lieben

Manchmal werde ich von Pilgern oder indischen Touristen gefragt, was mir an Indien oder wie mir Indien gefällt. Das ist eine Frage, deren Antwort mir erst klar wird, indem ich höre, was ich sage. Ich lasse sozusagen meinen Geist entscheiden, was der adequate Einfall gerade sein könnte, oder es kann auch so sein, dass ich aus meinem reichhaltigen Erfahrungsschatz schöpfe, das reicht nicht nur bis zu meiner zeitlichen Segnung (!), sondern jeden Tag kommt was dazu. Auch kann man sich bei etwas, das man oder den oder die man liebt, leicht überfordert fühlen bei der Frage, denn man wird der Liebe selten gerecht, wenn man sie auseinandernimmt. Doch kommt man mal in Schwung, kann einem doch sehr viel einfallen. Und je mehr einem einfällt, desto klarer wird einem, dass man etwas oder jemanden liebt, denn offensichtlich bereitet es einem ein gutes, wohltuendes Gefühl, wenn etwas Derartiges aus einem hervorgelockt wird, und man freut sich am eigenen, glaubwürdigen Klang. Derart wurde ich z.B. gestern von einem indischen Ehepaar interviewt. Ja, die Architektur, klar, die eine Art himmlischen Frieden einkreist, so, als wäre man auf einmal beim Zugang zur See-Ebene  in eine andere Zeit versetzt. Jeden Tag öffnen sich hier Herzen beim Anblick des Schönen. Und wenn sie von Brahmanen betrogen werden, was häufig vorkommt, setzt tiefe Enttäuschung ein. Auch dieser Inder war enttäuscht, weil ein Priester ihm einen unanständigen Betrag aus der Nase gezogen hat, dabei soll man für die Puja, das Ritual am See, geben, was man will und kann. Er ist aufgebracht und gar nicht so willig, in meine freudige Beantwortung seiner Frage einzusteigen, sondern sucht eigentlich Mitschimpfer. Aber ich bin schon in Fahrt. Ja, sage ich, man könnte alles wegpusten, und trotzdem würde man spüren, dass es ein kosmischer Knotenpunkt ist, eine tief atmende Stelle im All, da würden sich wieder welche niederlassen wie einst, um in Höhlen ringsum zu erforschen, wer in ihrem Körper wohnt, und wer wo wirklich zuhause ist, und ob es außer dem Unfassbaren überhaupt ein Zuhause gibt, das nicht von Vregänglichkeit gezeichnet ist. Undsoweiter. Aber dann würde einem ja alles andere fehlen, was man auch liebt: die Marmorstatuen z.B., die achtlos herumstehen, wenn sie in geringster Weise beschädigt sind, was die meisten sind, siehe oben in meinem Bild. Es zeigt einen der 4 Köpfe von Brahma im Profil, und diese fehlende Hand. Aber wer ist der dunkle Gott im Hintergrund, der tröstend seine Hand an die Stirn des Schöpfers legt (mmmh?). Das liebe ich auch sehr, dass ich sehen kann, was ich sehe. Jetzt fühle ich mich auch frei genug, um manchmal an heiligen Plätzen, wo jeder Pilger Zeug lassen kann, das ihm wichtig scheint, ein paar Dinge zu bewegen, damit etwas Neues entsteht. Manchmal empfinde ich den Ort als eine außerordentlich fordernde Universität, wo einem nichts anderes übrig bleibt, als sein Bestes zu geben. Aber dann ist es auch ein paradiesischer Kindergarten, wo viele schönen Elemente für alle (Menschen)- Kinder zum Spielen vorhanden sind. Ja, die Liebe ist groß, die Liebe ist schön, was fällt mir nicht alles über sie ein, auch wenn es wahr ist, dass man manchmal erstaunt einen Flügel hebt, wo es schmerzt, und siehe, da rinnt aus einem ein Blutstropfen, und wenn man kann, dann findet man auch den noch schön.

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