medial

Auf eine Nachfrage hin, wie denn nun die Wahlen hier ausgegangen sind (die am selben Tag wie die deutsche Wahl der Parteivorsitzenden stattfanden), hole ich gern nochmal kurz aus, denn in allem menschlich Geformten gibt es in den dadurch entstehenden Geschichten einige wertvolle Körner, von denen man etwas lernen kann. Nun haben wir schon von Donald Trump lernen dürfen, wann die eigene Emotionalität in Schach zu halten ist, um nicht selber zu einer Person zu werden, die den schillerneden See des Narzissmus eigenhändig entleeren möchte, ohne dazu in der Lage zu sein, weil in einem anderen Lager beschäftigt, wo geübt werden kann, sein zu lassen, was ist. Und nicht immer, wie in der Stirnrunzelphase des Epenlesens, nur zu fragen, ob z.B. Ram, der König von Ayodya, wirklich lebte, sondern vielmehr entlang der Story zu erkunden, ob Ram nun wirklich der makellose Volksführer war, als den man ihn hier gerne sehen möchte. Im aktuellen Drama ging es also um Rahul Gandhi, den verbal seit Jahren in den Boden gestampften Milchsohn seiner Mutter, die Narendra Modi tatsächlich wagte, „Pasta-Behen“ (weil aus Italien) zu nennen, also „Pasta-Schwester“, da können sich Modi und Trump wahrlich an Niveauhöhe das Wasser reichen. Auf dieser Ebene fand also die Schlacht statt mit der Kernfrage, die auch das deutsche Volk in die Knie zwang: hast du das reine, arische Blut, oder eine Mischung, oder gar nichts davon, „aryan kun nahi hai“ (hast kein arisches Blut), und vernichtet bist du ohne den korrekten Blutnachweis. Auf diese Weise wetterte nun Narendra auf Rahul zu, weil er sich gar nicht vorstellen konnte, dass er den Kampf nicht gewinnen würde. Als sich aber herausstellte, dass Gandhi ziemlich hartnäckig kämpfte und es letztendlich auch für angebracht hielt, seine religiösen Vorstellungen kund zu tun, da regte sich im Volk, vor allem im jungen, eine Sympathie für den ewig ans Kreuz Geschlagenen, ohne dass zuvor jemand seine persönliche Welt mal recherchieren wollte. Es waren die Medien, Halbgötter der Weltmechanik, die den verachteten Spross des Königs mit zu Boden brachten. Aber siehe da, was ist geschehen? Man ärgerte sich auf einmal, zu einer Entscheidung gedrängt, über die krude Rhetorik des Führers, dann folgten Bilder aus den Archiven, die ihn ohne Lächeln zeigten. Es wurde bekannt, dass er jedweden Kratzer an seiner Persona unerträglich fand, und die bereit stehenden Gehirne wankten in neue Ordnungen, oder warteten sie (nur) auf neue Befehle? Klar ist, dass Rahul Gandhi die Wahl gewann. Nun hörte ich aber am Wahlabend, dass in dem Dorf in dem ich lebe, alle BJP gewählt hatten, also Modis Partei (und religiös fanatische Sekte). Ich kenne nur einen einzigen Mann aus der Congress Partei, den ich fragen konnte: wie kam’s? Es war so, dass ein Gerücht die Runde machte, von dem man nicht genau wusste, ob es gepflanzt war, dass nämlich Muslime den Plan hegten, im Ort eine (zweite) Moschee zu bauen, da kippte der Zeiger ins Eindeutige. So ist es, die Dinge sind manchmal auf eine erschreckende Weise simpel. So zwingt es einen bei aller Unterhaltungskunst der medialen Mitteilungen immer wieder zurück in die eigene Wahrnehmung, wo der Gehalt des Erfassten in die Waagschale geworfen werden kann, oder auch die Waagschale über den Tellerrand. Dort kann nichts mehr zerschellen, denn das Wagnis besteht nur noch aus existentieller Anwesenheit im Raum. Auge, mein Auge, mein Paradiesapfel.

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