aufregen

Das ist mein Text von gestern, den ich aus lauter Frust in die Word Datei schrieb in der Hoffnung, das sich die Netzverbindung erholt. Bis zum Abend war kein Zugang. Gerade dachte ich, ach schau doch mal nach, da war sie tatsächlich. Es ist 6 Uhr früh und ich sende hinaus, bevor es vielleicht wieder schließt, diesmal aus Netzüberladung der Hunderttausenden von PilgerInnen.
Es gibt Aufregungen, denen man ausgesetzt ist, oder man kann sich selbst mehr oder minder freizügig aufregen, wobei es sicherlich ratsam ist, wenn man einige Tatsachen, die Aufregungspotential (für einen) haben, wenn man sie also bündelt und sich einmal so richtig gründlich aufregt. Ich habe einige Gründe gesammelt und lege nun los. Seit letzten Samstag Abend, den ich eh schon ‚schwarz‘ betitelt hatte, fiel das Internet aus. Nein, dachte ich, das darf jetzt echt nicht wahr sein, war es aber. Kein Internet. Ich ging in den Bazaar, wo der Simcard-Verkäufer und Netztauflader sitzt und frage ihn nach Rat. Der weiß aber schon, dass das  persönliche‘ Internet im ganzen Land abgestellt ist wegen Unruhebefürchtungen in Ayodhya, einem religiösen Ortsvulkan, der seit Gedenkzeiten brodelt, weil beide, Hindus und Muslims, dort ihren Tempel oder ihre Moschee bauen wollen, und nun hat König Ram (aus dem Epos „Ramayana“) gewonnen. Das Hinduvolk jauchzt in ekstatischem Aufschrei (als könnte es sein, dass Muslime gewinnen!). Da sperren sie uns das Internet für zwei Tage!!!!, als könnten die Terroristen nicht auch wie ich ins Cafe zum Bandbreitbesitzer gehen und sich zum Rioting verabreden, wobei ich zumindest ein paar Messages weiterleiten konnte. Drei Stockwerke unter dem Cafe wohnt die Brahmanenfamilie, die ich ab und zu besuche. Dort feiern sie gerade die Hochzeit von Tulsi (also dem kleineren Basilikum, das wir gerne auf den Mozarella legen), der allerheiligsten indischen Pflanze, mit dem Saligram (einem kleinen, schwarzen Stein). Die Dame des Hauses zeigt mir entzückt allerlei Ware, die der Pflanze geschenkt  werden wird wie einer Braut eben, auch kleinen Schmuck bringt sie herbei und labt sich an meinem Staunen. Wie, sage ich zu dem Hausherrn, habe ich das richtig verstanden? Ich lese bei Wikipedia nach und weiß danach genauso wenig, weil es kaum zu fassen ist. Die Pflanze war eben mal eine Frau undsoweiter und ist halt jetzt eine Pflanze. Zum Glück bewege ich mich bereits in der Aufregung und muss mich deswegen nicht besonders anstrengen. Ich setze mich eine Weile an den See und lass auf mich wirken, was da ist. Unentwegter Strom von Menschen zieht vorüber. Nanu!, denke ich, da sind ja überall aufwendige Pujas (Gottesdienste) am Laufen, um die sich erfreute PilgerInnen sammeln, um etwas Tiefes zu erleben. In Wirklichkeit aber konkurrieren Priester um die heilige Herrschaft. Ravi hat das angefangen, und ein paar andere zogen hinterher.
Halbnackte, geölte Oberkörper werden in goldbebortete Tücher gehüllt, das Haar geöffnet, alle Arten von Ketten um den Hals gelegt und los geht’s. Eigentlich habe ich schon vorher aufgehört, mich darüber aufzuregen, vor allem über Ravi, der abends in die Gottheitenhülle morpht und nachts irgendwann YouTuber wird, wo er sich vorstellt als einen verehrungswürdigen Gelehrten. So ist das. Da tatsächlich jede/r tut, was sie und er eben können, ist es natürlich
irgendwie albern, sich aufzuregen. Da fehlt dann doch der nötige Pfeffer. Ab und zu schaue ich mal auf die Displays, ob vielleicht doch die Verbindung da ist, aber man hat mich unterwegs schon informiert, dass sie (die da oben) das Netz tropfenweise wieder öffnen würden, die wissen ja sicher, warum. Oder wissen sie’s am Ende doch nicht. Das könnte besorgniserregend sein, wüsste man nicht von der Wundertüte.

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