Asche


Asche im Gefäß auf getrockneter Kambuccascheibe

Der öffentliche Narrentanz ist vorüber, diesmal in Kinderversion, was sich für meine Wahrnehmung des Landstriches, in dem ich immerhin gelandet bin,  ziemlich bekömmlich zeigte. Und wer weiß, was ich als Rheinländerin alles unternommen hätte, wäre ich nicht woanders geboren und hätte dadurch zumindest einen Schluck des Kultureinflusses mit auf den Weg bekommen. So pilgere ich auch zuweilen geistig in der Welt des Christentums herum, um meine Erfahrung damit etwas zu erweitern, oder um zu sehen, ob und wie sich andere darin bewegen, die sich vielleicht ganz eindeutig als Christen und Christinnen empfinden, und warum und wieso eigentlich. Manchmal fällt mir sogar ein Bruchteil ein wie die Gesetzestafeln von Moses, und hat er sie nicht auch zerschmettert wegen der Anbetung des goldenen Kalbes. Und wie mir immer schien, hatte ich selbst ziemlich viele (Gesetze) davon gebrochen und fand es wichtig, eigene Erfahrungen mit den Schattierungen zwischen Hell und Dunkel zu machen. Ansonsten waren die Jecken natürlich traurig und sagten, das hörte ich bei meiner ersten Stunksitzung, trotzdem ein paar gewagte Sachen, die sonst keiner sagen dürfte, ohne zur Rechenschaft gezogen zu werden. Zum Beispiel dumpfe Vermutungen darüber, wie es innen in Angela Merkel wirklich aussehen könnte, könnte sie sagen, was sie zuweilen wirklich denkt. Aber vielleicht tut sie’s ja auch gar nicht, sondern da drückt sich vermutlich ein kollektives Bedürfnis aus, dass sie mal die Fassung verliert, worauf man nicht warten sollte. Und diese Volkslust nach aktiver Vermummung war ja eh etwas eingeschränkt durch den Zwang der Maskierung, der nun zur täglichen Ausstattung gehört. Für die Kinder ist das besonders schade, wenn sie ihr Traumkostüm nicht draußen zeigen können. Noch heute finde ich interessant, weiß aber auch ganz genau, warum ich Page werden wollte und meine Schwester Herzdame. Am besten und liebsten wählt man d a s, was man auf keinen Fall sein kann, aber wofür man eine heimliche Schwäche hegt, und man sucht sich auch aus den Symbolen der Zeit die Bilder. Und noch immer gibt es Königinnen und Schornsteinfeger und Cowboys- und girls. Nun ist Schluss. Asche. Das Wort beamt mich nach Indien, auch da heißt es : Schluss! Genug! Von einer südindischen Poetin (Mahadevi Akka) sagt man, sie sei, unter ihrer langen, schwarzen Mähne, nur in Asche gekleidet gewesen. Eingeladen bei einem Poetenfestival, soll sie in dieser aschenen Nacktheit gekommen sein und wurde sofort gefragt, wie sie es wage, so unter Männern zu erscheinen, wozu sie meinte, sie sähe keine Männer. Asche kann viel. Als ich damals im Tempel vor meiner Feuerstelle saß, kamen vor allem Frauen und wollten Asche haben, um ihre Kinder von irgendwas zu heilen. Als ich mich dagegen gewehrt habe, diese Verantwortung zu übernehmen, hielt mir der Mahant, der Boss der Bruderschaft, eine Rede über die heilenden Eigenschaften der Asche, und so gewöhnte ich mich daran, kleine Papierchen mit Asche zu füllen, wenn jemand danach fragte. Und nicht zuletzt ist es die Asche, aus der der Phoenix steigt. Asche ist Asche. Nicht weniger als Asche, und auch nicht mehr als Asche. Unbeschreiblich das Gefühl, sich die Asche selbst auf die Stirn zu setzen, eine Bereitschaft zu eigenem Anspruch signalisierend.

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert