Letztes Jahr war der Kleine, der mit Erstnamen ‚Pushkar‘ heißt, auch eins meiner ersten Bilder. Vielleicht bin ich mit einem selten aktivierten Strang noch mit Nepal verbunden, wo ich immerhin neun Jahre meines Lebens gelebt habe, als ich so alt war wie seine Mutter. Die meisten in Indien lebenden Nepalesen sind Dienstboten mit wenig Rechten. Sie haben Glück, wenn sie in einem Haus wie hier bei Shivani sein können, wo sie ein Teil der Familie werden. So haben wir ihn gestern in die nächste Stadt mitgenommen, um bei einem Einkaufszentrum zu halten, wo er mit einem winzigen, ferngesteuerten Auto durch die Gegend fahren konnte. Noch nie habe ich die Stadt so derart überfüllt gesehen, und das will etwas heißen in Indien. Wir wurmten uns mit dem Auto einen Weg durch die wogenden Massen. Alle hatten neue Kleider an, denn an Diwali muss das Haus total gereinigt werden, und alle müssen neue Kleider tragen, sonst wird das Jahr nicht gut. Hauptsächlich aber waren wir in der Stadt, um Shivanis Cousin zu besuchen. Das Empfangszimmer, nur aus Couchen und massivem Stuhlwerk bestehend und alles behangen mit schwerem, besticktem Tuch, war so steril, dass das Treffen an eine Comicserie erinnerte. Auch das Ehepaar konnte man sich zusammen schwer denken. Der Cousin sagte kein einziges Wort, die Frau brachte kurz ein Tablett mit allerhand Gebäck und räumte es dann wieder weg, wahrscheinlich wegen der Krümel. Es war auch ein sehr kurzer Besuch. Das ist so üblich an Diwali, hörte ich, alle wandern herum und besuchen Verwandte, die sie sonst kaum sehen, und zwanzig Minuten Aufenthalt ist normal. Der Aufwand war enorm. Kein Hauch von Verbindung, nur ein flüchtiges Hin und Her, keiner denkt viel nach, denn es muss sein. Auch auf der Fahrt bemerke ich diese Wirkung des Geschauten, dieses Chaos überall mit seinen verwunderlichen Ordnungen, das eventuell dazu führt, dass man Meinungen, die aus einem emporkommen, nicht mehr so sehr beachtet, da sie sich als sinnlos erweisen in Anbetracht der Tatsachen. Das kann durchaus eine förderliche Wirkung auf, ja auf was, haben. Daher ist es gut, wenn ich heute Vormittag wieder in meinem eigenen Leben lande, in dem ich immerhin Handlungsfähigkeit habe und Gestaltungsfreude. Es ist nun mal klar, dass ich nicht auf dem Familienpfad wandere, sondern in diesem unfassbaren Land vor allem schätze, dass es einen uralten Weg gebahnt hat für die, die sich im drehenden Rad der Erscheinungen warum auch immer, nicht wohl fühlen und andere Lebensweisen gesucht und gefunden haben.