zurückgezogen

Eigentlich würde man davon ausgehen, dass man die Augen maskierter Menschen besser wahrnimmt, aber es stimmt wohl auch hier, dass es darauf ankommt, wer mit welcher Intention hinter welcher Art von Maskierung steckt. Um Menschen außerhalb des eigenen Clans überhaupt wahrzunehmen, muss man ja schon einen gewissen Willen einsetzen, ein Interesse in sich vorfinden, eine Einstellung zum Menschsein schon mal separat von den praktischen Abläufen untersucht haben. Selten war auch dieses kollektive Menschsein so spürbar wie jetzt unter dem Baldachin einer gemeinsamen Katastrophe. Aber selbst die Katastrophe ist ja nicht wirklich gemeinsam, oder vielmehr das Einsame im eingebetteten Gemeinsam, oder man könnte zur Abwechslung des Wortspiels auch einen gemeinen Samen daraus machen, der wiederum dem gemeinsamen Einsam entspringen könnte. Es ist ja nicht so, dass man sich von Herzen freuen sollte, dass alle Kinder noch länger Weihnachtsferien haben, nein, man hat Angst um sie. So sind die Augen hinter den Masken wohl eher zurückgezogen in die eigene Frustration, und da dringt nicht so viel nach draußen, dem man offen begegnen könnte. Angela Merkel meint, es würde zu viel an Glühwein gedacht, eine andere Frau meinte, man denke nicht genug an die vielen Leidenden und ihre Mitleidenden und ihre Toten, und es ist in der Tat überraschend, dass das so schwer zu kontrollieren scheint. Ich bleibe trotzdem gerne bei meinen eigenen Gedanken, auch wenn das Herumstreifen in fremden Welten (Nachrichten) zuweilen zu tieferen Berührungen führen kann. Das wahrlich Unvorstellbare hat Vortritt, auch wenn das nicht immer gewünscht ist. Trotzdem gibt es ja erkennbare Wurzeln des Unvorstellbaren, wenn damit eine Hölle gemeint ist. Man lernt von Trump, dass das Ignorieren bestehender Realitäten eine gewisse Macht ausüben kann. Wird der Realitätsverlust allerdings auffallend, kann man das Gefüge auch gleich eine Sekte nennen. Seltsame Dinge nehmen ihren Lauf, dem sich nach und nach die Herde willig anschließt. Ein Illusionsmarathon, bzw ein Täuschungsmanöver setzt sich in Bewegung und kann an einem bestimmten Punkt nicht mehr aufgehalten werden. Manchmal genügt eine einzige Stimme, um einen Unterschied zu machen. Wenn etwa Frau Merkel besorgte Worte spricht und man hört, dass sie verärgert ist, dann weiß man, dass es die derzeit erforderliche Richtung ist (oder nicht). Auf jeden Fall kann man sich auf einen ernsten Umgang mit dem Thema verlassen. Auch kann man nicht auf Befehl oder Wunsch sturzbetroffen werden, sondern vielleicht eher die Nüchternheit auf die Werteliste setzen. Tatsächlich wird man manchmal gezwungen, etwas zu akzeptieren, was nicht im persönlichen Entscheidungsbereich liegt. Das führt aber nicht automatisch zur Versklavung oder zum Herdentrieb. In Krisenzeiten hängt nicht alles, aber sehr viel von den Beziehungen ab, die man bis dahin gepflegt hat. Sind sie günstig gediehen, kann man sich glücklich schätzen, denn nun braucht man Schutz und gegenseitiges Wohlbefinden. Sind sie es nicht, bleibt noch die kreativ gestaltete Einsamkeit. Oder die höllischen Ebenen. Selbst (oder vor allem) Dante musste sich die menschlichen Höllen vom Leib schreiben. In seinem beispielhaften Titel milderte das Wort ‚göttlich‘ wohl die Wahrnehmung der Welt als Komödie ab.

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