frau, mit der ich in Berlin angekommen bin, bzw. von meinem Zuhause aus, wo sie mich und uns besucht hat. Wir kennen uns aus Indien und haben uns in einem Tempel in der Wüste Tharr  unter ziemlich unseligen Umständen kennen gelernt, dh für sie waren sie unselig, denn ein Brahmane, dem sie vertraut hatte, eine 9-Tage Puja zu zelebrieren, hatte sie belästigt, und die belastende Situation zeigte Wirkung, als ich am 9.Tag dieser Feiertage „zufällig“ mit einer indischen Freundin  dort auftauchte und wir davon erfuhren und sie eingeladen haben zu einem Picknick in einem weiter entfernten Tempelgelände, wo wir die Lage in Ruhe besprechen konnten. Es war der Tag von Kali, daher die Verbindung über die Kraft der weiblichen Erscheinung, was wohl auch einst der Anstoß war für die Tätowierung. Faszinierend und irritierend, diese unter Schmerzen hervorgebrachten Bilder auf der Haut der Menschen, die sich hier für ein, wenn auch nicht ewiges, so doch kurzes „Lebenslang“ entscheiden. Ich persönlich kenne keine Symbolik, mit der ich mich so sicher identifizieren könnte, dass ich es mir auf die Haut gravieren lasse, höchstens vielleicht ein paar Worte, aber dann: welche………könnten so lange bestehen…..?Aber auch in dieser Körperkunst gibt es kunstvolle Unterschiede, und ausgezeichnete Nadelführung, wie man oben im Bild am (linken) Arm der Freundin gut sehen kann. Hier in Berlin haben wir Kaffee getrunken zusammen und waren gestern auf Empfehlung in dem Film „Toni Erdmann“ ….berührend und durchaus empfehlenswert…….Das Thema „Mensch“ und „Mensch sein“ scheint auch automatisch an allen Tischen aufzutauchen, wo ich mich im Gespräch befinde. Es ist auch mein vorherrschendes Interesse am Menschsein, dass ich selbst es verstehe und durch mich erlebe, und verstehe nun sehr wohl, dass wir Menschen irgendwie und irgendwann über uns hinausgehen müssen, was in die dunkle Richtung leichter scheint als in die helle…Wie „hell“ kann der Mensch werden, oder vielleicht eher das Grau, das Goethe vorgeschlagen bzw erforscht hat als alle Farben enthaltend? In einer „Mitte“ sich aufhaltend, wie es empfohlen wird von asiatischen Weisen? Wie bin i c h als Mensch, und ja, genau, wo dürfen wir es sein, denn schon gibt es Länder, und noch gibt es Kriege, in denen  menschliches Verhalten kaum mehr erhofft werden kann…..

 

 

Berlin 5

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Diese Postkarte habe ich gestern erstanden und musste so lachen, dass der Verkäufer mitlachen musste.

Heute, (sehr) früh beim grünen Tee auf dem Luxuslager, musste ich einige herbe Kontemplationen von mir über mich ergehen lassen, und da ich gerade einiges über mich erzähle, will ich auch das mitteilen bzw. teilen. Mein Blick fiel also vom Lager aus durch die offene Tür auf 4 sehr schöne Tuschezeichnungen in schwarzen Rahmen, die untereinander aufgehängt waren. Auf einmal bemerkte ich, dass sie millimeterweise schief hingen, ich meine Millimeter, und ich konnte nicht mehr davon ablassen. Kurz und gut: ich musste aufstehen und meine Arbeit tun, es war nicht schwer. Schlimm wäre ja gewesen, wenn ich zwischen dem zweiten und dem dritten Bild den Nagel verlagert hätte, denn da waren auch Millimeter-Differenzen, und ganz unten konnte man gar nicht ausgleichen, weil ein Lichtschalter dazwischen war! Aber mein Geist hat sich beruhigt durch das, was möglich war. Aber nicht genug! Mir fiel ein, dass ich gestern bei den 5 Stockwerken, die man hinauf-und hinunterläuft (froh, am Sport teilnehmen zu dürfen), wieder darauf geachtet habe, dass ich mit rechts anfange und auch mit rechts aufhöre, sonst muss ich ja den Fuß wechseln. Dabei wurde mir klar, dass die ersten Treppen jeweils 11 Stufen hatten, dh., man kann rechts anfangen und rechts aufhören; die letzen aber nur 10 Stufen, da heißt es dann, mit links anfangen, damit man mit rechts ankommt. Für mich hat geniale Treppenarchitektur, und das schon lange, immer damit zu tun, dass man mit dem rechten Fuß anfängt und auch rechts wieder ankommt….solange man das nicht auf die Politik anwendet, du meine Güte! Wie gefährlich sind doch Worte. Gut, sowas wie mit den Treppen erzählt man ja nicht alle Tage, und ich selbst weiß ja noch nicht, ob das eher bei den dunklen Geheimnissen verstaut ist oder bei den hellen Lachanfällen. Auch: was erzählt man überhaupt vom eigenen Leben und was nicht!? Zur Zeit geht ja der Fall Petra…..wie heißt sie doch noch….durch die Presse, die gerade ihre Seelenschwere erleichtern konnte und dem grimmigen Volk verraten, was sie in dieser Position sicherlich nicht hätte geheimhalten dürfen, denn nun liegt in ihrem ganzen Leben eine Trübnis, die kaum aufzuzhellen ist ausser mit therapeutischer Begleitung! Dass es wunderbare therapeutische BegleiterInnen gibt, kann ich aus ganzem Herzen bestätigen und ich wünsche dieser Frau, dass sie so Eine findet! Ja! Was verbirgt man, und was legt man offen!? Das ist doch eine interessante Frage.

Und immer mal wieder von zuhause wegfahren!, und ins Woanders reisen, denn da erfährt man einiges über sich.

Berlin 4

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Höre also, o Kairos,
tiefster der Orte, meine
Erschließung durch dich:
denn ich vernahm doch mehr
von deinem Schicksalsruf in mir,
von deinem beflügelten Ansporn,
deinem Heilungs-Verfahren,
durch meine Narben, die als
vernichtendes Unheil über mich
hinrasten und heimsuchten das
singende Herz. Als sich die
zeitentwaffnete Stirn auf mich
senkte, da hieltest du das Wehen
des Windes am Ufer offen
und gabst mir die Antwort,
die keiner mehr suchte.

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*Bild:  Berliner Sphinx, die ich in einem kleinen Laden entdeckt habe.

Berlin 3

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Das scheint ja eine Berlin-Serie zu werden…nun gut…warum nicht….

Nachdem dann alles zur Zufriedenheit geregelt war, der geheime Schlüssel-Code eingegeben, das Welan-Gerät am Blinken, da wollte ich der Nachbarin in der gegenüberliegenden Tür „Hallo“ sagen, damit sie sich nicht fürchtet, wenn sie Geräusche hört bei meinem abwesenden Gastgeber. Sie hat sich aber doch gefürchtet, nur konnten wir zum Glück beide darüber lachen. Auch an „meiner“ Tür ist ja ein Guckloch, wo man Menschen beäugen kann, bevor man die Tür öffnet. Man steht sich da von Guckloch zu Guckloch gegenüber und weiß gar nicht, wem man trauen soll, wenn man die Menschen nicht kennt. Ich wohne ja sonst nahe am Wald auf dem Land und lasse dort oft die Türe unverschlossen, weil ich (noch) nicht gefahrenschreckhaft bin, aber auch da steigen Banden in Häuser ein, meistens, wenn die Bewohner in Urlaub sind….

Was mir gestern am Nachmittag auf meinem Weg im Draußen  auffiel, waren die vielen Sprachen. Bald hatte ich das Gefühl, kaum noch Deutsch zu hören, so viele fremde Laute kamen an mein Ohr! Das war schon auffallend, dass die Welt sich in Berlin tummelt, was ja einleuchtend ist: wenn schon Stadt, dann doch hier, wo sie wirklich lebt und ständig überrascht mit unkonventionellen Angeboten aller Art. Und wenn ich an die ägyptischen Sarkophage nur denke, die dort unten im Museum ihre Ewigkeit ausstrahlen, erscheint auf meiner Oberfläche eine durchaus angebrachte Gänsehaut.

Diese Stadt hat eine Erotik, die mich anspricht und mir vertraut ist. Auf den breiten Straßen und Gehwegen hat alles Platz, man spürt in den Herumwandernden den Genuss des Flanierens. Ich gehe dann wieder gerne zurück in meine momentane Eremitinnen-Herberge, da habe ich Arbeit zu tun. Ich meine natürlich die Freude, im Dialog mit mir selbst zu sein und zu erforschen, was unter diesem Himmel aus mir wird. Einmal habe ich mich in anderer Zeit gar nicht weit von hier aus einem Mutterleib gezwängt, ja wie denn, ja wo denn, ja wann. Wegen dieser Hervorkommung und ihren begleitenden Umständen gelang es mir vor wenigen Jahren auf Empfehlung einer hervorragenden Therapeutin, mich der Kompetenz einer ebenfalls hervorragenden Therapeutin in Berlin anzuvertrauen, und obwohl es „nur“ drei Tage waren, an denen ich jeweils einige Stunden ihre Betreuung und Kompetenz erfahren durfte, atmet nun „mein“ Berlin vor allem diesen inneren Raum, in dem ich mein Erscheinen in dieser Welt noch einmal erfahren durfte und konnte. Heute werde ich sie treffen, dafür bin ich sehr dankbar.*

* (Ich komme gerade von diesem Treffen und füge es leise ein: es war sehr schön und bereichernd….)

Da ich nun schon einmal angefangen habe, mich verbal zu begleiten und Freunde an meinem Weg teilnehmen zu lassen, komme ich sicherlich zurück zur Fortsetzung des Geschehens….

Himmel über Berlin 2

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(Seht Ihr das Kind, gerade entstanden und
schon in der Auflösung?)

Wer meine Narben kennt, kennt mein
Erst-recht, meine sich in inneren Hymnen
bewegende Niederkunft am Brandweg
entlang, ahnungslos geschaukelt im
erlauschten Zuviel. Oh!, meine Gegenwart
in diesem Damals -Spiel war noch pur
und reichte weit über die aufgeschlagenen
Ecken der Geschichten hinaus. So ein
Wunsch nach schnellem Älterwerden lebte
in mir aus der Kinderzeit, ein freiwilliges
Können im Überschreiten des Widerstandes,
als es ihn zum Erfassen noch gar nicht gab,
nur wilder, asketischer Wille des Lauschens,
nur tiefster Brunnen dort unten im
Märchenland, wo ich mich wartend fand
unter Gleichgesinnten, bis eigene Zeit entstand.

Himmel über Berlin 1

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Er ist tatsächlich das erste, was mir bei der Einfahrt in Berlin am meisten aufgefallen ist: der Himmel!….blau, mit diesen festen, weißen Wolkengebilden, in denen man das Flüchtige lieben lernen kann. Jedes Jahr denke ich, ich muss nach Berlin kommen bzw. gehen, aber es gelingt nicht immer. Desto größer die Freude, wenn die Dinge sich wie von selbst zusammenfügen. Ich werde eine Woche hier sein. Ein guter Freund, der sich gerade woanders aufhält, hat mir seine Wohnung zur Verfügung gestellt, und nicht nur ist es schön, gleich ein Zuhause zu haben in einer Stadt, sondern höchst angenehm, hier auf guten Geschmack zu treffen, auf Geist und gute Wahlen, sei es als Teppich oder Bücher oder Kissenbezüge. Auch meinen Geist kann ich hier finden, denn unsere Freundschaft lebt von philosophischen Gesprächen, und hier finde ich beim Vorbeiwandern an den Bücherrücken viele unserer guten gemeinsamen Freunde. Habe auch meinen eigenen Sokrates (Vorlesung von Hannah Arendt, erschienen bei  Matthes&Seitz Berlin) mitgebracht und nicht aus Furcht, ich könnte hier nichts zum Lesen finden. Was wird m e i n Berlin sein?

Ich bin hier geboren. Ich denke, ich kann sie fühlen, meine Stadt, doch ist das wirklich ein Fühlen, oder eher eine innere Ausweitung dem Daseienden entgegen, denn ich werde hier nichts wiederfinden, was ich verloren habe, oder vielleicht doch.

Heute früh bin ich schnell hinaus, um ein paar Brötchen zu holen usw., noch nichts zum Kochen, denn ich weiß (noch) nicht, wie der Super Celan Schott Herd funktioniert, die Internet Anweisung hat auch nicht weiter geholfen. Ich werde jemanden um Hilfe bitten müssen oder auf die Benutzung des Herdes verzichten.

Bei einem Italiener habe ich einen exzellenten Kaffee getrunken, aber das Verweilen ohne mein Notizbuch kam mir nicht sinnvoll vor.
Auch habe ich bereits Ausschau gehalten nach einem Bild, das ich machen kann, das etwas von dem Berlin zeigt, das i c h erlebe, aber noch habe ich es nicht gesehen, denn ich weiß ja gar nicht, was es sein wird und muss warten, bis es auftaucht (oder nicht).

Ich merke, dass ich mir hier in meiner Stadt viel vornehmen könnte, denn ich bin ja nun eine Art Fremde, da ich nicht mehr hier wohne, aber ich merke auch, dass ich in meinen Aufenthalt nicht wirklich eingreifen kann, sondern ich muss ihn erleben. Was, wenn ich z.B. gar nicht hinausgehen würde; würde mir dann das Wesentliche verwehrt? Was ist das Wesentliche, das mir durch Erfahrung gegenwärtig wird, überall oder nirgendwo….?

Ich erlebe mich gern im sogenannten Fremden.
Da bin ich leiser und wortloser als zuhause, weil ich erst sehen muss, wer und was mir wo und wie begegnet.

Das Geheimnis des Celan-Herdes ist gelöst! Die Lösung war einfach. Man braucht spezielle Töpfe, um die Glut in Gang zu bringen! Ich hatte es mit so einem schlichten Milchgefäß versucht.

Es ist wohltuend, sich in der Gesellschaft guter Bücher aufzuhalten,
auch wenn man gerade nicht so viel lesen will. Auch das Herumblättern kann überwältigend sein, denn in der Tat, es gab und gibt wundervollen, lebendigen Geist, der  in Menschen den jeweiligen Ausdruck findet. Angebote inneren Erlebens und Denkens!

Das Bild ist ein Objekt des Raumes, in dem ich mich gerade aufhalte.

Florian Goldberg: ‚Engel‘

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Die Narben, wo die Flügel saßen, heilen nicht.
Die Stümpfe drücken schmerzhaft auf dem Schulterblatt.
Doch gut umtucht. Damit es keiner sieht.

Von endlos leeren Himmeln matt,
saugen die Blicke an der Welt nach Licht.
Nach einem Zeichen, das sich nicht entzieht –

Als wär‘ da was! Als machten Lehm und Erde satt!
Es blieb das Lehnwort: Engel!
Das er behütet wie ein Kindheitslied.

 

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Florian Goldberg

schweigsam

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Berge machen schweigsam.
Wüsten machen schweigsam.
Menschen machen
schweigsam.

Wir können froh sein, wenn
in dieser Schweigsamkeit
Wesen uns wohlgesinnt sind,
wenn lebendige Lichter
brennen, wenn die Liebe
aufgehoben ist vom
Staub ihrer Knechtschaft,
und das Herz in sich ruht
ohne Fremdheit.

 

Ein Lied

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(Ein Lied für Leute, die eine gute Laune
brauchen und grad keinen Text zur Verfügung haben)

Sänger/In:

Was kommt denn da und will
mir meine Laune nehmen?

Chor:

Das darf doch nicht wahr sein!
Das darf doch nicht wahr sein!

Sänger/In:

Das ist doch hoffentlich
kein Stimmungsdämpfer!

Chor:

Das wäre ja klar klein.
Das wäre ja so klein!

Sänger/In:

Da kommt sie schon, es ist ne
kleine typische Täuschung!

Chor:

Keine Bohne!
Gar nicht ohne!

Sänger/In:

Hurrah! Es ist ne Erbse
und keine Illusione!

Chor:

Wah!Wah!Wah!
Wah!Wah!Wah!

Zusammen:

Das ist ja nochmal gut gegangen!
Sehen Sie! Da ham wir’s schon!
Und nun kommt noch als Richtungslohner
die moralische Krone ohne Bewohner.

Stimme aus dem Off:

Bei uroborischen Periburen
(vermeidbaren Gedankenfetzen)
lassen Sie Licht rein
in ihr Dichtsein!

Zusammen:

Und das Oval von dem Gesicht spricht:
Verwechseln Sie die Erbsen mit den
Bohnen nicht!

Chor:

Wah! Wah! Wah!
Drama!
Wah!Wah!Wah!

 

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Ab und zu, wenn auch höchst selten, schreibe ich  mal ein Lied. Ich mag meine Lieder, weil sie halt auch manchmal aus mir heraus wollen und keinen Anspruch in sich tragen…aber hallo! Stimmt das auch? Also, wenn ich ganz ehrlich bin, erwarte ich eigentlich zB von diesem Lied, dass es, wenn tatsächlich von jemandem gesungen (mit eigener Melodie, Hauptsache gesungen) unbedingt zu einer verbesserten Laune führen sollte oder könnte und damit seinem Anspruch gerecht werden. Aber wie bekomme ich Infos dazu? Ich müsste etwa 108 Versuchspersonen einladen, (den Chor könnte man ja vor Ort kreiren), die nach dem Singen des Liedes über die Wirkung eine Aussage machen. Dazu müsste man sie allerdings vorher in schlechte Laune versetzen, sonst wäre es ja schwierig, wobei auch das schwierig wäre usw….Aber eigentlich hege ich den Verdacht, dass es mir wichtig ist, meinen Humor mal zum Vorschein zu bringen, na gut…

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Hey! Du da!

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DU DA! HEY! DU DA!
DU WARST DA DOCH.
WARST DA DOCH DA.
NOCH DA DOCH.
NOCH DA.
NOCH WAR DA DOCH, WAS DA WAR.
WO WAR DAS, WO DAS DA WAR?
WO WAR ICH?
WO WARST DU?
WO WAREN WIR, ALS DAS ALLES
NOCH DA WAR?
DA WAR ICH DA.
DA WARST DU DA.
WAR DAS NICHT DA, WO WIR WAREN?
JETZT BIN ICH DA, WO SIE SAGEN:
NICHT MEHR DA.
WO GEMEINT IST: GEH, BEVOR DU GEHST!
DAMIT WENIGSTENS DU DA BIST,
WENN DA DA IST.

ORT/TOR

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WIR SIND ZUHAUSE. WIR SIND DA.
ZUHAUSE. FREUNDE! LEUTE! VÖLKER!
STÄMME! EINEN ANDEREN ORT GIBT
ES NICHT. HIER IST DER ORT. ALLES IST
ORT. AM ORT. WIR SIND AM ORT. DER
ORT UND WIR. ICH ORT BIN TOR: GROSSES
TOR. SCHWINGENDES GROSSES TOR IST
DER ORT. DRINNEN IST DER ORT WIE
DRAUSSEN. DRINNEN UND DRAUSSEN
SIND ORT. ORDNUNG IST LICHT AM ORT.
ORT UND ORDNUNG SIND LICHT. WENN
WIR DA SIND; SIND WIR LICHT-ORT.
ALLES IST TOR-GEBOREN. BEWUSSTSEIN
IST ORDNUNG AM TOR.
ACHTUNG! ALLES IST PRÄGUNG AM ORT.
DER GEIST PRÄGT DEN ORT.
WELT ENTSTEHT UND VERGEHT.
VOLLKOMMEN KLAR UND SICHTBAR.

Wir

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Da hob sie den Blick ins Frei-Feld des
Zwischen-Raumes und zielte mit
erhöhter Aufmerksamkeit auf die Wurzel
des Bilderspeichers und hob aus der Tiefe
ein Etwas, verstört und ängstlich.
„Du!, sagte ich, und nochmals:“Du!
Du hier!?““Wo hier?“sagte es, und „Wer hier?“
„Wir hier!“, gab ich zur Antwort, und
hörte ein leises: „Wer wir?“
„Na wer schon!“sagte ich ungeduldig.
„Wir doch!“
„Wir“, flüsterte der Andere.
Es war der Andere.
Er flüsterte:“Wir.“
„Wir also.“
„Wir hier.“

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Der Text auf dem (etwas zerknitterten) Blatt lautet:“What was it, that so darkened our world!?“ Elias antwortete: „I don’t know, dear, I don’t know.“ Es ist das Photo einer Seite aus einem Programmheft unserer damaligen Performance-Gruppe „Die Yoganauten“…Ich erinnere mich nicht mehr, woher ich die Worte habe, aber es hat mich immer berührt, dass jemand , hier Elias, sagen konnte, dass er nicht weiß, was es war, was ihre Welt so verdunkelt hat, denn wir denken auch immer, wir wüssten es, aber wir wissen es nicht.

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kein Zweifel

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Kein Zweifel!
Ich habe überlebt
auf dem Planeten, wo Tote
neben Lebenden sich oft
nicht unterscheiden wollen –
oder wollen es doch, aber können
es nicht, weil niemand einen
liebenden Blick auf sie geworfen,
niemand ihnen die Hand gereicht hat
zum Aufrechtgehen, zum Sichtbarwerden,
weil niemand ihnen ein Herz-Spiegel war,
eine Umarmung, ein Fühlen,
das Heilung ermöglicht hat.
Kein Zweifel!
In mir lebt auch dieser Welt-Schmerz,
der sich erfühlt in der Liebe, die meines
Weges kam mit Reichtum und Zuversicht –
(sodass ich selbst nicht mehr weiß,
ob ich es war oder du, die meine Zweifel
in ein Lächeln führte.)