immer/neu

Auf der einen Seite sagt man gerne ‚das gab’s doch schon immer‘, und andrerseits sagt man auch gerne, dass etwas neu ist und noch nie Dagewesenes sich eingestellt hat, und beide Seiten beinhalten den Tropfen Wahres, den es braucht, damit man bereit ist, etwas zu bedenken. Ich denke, es ist bereits erwiesen, dass selbst bei der Spanischen Grippe oder den Weltkriegen nicht alle in einem Boot saßen, und es gab immer welche, die nicht hörten, dass jemand auf dem Mond herumgetrampelt ist, oder gerade durch einen technischen Fehler ein paar Milliarden in der Luft verpufft sind, die man leider nicht nach Moria umpolen konnte, hätte man das wollen (und dadurch auch wirklich umsetzen) können. Man muss ja auch nicht ungehemmt in die Naivität stürzen. Doch wir Menschen kommen nicht gut zurecht, wenn das gewohnte Dasein unwillentlich ausgehebelt wird. So hat die planetarische Wirkung des wandernden Virus tatsächlich Premiere. Und sollte die nächste Mutation, denn auch ein Virus möchte mutieren, bereits auf dem Weg sein, was vielerorts gemunkelt wird, so werden Serien bei Netflix (z.B.) mit einst unmaskierten Menschen wahrscheinlich ein Renner sein. Denn damals, liebe Kinder, als die Wesen noch nicht in die Maskierung hineingetrieben worden waren, hustete noch keiner in die Armbeuge, denn sonst wäre er (oder sie) ja dem Aerosolenfänger in die Fänge gelaufen, denn auf freie Ausatmung stand hohe Bestrafung. Ach Quatsch, ich hab mich vertan, es war ja alles besser, früher, als die Welt noch nicht maskiert war und keiner zu Hause bleiben musste, obwohl er oder sie vielleicht viel lieber woanders einkehren würde. Das Darknet wimmelt (vermute ich mal) von verzweifelten Ausbrüchen und Drogenbosse halten (vermutlich) die Daumen, damit das Zeug noch rechtzeitig vor dem Lockdown durchkommt. Natürlich gibt es (wie immer) auch sehr gute Nachrichten, das darf oder besser möchte man nie vergessen. Man bedankt sich etwa mal bei der Bioladenbestzerin, dass sie es so eingerichtet hat, dass man dort wirklich alles bekommt, von schwarzen Oliven bis zum 9cm Teenetz. Man kehrt heim mit dem Gefühl, eine große Krise mühelos bewältigen zu können. Man sammelt über diesen Weg der Subatome auch die Kraft, den letzten Schuldschatten abzulegen im Prozess der Selbstbefragung, ob man es vielleicht doch an Einfühlung für die vielen Pandemietoten fehlen lässt, findet aber nirgendwo einen mentalen Einlass. Nicht, dass man hineinwill, nein danke, deswegen ist ja da auch der Gefühlspegel schwach, weil man gar nicht hinein will, eben nicht Teil nehmen an vermeidbarem Zirkus, der mit der eigenen Lebensgestaltung wenig zu tun hat. Ist man allerdings selbst LebensgestalterIn, gibt es hier eine ganze Menge guter Nachrichten. Die Spielfläche liegt sozusagen ausgebreitet vor dem eigenen Auge. Was will ich selbst tun?, erhebt sich hier die interessante Frage. Und w i e will ich es tun? Oder will ich es ganz alleine handhaben, oder mit den Anderen. Und wie könnte es mir gelingen, meine Freude und Wertschätzung zu teilen, die ich der  Wertschätzung meiner ganz persönlichen Gestaltungsfreude verdanke? Das sind keine einfachen Fragen, aber dennoch bedenkenswert. Aber die besten der guten Nachrichten lädt man zu sich ein und erfreut sich an der wärmenden und unmaskierten Ausstrahlung der MitspielerInnen.

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