Abschied gestalten

Auch der Abschied kommt scheinbar wie von selbst. Auf einmal ist er wieder da, so, als wüsste man’s nicht, auch den Tag und die Stunde, und was damit verbunden ist. Ob es gelungen ist, das gestaltete Leben bis hin zum Abschied. Heute war ich schon am Überlegen, ob ich nochmal hinaus will in die Runde, sozusagen bis zum letzten Tropfen genießen, was man geliebt hat. Oder andere, kluge Entscheidungen fällen: vorher schon rausgehen aus dem Gewohnheitskreisel, und den Transit aus einer anderen Ecke her genießen: wie gesagt, den Abschied gestalten. Die interessanteste Variante dieser Abschiedsgestaltung ist natürlich der Tod. Neulich in einem Gespräch kam der Gedanke auf, dass Abschied, auch Tod, erlitten mit Krankheit so bestimmt wird von der Abwesenheit gesunden Erlebens. Daher ist es sicherlich ratsam, sich zumindest um bestmögliche Qualität des Lebens zu bemühen, auch wenn bestimmte körperliche Vorgänge nicht zu vermeiden sind. Aber das Nachlassen einer bestimmten nach außen gerichteten Energie hilft ja gerade der Loslösung, die einen unter guten Umständen auch erheitern kann. Man lässt Andere gerne fortführen, was man selbst nicht mehr muss. Daher ist jeder Abschied durchaus auch ein kleiner Tod, oder zumindest eine Vorbereitung auf den letztendlichen Moment, der allerdings eine ganz andere Realität mit sich bringt.: man kommt nicht mehr zurück, oder auf keinen Fall als die, die man gerne war. Dann ja!, die geistigen Ausuferungen über ein mögliches Weiter! Ich war auch mal tief überzeugt, dass Reinkarnieren ein Fakt ist, aber irgendwann hat es aufgehört, mich zu interessieren.
Und nun ist auch hier vor Ort meine Entscheidung gefallen. Sie war bereits im Anlauf, aber dann kam der entscheidende Nu: der Sadhu, der in der Nähe haust und mich gerne als geistige Schwester sieht, bringt mir zum zweiten Mal seinen an einem Lehmfeuerchen gekochten Chai, zuckersüßer Tee. Einen dritten will ich nicht. Gestern hat er erzählt, er wäre in der Nacht beraubt worden um alles, was er hatte. Mein Gehirn verweigert eine Meinung darüber. Ich bin beschäftigt. Adieu! Du für mich schönster aller Ausblicke der Welt! Tief, tief regen sich Liebe und Dankbarkeit. Ja, ich tue das Meinige, aber das Geschenkte, wie in der Liebe an sich, zeigt nirgendwo ein Maß, mit dem man es messen könnte. Das Raumschiff zieht seine Bahn. Ich reise mit.


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