westwärts

Stimmt – der innere Blick beginnt schon, sich westwärts zu richten. In einer Woche verlasse ich den zutiefst von mir empfundenen Ort. Das lebendige Großreich der Farben und Formen lebt ohne mich weiter, lockert schon seinen Griff an mir, lässt mich los, lässt mich gehen. Die aufsteigende Hitze hilft, die Übung der vielen Jahre auch. Das Kommen und Gehen zwischen zwei Welten, die mir beide gleichermaßen vertraut sind und am Herzen liegen mit ihrem jeweiligen Reichtum, ihren Höhen und Tiefen, ihrer Politik, ihren Geschichten und ihrer Geschichte – und was ich von beiden Seiten lernen und erleben konnte und kann während der Zeit, die meine war und meine ist. Dass ich die tiefe Zufriedenheit erfahre, im Osten wie im Westen meine eigene Welt, vor allem auch durch und mit Anderen, zu gestalten, sodass es in mir nun eine schlichte und feine Ausgewogenheit erzeugt. Ich merke, dass in den letzten Tagen der innere Freiraum sich weitet. Ich könnte es auch eine zunehmende Leere nennen, durch die sich das äußere Drama des indischen Lebens zu lösen beginnt und Raum entsteht für das Andere, wo verlockende Töne der Freundschaft und Liebe mich rufen, die sind schon auch anders als das, was mich hier zu poetischem Sein anregt, während meine eher verborgene Arbeit des Schreibens sich doch ganz ordentlich im Praktischen aufhält. Nun ja, wie man es sieht. Teilhabe an diesem luxuriösen Angebot Indiens und ihre Wertschätzung an der Seinsweise des Sitzens und Schauens (und Staunens).
Da kommt der nackte Aschenmann wieder vorbei. Tatsächlich! Er trägt rechts ein Schwert und links einen Schlüsselbund! Beides glitzert in der Morgensonne. Eben, dass man auf so etwas schauen kann und darin noch die Größe und Schönheit dieser Kultur sehen kann, die für unsere westliche Vorstellung von den Dingen ein immenses Zulassen des Unvorstellbaren präsentiert, das den Geist erweitern und auch auf sehr erheiternde Weise die zeitlose Weisheit immer wieder aufs Neue vermitteln kann. Achach, mein geliebtes Indien! Von wem hätte ich das pure Staunen bessre lernen können als von dir! Eine Erde mit einer Atmosphäre, die meditatives  Denken hervorbringt, anregt und nährt! Und ein Geist, der auch noch einen akkuraten Begriff dafür findet! Tapassya Boomi: Boomi ist ein Kosewort für die Erde, so wie Mütterchen Erde, und Tapassya, das tiefe Kontemplieren, das sie ermöglicht und schenkt.


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